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Zur Bestandssituation des Feldhamsters (Cricetus cricetus L.) im Rhein-Main-Gebiet PDF

10 Pages·1998·1.2 MB·
by  GodmannOlaf
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Preview Zur Bestandssituation des Feldhamsters (Cricetus cricetus L.) im Rhein-Main-Gebiet

Jh. Nass. Ver. Naturk. 119 S. 93-102 2Abb. 1 Tab. Wiesbaden 1998 Zur Bestandssituation des Feldhamsters (Cricetus cricetus L.) im Rhein-Main-Gebiet Inhalt 1. Einleitung .................................................... 93 2. Quellen ...................................................... 94 3. Nachweise im Rhein-Main-Gebiet ............................... 95 4. Schutz der letzten Vorkommen .................................. 99 5. Schriftenverzeichnis ........................................... 100 6. Danksagung .................................................. 101 1. Einleitung Früher galt der Feldhamster (Cricetus cricetus) (Abb. 1) als die typische Charak- terart der Feldflur. Durch die Schaffung großer Ackerlandflächen fand der ur- sprüngliche Steppenbewohner Osteuropas ideale Lebensbedingungen auch in un- serer Region. Innerhalb einer reich strukturierten Agrarlandschaft mit tiefgründi- gen Löß- und Lehmböden legt er seine Gangsysteme mit Wohn- und Vorratsräu- men an, die sogenannten „Kessel". Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 24 bis 34 cm und einem Gewicht von 200 bis über 500 g gehört er zu den größeren Nage- tieren Deutschlands. Sein Fell ist auf der Oberseite gelbbraun und steht im Kon- trast zu dem schwarzen Bauch. Helle Flecken an Schnauze, Wangen und den Sei- ten verleihen dem Tier zusammen mit den weißen Füßen eine auffällig bunte Zeichnung. Sein Verbreitungsgebiet beschränkt sich nach NIETHAMME(1R9 82) auf einen Gür- tel zwischen 44" und 59" nördlicher Breite und von 5" bis 95" östlicher Länge. In Deutschland existieren aber große Verbreitungslücken, die auf unterschiedlichen natürlichen Gegebenheiten (Bodenarten, Klima) beruhen. Sein Schwerpunktvor- kommen in Hessen befindet sich im süd- bzw. rhein- und im mittelhessischen Raum (G~RLAC1H98 3). Daneben existieren Nachweise aus den anderen Gebie- ten des Landes, sofern der Boden sowie das Klima eine entsprechende Eignung aufweisen (WECKER&T KUGELSCHAFT1E9R98 ). Die aktuelle Bestandssituation in Deutschland ist von Zusammenbrüchen der Po- pulationen, Arealverlusten und damit einer zunehmenden Verinselung der Vor- kommen gekennzeichnet (z. B. POTT-DÖRFE&R HECKENROT1H9 94, STUBBEet al. 1997). Diese Rückgänge sind auch in Hessen, während der letzten Jahrzehnte zu verzeichnen. In vielen Gemeinden mit traditionellen Hamstervorkommen ist er Abb. 1: Junger Feldhamster aus Frankfurt-Eschersheim (Foto: THOMAMSO OS). heute völlig verschwunden oder es werden nur noch selten Einzeltiere vorgefun- den (WECKER&T KUGELSCHAFT1E9R9 8). Die jahrzehntelange, direkte Verfol- gung, eine intensive