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Welt und Gegen-Welt in Jean Pauls »Titan« PDF

279 Pages·1996·34.799 MB·German
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a GEtr1 R::0 M3:: > Az NIfij ST:l IS'" C(l H~ tr1 E ;J> ABO:l H~ > Az ND0 r Lc Uz NGCl Etr1 NZ W~ elt e u::s n0-da Ge0 g(Jq 0 e::s n-W~ elts· in..... J0 ea~ ::s n "1:l Pa~ E. ul'" s »~ :j T..... ita~ ::s n«~ JOCHEN GOLZ Welt und Gegen-Welt . In Jean Pauls »Titan« VERLAG J.B. METZLER STUTTGART· WEIMAR GERMANISTISCHE ABHANDLUNGEN 78 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Golz, Jochen: Welt und Gegen-WeJt in Jean Pauls »Titan« / Jochen Golz. - Stuttgart; Weimar: Metzler, 1996 (Germanistische Abhandlungen ; 78) ISBN 978-3-476-01275-3 NE:GT ISBN 978-3-476-01275-3 ISBN 978-3-476-03574-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-03574-5 Dieses Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtitzt. Jede Verwertung auBer halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzullissig und strafbar. Das gilt insbesondere ftir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © 1996 Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprunglich erschienen bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 1996 ~ EIN VERLAG DER ~ SPEKTRUM FACHVERLAGE GMBH ~ Dem Andenken meiner Frau INHALTSVERZEICHNIS Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. ENTSTEHUNG UNO INTENTIONEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 21 II. »DEs LUFTSCHIFFERS G1ANNOZZO SEEBUCH« ALS SATIR1SCHES PANORAMA OER GEGENWART 45 1. Genesis und Spektrum der »Slikulum«-Metapher . . . . . . . . . . . .. 47 2. »Slikulum« als satirische Metapher: Die Centenarrede zum Jubilaum des Miilanzer Galgens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 3. Ulrichsschlag als satirischer Topos der Staatsmaschinerie . 63 4. Die »Atonie des Jahrhunderts«: Herrenleis ........ 68 5. Das goldene Zeitalter und die Gegenwart . . . . . . . . . 74 6. Der Mann im »Siechkobel« - Welterfahrung und satirische Perspektive 76 7. Montgolfieren-Aspekte: »Kampaner Thal« und »Giannozzo« 82 8. Satirisches Erzahlen und »Kardinalroman« . . . . . . . . . . . . . . . 89 III. INDIVIDUUM UNO GESCH1CHTE 1M »TITAN« ...... . 101 1. Zur Genesis von Jean Pauls Individualitatskonzept 103 2. Albano als »hoher Mensch« - Aspekte von Kontinuitat und Diskontinuitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3. Exkurs I: Das Verhliltnis von Antike und Moderne im Lichte von Jean Pauls Kunst- und Bildungskonzept 114 A Ein Extrablatt der »Unsichtbaren Loge« . . . . . . . . . 114 B Albanos »asthetische« Erziehung . . . . . . . . . . . . . 119 4. Die asthetische Konfiguration von»W elt« und »Gegen-Welt« 126 5. »Spielraum fiir das Leben« - Spielraum der Innerlichkeit 144 6. Albano in Rom - eine antiklassische Alternative . . 155 7. Exkurs II: Jean Paul als Zeitgenosse von Revolution und postrevolutionarer Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 A »Ueber die Wiiste und das gelobte Land des Menschengeschlechts«. 163 B »Der 17. Juli oder Charlotte Corday« ...... . 170 C Zur Funktion des Revolutionsmotivs im »Titan« . 176 8. Ein Traum von Italien . . . . . . . . . . . . . . . . 180 VIII Inhaltsverzeichnis 9. Erzahlerische Finalitat 188 A Gaspard. 188 B Schoppe ..... 191 C Roquairol . . . . 199 D Roman-Arkadien 204 Anhang Literaturverzeichnis 221 Anmerkungen ... 