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Untitled - Hannah-Arendt-Institut - TU Dresden PDF

124 Pages·2012·0.94 MB·German
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Johannes Abele Kernkraft in der DDR Zwischen nationaler Industriepolitik und sozialistischer Zusammenarbeit 1963–1990 Berichte und Studien Nr. 26 Herausgegeben vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V. an der Technischen Universität Dresden Johannes Abele Kernkraft in der DDR Zwischen nationaler Industriepolitik und sozialistischer Zusammenarbeit 1963–1990 Dresden 2000 Herausgegeben vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V. an der Technischen Universität Dresden Mommsenstr. 13, 01062 Dresden Tel. (0351) 463 2802, Fax (0351) 463 6079 Layout: Walter Heidenreich Umschlaggestaltung: Penta-Design, Berlin Druck: Sächsisches Druck- und Verlagshaus AG, Dresden Printed in Germany 2000 Abdruck und sonstige publizistische Nutzung – auch auszugsweise – nur mit Quellenangabe gestattet. Belegexemplar gewünscht. ISBN 3-931648-29-X Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 7 2. Zwischen technischer und ökonomischer Rationalität – Kernenergiepolitik in den sechziger Jahren 12 2.1 Abbruch der forcierten Kernenergieentwicklung in der DDR 12 2.2 Neuorientierung nach 1963 19 2.3 Der schlüsselfertige Import von Kernkraftwerken 22 2.4 Richtungsstreit über Eigenentwicklungen der DDR 28 2.5 Entwicklung von Anlagen zur Refabrikation von Brennelementen – Komplex 04 35 3. Diskrepanzen zwischen Energie- und Industriepolitik 39 3.1 Der Einstieg in die energiepolitische Wende 39 3.2 Eigenleistungen der DDR beim Kernkraftwerksbau 46 3.2.1 Entwicklung von Anlagen zur Produktion von Brennelementen – Komplex 05 49 3.2.2 Spezialisierungsabkommen und Kernenergieprogramm 58 3.3 Stagnation. Kernkraftwerksbau in den achtziger Jahren 61 3.4 Kooperation mit dem Westen 70 4. Sicherheitskultur im Kernkraftwerk 73 4.1 Gestörte Sicherheitsphilosophie 73 4.2 Nukleare Sicherheit nach Tschernobyl 78 4.3 Ordnung, Sauberkeit, Disziplin 81 4.4 Das Ministerium für Staatssicherheit im Kernkraftwerk „Bruno Leuschner“ 83 4.5 Risikoakzeptanz und Sicherheitsforschung, 1989 87 5. Widerstand gegen Atomkraft in der DDR 90 5.1 Protest 90 5.2 Tschernobyl und die Folgen 97 5.3 Opposition 100 6. Das Ende der Kernkraftnutzung in der DDR 105 Abkürzungen 109 Quellen und Literatur 110 1. Einführung „Zeitbombe ‚Tschernobyl-Nord‘“ – so lautete 1990 eine Schlagzeile des Spie- gel in einem Artikel über das Kernkraftwerk Greifswald.1 Die Kernkraft- werke der DDR standen nach dem Fall der Mauer im Zentrum der öffentli- chen Kritik. In der Presse richtete sich gegen sie nicht nur der Vorwurf mangelnder Sicherheit, sondern sie dienten gleichsam als Paradebeispiel für die Funktionsmängel sozialistischer Staaten insgesamt. So fand das politi- sche und wirtschaftliche Scheitern der DDR scheinbar seine technische Entsprechung in der unzureichenden Bewältigung der Probleme von Risiko- technologien. Dieses einseitige Urteil der Publizistik kann dem komplexen Problem, mit welchen Strategien das politische System der DDR den techni- schen und wirtschaftlichen Anforderungen der Kernenergienutzung begeg- nete, aber kaum gerecht werden. Die Kernkraft gehörte zu den ersten wissenschaftlich-technischen Groß- projekten, die von der politischen Führung der DDR in den fünfziger Jahren angestoßen