Landwirtschaft sowie die zunehmende Bebauung sind die . Hauptgründe für den Niedergang der Bestände. In den letzten Jahren begannen erste Bemühungen, Schutzkonzepte für den Feld- hamster zu erarbeiten. Grundlage hierbei sind wissenschaftliche Forschungen zur Ökologie der Art, um aktuelle Daten zu erhalten (z. B. WEINHOL1D9 96, WEIDLING 1997, WEIDLIN&G STUBBE19 97, SELUGA19 97). Die vorliegende Arbeit soll die aktuelle Entwicklung in einem traditionellen Ver- breitungsgebiet, dem Rhein-Main-Gebiet (Frankfurt, Hochtaunuskreis, Main- Taunus-Kreis, Rheingau-Taunus-Kreis und Wiesbaden) dokumentieren, Schutz- möglichkeiten für die hiesigen letzten Vorkommen aufzeigen und für den Erhalt des Feldhamsters werben. 2. Quellen Die dargestellten Nachweise basieren auf dem Sammlungsmaterial des Museums Wiesbadens, des Naturhistorischen Museums Mainz sowie des Senckenberg- Museums Frankfurt a.M., auf Literaturrecherchen, der Auswertung der Jahresbe- richte der Land- und Forstwirtschaftskammer Hessen-Nassau, auf Umfragen in Zur Bestandssituation des Feldhamsters der Bevölkerung mittels verschiedener Tageszeitungen sowie auf der Versendung eines Fragebogens in den Mitteilungen des Nassauischen Vereins für Naturkunde (Nr. 4011997). Darüber hinaus konnten die bei einer Umfrage des Arbeitskreises Wildbiologie an der Universität Gießen erhobenen Daten (1998) verwendet wer- den. Dabei wurden 4.000 Fragebögen an Ortslandwirte sowie Naturschützer in Hessen versendet bzw. verteilt. Im Raum Wiesbaden erfolgte 1997198 eine per- sönliche Befragung von einzelnen Landwirten durch den Autor sowie die Kon- trolle potentieller Flächen zu Fuß, vor allem in den östlichen Vororten. 3. Nachweise im Rhein-Main-Gebiet Einer der wohl ältesten Hinweise auf das Vorkommen des Feldhamsters bei Frankfurt am Main sowie in der Wetterau findet sich bei SULZER(1 774), der mit seinem Grundlagenwerk „Versuch einer Naturgeschichte des Hamsters" schon früh eine Monographie veröffentlichte. Erste Angaben über die Häufigkeit des Feldhamsters in unserem Gebiet gab Rö- MER (1 862163) in den Jahrbüchern des Nassauischen Vereins für Naturkunde: ,,In den Getreidefeldern der Rhein- und Main-Ebene, in manchen Jahren sehr häufig, dagegen in andern mehr vereinzelt". Weitere Einzelnachweise in unseren Jahr- büchern gaben LAMPE( 1900,19 11 ) und PAGENSTECH(E1R9 05). Die erste umfassende Darstellung der Verbreitung des Feldhamsters in Deutsch- land veröffentlichte NEHRING(1 8 94, Ergänzungen 1899). Er erwähnte neben den Nachweisen von SULZER(1 774) ,,mayige Vorkommen" für Wiesbaden. Basierend auf den Angaben der Deutschen Pflanzenschutzorganisation aktuali- sierte WERTH( 1936) die Angaben von NEHRINGF. ür das Rhein-Main-Gebiet nannte er Vorkommen aus dem Untertaunus („wiederholt"), Maintaunus (,,stark") und Rheingau („schwach"). Von erheblichen Rückgängen im Maintal und in der Rheinebene berichtete bereits PETRY(1 929) und nannte als Ursache die