243 EINLEITUNG Wer sich heute mit Jean Pauls »Kardinalroman«, dem »Titan«, beschliftigt, sieht sich einer Reihe von Deutungsmustem gegeniiber, die eine Antwort auf die Frage nach dem eigenen Erkenntnisinteresse geboten erscheinen lassen. Davon nicht zu trennen, ja eigentlich vorab zu diskutieren ware zudem das Problem, inwiefem den Romanen Jean Pauls Werk charakter zuzusprechen ist und ob sie iiberhaupt als asthetische Ganzheit interpretiert wer den konnen. Denn vielem, was in der jiingeren Jean-Paul-Forschung iiber den» Titan« ge schrieben worden ist, liegt imp liz it oder explizit die Vorstellung zugrunde, daB an einem solchen Text immer nur iibergreifende Problemzusammenhange untersucht werden kon nen. Von verschiedenen Gesichtspunkten her ist ein solcher Standort begriindet worden. Unter kommunikationstheoretischem Aspekt hat ihn wohl am biindigsten Burkhardt Lind ner formuliert: »Kein Werk wird sich - samt den Nebenwerken - als Einzelwerk im Sinne des Werkautonomiebegriffs interpretieren lassen. Es enthalt vielmehr den Status eines Fragments. AIle Werke sind als eine >kontingente< Konkretisation des Kommunikations modells zu 1esen: als eine Variante, als ein Produkt einer unendlichen Schreibproduktivitat des Generalautors.« [I] Lindners These ist nicht durchweg in Frage zu stellen, und nicht zu bestreiten ist auch die Existenz einer »intertextuellen Binnenstruktur« [2] zwischen den einzelnen Romanen und Erzahlungen. Aber zu fragen ist doch, ob nicht die allzustarke Bindung an das hier al lein MaBstab setzende klassisch-romantische Werkmodell und das Respektieren von des sen uneingeschrankter asthetischer Dominanz den Blick flir die spezifische Werkkonsti tution bei Jean Paul verstellen kann. Nicht nur hat Jean Paul als freier biirgerlicher Autor Romane und Erzahlungen schreiben wollen auch mit der relativ vordergriindigen Inten tion, sich mit seinem Schreiben an zeitgenossische Schreib-und Publikationskonventio nen anpassen und dann auch auf dem Buchmarkt behaupten zu wollen, sondem er hat auch als hochst bewuBt disponierender Autor seine Produktion in der Form des Romans konzentriert und strukturiert. LaBt sich dies schon flir sein <Euvre generell sagen, wie vielmehr gilt es fiir den »Titan«, der in Goethes »Wilhelm Meister« einen verborgenen strukturellen Bezugspunkt besitzt; hier waren auch bereits Max Kommerells Analysen zur Form des »Titan« in Anschlag zu bringen. [3] Dariiber hinaus aber laBt sich sagen, daB sich in der Zeit urn 1800 generell Formen des Erzahlens herausbilden, die weder mit dem Aufklarungsroman noch mit dem klassischen Romanmodell zur Deckung zu bringen sind, und es ist gewiB nicht zufallig, daB in jiingeren Jean-Paul-Interpretationen des ofteren Holderlins »Hyperion« und Friedrich Schlegels »Lucinde« vergleichend herangezogen werden, [4] Romane also, die sich strukturell eben nicht unter den klassischen Romanbe griff subsumieren lassen. DaB es sich hier nicht urn zufallige Analogien handelt, daB viel mehr in den benannten Romanen die historische Situiertheit ihrer Autoren sich auf jeweils spezifische Weise vermittelt, ist in den Grundziigen von der Forschung bereits herausge arbeitet worden, ware indes kiinftig noch genauer zu beschreiben. 