ebook img

Verbürgerlichung, Recht und Politik PDF

279 Pages·1995·441.758 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Verbürgerlichung, Recht und Politik

Bürgertum im 19. Jahrhundert Deutschland im europäischen Vergleich Eine Auswahl Bandlll Verbürgerlichung, Recht und Politik VOR VANDENHOECK & RUPRECHT GÖTTINGEN Bürgertum im 19. Jahrhundert Herausgegeben von Jürgen Kocka BandHI Verbürgerlichung, Recht und Politik V&R VANDENHOECK & RUPRECHT GÖTTINGEN Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Bürgertum im 19. Jahrhundert: Deutschland im europäischen Vergleich; eine Auswahl / hrsg. von Jürgen Kocka. - Göttingen Vandenhoeck und Ruprecht NE: Kocka, Jürgen [Hrsg.] Bd. III. Verbürgerlichung Recht und Politik. - 1995 (Kleine Vandenhoeck-Reihe ; 1575) ISBN 3-525-33599-7 NE:GT Das Sammelwerk »Bürgertum im 19.Jahrhunden« ist zuerst 1988 im Deutschen Taschenbuch Verlag erschienen. Die Ausgabe in der Kleinen Vandenhoeck-Reihe enthält eine Auswahl von Beiträgen der Erstveröffent lichung. Kleine Vandenhoeck-Reihe 1575 © 1995, Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen. - Printed in Germany. - Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheber rechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektro nischen Systemen. Umschlag: Hans-Dieter Ullrich Druck und Bindung: Hubert und Co., Göttingen r Bayerische A Staatsbibliothek | Inhalt Vorwort 7 WERNER MOSSE Adel und Bürgertum im Europa des 19.Jahrhunderts. Eine vergleichende Betrachtung 9 CHRISTIANE EISENBERG Arbeiter, Bürger und der »bürgerliche Verein« 1820-1870. Deutschland und England im Vergleich 48 HEINZ-GERHARD HAUPT Kleine und große Bürger in Deutschland und Frankreich am Ende des 19. Jahrhunderts 81 SHULAMIT VOLKOV Die Verbürgerlichung der Juden in Deutschland. Eigenart und Paradigma 105 URSULA VOGEL P.uriarchale Herrschaft, bürgerliches Recht, bürgerliche Utopie. Eigentumsrechte der Frauen in Deutschland und England 134 UTE GERHARD Die Rechtsstellung der Frau in der bürgerlichen Gesellschaft des 19.Jahrhunderts. Frankreich und Deutschland im Vergleich 167 MIROSLAV HROCH Das Bürgertum in den nationalen Bewegungen des 19. Jahrhunderts. Ein europäischer Vergleich 197 ALLAN MITCHELL Bürgerlicher Liberalismus und Volksgesundheit im deutsch-französischen Vergleich 1870-1914 220 DIETER LANGEWIESCHE Liberalismus und Bürgertum in Europa 243 Autorinnen und Autoren 278 Inhaltsverzeichnisse der Bände I und II auf den Seiten 279 und 280. 5 Vorwort Im letzten Jahrzehnt ist die historische Bürgertumsforschung zu einem Wachstumssektor geworden, dessen zahlreiche Forschun gen und neuen Ergebnisse unser Bild von der deutschen Geschich te in Europa im 19. und 20. Jahrhundert erheblich verändern. Das Untersuchungsgebiet ist weiter in Bewegung. Es findet breites Interesse, nicht nur bei Wissenschaftlern, Lehrern und Studenten, sondern auch beim nicht-spezialisiertem Publikum. Der besondere Reiz der neueren Bürgertumsgeschichte liegt sicher zum Teil darin begründet, daß es ihr gelungen ist, her kömmliche Sozialgeschichte mit neuerer Kulturgeschichte zu ver binden und dabei den Anschluß an die großen Fragen der Wirt schafts- und Politikgeschichte - Industrialisierung, Kapitalismus, Demokratisierung, deutscher »Sonderweg«, Einheit und Vielfalt Europas - nicht zu verlieren. Die Geschichte der Bürger hat viel zur Geschichte der sozialen Ungleichheit wie auch zur Geschlech tergeschichte