tiefgründige Bodenbearbeitung und das Aufgeben der Brache auf bebautem Land in dicht bevölkerten Gegenden. Daß der Feldhamster aber noch bis vor wenigen Jahrzehnten nicht maßgeblich in seinem Bestand bedroht war, belegte NIETHAMME(1R9 61): „Das Land am Rhein- knie ist ein klassisches Hamsterplagegebiet. Von der Wetterau, Wiesbaden und In- gelheim erstreckt es sich südwärts durch Rheinhessen bis in die Strapburger Ge- gend". Doch schienen die Tiere nicht mehr in den ,,ungeheuren Massen" vorzu- kommen wie zu Beginn dieses Jahrhunderts (FELTEN1 95 1). Nach den Schilderungen der aktuell befragten Landwirte wurden intensive Bekämpfungsmaßnahmen in den 50er und 60er Jahren dieses Jahrhunderts durchgeführt. In der Regel wurden die Bauten hierzu von den Landwirten mit Wasser bzw. Jauche überschwemmt und dann die heraus flüchtenden Tiere er- schlagen. Dokumentiert sind die parallel hierzu durchgeführten behördlichen Bekämpfungsmaßnahmen in den Jahresberichten der Land- und Forstwirt- schaftskammer Hessen-Nassau. Jahresbericht 1958-59: „Im Raume Wiesbaden, vornehmlich in den Orten Schierstein, Biebrich, Kastel, Kostheim und Erbenheim wurde ein stärkeres Auftreten des Gemeinen Kornhamsters festgestellt. Die Aus- strahlung dieses Befalls gehen über die Gemeinden des unteren ~aingaues Hochheim, Wicker,M assenheim, Flörsheim, Eschborn und Sossenheim hinaus. In diesem Gebiet wurden von Berufsfängern 6.203 Hamster gefangen." Ein Jahr später wurden diese Angaben noch ergänzt sowie die Art der Bekämpfung ange- geben (Jahresbericht 1959-60): ,,Eine zunehmende Vermehrung des Hamsters wird im Rhein-Main-Gebiet schon seit 1955 beobachtet. Seit dieser Zeit wurden zunächst durch HamsterSänger im Main-Taunus-Kreis einige 1.000 Hamster ge- fangen. Im Berichtsjahre kamen erstmals auch aus dem Stadtkreis Frankfurt am Main und aus den Landkreisen Hanau und Friedberg Meldungen über stärkere Vorkommen des Hamsters. Es konnte deshalb die Bekämpfung den Hamsterfän- gern nicht mehr allein überlassen werden. Zunächst wurden für den Main-Tau- nus-Kreis systematische Bekämpfungen vorgesehen. Als Bekämpfungsmittel wur- den die Herz Liche Wühlmaus-Patrone und Phostoxin-Tabletten zunächst ver- suchsweise eingesetzt. Auf Grund der guten Erfahrungen mit Phostoxintabletten wurden diese dann bei geschlossenen Bekämpfungen in mehreren Gemarkungen eingesetzt. Allein im Stadtkreis Wiesbaden wurden 29.970 Phostoxintabletten ausgelegt." Im Jahresbericht 1966 wurde schließlich von einer starken Vermeh- rung des Hamsters in den Randgebie- ten der Wetterau berichtet sowie von guten Erfolgen von der Bekämpfung des Hamsters mit Castrix-Giftgetreide. Basierend auf einer Umfrage des Ar- beitskreises Wildbiologie an der Uni- versität Gießen stellen WECKERT& KUGELSCHAFT(E1R99 8) die aktuelle Situation für Hessen dar. Bei den ge- meldeten Funden handelte es sich in der Regel um Einzelbeobachtungen. Für folgende Gemeinden des Rhein- Main-Gebietes wurden Vorkommen des Feldhamsters gemeldet (in chrono- logischer Rheinfolge): Oestrich-Mittelheim (19 43, Lieder- bach (1965), Eschborn (1967), Hoch- heim-Massenheim (19 70), Kiedrich (19 70), Bad Homburg v.d.H.