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Winckelmann und Lessing : Vortrag gehalten am 9. Dezember 1940 zum 100. Winckelmannsfest der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin PDF

49 Pages·1941·1.609 MB·German
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Preview Winckelmann und Lessing : Vortrag gehalten am 9. Dezember 1940 zum 100. Winckelmannsfest der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin

WINCKELMANN und LESSING Vortrag gehalten am 9. Dezember 1940 zum 100. Winckelmannsfest der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin von WALTHER REHM 1941 WALTER DE GRUYTER & CO Berlin W 35 Archiv-Nr. 317441 Druck von Walter de Gruyter & Co., Berlin \V 35, vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung • I. Guttentag, Verlagsbuchhand- lung • Georg Reimer • Karl J. Trübner • Veit & Comp. Printed in Germany EMIL JACOBS zum Gedächtnis Sehr rasch hatte sich die Nachricht von Winckel- manns furchtbarem, einsam-verlassenem Ende in Deutschland verbreitet. Am 8. Juni 1768 war die Mordtat in Triest geschehen; einer der ersten, der sie im nördlichen Deutschland, in Preußen, der Heimat Winckelmanns, erfuhr, war Friedrich der Große und zwar aus einer Depesche seines bevoll- mächtigten Ministers und Gesandten in Wien, von Rohd. Wenige Jahre zuvor, 1765, hätte der König die Möglichkeit gehabt, den berühmten Gelehrten als seinen Bibliothekar nach Berlin zu ziehen, allein die 2000 Thaler, die Winckelmann forderte, war ihm der Mann nicht wert: für einen Deutschen seien 1000 Thaler genug. Auch Lessing wollte der König als Bibliothekar nicht nehmen. Lessing erfuhr von Winckelmanns Tod aus den Zei- tungen und schrieb am 5. Juli 1768 an Nicolai: »Das ist seit kurzem der zweyte Schriftsteller, dem ich mit Vergnügen ein paar Jahre von meinem Leben geschenkt hätte«. Wer war der erste Schriftsteller ? Das war Lawrence Sterne, der englische, melancho- lische Humorist, der Verfasser der »Empfindsamen Reise«, die ihn nach Frankreich und nach Italien geführt hatte, nach Neapel und Rom, vielleicht so- gar in die Nähe Winckelmanns. Möglich, daß sich ihre Wege gekreuzt haben, und Sterne wäre dann für Winckelmann einer der vielen spleenigen Eng- länder mehr gewesen, die er in Rom im Lauf der 7 Jahre kennen lernte. Er buchte sie als eine be- sondere Species von Mensch - Steinkohlenseelen, so nannte er sie, »von der Hypochondrie benebelt und Menschen, die den Frühling des Lebens nicht kennen; denn die Fröhlichkeit ist diesen unbe- kannt«. Diesem Engländer also, der am 18. März 1768 ge- storben war, und dann dem großen deutschen Landsmann wollte Lessing ein paar Jahre seines Le- bens schenken, wo er doch selbst nicht allzuviel zu verschenken hatte und die Lebensspanne Winckel- manns nur um ein, zwei Jahre überdauerte. Wie dieser starb er, als er kaum in die Fünfzig geschrit- ten war. Mit Vergnügen sogar wollte er diese Jahre dem andern schenken. Warum das bitter-lässige Wort? das freigebige Verschenken so kostbaren Gutes? gerade an Winckelmann, den berühmten, fernen, vielleicht heimlich beneideten Gelehrten, den mitten aus dem hohen, vor den Augen ganz Europas gelebten Kunstleben in Rom ein jähes, unbegreifliches Schicksal gerissen hatte? warum gerade an ihn, als dessen künftigen Nachfolger in Rom Lessing bald nach Winckelmanns Tod die Öffentlichkeit bezeichnete ? War es Mißmut ? ein Stimmungsaugenblick ? oder das Gefühl, daß des Toten Schaffen und Erkennen wichtiger sei, als das seine? daß dessen frühabge- brochenes Leben folgenreicher sein werde, als es die 8 eigene, dunklere, so schwierige Lebensbahn werde sein können ? Denn wo findet man bei Lessing ein so naiv-stolzes, sicheres Wort oder auch nur die Möglichkeit zu einem solchen, wie dieses: »Ich schätze mich für einen der seltenen Menschen in der Welt, welche völlig zufrieden sind und nichts zu verlangen übrig haben. Suche einen andern, welcher dieses von Herzen sagen kann.« Winckelmann, der »römisch gewordene Preuße«, hatte die deutsche »Kathedralernsthaftigkeit«, von der er einmal sprach, hinter sich gelassen und sie abgelegt, als er nach Italien, ins »Land der Mensch- lichkeit« kam. Er empfand sein Leben nun selbst als ein Wimder und schrieb an einen seiner Freunde: »O selige Freiheit, die ich endlich Schritt vor Schritt im völligen Genuß, in Rom schmecken kann!« Denn Rom hatte er sich als den Sitz seiner stolzen Ruhe, als den Ort seiner seligen Muße fast herrscherlich erkoren. Nun schaute er aus der Mitte der Welt, aus der ewigen Stadt, etwas vornehm auf die deutschen Gelehrten, die »viri eruditissimi«, herab und er- kundigte sich etwa bei Heyne, dem berühmten Göttinger Philologen, ironisch fragend, staunend: wie und ob man eigentlich an einem Ort wie Göt- tingen vergnügt leben könne und, wie man an- gebe, es zu sein. Denn er könne sich nicht vor- stellen - so fährt er ein wenig boshaft fort wie dieser und ein jeder Ort, wo Akademien in Deutsch- 9

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