2 Einleitung Mit dem Begriff der historischen Situiertheit ist ein Stichwort gegeben, das auch flir mein eigenes methodisches Vorgehen in Anschlag gebracht werden muG. Begreift man die Autorsubjektivitat als Vermittlungsinstanz zwischen Wirklichkeit und Werk, [5] so er weist sich die Historisierung der daraus erwachsenden Wechselbeziehungen ftir mich als grundsatzliches heuristisches Prinzip. Dabei verstehe ich Historisierung nicht als Einver nahme des Autors nach MaGgabe historisch-ideologischer Pradispositionen, sondem zunachst als moglichst genaue und sachgerechte Beschreibung der geschichtlichen Zeit verhaltnisse und jenes darin existierenden Geflechts ideeller Beziehungen - seien sie nun dichtungsgeschichtlicher, moralischer, erkenntnistheoretischer oder religioser Natur -, denen sich der Autor als Basis seiner sozial-praktischen wie geistigen Existenz gegen tibersah und die er im ProzeB der Herausbildung eines eigenen Weltverhaltnisses selektiv >verinnerlichte<. Dies alles extensiv zu entwickeln liefe freilich auf eine umfassende Jean Paul-Monographie hinaus. Mir geht es darum, das Weltverhaltnis Jean Pauls historisch differenzierend zu entwickeln und Aspekte einer solchen Historisierung an den Struktu ren des »Kardinalromans« aufzufinden, dabei also nicht deduktiv, sondem induktiv zu verfahren. Bevor ich mich aber dem Untersuchungsgegenstand selbst zuwende, muG der Begriff der Historisierung, den ich oben schon von historisch-ideologischen Pradispositionen ab zugrenzen versucht habe, noch prazisiert werden. Solchen Pradispositionen ist nach mei nem Daflirhalten der Begriff der »deutschen Misere« zuzurechnen, den der junge Fried rich Engels in die Geschichtsbetrachtung eingeflihrt hat [6] und der dann vor allem von Georg Lukacs zu einem Leitideologem auch flir die Literaturwissenschaft ausgebaut wor den ist. Von einem Ideologem muG man darum sprechen, weil es sein MaG an implizier ter Negativitat im wesentlichen nicht aus der deutschen Geschichte selbst, sondem insbe sondere aus dem englischen bzw. franz os is chen Entwicklungsweg bezog; aus der Ge schichte dieser groGen europaischen Nationen wurde eine letztlich idealisch konstruierte Orientierungslinie hergeleitet, die maBstabsetzend auch flir die deutsche Entwicklung gel ten sollte. Dabei stellte das englische Modell den sozialgeschichtlichen Prototyp dar - ka pitalistische Entwicklung der Produktivkrafte -, wahrend das franzosische den politi schen, will sagen revolutionaren Losungsweg anempfahl. Nicht nur im Lichte einer sol chen Optik aber, sondem auch aufgrund der tatsachlichen sozialen Lebensbedingungen konnten die deutschen Verhaltnisse als miserabel erscheinen [7] - was die ideologische Optik wiederum intensivierte -, bildeten doch politische Zersplitterung und vorwiegend agrarisch-feudale Sozialstruktur in Deutschland schon ftir die Zeitgenossen ein be drtickendes Bild. So konnte mit einer gewissen ZwangsIaufigkeit in der marxistischen Hi storiographie und Literaturgeschichtsschreibung gegen eine solche Miserabilitat das Bild eines historischen Subjekts konstruiert werden, des sen Verhalten vor allem danach be messen wurde, ob es den Kampf gegen die Misere aufnahm oder nicht. Je nach dieser Zu ordnung konnten auch Dichter und Philosophen dann dem Fortschritt oder der Reaktion in der deutschen Literatur zugewiesen werden - so die Kemformel im Titel der wohl ein fluGreichsten literaturgeschichtlichen Schrift von Georg Lukacs. [8] Ftir eine Rekonstruktion historischer Ablaufe hingegen muG es sich als wesentliche Aufgabe darstellen, das MaG der Beurteilung aus dem historischen ProzeG selbst zu ge winnen, nicht aber den deutschen Verhaltnissen ein nach englischem bzw. franzosischem Einleitung 3 Muster gewirktes Koordinatennetz tiberzuwerfen und dies von der Kategorie des Fort schritts her zu begriinden - einer Kategorie, deren impliziter teleologisch-finalistischer Grundzug im ausgehenden 18. Jahrhundert bereits durchaus kontrovers diskutiert wurde. Eine solche Betrachtungsweise