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Zell-Differenzierung PDF

219 Pages·1980·6.306 MB·German
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GENETIK GRUNDLAGEN UND PERSPEKTIVEN Herausgegeben von Dr. K. R. Lewis, Oxford, und Prof. Dr. B.John, Canberra BAND 1 ZELL-DIFFERENZIERUNG DR. DIETRICH STEINKOPFF VERLAG DARMSTADT 1980 Genetik· Grundlagen und Perspektiven ZELL-D IFFERENZIER UN G Von Prof. Dr. NORMAN MACLEAN Senior Lecturer, Department of Biology Southampton University Autorisierte Übersetzung von Dr. Hartmut Eckhardt (Berlin) Mit 96 Abbildungen und 14 Tabellen DR. DIETRICH STEINKOPFF VERLAG DARMSTADT 1980 Titel der englischen Originalausgabe THE DIFFERENTIATION OF CELLS by NORMAN MACLEAN Senior Lecturer, Department ofBiology, University of Southampton © Norman Maclean 1977 First published 1977 by Edward Arnold (Publishers) Limited 25 Hili Street London WIX 8LL Alle Rechte vorbehalten (insbesondere des Nachdrucks und der Übersetzung) Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Xero graphie, Mikrofilm, unter Verwendung elektronischer Systeme oder anderer Reproduktionsverfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages repro duziert werden. Bei der Herstellung einzelner Vervielfältigungsstücke des Werkes oder von Teilen des Werkes ist nach §54, Abs. 2 URG eine Vergütung an den Verlag zu zahlen, über deren Höhe der Verlag Auskunft erteilt. CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Maclean, Norman: Zell-Differenzierung/von N orman Maclean. Autoris. Übers. von Hartmut Eckhardt. - Darmstadt: Steinkopff. 1980. (Genetik, Grundlagen und Perspektiven; Bd. J) ISBN-13: 978-3-7985-0541-4 e-ISBN-13: 978-3-642-72341-4 DOl: 10.1007/978-3-642-72341-4 Einheitssacht. : The differentiation of cells <dt.> Gesamtherstellung: William Clowes (International) Ltd. Vorwort Dieses Buch möchte eine Einführung zu einem der aufregendsten Probleme geben, die der Mensch kennt - der Differenzierung lebender Zellen. Wie entstehen die Unterschiede der diversen Zelltypen eines einzelnen Organismus, -die letztendlich alle derselben befruchteten Eizelle entstammen? Diese Frage, die einmal während meiner Studentenzeit von einem Dozenten gestellt wurde, hat seitdem meine Neugier gefesselt. Ich hoffe, daß dieses Buch dazu beiträgt auch bei dem einen oder anderen Leser ein ähnliches Interesse zu erwecken. Während ich dieses Buch ~schrieben habe, war ich mir darüber im klaren, daß 'Über-Vereinfachungen' zustande kommen würden. Kaum eines der angeführten Experimente oder Beobachtungen stellt sich beim Lesen der Original-Veröffent lichung als so eindeutig oder so unkompliziert dar, wie es im einen oder anderen Abschnitt erscheinen mag. Vermutlich gehört dies zum Wesen der Wissenschaft. Der Versuch einer Synthese in einem weitverzweigten Gebiet wie der Differen zierung, ähnelt sehr einem Hausbau mit Steinen, die aus unterschiedlichstem Material sind und aus den verschiedensten Gegenden stammen. Damit meine ich nur, daß Beweisstücke die sich zu einem Modell zusammenbauen lassen, aus sehr unterschiedlichen Systemen entnommen werden können: das eine kann eine Virus-infizierte Leberzelle sein, das andere vielleicht eine marine Alge. Wie auch an einer anderen Stelle dieses Buches zum Ausdruck kommt, sind die Bereiche, in denen 'Theoretisieren' am einfachsten, aber auch am wenigsten gewinnbringend ist, solche, die nur wenig verstanden sind. Mir scheint, daß die biologische Wissenschaft in ein Stadium getreten ist, in dem der Versuch einer Zusammen fassung aller Aspekte der Differenzierung sinnvoll erscheint. Deshalb dieses Buch. Da aber die Entwicklung kaum abgeschlossen ist, besteht eine ständige Proble matik, falsche Schlußfolgerungen zu ziehen, oder eigentlich unwichtige Hinweise und Beweise überzubewerten. Ein anderes Problem ist die Zeit. Ich habe dieses Buch über einen Zeitraum von zwei Jahren verfasst, wobei sich in dieser Spanne auf dem Gebiet der Zell-Genetik sehr viel geändert