-Ober-Er- lenbach (19751, Hattersheim-Edders- Abb. 2: Zeichnung eines Feldhamsters aus NEHRING(1 8 99). heim (1975), Eltville (1977), Frank- Zur Bestandssituation des Feldhamsters furt-Kalbach (1980), Kalbach-Riedberg (1985), Bergen-Enkheim (1987), Frank- furt-Praunheim (1988), Frankfurt-Niederurse1(1989), Hofheim (l990), Hünstet- ten-Wallbach (1990), Liederbach-Oberliederbach (1991), Frankfurt-Kalbach (1992), Hünstetten-Wallrabenstein (1992), Geisenheim-Stephanshausen (1993), Wiesbaden-Delkenheim (1993), Bad Homburg (1995), Wicker (1995), Kriftel- Zeilsheim (1996), Okriftel (1996), Sulzbach (1996), Frankfurt-Eckenheim ( 1997), Frankfurt-Eschersheim (19 97), Ober-Eschbach (19 97), Geisenheim-Ste- phanshausen (l997), Assmannshausen (1997), Flörsheim-Weilbach (1997), Hat- tersheim-Eddersheim (1997), Hofheim (1997) und Wiesbaden-Bierstadt (1998). Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Feldhamster ursprünglich in den wald- freien und somit von der Landwirtschaft dominierten Gebieten des Rhein-Main- Gebietes, verbreitet war (s. a. Tab. 1). Das Areal reichte von der Untermainebene in die Wetterau bis in das Main-Taunusvorland bzw. in den Vortaunus. Weitere Vorkommen gab es in der Idsteiner Senke, im Goldenen Grund, aber auch in Tau- nusstein mit Nachweisen bis 450 m über NN sowie im Rheingau. Tab. 1: Nachweise des Feldhamsters im Rhein-Main-Gebiet Datum Ortsangabe Anzahl Quelle Literatur: vor 1900 Wiesbaden 2 LAMPE( 1 900) vor 1900 Eltville 1 LAMPE( 1 900) 1904 Wiesbaden-A ukamm 1 PAGENSTECH(1E9 R0 5) 1910 Wiesbaden-Sonnenberg 1 LAMPE(1 9 11 ) Museum Wiesbaden: 02.02.1923 Wiesbaden 1 HLMW 1017 01.05.1924 Wiesbaden 1 HLMW 1018 11.09.1961 Oestrich im Rheingau 1 HLMW 1469 05.06.1962 Wiesbaden-Nordenstadt 2 HLMW 1487 05.06.1962 Wiesbaden-Nordenstadt 2 HLMW 1488 05.06.1962 Wiesbaden-Nordenstadt 3 HLMW 1489 27.04.1967 Wiesbaden-Biebrich 1 HLMW 1509 22.02.1967 Wiesbaden-Schierstein 1 HLMW 1517 28.05.1980 Wiesbaden 1 HLMW 1679 10.09.1981 Wiesbaden 1 HLMW 1690 Senckenberg-Museum: 09.08.18 90 Wiesbaden 1 SMF 3 140 23.09.1910 Frankfurt-Schwanheim 1 SMF 6 107 20.10.1910 Frankfurt-Schwanheim 1 SMF 7 145 29.03.19 1 1 Frankfurt-Ginnheim 1 SMF 1624 Sep.1913 Frankfurt-Bergen-Enkheim 1 SMF 11537 02.09.1954 Frankfurt-Bergen-Enkheim 1 SMF 15050 23.09.1955 Frankfurt-Praunheim 1 SMF 15405 03.11.1955 Frankfurt-Sossenheim 1 SMF 1545 1 28.06.1956 Frankfurt-Rödelheim 1 SMF 17545 31.10.1956 Frankfurt-Rödelheim 1 SMF 16758 1958? Oberursel 2 SMF 58215,58216 24.08.1960 Frankfurt-Rödelheim 1 SMF 19169 09.08.1961 Frankfurt 1 SMF 19610 18.08.1961 Oberursel 2 SMF 19623,19624 Sept. 196 1 Frankfurt 8 SMF 19752,19753,19767- 19769,19793-1 9795 Tab. 1: (Fortsetzung) Datum Ortsangabe Anzahl