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Von Adorno zu Mao PDF

321 Pages·2010·1.77 MB·German
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VON ADORNO ZU MAO Die Rezeption der Kritischen Theorie und die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen deutschen Vergangenheit von der antiautoritären Fraktion der Studentenbewegung zu den K-Gruppen Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. vorgelegt von Jens Benicke aus München WS 2008/2009 Erstgutachterin: Prof. Dr. Ingeborg Villinger Zweitgutachterin: PD Dr. Cornelia Brink Vorsitzende des Promotionsausschusses der Gemeinsamen Kommission der Philologischen, Philosophischen und Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftlichen Fakultät: Prof. Dr. Elisabeth Cheauré Datum der Fachprüfung im Promotionsfach: 25.06.2009 Inhalt 1 Einleitung..................................................................................................5 1.1 Exposition der Fragestellung................................................................5 1.2 Literaturlage und Forschungsstand.......................................................7 1.3 Methodisches Vorgehen.....................................................................13 1.4 Aufbau der Arbeit................................................................................18 2 Studentenbewegung und Kritische Theorie.........................................23 2.1 Die Kritische Theorie...........................................................................23 2.2 Die Entstehung der Studentenbewegung und der Neuen Linken in der Bundesrepublik.........................................................................30 2.3 Die Rezeption der Kritischen Theorie durch die Studentenbewegung bis 1968 ............................................................37 2.3.1 Horkheimers „Autoritärer Staat“ und die Faschismusdiskussionen im Institut für Sozialforschung.................37 2.3.2 Die Bedeutung des Antisemitismus für die Kritische Theorie..........41 2.3.3 Marcuse und die Frage nach dem revolutionären Subjekt:.............48 2.3.4 Habermas´ Kritik an der Radikalität der Bewegung.........................54 2.3.5 Adorno und das Verhältnis von Theorie und Praxis ........................59 3 Die Auseinandersetzungen in der Studentenbewegung über den Nationalsozialismus...............................................................................68 3.1 Diskussionen innerhalb der Studentenbewegung über eine Theorie des Faschismus.....................................................................68 3.2 Die „Überwindung des Antisemitismus“..............................................76 3.3 Die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen und die Reaktionen der Studentenbewegung..................................................81 3.4 Gibt es eine Kontinuität des Nationalsozialismus in die BRD?...........87 3.5 Sind die Notstandsgesetze „NS-Gesetze“? ........................................97 3.6 Rudi Dutschke und die deutsche Nation...........................................103 3.7 Israel und die deutsche Linke bis 1967.............................................107 3.8 Die antizionistische Wende der deutschen Linken nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967....................................................................111 4 Die Veränderung der Rezeption der Kritischen Theorie während des Höhepunkt und des Zerfalls der Studentenbewegung...............119 4.1 1968 - Auf dem Höhepunkt der Bewegung.......................................119 4.2 Faszination Kulturrevolution..............................................................122 4.3 Die Gründung der ersten Parteien....................................................125 4.4 Der Zerfall der Studentenbewegung und das „Gründungsfieber“.....128 4.5 Die Septemberstreiks 1969 und die „proletarische Wende“ der Protestbewegung..............................................................................131 4.6 Die Rolle der Intelligenz....................................................................135 4.7 Die Abwendung von der Randgruppentheorie..................................140 4.8 „Die Reste