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Wach- & Schliessgesellschaft Deutschland : Sicherheitsmentalitäten in der Spätmoderne PDF

263 Pages·2008·1.319 MB·German
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Daniela Klimke Wach- & Schließgesellschaft Deutschland Daniela Klimke Wach- & Schließgesellschaft Deutschland Sicherheitsmentalitäten in der Spätmoderne Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Zgl.Dissertation Universität Bremen,2007 1.Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © VSVerlag für Sozialwissenschaften | GWVFachverlage GmbH,Wiesbaden 2008 Lektorat:Frank Engelhardt VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,Übersetzungen,Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungen usw.in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung:KünkelLopka Medienentwicklung,Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung:Krips b.v.,Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-15828-0 Inhalt Vorwort ...................................................................................................................................................7 Schütze sich, wer kann! ..........................................................................................................................9 1 Kriminalpolitische Tendenzen .............................................................................................13 1.1 Ökonomisierung von Sicherheit................................................................................................14 1.2 Spätmoderne Kriminalitätskontrolle: USA und Großbritannien..........................................16 1.3 Kriminalitätsbearbeitung hierzulande .......................................................................................20 1.3.1 Informalisierung .................................................................................................................24 1.3.2 Rationalisierung ..................................................................................................................26 1.3.3 Expressionalisierung ..........................................................................................................29 1.4 Vorstellungen vom Anderen – Othering ...................................................................................33 1.4.1 Bevölkerungsmeinungen ..................................................................................................35 1.4.2 Deutungen sexueller Verhältnisse ...................................................................................38 1.4.3 Othering ................................................................................................................................41 1.4.4 Viktimismus .......................................................................................................................42 1.5 Fixing broken securities – Wie furchterregend sind »Ungezogenheiten«? ...............................43 1.5.1 Das Broken-Windows-Modell ........................................................................................45 1.5.2 Ordnung und Sicherheit – für und gegen wen? ............................................................48 1.5.3 Das neoliberal-kommunitaristische Programm der Inneren Sicherheit ....................53 1.5.4 Haltungen von Großstadtbewohnern ............................................................................56 1.5.4.1 Interaktive incivilities .............................................................................................61 1.5.4.2 Nicht-interaktive incivilities ..................................................................................67 1.6 Informelle und formelle Kriminalitätskontrolle .....................................................................74 1.6.1 Sicherheitsakteure .............................................................................................................74 1.6.2 Schutzgemeinschaften ......................................................................................................80 1.7 Verbrechen & Strafe: causes or costs ...........................................................................................86 1.7.1 Wohlfahrtsstaatliche Reminiszenzen: Back to the root causes of crime! ............................87 1.7.2 Neoliberalisierungen: Kosten und Nutzen von Kriminalität ......................................89 1.7.3 Wieviel Strafe darf´s sein? ................................................................................................91 