Quelle Frankfurt SMF 19770,19771 , 19773-19775 Nov. 196 1 Frankfurt SMF 19879 Dez. 196 1 Frankfurt SMF 19920,19947 April 1962 Frankfurt SMF 20521 26.04.1962 Weißkirchen bei Frankfurt SMF 20088,20089 04.05.1962 Bad Homburg v.d.H. SMF 20240 23.05.1962 Weißkirchen bei Frankfurt SMF 20309 Juni 1962 Frankfurt SMF 20520,22259,25914 09.07.1962 Oberursel SMF 20543 19.06.1963 Eltville SMF 22205 1965 Frankfurt-Eschersheim SMF 79468-79469 Aug. 1966 Frankfurt-Nied SMF 79458,79460-79463, 80325 Sept. 1966 Frankfurt SMF 25745-25747,25749- 2575 1,25886,25887 Sept. 1966 Frankfurt-Nied SMF 79459,79464-79466 Okt. 1966 Frankfurt-Nied SMF 79467 09.08.1970 Rodheim v.d.H. SMF 37956 29.04.197 1 Frankfurt-Praunheim SMF 39342 22.09.1977 Frankfurt-Eschborn SMF 54082 24.09.198 1 Frankfurt-Bergen-Enkheim SMF 16031 20.09.1985 Niederursel SMF 66770 02.10.1985 Frankfurt-Harheim SMF 66784 07.09.1989 Frankfurt-Zeilsheim SMF 74878 09.09.1989 Frankfurt-Bonames SMF 74879 NaturhistorischesM useum Mainz: Hofheim BAB 66 Verkehrstod NHMM W 199011559-Ls Wiesbaden Dyckerhoffbruch NHMM W 19801980 Eigene Umfragen und Begehungen: 1960er Jahre Oberursel-Bommersheim im Vorgarten 1950er Jahre Taunusstein-Neuhof im Feld 1967-68 Wiesbaden, Etzelstraße im Garten August 1987 Kelkheim Totfund im Weizenfeld Sommer 1994 Frankfurt-Eschersheim in Gartenanlage 01.08.1997 Frankfurt-Eschersheim in Gartenanlage 16.08.1997 Kriftel im Garten 21.08.1997 Frankfurt, Ziegenhainer Straße Totfund im Garten 15.07.1997 Frankfurt-Sindlingen im Garten 09.05.1998 Walluf durch Hund getötet AprilJMai 1998 Wiesbaden-Delkenheim 3 Bauten auf 15 ha (0,21ha) 20.06.1998 Wiesbaden-Dotzheim 2 Bauten Aktuelle Aussagen über die Bestandsdichte in den verschiedenen Naturräumen sind derzeit noch nicht abschließend möglich. Die bisherigen, eigenen Erhebun- gen bestätigen die Darstellungen von WECKER&T KUGELSCHAFT(E1R9 98), daß in den meisten Gemeinden der Feldhamster verschwunden ist bzw. nur noch einzel- Zur Bestandssituation des Feldhamsters ne Tiere vorhanden sind. So erbrachte die persönliche Befragung von Landwirten im Raum Wiesbaden zumeist die Antwort, daß er früher sehr häufig beobachtet wurde, jedoch jetzt seit vielen Jahren nicht mehr. Doch ist dabei zu bedenken, daß bei der heutigen geringen Bestandsdichte Schäden von den Landwirten nicht mehr registriert werden und so einzelne Tiere unentdeckt bleiben könnten. Für die kommenden Jahre sind genauere Bestandserhebungen geplant, doch sind stabile Vorkommen im Unitersuchungsgebiet nicht mehr zu erwarten bzw. ist mit dem Er- löschen der letzten Bestände in nächster Zeit zu rechnen. Die Rückmeldungen durch die verschiedenen Zeitungsaufrufe erbrachten insge- samt sieben interessante Nachweise aus Kleingartenanlagen bzw. Hausvorgärten. Anscheinend können solche Gebiete Rückzugszonen für die von der Landwirt- schaft direkt bzw. indirekt (Gifte) verfolgten Tiere darstellen. Doch erscheint es mehr als zweifelhaft, daß