bürgerlicher Ideologie entschieden bekämpfen“.............143 4.9 Die Spaltung der Heidelberger Linken und die Abrechnung mit der Studentenbewegung...................................................................147 5 Die Auseinandersetzungen über den Nationalsozialismus in der Übergangsphase zu den K-Gruppen...................................................153 5.1 Die weiteren Diskussionen über eine Theorie des Faschismus........153 5.2 Die fortgesetzte Beschäftigung mit den Kontinuitäten des Nationalsozialismus in der BRD........................................................161 5.3 Diskussionen über eine drohende Faschisierung der Gesellschaft ..163 5.4 Der Nahostkonflikt und die deutsche Vergangenheit........................167 6 Die Rezeption der Kritischen Theorie in den K-Gruppen..................175 6.1 Die K-Gruppen..................................................................................175 6.2 Die Entwicklung der K-Gruppen........................................................180 6.3 War die Rote Armee Fraktion eine bewaffnete K-Gruppe?..............187 6.4 Zwischen Anarchismus und Werkzeug der Bourgeoisie...................197 6.5 Die Intellektuellenfeindschaft der K-Gruppen....................................202 6.6 Die Auseinandersetzung des KBW mit der Kritischen Theorie.........207 6.7 Die Kritische Theorie als bürgerliche Sozialwissenschaft.................215 7 Das Verhältnis der K-Gruppen zum Nationalsozialismus.................220 7.1 Die Faschismusanalyse der K-Gruppen...........................................220 7.2 Abwehr der deutschen Geschichte und Nationalismus der K-Gruppen........................................................................................226 7.3 Auseinandersetzungen über die Sozialfaschismusthese..................239 7.4 Die Bewertung der bundesrepublikanischen Gesellschaft durch die K-Gruppen ..................................................................................246 7.5 Der Antizionismus der K-Gruppen....................................................253 7.6 Der Niedergang der K-Gruppen........................................................263 8 „Die schlechte Aufhebung der antiautoritären Bewegung“..............266 9 Literaturverzeichnis..............................................................................272 9.1 Buchveröffentlichungen....................................................................272 9.2 Zeitschriftenartikel.............................................................................299 9.3 Quellen.............................................................................................314 9.4 Internet..............................................................................................316 10 Abkürzungsverzeichnis .......................................................................317 Jens Benicke Von Adorno zu Mao 1 Einleitung 1.1 Exposition der Fragestellung „Schon der ganze Anfang mit unserer interdisziplinären Ausrichtung und Zusammenarbeit im Rahmen unserer politischen Philosophie, dann in der Emigration der zähe Wille, diese Tradition aufrechtzuerhalten, die einzig fortschrittliche Stimme des deutschen Geistesleben, das ist wohl außerordentlich. Adornos Wort von der ‚Flaschenpost’ trifft diesen Sachverhalt ja genau. Wir haben uns dann freilich in den sechziger Jahren sehr gewundert, mit welch einem Knall diese Flasche entkorkt worden ist. Jeder von uns hat verschieden darauf reagiert.“1 Die Kritische Theorie Max Horkheimers, Theodor W. Adornos, Herbert Marcuses und der anderen Mitarbeiter des Frankfurter „Instituts für Sozialforschung“ (IfS) gilt im Allgemeinen als schwer zugänglich und als reine Theorie ohne Praxisbezug. Die kritischen Theoretiker gingen selber davon aus, dass ihre Ideen in ihrer Zeit keine Rezipienten finden würden und ersannen deshalb für ihre Arbeiten die Metapher der Flaschenpost, von der sie hofften, dass sie von späteren Lesern2 geborgen und verstanden werden würde. Zu ihrer eigenen Überraschung wird die Kritische Theorie dann aber in den weltweiten Protestbewegungen der sechziger Jahre und speziell in deren antiautoritären Flügel in Westdeutschland ausführlich