beizutragen. Sie geht in die Geschichte der bürgerli chen Gesellschaft über und mündet damit in die Diskussion grundsätzlicher Fragen der Gegenwart ein. Denn als »Bürgerge sellschaft« oder »civil society« stellt das bürgerliche Projekt ein bis heute nirgends voll eingelöstes Versprechen dar, das seine kultu relle und politische Anziehungskraft nicht verloren hat. Gleichzei tig bündeln sich in der aus vielen Richtungen kommenden Kritik an Bürgertum, Bürgerlichkeit und bürgerlicher Gesellschaft oft grundlegende Einwände gegen die dunklen Seiten der Moderni sierung westlichen Zuschnitts. Die hier veröffentlichten Beiträge behandeln vor allem das 19. Jahrhundert, das zu Recht oft als das »bürgerliche« bezeichnet wird. Sie befassen sich mit der kleinen Minderheit -je nach Defini tion nur etwa 5 bis 15 Prozent der Bevölkerung -, die dieses Jahr hundert mehr als jede andere Sozialformation prägte, in Wirt schaft, Wissenschaft und Kultur, in der Form des Familienlebens, in der Lebensweise überhaupt, auf dem Gebiet der Moral, biswei len sogar in der Politik. Es geht um Kaufleute, Bankiers und Fabrikunternehmer, um Ärzte, Anwälte, Professoren und Beamte, nur am Rand um das große Kleinbürgertum der Handwerker, Kleinhändler und Angestellten. Gefragt wird nach ihrem Verhält nis zu anderen sozialen Klassen und Gruppen, vor allem zum Adel und zu den unteren Schichten, einschließlich der Arbeiter- 7 schaft. Was hielt das Bürgertum als solches zusammen, worin bestand seine Kraft und wie gestalteten sich Aufstieg und Abstieg des Bürgertums im Zeitverlauf? Die Einleitung erweitert das Blickfeld bis an unsere Gegenwart heran. Die deutsche Entwick lung steht im Vordergrund des Interesses. Inwiefern glich das deutsche Bürgertum den Bürgertümern in anderen europäischen Ländern? Wodurch unterschied es sich? Einzelne Beiträge berich ten im Überblick über die Geschichte der Bürger in England, Frankreich, Italien, Osterreich, Ungarn und der Schweiz. Andere vergleichen. Die folgenden Beiträge sind ursprünglich aus einer Forschungs gruppe hervorgegangen, die ein Jahr lang (1986/87) am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld arbeitete. Die Ergebnisse wurden veröffentlicht: Bürgertum im 19.Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich, hg. v. Jürgen Kocka und Ute Frevert, 3 Bände, München (dtv) 1988. Es folgten Ausgaben in Auswahl auf italienisch (Borghesia europee dell'ottocento, hg. v. A. M. Banti, Venedig 1989) und englisch (Bourgeois society in nineteenth-century Europe, Oxford 1993). Eine französische Teilausgabe ist in Vorbereitung. Von diesem Werk sind vielfältige Anstöße auf die historische Bürgertumsfor schung ausgegangen. Die deutsche Ausgabe ist vergriffen. Im folgenden werden in drei Bänden mit den Themenschwerpunkten »Einheit und Vielfalt Europas« (Bd. 1), »Wirtschaftsbürgertum und Bildungsbürger tum« (Bd. 2) und »Verbürgerlichung, Recht und Politik« (Bd. 3) 23 von ursprünglich 45 Beiträgen wieder zugänglich gemacht. In der aus Gründen des Umfangs nötigen Auswahl wurde jenen Beiträ gen der Vorrang gegeben, die sich unmittelbar auf das Bürgertum (oder Teile davon) in den verschiedenen Ländern beziehen, vor jenen, die bürgerlichen Einflüssen und Problemen der Verbürger lichung« in den verschiedensten Bereichen (z. B. auf dem Gebiet der Romankunst oder des Erziehungswesens) nachgingen. Die Ergebnisse dieser hier leider nicht wieder abgedruckten Beiträge