sich dort stabile Populationen entwickeln können. Ein positiver Aspekt bleibt dabei aber, daß sich bei einzelnen Grundstückseigentü- mern durch den direkten Kontakt mit den Tieren ein regelrechtes Verantwor- tungsgefühl für „ihren Hamster" entwickelt hat. Als Beispiel mag ein Fall in Krif- tel dienen, wo sich seit 1972 ein Feldhamsterbau im Vorgarten eines Wohnhauses befindet. Um dem Tier das Ansammeln eines Wintervorrates zu erleichtern, wer- den jedes Jahr von den Hausbewohnern 3 kg Weizen gekauft, von dem dann ab September allabendlich eine Tasse voll vor den Bau gestellt wird, was anschei- nend auch gerne von dem Tier angenommen wird! 4. Schutz der letzten Vorkommen So positiv Beispiele des Erhalts von Bauten in Klein- oder Vorgärten sind, reicht dies leider nicht aus, den langfristigen Erhalt des Feldhamsters zu gewährleisten. Das ~berlebend er Tiere ist in erster Linie davon abhängig, daß die Landwirt- schaft ihre Bewirtschaftung auf die Biologie des Feldhamsters abstimmt (s.a. STUBBeEt al. 1997, WEINHOL1D9 97, BACKBIEeRt a l. 1998). Als wichtigste Maß- nahmen sind hier zu nennen: 1. Kein sofortiger Stoppelumbruch nach der Ernte, um den Tieren den Eintrag ei- nes Wintervorrates zu ermöglichen sowie notwendige Deckungsmöglichkei- ten zu erhalten, 2. Maßnahmen zur Bodenbearbeitung auf das nötige Maß begrenzen und Tiefen- umbruch vermeiden, 3. Anpflanzung von mehrjährigen Feldfutterkulturen (z. B. Luzerne oder Acker- bohnen), 4. Minimierung des Giftmitteleinsatzes und 5. Ausgleich von Eingriffen in vorhandene Populationen. Um die Durchsetzbarkeit der genannten Maßnahmen zu erhöhen, sind even- tuelle wirtschaftliche Einbußen für den betroffenen Landwirt durch Ausgleichs- zahlungen zu entschädigen. Ergänzend zu diesen Maßnahmen ist die Schaffung von Biotopstrukturen in Ge- bieten mit großer landwirtschaftlicher Flächennutzung von Bedeutung für das Uberleben des Feldhamsters. Dies kann z.B. durch die Stillegung von Flächen, Ackerrandstreifenprogramme, Belassen von Brachen, Anlegen von Feldgehölzen und Streuobstwiesen erfolgen. Im Rhein-Main-Gebiet existiert heute keine flächige Besiedelung des Feldham- Sters mehr und die noch vorhandenen Bestände stehen vor dem unmittelbaren Er- löschen. Der Feldhamster gehört somit zu einem der bedrohtesten Säugetiere Hessens. Eigentlich müßte demnach jeder gefundene Bau unter Schutz gestellt werden, was aber ohne die oben genannten Maßnahmen keinen Sinn ergeben würde. Erfolgversprechender erscheint es, langfristige Maßnahmen zum Erhalt des Feldhamsters durchzuführen. Eine erste Maßnahme könnte die Einrichtung von kleinen, extensiv genutzten, mehrjährigen Viehfutterschlägen (z. B. Luzerne) in den Gebieten mit aktuellen Nachweisen sein. Dadurch könnten erste „Überle- bensinseln" entstehen und somit weitere Verluste minimiert werden. Gute Mög- lichkeiten solche Flächen einzurichten, bestehen im Moment durch den Bau der ICE-Schnellbahntrasse