rezipiert. Sie wird zur Grundlage des politischen Handelns der antiautoritären Fraktion und kommt damit zum ersten Mal überhaupt praktisch zur Geltung. Die revoltierenden Studierenden greifen in ihrer umfassenden Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse auf verschiedene Überlegungen der Frankfurter Denker zurück. Dies wird von den einzelnen Vertretern der Kritischen Theorie unterschiedlich aufgenommen. Die Spanne der Reaktionen reicht dabei von strikter Ablehnung bis hin zu expliziter Unterstützung der Protestbewegung. Die Theorie der Frankfurter Schule ist von Beginn an geprägt durch die Solidarität mit der Arbeiterklasse, schließlich sollte das 1923 gegründete 1 Leo Löwenthal, Mitmachen wollte ich nie. Ein autobiographisches Gespräch mit Helmut Dubiel, Frankfurt am Main 1980, S. 85f. 2 Aus Gründen der Lesbarkeit wird in dieser Arbeit auf die durchgängige Nennung der männlichen und weiblichen Bezeichnungen verzichtet. 5 Jens Benicke Von Adorno zu Mao Frankfurter Institut nach der Revolution der siegreichen Rätegesellschaft übergeben werden. Doch das Ausbleiben der proletarischen Umwälzung und die Machtergreifung der Nationalsozialisten, die Erfahrung des Exils und vor allem die Vernichtung der europäischen Juden hinterlassen deutliche Spuren in der Theorie. Diese Erfahrungen werden prägend für die weitere Entwicklung der Kritischen Theorie und bestimmen von nun an das Denken der Frankfurter Wissenschaftler. Die Aktivitäten der antiautoritären Studierenden in den fünfziger und frühen sechziger Jahren werden in der Nachkriegsgesellschaft der Bundesrepublik bestimmt von der Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit. Zentrale Erklärungsmuster liefern dafür die theoretischen Überlegungen der Kritischen Theorie. Doch dieser dominierende Einfluss, den die Gedanken der Kritischen Theorie auf die Protagonisten der Protestbewegung ausüben, und auch die intensive Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus sind nur von kurzer Dauer. Nachdem aus den kleinen studentischen Theoriezirkeln eine aktionistische Massenbewegung wird, bestimmen die tagespolitischen Auseinandersetzungen die Prioritäten der Protestierenden. Schon kurz nach dem Höhepunkt der Bewegung im Jahr 1968 beginnt ein Zerfalls- und teilweise Traditionalisierungsprozess, aus dem heraus sich auch autoritäre, marxistisch-leninistischen Organisationen, die sog. K- Gruppen konstituieren. Verbunden damit ist eine radikale Abwehr gegenüber Kritischer Theorie. In der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus bedeutet dies für die Theoriebildung der Protestbewegung eine Hinwendung zur orthodox-marxistischen Faschismusanalyse. Die K-Gruppen sind marxistisch-leninistische Kaderorganisationen, die als eine der wichtigsten Folgeerscheinungen der Studentenbewegung anzusehen sind. Der Name K-Gruppen steht dabei als gemeinsame Bezeichnung für diese Organisationen, da deren Namen, zumindest anfangs, alle mit einem K als Abkürzung für „kommunistisch“ beginnen. Die Bezeichnung bürgert sich Anfang der siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts ein. Als Eigenbezeichnungen bevorzugen die K-Gruppen allerdings meist die Benennung als marxistisch-leninistische oder antirevisionistische Organisationen, um damit ihre Ablehnung des Staatssozialismus Moskauer 6 Jens Benicke Von Adorno zu Mao Prägung zu demonstrieren.3 In dieser Arbeit wird jedoch trotzdem meist die Bezeichnung K-Gruppen verwendet, da sich dieser Begriff in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesen Gruppierungen inzwischen weitgehend etabliert hat. Die gemeinsame ideologische Basis der K-Gruppen ist der Marxismus- Leninismus. Dieser wird nach Lenins Tod 1924 zur verbindlichen Herrschaftsideologie und weltanschaulichen Grundlage der „Kommunistischen Partei der Sowjetunion“ (KPdSU) und der mit ihr verbundenen kommunistischen Parteien in der ganzen Welt. Nach dem Tode Stalins und dem Bruch zwischen der „Kommunistischen Partei Chinas“ (KPCh) mit der Sowjetunion bezeichnen sich die maoistischen Parteien explizit als marxistisch-leninistisch und sprechen den an Moskau orientierten Kommunisten diese Bezeichnung ab. Diesen werfen sie die Revision des