hat. Trotz verschiedener Abänderungen, werden bestimmte Textabschnitte schon bei der Publikation nicht mehr dem neuesten Stand ent sprechen. Dem größeren Teil traue ich aber eine etwas länger dauernde Gültigkeit zu. V Meinen früheren und jetzigen Kollegen in Southampton, mit denen mir die Zusammenarbeit Freude bereitet hat - und bereitet, bin ich zutiefst verpflichtet. Einige von ihnen haben mir besonders beim Lesen und Überarbeiten des Buch manuskriptes geholfen: Dr. Muriel Ord, Dr. David Garrod und Dr. David Morris. Mein Dank für wertvolle Diskussionen und Kritik geht an Dr. David Maleolm, Dr. Godfrey Hewitt, Prof. Herbert Macgregor, und insbesondere an die Herausgeber dieser Serie, Dr. K. R. Lewis und Prof. BemardJohn. Ihnen allen, auch Mrs. Anne Wharmby, die den Großteil der Schreibarbeiten bewältigt hat, gilt mein tiefer Dank. NORMAN MACLEAN VI Inhaltsverzeichnis Vorwort. ... .. . .. . .. .. . . .. . . . .. .......... . ..... . . . . . . ... . ... . .. V Einführung: Die Wichtigkeit des Problems ........................ . 1. Die Bedeutung der Differenzierung in der Evolution. . . . . . . . . . . . . . 3 1.1. Entstehen von Differenzierung ............................... 3 1.2. Stamm-Zellen und Verlust der Plastizität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.3. Altern der Zelle und Rückdifferenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.4. Entwicklung der Differenzierung auf molekularer Ebene .......... 18 1.5. Gen-Verdopplung in Evolution und Differenzierung. . .. . .... . .. . 29 2. Differentielle Gen-Ausbildung ............................... 32 2.1. Wie entstehen Zellunterschiede während der Embryonalentwick- lung, bzw. während des Wachstums von Organismen aus Einzel- zellen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.2. Sind alle ausgewachsenen Gewebe, bezogen auf Frühstadien ihrer Entwicklung, lediglich Zellpopulationen, die ein paar bestimmte Gene ständig exprimieren? Wenn aufgrund von Veränderungen der Zellumwelt neue Proteine auftauchen, werden diese dann von aus Stammzellen abgezweigten neuen Zellinien gebildet? ............. 39 2.3. Angenommen, Populationen differenzierter Zellen können ihr Gen Ausbildungsmuster verändern, würde dies notwendigerweise Zell- teilung einschliessen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2.4. Treten Veränderungen der Gen-Expression zwischen Zellteilungen auf, wie werden sie gesteuert? Solche Wechsel sind normalerweise nur anhand des Proteinproduktes erfassbar; findet der Eingriff dabei zum Zeitpunkt der Transkription oder danach statt? . . . . . . . . . . . . . . 57 3. Kontroll-Mechanismen der Genexpression ..................... 60 3.1. Kontrolle der Transkription und Veränderungen der Gen- Frequenz ................................................. 60 3.2. Nach-transkriptionelle Kontrolle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 4. Die Bedeutung des Cytoplasmas bei der Differenzierung .......... 100 4.1. Modifizierung der Kern-Gen-Aktivität durch Cytoplasma-Moleküle 104 4.2. Vorstufen von Cytoplasmastrukturen, die für die Synthese neuer Zellteile notwending sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 4.3. Heterokaryons und Kern-Transplantate. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 4.4. Cytoplasma-DNS .......................................... 115 VII 5. Die Rolle der Hormone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 5.1. Pheromone............................................... 131 5.2. Hormon-ähnliche, zwischen Organismen ausgetauschte Substanzen. 131 5.3. Steroidhormone in Wirbeltieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 5.4. Nicht-Steroidhormone in Wirbeltieren ........................ 133 5.5. Neurosekretorische Hormone .......... '.' . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 5.6. Insektenhormone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 5.7. Pflanzenhormone .......................... ........... .... . 