Köln-RheinIMain der Bahn AG und die damit verbunde- ne Schaffung von Ausgleichsflächen. Die Kontrolle dieser Flächen im Verlauf der folgenden Jahre könnte dann ein etwas genaueres Bild der Bestände im Rhein- Main-Gebiet erbringen. Basierend auf den festgestellten Vorkommen können dann konkrete Schutzmöglichkeiten, bezogen auf die jeweiligen Gebiete, formu- liert werden. Eine der Voraussetzungen für die Umsetzung der beschriebenen Schutzmaßnah- men ist eine breite Akzeptanz in der Offentlichkeit, insbesondere bei den Land- wirten. Zwar spielt der Feldhamster in Zeiten der landwirtschaftlichen Überpro- duktion als Schädling heute keine Rolle mehr, doch ist viel Verständnis und En- gagement auf Seiten der betroffenen Landwirte notwendig. Vielleicht eignet sich der Feldhamster sogar als Leitart für ein grundsätzliches ökologisches Umdenken in der heutigen Landwirtschaft. 5. Schriftenverzeichnis BACKBIELR., A. M., GUBBELSE, . J., SELEGAK, ., WEIDLINGA,. , WEINHOLDU,. & ZIMMERMANWN. , (1998): Der Feldhamster, Cricetus cricetus (L., 1758) Eine stark gefährdete Tierart. - 32 S., Mar- graten. FELTENH, . (195 1): Untersuchungen zur Taxonomie, Eidonomie und Ökologie der Kleinsäuger des Rhein-Main-Gebietes. - Diss. Univ. Frankfurt a.M.; 172 Seiten. GORLACHA,. (1983): Der Feldhamster (Cricetus cricetus L.) im Kreis GießenIHessen. - Decheniana, 136: 52-53; Bonn. LAMPEE, . (1900): Catalog der Säugetier-Sammlung des Naturhistorischen Museums zu Wiesbaden. - Jb. Nass. Ver. Naturk., 53: 1-39; Wiesbaden. LAMPEE, . (191 1): Verzeichnis der Neuerwerbungen des Naturhistorischen Museums im Rech- nungsjahr 1910 (1. April 1910 - März 1911). - Jb. Nass. Ver. Naturk., 64: XV-XXIII; Wies- baden. Zur Bestandssituation des Feldhamsters LAND-U ND FORSTWIRTSCHAFTSKAMHMESESRE N-NASSA(U19 58-59): Jahresbericht 1958-59. - Gießen. LANDU- ND FORSTWIRTSCHAFTSKAHMEMSSEERN -NASSA(1U9 59-60): Jahresbericht 1959-60. -Gießen. LANDU- ND FORSTWIRTSCHAFTSKAHMEMSESREN -NASSA(1U9 66): Jahresbericht 1966. - Gießen. NEHRINGA,. (1894): Die Verbreitung des Hamsters (Cricetus vulgaris) in Deutschland. -Archiv Na- turgeschichte, 60 (1): 15-32; Berlin. NEHRINGA,. (1 899): Neue Notizen über die Verbreitung und landwirtschaftliche Bedeutung des Ham- sters in Deutschland. - Landw. Presse, 26: 474-475,. NIETHAMMEJR. ,( 1961): Verzeichnis der Säugetiere des mittleren Westdeutschlands. - Decheniana, 114 (1): 75-98, Bonn. NIETHAMMEJ.R (,1 982): Cricetus cricetus (LINNAEU1S7, 58) - Hamster (Feldhamster).- In NIETHAM- MERJ, . & F. KRAPPH, andbuch der Säugetiere Europas, Bd. 211 Nagetiere 11: 397-41 8; Wiesbaden. PAGENSTECHEAR. ,( 1 905): Jahresbericht, erstattet in der Generalversammlung des Nassauischen Ver- eins für Naturkunde am 1 1. Dezember 1904. - Jb. Nass. Ver. Naturk., 58: X-XXIII; Wiesbaden. PETRY, L. (1929). Nassauisches Tier- und Pflanzenleben im Wandel von 100 Jahren. - Jb. Nass. Ver. Naturk., 80,2te. Teil: 