Marxismus-Leninismus vor. Die in dieser Arbeit behandelten K-Gruppen sind, zumindest in ihrer Anfangszeit, linientreue Vertreter dieser maoistischen Interpretation des Marxismus-Leninismus. Rückblickend lässt sich nach der Konstitution der K-Gruppen feststellen, dass aus der antiautoritären Kritik der Studentenbewegung an den gesellschaftlichen Verhältnissen der Nachkriegsgesellschaft der Bundesrepublik autoritäre Kaderorganisationen entstanden sind, die von einer Abwehr gegen die nationalsozialistische Vergangenheit geprägt sind. Diese Entwicklung soll in dieser Arbeit anhand der Rezeption der Kritischen Theorie von der antiautoritären Fraktion der Studentenbewegung zu den K-Gruppen rekonstruiert und analysiert werden. 1.2 Literaturlage und Forschungsstand Ein Grossteil der Schriften der wichtigsten Vertreter der Kritischen Theorie ist mittlerweile veröffentlicht. So gibt es etwa Werkausgaben von Adorno, Horkheimer und Marcuse auf die in dieser Arbeit zurückgegriffen werden konnte. Über die verschiedenen Aspekte Kritischer Theorie existieren 3 Vgl. Michael Steffen, Geschichten vom Trüffelschwein. Politik und Organisation des Kommunistischen Bundes 1971 bis 1991, Berlin/Hamburg/Göttingen 2002, S. 17ff. 7 Jens Benicke Von Adorno zu Mao inzwischen außerdem umfangreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen. Auch das Verhältnis zwischen Studentenbewegung und Frankfurter Schule war bereits Thema verschiedener Publikationen. Die Rezeption der Kritischen Theorie durch die Studentenbewegung der sechziger Jahre wird aber nur in einem der beiden Standardwerke über die Frankfurter Schule behandelt. Martin Jays „Dialektische Phantasie“4 umfasst lediglich den Zeitraum von 1923 bis 1950, während das 1988 von Rolf Wiggershaus veröffentlichte Werk „Die Frankfurter Schule. Geschichte. Theoretische Entwicklung. Politische Bedeutung“5 auch die Zeit der Jugendrevolte einschließt. Dies geschieht ebenfalls ausführlich in dem von Alex Demirović 1999 publizierten Buch „Der nonkonformistische Intellektuelle. Die Entwicklung der Kritischen Theorie zur Frankfurter Schule“, in dem er zu dem Schluss kommt, die Schriften der Kritischen Theoretiker „[…] waren das Medium der Selbstverständigung der studentischen Protestbewegung in der Bundesrepublik.“6 Ebenfalls breit behandelt wird das Thema im von Clemens Albrecht et al. herausgegebenen Sammelband „Die intellektuelle Gründung der Bundesrepublik. Eine Wirkungsgeschichte der Frankfurter Schule“.7 Günter C. Behrmann stellt darin sogar die These auf, die Kritische Theorie sei 1968 erst erfunden worden und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Rezeption der Studentenbewegung und der Wirkungsgeschichte der Kritischen Theorie her. Insgesamt wird in dem Sammelband allerdings die Bedeutung der Kritischen Theorie für die politische Entwicklung der Bundesrepublik überbewertet und vor allem auch die von ihren Urhebern nicht intendierte Diffusion der Kritischen Theorie vernachlässigt. In Michael Schmidtkes „Der Aufbruch der jungen Intelligenz“8 geht es dagegen genau um diese Ideendiffusion, die von den Theorien der Neuen Linken ausgehend die Gesellschaft in den 1960er Jahren modernisiert und reformiert haben. Dabei 4 Vgl. Martin Jay, Dialektische Phantasie. Die Geschichte der Frankfurter Schule und des Instituts für Sozialforschung 1923-1950, Frankfurt am Main 1976. 5 Vgl. Rolf Wiggershaus, Die Frankfurter Schule. Geschichte. Theoretische Entwicklung. Politische Bedeutung, München 2001. 6 Alex Demirović, Der nonkonformistische Intellektuelle. Die Entwicklung der Kritischen Theorie zur Frankfurter Schule, Frankfurt am Main 1999, S. 48. 7 Vgl. Clemens Albrecht et. al., Die intellektuelle Gründung der Bundesrepublik. Eine Wirkungsgeschichte der Frankfurter Schule, Frankfurt am Main/New York 1999. 8

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Herbert Marcuse und die neuen. Protestbewegungen, Frankfurt am Main/New York 1985. 10. Vgl. Michaela Karl, Rudi Dutschke. Revolutionär ohne Revolution, Frankfurt am Main 2003. 11 Vgl. Wolfgang Kraushaar (Hrsg.), Frankfurter Schule und Studentenbewegung. Von der. Flaschenpost zum
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