142 5.8. Chalone.................................................. 148 5.9. Anmerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 6. Episomen. Viren und anormale Gen-Elemente. . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 6.1. Bakterielle Episomen und Plasmide ........................... 152 6.2. Virusinfektion und Latenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 6.3. Anormale Gen-Elemente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 7. Zelloberßäche und Zellkontakt ............................... 159 7.1. Zell-Zell Kontakt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 7.2. Zell-Bewegung..................... ....................... 163 7.3. Zellantwort auf Oberflächen-Moleküle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 7.4. Anmerkung.................................... ........ ... 168 8. Kontrollierte und nicht-kontrollierte Differenzierung. . . . . . . . . . . . . 169 8.1. Genexpression in allophenen Mäusen ......................... 169 8.2. Krebs und Differenzierung. . .. . . . . .. .. . . . . . .. . . .. . ... . .. . . . . . 172 8.3. Onkogene Viren und Krebs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 8.4. Chemische Beeinflussung von Differenzierungsvorgängen - der Einsatz von BUdR .......................................... 181 9. Differenzierung - wie sie sich gegenwärtig darstellt . . . . . . . . . . . . . . 184 9.1. Spezifische Fragen .zum Gebiet der Differenzierung. . . . . . . . . . . . . . . 186 9.2. Besondere Techniken und ihre Anwendung bei Differenzierungs- problemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Literaturverzeichnis 189 Nachtrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Sachverzeichnis ................................................. 204 VIII Einführung: Die Wichtigkeit des Problems Es gibt zwei biologische Phänomene die, aufgrund ihrer Vertrauheit, häufig als bewältigt angenommen werden. Sie haben die wissenschaftliche Gedankenwelt seit nunmehr über einem Jahrhundert beschäftigt, ohne daß wir einem tieferen Verständnis sehr viel näher gekommen wären. Ich spreche von der Existenz der Organismen in unterschiedenen Arten und die Organisation lebender Zellen in distinkten Gruppen, die wir Gewebe nennen. Das erste Problem dürfen wir Darwins Erkenntnissen überantworten und uns in diesem Buch dem zweiten Problem, dem Verstehen der Differenzierung widmen. Wenn sich ein befruchtetes Ei zu einer Pflanze oder einem Tier entwickelt, produziert es nicht einfach eine Masse identischer Zellen. Vielmehr entsteht ein Organismus, eine geordnete Zussammenlagerung von verschiedenen Zell typen, wobei die ausdifferenzierten Zellen (meistens) in unterschiedlichen Geweben erkennbar werden. Das Rätsel auch der Differenzierung verklärte sich durch die Erkenntnis, daß unterschiedliche Zellen desselben Organismus alle einen identischen und vollständigen Satz genetisches Material enthalten. Diese Entdeckung verwies auf die Möglichkeit, daß sich Differenzierung durch die Auft eilung von genetischem Material des befruchteten Eies in gewebespezifische 'Portionen' vollzieht. Es zeigte sich, daß differenzierte Zellen im allgemeinen einen kompletten Satz Gene enthalten, aber nur einige von ihnen benutzen. Wie auch immer, wir müssen um das verführerische Element in der Theorie der 'selektiven Gen-Aktivierung' bei der Differenzierung wissen. Obgleich die Theorie ein Verständnis ermöglicht, wie differenzierte Zellen ihre genetische Information nutzbar machen, erklärt sie noch nicht per se Differenzierung. Meistens ist spezifische Genaktivität das Resultat von Differenzierung, weniger ihr kausaler Mechanismus. Noch eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus der Ansicht, Differenzierung am besten durch unterschiedliche Gen-Aktivität zu erklären. In der eukaryotischen Zelle kann die Aktivität bestimmter Gene mit größter Genauigkeit moderiert werden. Dies ist möglich, weil die Transkription eines Gens in RNS nicht