6 Inhalt 2 Wieviel Kriminalitätsfurcht braucht die Gesellschaft? ...................................................97 2.1 Mikroebene: Personale Kriminalitätsfurcht ..........................................................................100 2.1.1 Genderbilder.....................................................................................................................116 2.1.2 Alterungsprozesse............................................................................................................125 2.2 Mesoebene: Nachbarschaftsbezogene Kriminalitätseinstellungen ....................................132 2.3 Makroebene: Gesellschaftbezogene Kriminalitätseinstellungen ........................................135 3 Schutzpraktiken .....................................................................................................................141 3.1 Typen von Schutzmaßnahmen ...............................................................................................143 3.1.1 Vermeidendes Schutzverhalten .....................................................................................154 3.1.2 Wachsamkeit ....................................................................................................................162 3.1.3 Maßnahmen zur Sicherung der Wohnung ...................................................................169 3.2 Wer sich in Gefahr begibt… ...................................................................................................175 4 Erfahrungen mit Kriminalität ............................................................................................179 4.1 Verarbeitung von Viktimisierungserfahrungen ....................................................................183 4.1.1 Neutralisierungen ............................................................................................................187 4.1.1.1 Schutzmaßnahmen ............................................................................................187 4.1.1.2 Normalisierungen ..............................................................................................193 4.1.2 Validierungen ...................................................................................................................199 4.1.2.1 Heldendeutungen ...............................................................................................200 4.1.2.2 Vulnerabilitätsbelege .........................................................................................205 4.1.2.3 Moralisierungen .................................................................................................208 4.2 Noch mehr Geschichten von der Wirklichkeit ....................................................................211 5 Sicherheitsmentalitäten .......................................................................................................217 Literatur ...........................................................................................................................................226 Anhang ...........................................................................................................................................245 Vorwort Was denkt die Bevölkerung über Kriminalität und wie geht sie mit den Risiken krimineller Ad- ressierungen um? Nun ging´s also an die empirische Arbeit der Soziologie. Eine Fülle von Da- ten war zu sortieren, auszuwerten, mit interpretierenden Ideen zu verknüpfen. Das ging nicht von oben herab, gerüstet mit all den Ideen, etwa zur Gouvernementalität, zu den Kontrollkul- turen, zur sog. Kriminalitätsfurcht, sondern nur durch ein intensives Hinabtauchen in die Zah- len der repräsentativen Bevölkerungsbefragung und v.a. in die rd. 700 Seiten transkribierten In- terviewmaterials. Und leider, wieder aufzutauchen bedeutete nicht jedes Mal, erhellende Ge- danken mitgebracht zu haben. Einige Überraschungen kamen dabei heraus. Nur einige Stichworte seien schon hier genannt: Das Problem der Inneren Sicherheit ist zu allererst ein politisches, kein lebensweltli- ches. Das wohl etablierte Konzept der Kriminalitätsfurcht erweist sich als Artefakt. Kriminali- tät ist ein Vehikel für Moralerzählungen und doing gender und v.a. für eine neoliberalisierte Poli- tik der Inneren Sicherheit. Geht die Bevölkerung überwiegend kompetent mit den Risiken rechtswidriger Adressierungen um und hält an rechtsstaatlichen Prinzipien der Kriminalpolitik fest, so zeichnen sich gleichwohl deutlich Einfallstore