197-237; Wiesbaden. POTT-DORFERB,. & HECKENROTHH., (1 994): Zur Situation des Feldhamsters (Cricetus cricetus) in Niedersachsen. - Naturschutz und Landschaftspflege Niedersachsen, 32: 5-23; Hannover. RÖMERA, . (1 862163): Verzeichnis der im Herzogthum Nassau, insbesondere in der Umgebung von Wiesbaden vorkommenden Säugethiere und Vögel. - Jb. Nass. Ver. Naturk., 17/18: 1-77; Wiesba- den. SELUGAK, . (1997): Untersuchungen zu Bestandssituation und Ökologie des Feldhamsters, Cricetus cricetus L., 1758, in den östlichen Bundesländern Deutschlands. - Dipl. Arbeit Univ. Halle. STUBBEM, ., K. SELUGA& WEIDLINGA,. (1997): Bestandssituation und Ökologie des Feldhamsters Cricetus cricerus (L., 1758). -Tiere im Konflikt, 5: 5-60; Halle. SULZERF,. G. (1774): Versuch einer Naturgeschichte des Hamsters. -J. C. Dieterich, Göttingen, Go- tha (Neuausgabe H. PETZSCHV, erl. Naturk., Hannover U.B erlin-Zehlendorf 1949, 197 S.). WECKERTA,. & KUGELSCHAFTKE.R (,1 998). Darstellung der aktuellen und historischen Verbreitung des Feldhamsters (Cricetus cricetus) in Hessen. - Unveröffentl. Gutachten im Auftrag des Hessi- schen Ministeriums des Inneren und für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz; 34 Seiten, Gießen. WEIDLINAG., (1 997): Zur Raumnutzung beim Feldhamster im Nordharzvorland. - Säugertierkd. Inf., 21: 267-275; Jena. WEIDLINAG., & M. STUBB(E1 997): Fang-Wiederfang-Studie am Feldhamsters Cricetus cricerus L. - Säugertierkd. Inf., 21: 301 -3 10; Jena. WEINHOLDU., (1996): Zur räumlichen Organisation des Feldhamsters (Cricetits cricerus L.) auf land- wirtschaftlichen Flächen in Nordbaden. - Z. Säugetierkunde, 70. Jahrestagung des DGS, Sonder- heft, 61: 69-70, Jena. WEINHOLDU,. (1997): Der Feldhamster - ein schützenswerter Schädling? - Natur & Museum, 127 ( 12): 445-453; Frankfurt. WERTHE, . (1 936): Der gegenwärtige Stand der Hamsterfrage in Deutschland. -Arbeiten aus der Bio- logischen Reichsanstalt für Land- ur.d Forstwirtschaft, 21: 201-253. 6. Danksagung Für die Meldung „ihrerc' Hamsterdaten danke ich recht herzlich Herrn Johannes Hölzel, Herrn Richard Mohr, Familie Kalabig, Herrn Wolfgang Raschig, Frau Gi- sela Becker, Familie Trippler, Herrn Reiner Weis und Herrn Heinrich Wolf. Kar1 Kugelschafter erlaubte mir, die Daten der Umfrage des Arbeitskreises Wildbiolo- gie auszuwerten. Ralf Thiele (Universität Mainz) sei für seine fachliche Unter- stützung gedankt. Für die Möglichkeit, die Daten der jeweiligen Sammlungen auszuwerten, möchte ich Frau Julia Altmann (Senckenberg-Museum Frankfurt), Herrn Erhard Zenker (Museum Wiesbaden), Frau Michaela Kurbel (Landesmu- seum Darmstadt) und den Herren Dr. F. 0. Neuffer und Uwe Hildebrand (Muse- um Mainz) danken. Der Stadt Wiesbaden möchte ich für die finanzielle Unter- stützung der Untersuchung danken. Anschrift des Verfassers: OLAFG ODMANN Hauptstraße 3 1 65527 Niedernhausen Manuskript eingegangen am 1.6. 1998.

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