notwendigerweise auch durch deren Translation in Protein fortgesetzt werden muß. Tatsächlich werden in einigen Fällen Gene transkribiert, während die RNS nie übersetzt wird. Solange unterschiedliche 'messenger' RNS-Moleküle nicht einwandfrei isoliert und identifiziert werden können, müssen wir uns auf die Analyse des speziellen Pro teins als Indikator für die Aktivität eines einzelnen Gens beschränken. Dabei sollte man beachten, daß die gegenwärtigen Meinungen über spezifische Gen-Aktivität während der Zelldifferenzierung -gelenkt auf der Ebene des Protein-Produktes-weitestgehend nur auf Schlußfolgerungen basieren. Deshalb sollte spezifische Gen-Aktivität als ein wichtiger Mechanismus, aber nicht als die einzige Voraussetzung gesehen werden. Wie aber 'weiss' eine Zelle, welche Gene abgelesen und in Zell strukturen übersetzt werden sollen und welche nicht? Dies führt uns zu einem weiteren Problem der Zell-Differenzierung: Auch im hochkomplexen eukaryotischen Organismus gibt es nur eine relativ kleine Zahl unterschiedlicher Zell-Typen. Es wird grosser AufWand betrieben, die Variabilität und die Zahl von unterschiedlichen Zellen in einem vielzelligen Organismus zu ermitteln. Dies sollte uns aber nicht den Blick verstellen für eine viel eindrucks vollere Sache, nämlich, daß sich in einem Organismus aus vielen MilIarden Zellen letztendlich nur einige hundert prinzipiell unterschiedliche Zell-Typen finden lassen. Differenzierung ist ein genau begrenzter Vorgang. Jeder Zell typ kann dabei durch Millionen, im wesentlichen identischer Zellen dargestellt werden. Diese Art der Organisation in Eukaryonten richtig einzuschätzen ist fundamental für ein tieferes Verständnis von Zell-Differenzierung. Gleich, welche Mechanismen eigentlich beteiligt sind, sie sind in vieler Hinsicht analog der Programm-Auswahl z.B. einer Waschmaschine. Jeder der Ausgangszelltypen kann durch einen ziemlich einfachen Vorgang bestimmt werden, wie etwa durch ein gewebespezifisches 'master gene'. Hat einmal ein solcher Schaltvorgang stattgefunden, wird automatisch das geeignete Programm zur Gen-Expression ausgewählt und die vielen verschiedenen Einzelgen~, die für einen Zell typ von Bedeutung sind, in der richtigen Zeitfolge 'an-' und 'ausgeschaltet'. Solch eine Programm-Selektion findet statt, lange bevor die zellulären Eigenschaften die das Programm bestimmt, offenbar werden. Das Programm bleibt dabei über viele Zellteilungen erhalten. Einmal ausgewählt, ist es bemerkenswert stabil und überschneidet sich mit anderen Programmen der Genexpression nur sehr selten. Lassen Sie mICh diese beiden Überlegungen noch einmal aufgreifen, weil sie wie ich glaube, für die Differenzierung von Zellen von grundlegender Bedeutung sind. Erstens, unterschiedliche Gen-Expression, ohne Zweifel für die Zell Differenzierung von Bedeutung, erklärt für sich noch nicht, wie der erste Schritt zustande kommt. Zweitens, dieser einleitende Schritt braucht lediglich eine Auswahl unter einigen hundert unterschiedlichen Programmen zur Gen Ausbildung zu sein. Die auffallende Ähnlichkeit verschiedener Zellen des gleichen Typs zeigt die grundlegende Gültigkeit des Programms das diese Zellen hervor bringt. In diesem Buch habe ich mich bemüht, eine umfassende Darstellung der vielen miteinander wechselwirkenden Parameter zu geben, die zusammen zelluläre Veränderlichkeit ermöglichen und aufrechterhalten. Die Bedeutung der verschiedenen Parameter verändert sich allerdings von einem Zell typ zum anderen und von einem Organismus zum anderen. Da ein einfacherer Weg zum Verständnis der Differenzierung der ist, auf zuzeigen was sie nicht ist, habe ich für eine Einführung in die Problematik Kapitel I genommen, das sich (teilweise) mit nicht voneinander unterscheidbaren Zellen wie Bakterien beschäftigt und einen Blick auf die frühesten Anzeichen von Differenzierung in 'primitiven' Zellen und einfachen Organismen gibt. 2

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