für eine Punitivierung der Verhältnisse ab. Die Daten verdanken sich einem von der DFG finanzierten Forschungsprojekt mit dem Titel „Politik der Lebensführung, privater Schutz vor Viktimisierung und die Individuali- sierung der Sicherheitspolitik“, das durch die Projektmitarbeiter Kirsten Toepffer-Wenzel und Jens Grimm sowie den engagierten studentischen Hilfskräften, Esther Jarchow und Astrid Klukkert, am Institut für Sicherheits- und Präventionsforschung (ISIP), Hamburg bearbeitet wurde. Wie so oft, reichte die Förderungsdauer nicht aus, um das empirische Material auch auszuwerten. Der intensiven Vorarbeit des Projektteams verdanke ich die sorgfältig erhobenen Daten, aus denen viel mehr gewonnen werden konnte, als zunächst von mir vermutet. Eine solche Arbeit macht man nie ganz allein im stillen Kämmerchen. Viel zu groß ist der eigene Bedarf, frisch gewonnene Erkenntnisse mitzuteilen. Daher habe auch ich einer gan- zen Reihe von Menschen zu danken, die mich immer wieder ermutigt, die mich auf manche gedanklichen Sackgassen hingewiesen und die mit mir meine Ideen konstruktiv diskutiert ha- ben. Zu nennen ist hier zu allererst Rüdiger Lautmann, der mich seit mehr als anderthalb Jahrzehnte begleitet – erst durch das Studium der Soziologie in Bremen und seitdem in der be- ruflichen Etablierung. Ihm danke ich sehr für die liebevolle und großzügige Fürsorge nicht nur für diese Arbeit. Er ist viel mehr als ein Betreuer hierfür gewesen, nämlich ein Wegbegleiter und -bereiter. Ihm verdanke ich die so wichtige Stütze in allen Belangen, die sich an die Schon- zeit des Studiums anschlossen. Unzählige gemeinsame Arbeitsprojekte sind seitdem entstan- den, die mich allesamt weitergebracht haben – die Arbeit am Lexikon zur Soziologie, etliche Lehrveranstaltungen in Bremen und Hamburg, Symposien, Vorträge und Veröffentlichungen. Darüber hinaus entwickelten sich auch eine ganze Reihe von inspirierende Ideen, häufig aus sehr kontroversen Gesprächen entstanden, die beide ausgehalten haben und die ebenso pro- duktiv wie unmerklich in dieses Buch eingeflossen sind. 8 Vorwort Unsere bewährte ISIP-Dreierrunde mit Fritz Sack an jedem Montagnachmittag, die durch eine Vielfalt von kriminologisch relevanten Themen führt und in der Fritz Sack nicht müde wird, die „halbierte Kriminologie“ zu beklagen, wie er die ätiologisch fixierte Forschung bezeichnet, die um die soziale Perspektive von Kriminalität, nämlich die strafende Reaktion, unzulässig verkürzt wird – all diese Gespräche waren für mich ein Intensivkurs in kritischer Kriminologie. Unendlich viele Ideen und Literaturquellen ergaben sich aus diesen Gesprächen, die stetig meinen Blick auf die kriminologischen Themen erweiterten, was dieser Arbeit sehr zugute kam. Mit dem Einstieg ins ISIP vor nunmehr fünf Jahren bekam ich auch neue Kollegen, die über manche Hürde hinweghalfen. Vor allem Christian Lüdemann hat mir immer wieder mit beneidenswerter Langmut die auszuwertenden Datenberge gegliedert, die sich manches Mal bedrohlich über mir aufzutun schienen. Nicht nur einige statistische Finessen, sondern v.a. auch seine systematisch-strukturierte Vorgehensweise hat mir die Sicht wieder freigegeben und mich immer wieder ermutigt. Christina Schlepper lernte ich vor einigen Jahren als sehr engagierte studentische Hilfs- kraft im Rahmen des Broken-Windows-Forschungsprojekts am ISIP aus dem Hamburger Stu- dium der Kriminologie kennen. Inzwischen arbeitet sie selbst an ihrer Dissertation. Sie war mir nicht nur für diese Arbeit eine Hilfe. Oft hat es schon gereicht, sie einfach neben mir und im- mer gesprächsbereit sitzen zu haben, während ich an den Kapiteln dieser Arbeit feilte. Rudolf Billerbeck hat mein Studium genauso begleitet wie Rüdiger Lautmann und ist mir seitdem zum Freund geworden. All die Nachmittage bei ihm mit reichlich Cappuccino und zündenden Gesprächen weit über die doch manches Mal verengte Soziologie hinaus haben immer wieder frischen Wind in meine Gedanken gebracht. Die spätere Phase dieses Buches wurde von Hartmuth Wrocklage begleitet, der die neu- esten Fortschritte und Erkenntnisse immer höchst gespannt abgefragt hat. Viele Kapitel haben wir gemeinsam gelesen und diskutiert. Sein großes Interesse an all den gefundenen Ideen ver- setzte Berge und half, die Arbeit schließlich zu einem überraschend schnellen Abschluss zu bringen. Den Grundstein aber für diese Arbeit hat meine Familie gelegt. Mit großzügiger, auf- geschlossener und manches Mal erstaunter Haltung haben meine Eltern und meine Schwester