sind jedoch in der einleitenden Zusammenfassung des Herausge bers verarbeitet. Das einleitende Kapitel zu Band 1 (Das europä ische Muster und der deutsche Fall) wurde intensiv überarbeitet, ergänzt und auf den neuesten Forschungsstand gebracht. Die anderen Beiträge werden unverändert neu abgedruckt. Ich danke Gunilla Budde für Hilfen bei der Vorbereitung dieser Ausgabe. Stanford, Oktober 1994 Jürgen Kocka 8 WERNER MOSSE Adel und Bürgertum im Europa des 19. Jahrhunderts Eine vergleichende Betrachtung* Die Beziehungen von Adel und Bürgertum in verschiedenen europäischen Ländern sind, wenn auch gewissen Grobmustern folgend, weitgehend durch die besonderen Charakteristika bei der Gruppen in jedem Land geprägt. Während Struktur und Rolle des Adels vornehmlich Produkt politischer Faktoren sind, wobei den Beziehungen zur Krone besondere Bedeutung zukommt, sind die des Großbürgertums (baute bourgeoisie, upper-middle-class) vor allem Produkt der wirtschaftlichen Entwicklung. Beide Gruppen unterliegen jedoch einer Wech selwirkung von politischen und wirtschaftlichen Faktoren. 1. Ausgangsthesen Bevor ich mich den hauptsächlichen Entwicklungsbedingungen beider Formationen in den vier hier betrachteten Ländern England1, Preußen/Deutschland2, Frankreich und Rußland zuwende, möchte ich einige allgemeine Thesen vorausschicken: 1. Sowohl Adel als auch Bürgertum waren im 19. Jahrhundert keine monolithischen, sondern in sich stark differenzierte Gruppen. 2. Die Masse der Angehörigen beider Gruppen traf weder auf gesellschaftlicher noch auf politischer Ebene in einem bedeu tenden Umfang zusammen. 3. Eine relativ kleine Schicht des Großbürgertums verkehrte - und interagierte - mit Teilen des Adels. 4. Aus dieser Interaktion erwuchs im Laufe des ^.Jahrhun derts eine zusammengesetzte Elite, in der die bürgerliche Kom ponente an Bedeutung gewann, während das ursprünglich dominante aristokratische Element an Zahl und Einfluß verlor. * Aus dem Englischen übersetzt von Gunilla Friederike Budde. 1 »England« und »Großbritannien« sind hier austauschbare Begriffe. 2 Dieser Terminus wird verwendet, um Preußens Übergewicht in Deutsch land zum Ausdruck zu bringen. Außerdem beziehen sich die in Verbindung mit Deutschland gemachten Bemerkungen in diesem Aufsatz hauptsachlich auf den preußischen Staat. 9 5. Die neue, zunehmend auf Besitz gründende Elite entfaltete eine eigene Kultur, die sowohl adelige als auch bürgerliche Ele mente einschloß. 6. Die Werte dieser neuen Elite wurden in besonderen Erzie hungsinstitutionen und Sozialisationsprozessen ausgedrückt und tradiert. 7. Folglich muß eine Trennlinie zwischen der (plutokrati- schen) neuen Elite und der Masse der Bürger, dem eigentlichen Bürgertum, gezogen werden. 8. Auch bedeutenden Teilen des Adels - dem niederen Landadel, großen Teilen der nobilitierten Beamtenschaft, einem Teil des Schwertadels und des deklassierten Adels - blieb der Zutritt zu der neuen Elite verwehrt, in die im allgemeinen nur diejenigen Einlaß fanden, die über adäquate Ressourcen verfüg ten. Besonders seit dem dritten Viertel des Jahrhunderts sank die Zahl der Adeligen, die sich Eintrittsgeld und Mitgliedsbei trag für diesen »Klub« leisten konnten. 