scheint vor allem auch darum angebracht, weil die Zeit genossen des 18. Jahrhunderts ihr lebensweltliches Verhalten selbst so verstanden haben, was insbesondere bedeutet: sie haben Wirklichkeit letztlich als Status quo akzeptiert, als das Gegebene, in dem sie sich einzurichten hatten. [9] All das, was sich in der Kunst an Veranderungswtinschen, -hoffnungen und -proklamationen auffinden laBt, sollte von daher beurteilt werden. Es macht flir mich einen groBen Unterschied, ob ich etwa radikale Forderungen eines Autors auf diesen Ausgangspunkt beziehe oder ob ich solche Forde rungen a priori aus einem politisch-revolutionaren Grundimpuls herleite. Das, was Jean Paul tiber die grundsatzliche Differenz von poetischem Ideal und Wirklichkeit immer wie der sagt, beansprucht nicht nur flir ihn selbst Geltung, sondem liegt mehr oder minder deutlich artikuliert zeitgenossischen idee lIen Manifestationen zugrunde und hat dann stets die Akzeptanz des Wirklichen in seinen sozialen und politischen Dimensionen zur Vor aussetzung. Es spricht nachgerade flir Jean Pauls unmittelbare Bindung an das Reale, daB er diesen Grundsatz mit solcher Klarheit und Verbindlichkeit aussprechen kann und sich in diesem Punkte auch von den Klassikem nicht weit entfemt wissen muB, die von da aus freilich andere ktinstlerische Wege eingeschlagen haben. Nimmt man die Akzeptanz der deutschen Wirklichkeit durch Jean Paul in ihrem fakti schen So-Sein als Voraussetzung und leitet von daher ab, daB zwischen seinem Status als homo politic us und seinem Ktinstlertum eine grundsatzliche Differenz auszumachen ist - eine Differenz, tiber die er selbst intensiv reflektiert hat -, dann ist solche Differenz auch flir Jean Pauls Verhaltnis zum politischen Epochenereignis schlechthin auszumachen, der Revolution im Nachbarland Frankreich. Was seine Vorstellungen von den politischen Konsequenzen der Revolution flir Deutschland anbelangt, so dtirften sie etwa von denen Goethes nicht so weit entfemt gewesen sein. Dabei liegt allen weitergehenden Uberle gungen die Erkenntnis zugrunde, daB es sich bei den politischen Umwalzungen im Nach barland urn einen ProzeB handelt, der seine eigenen nationalspezifischen Ursachen be sitzt, und daB es sich schon darum verbietet, die politischen Konsequenzen der Revolu tion auf die deutschen Verhaltnisse zu tibertragen. Hingegen war das BewuBtsein von der Veranderungsbedtirftigkeit der deutschen Verhaltnisse bei Jean Paul wie bei den meisten deutschen Intellektuellen am Ausgang des 18. Jahrhunderts allgemein, und als opinio communis erwies sich auch, daB politische Strukturen in Deutschland am ehesten durch kluge, vorausschauende Reformen zu verbessem sein wtirden. Bestarkt wurden die Re formgesinnten unter den deutschen Intellektuellen durch den Verlauf der revolutionaren Ereignisse in Frankreich; an sich selbst erfuhren sie eine Schocktherapie in mehreren Schtiben: Terror der Septembriseurs, Hinrichtung des Konigs, Sturz der Gironde. Wahrend aber Goethes politische Reflexion zum Beispiel im Hinblick auf den deutschen Entwicklungsweg eigener staatsmannischer Praxis und einer souveranen Uberschau poli tischer Konstellationen entsprang, erwuchs Jean Pauls Urteil eher aus einer zwischen Zu trauen und Skepsis schwankenden Haltung, die wiederum sich seiner sympathetischen Verbundenheit mit den Emiedrigten und Beleidigten verdankte. Er wurde das Unbehagen nicht los - ohne daB es ihm gelang, sein Empfinden genau auf den Begriff zu bringen -,

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