meine frühen soziologischen Gehversuche begleitet. Mit dieser Rückenstärkung gelangen mir die vielen Schritte zu heute, die durchaus nicht immer bruchlos verliefen. Für die tatkräftige Unterstützung auf diesem Weg danke ich v.a. meiner Mutter, die immer ganz und gar hinter mir stand. Das bereitwillige Korrekturlesen dieser ganzen Arbeit in Akkordzeit war dabei nur ein sachter Ausdruck ihrer Achtung vor meiner Arbeit. Meine Schwester hat dann noch die Mühen auf sich genommen, aus dem Manuskript eine druckferti- ge Vorlage zu machen. Ebenso wie meine Mutter hat sich meine Schwester immer sehr ge- spannt den ganzen, oft auch noch sehr unausgegorenen, Ideen dieser Arbeit gewidmet und sie interessiert diskutiert. Das alles machte Mut! Hamburg im Frühjahr 2008 Schütze sich, wer kann! Die gegenwärtige obsessive Beschäftigung mit dem Körper, seiner Fitness, seiner Verteidigungsfähigkeit, seinem Schutz – Beschäftigungen, die eng mit der gleichermaßen obsessiven Wachsamkeit gegenüber tatsächlichen oder vermeintlichen böswilligen Bedrohungen oder Verschwörungen gegen diese Geschütztheit zusammenhängen – spiegelt […] das Vor- dringen der einzigen noch verbleibenden Strategie (die auto- nome Strategie) wider. (Bauman 2000: 67) Wenn das Innere der Subjekte bedroht zu sein scheint, und dafür spricht einiges, wenn dessen Verteidigung einerseits und die Selbstbesorgtheit andererseits betrachtet werden, dann mag dies die Effekte gegenwärtiger Rationalitätszumutungen widerspiegeln. Der gegenwärtige Be- deutungszuwachs des Subjekts wird in erstaunlicher Einigkeit soziologisch festgestellt – um hier nur einige Stichworte zu nennen: „neue Innerlichkeit” (Vester et al. 1993: 212), „Feier des Ich“ (Bourdieu 1982: 579), „Innenorientierung“ (Schulze 1992: 38), „Versenkung ins Selbst“ (Sennett 1986: 408) und „Triumph des Subjekts“ (Neckel 2000: 41). Dass sich damit nicht nur individuelle Freiheitsgrade erweitern, sondern das Innere statt durch Normen angeleitet von Reflexivitätsanforderungen »kolonisiert« (Žižek 1999: 166) wird, kennzeichnet Subjektivität un- ter marktgesellschaftlichen Bedingungen. Die Hintergrundfolie für die „Politik der Lebensfüh- rung“ (Giddens 1997) bilden vielfältige Risiken, die direkt am Subjekt ansetzen: Luhmann (1990: 140 f.) unterscheidet Risiko und Gefahr danach, dass im ersten Fall Schäden selbst zuge- rechnet werden müssen, während Gefahren dem Kontrollbereich anderer unterliegen, und stellt fest, „die Zu- rechnungstendenz driftet in Richtung Risiko“. Entkleidet von seinen sozialen Kontexten wird Handeln als ein Ergebnis individueller rationa- ler Entscheidungskalküle verstanden. Selbst schuld zu sein, erweitert den Verantwortungsbe- reich spätmoderner Subjekte (vgl. Schmidt-Semisch 2000): Arbeit sichern, für die Rente sor- gen, die Gesundheit erhalten, für die Pflege aufkommen usw. und nicht zuletzt: sich vor Kri- minalität schützen – das sind riskante Unternehmungen geworden. Die Selbstsorgeaufgaben werden umso zahlreicher und riskanter, je schwieriger einerseits die objektiven Bedingungen werden, unter denen sie bewältigbar sind, etwa durch Massenarbeitslosigkeit, „Balkanisierung der Beschäftigungsformen“ (Castel 2000: 410), geschröpfte Sozialkassen, gestiegene Alterser- wartung, Hochkriminalität (Garland 2004a). Gleichzeitig mit den gestiegenen Anforderungen, das Lebensprojekt zu meistern, setzen sich andererseits veränderte Formen zur Verwaltung des Sozialen durch. Paternalistische Unterstützungsformen werden durch Verkontraktualisierungen der sozialen Verhältnisse verdrängt, welche die „universalistischen Regulierungen des Rechts“ (Castel 2000: 409) beseitigen und durch individualisierte, auf dem Willen basierende Aus- tauschprozesse ersetzen, z.B. Hartz IV (vgl. Legnaro 2006), betriebliches Qualitätsmanagement (vgl. Bröckling 2000), Renten- und Gesundheitsreform usf. Die neuen Anforderungen erscheinen entpersonifiziert, denn sie sind nicht länger konkreten Individuen und deren »bösen Absichten« zuordenbar, sondern „rein »objektiv«, sys- temisch, anonym” (Žižek 1999: 172). Die Bedingungen sprechen für sich. Die Fronten der Forderung, Anpassung und zugleich des Widerstandes lösen sich auf zugunsten einer breiten Unterwerfung unter hochdynamische neoliberale Bedingungen, die scheinbar ungeregelt die Handlungsspielräume durchkreuzen. Ein Adressat für die Beschwernisse ist nicht auszuma- chen, Protest verunmöglicht: „Wer sich weigert, den Konventionen zu gehorchen, rebelliert

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