9. Ebenso ausgeschlossen blieb die Masse des Bürgertums: alle die, die sich aus Notwendigkeit oder Neigung ganz dem wirt schaftlichen Tun verschrieben hatten, vorwiegend aus Unter nehmerschichten kommende, auch ideologisch überzeugte Bür ger, Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten, Pro vinzler, Emporkömmlinge der ersten Generation (selbst wenn sie vermögend waren) und die Angehörigen akademischer Berufe mit Ausnahme einer dünnen Schicht an der Spitze. 10. Drei Elemente sollten demnach unterschieden werden: a. eine zusammengesetzte Elite (mit der für diesen Aufsatz relevanten großbürgerlichen Komponente), b. ein großer Teil des Adels außerhalb dieser Elite und c. die Masse des Bürgertums, die ihr ebenfalls nicht ange hörte. 11. Parallel zu der neuen zusammengesetzten Elite entwik- kelte sich eine politisch herrschende Klasse, die mit jener zwar eng verwandt, nicht aber identisch war. 12. Mit regionalen und zeitlichen Variationen galt dieses Gesellschaftsmodell für Gesamteuropa, wenn es auch aus Gründen, die noch diskutiert werden sollen, lediglich in Eng land vollständig ausgebildet war, in geringerem Maß in Preu ßen/Deutschland, dagegen - aufgrund verschiedener Ursa chen - unvollständig in Frankreich und Rußland. 13. Obwohl die Annäherung von Teilen der Aristokratie und des Großbürgertums unter mehr oder weniger plutokratischem 10 Vorzeichen in den meisten Ländern zu beobachten war, diffe rierten Gang und Grad je nach der wirtschaftlichen Entwick lung, dem politischen Kontext und den Eigenarten der betref fenden Sozialgruppen in starkem Maß. 14. Idealtypisch vollzog sich der Annäherungsprozeß in zwei getrennten Phasen: Die erste umfaßte das relativ reibungslose Hineingleiten des städtischen Patriziats vermögender Kaufleute und Bankiers in den Adel, die zweite die langsamer, problema tischer und unvollkommener ablaufende Integration von bedeutenden Industrieunternehmern und bürgerlichen Be amten. 15. Die Mechanismen des Prozesses und seine Ergebnisse unterschieden sich in den verschiedenen Gesellschaften und politischen Situationen. 16. Das Konzept der »Feudalisierung« von Teilen des Groß bürgertums ist irreführend. Der »opulente« Lebensstil, dem Teile des Großbürgertums frönten und dem angeblich der Adel Pate gestanden haben soll, ist im Kern eher plutokratischer als aristokratischer Natur. Die Masse des Adels einschließlich des Landadels, der adeligen Militärs und der nobilitierten Beamten schaft war zu arm, als daß sie sich auf einen solchen Lebens wandel hätte einlassen können. Die übliche adlige Lebensweise war aus Not, aus der häufig eine Tugend gemacht wurde, spar sam, ja spartanisch. Nur eine Handvoll reicher Großgrundbe sitzer (gewöhnlich solche, die entweder Rohmaterialien besa ßen oder/und förderten, die zu städtischem Besitz gekommen waren oder Grundrente einnahmen) konnte es sich leisten, »wie die Fürsten« zu leben. 17. Gleichermaßen lag der neue plutokratische, in England mit den Edwardians assoziierte Lebensstil jenseits des Erreich baren für die Masse des Bürgertums. 18. Was zu Recht »Feudalisierung« genannt wird, ist der mit Hilfe einer Kombination von Reichtum und angemessener Sozialisation eröffnete Zugang in die zusammengesetzte (pluto kratische) Elite für eine kleine Gruppe des Großbürgertums. 19. Im Laufe dieses Prozesses nahm diese Gruppe in der Tat gewisse »Landbesitzer«-Eigenschaften an, die als aristokratisch gelten können: Sie erwarb Grundbesitz und wohnte zeitweise auf dem Land. Im Grunde vertrat diese neue zusammengesetzte Elite jedoch städtisch geprägte Anschauungen. 11

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.