wurden. Durch die forcierte Förderung dieses Technologiezweiges sollte die Wirtschaft insgesamt maßgebliche Impulse erhalten. Die Wirt- schaftsentwicklung wurde damit auf die Lösung eines technischen Problem- feldes reduziert.2 Bei der industriellen Nutzung der Kernenergie, fern gro- ßer technozentrischer Gesellschaftsentwürfe, kamen allerdings vielschichtige Einflüsse zur Wirkung, die weit über den Bereich von Wissenschaft und Technik im engeren Sinne hinausgingen.3 So war die Kernenergieentwick- lung in der DDR von Interessenkonflikten zwischen Forschungseinrichtungen, Kraftwerksanlagenbetreibern, der Zulieferindustrie und der politischen Füh- rung geprägt. Sie stand unter dem Einfluss der zentralplanwirtschaftlichen Steuerung der Industriestruktur in der DDR. Sie geriet in außenwirt- schaftliche Abhängigkeit von der sowjetischen Kraftwerksentwicklung und von Zulieferungen aus dem RGW. Sie stand im Zeichen der internationalen Debatte um die nukleare Sicherheit und wurde von Atomkraftgegnern in Frage gestellt. Die strukturell bedingte Innovationsschwäche des planwirt- schaftlichen Systems und Engpässe der Produktion setzten die Rahmen- 1 Zeitbombe „Tschernobyl Nord“. In: Spiegel, Nr. 5 (1990), S. 45. 2 Radkau sieht in einer technozentrischen Wirtschaftspolitik, die zugunsten techni- scher Großprojekte Handwerk und Mittelstand vernachlässigte, eine Ursache für die relative wirtschaftliche und technische Schwäche der DDR. Radkau, Revoltierten die Produktivkräfte. 3 Es gehört zu den alten methodischen Erkenntnissen der Technikgeschichte, dass technische Artefakte stets eingebunden sind in ein sozio-technisches System, vgl. die umfassende Literatur zu technischen Systemen. Hughes, Networks of Power; Mayntz/ Hughes, The Development of Large Technical Systems. Die aktuelle methodische Diskussion überwindet gänzlich die Trennung von internen „technischen Entwick- lungen“ und externen „Einflussfaktoren“. Gabrielle Hecht betrachtet in ihrer neues- ten Arbeit zur Kernkraft in Frankreich in Anlehnung an Bruno Latour Artefakte als „Hybridwesen“ von Technik und Politik: Hecht, The Radiance of France, S. 5; vgl. auch Latour, We have never been modern. 7 bedingungen für den Bau und Betrieb von Kernkraftwerken in der DDR. Wirtschaftshistoriker haben bereits aus volkswirtschaftlicher Perspektive zahlreiche Erklärungsansätze für das abstrakte Faktum des Produktivitäts- rückstandes der DDR gegenüber der Bundesrepublik erarbeitet.4 Hiervon ausgehend stellt sich die Frage, wie sich dies in einzelnen Branchen wie etwa der Kernenergiewirtschaft niederschlug. Die vorliegende Arbeit will nun skizzieren, mit welchen Strategien das zentralplanwirtschaftliche System der DDR dieser Komplexität der technisch-wirtschaftlichen Entwicklung begeg- nete. Die Nutzung der Kernenergie stand in der DDR prinzipiell nie in Frage und war entsprechend in Parteitags- und Politbürobeschlüssen verankert. Damit war allerdings keineswegs festgelegt, in welcher Weise die politischen Grundlinien konkret ausgefüllt werden sollten. Kontroversen über die Auswahl von Reaktortypen oder über den notwendigen Umfang eigener For- schung und Entwicklung verweisen auf Interessenkonflikte zwischen ver- schiedenen Akteuren. Auseinandersetzungen zwischen Wissenschaftlern der Akademie der Wissenschaften, der Industrie und Vertretern der Staatlichen Plankommission verdeutlichen im Folgenden, dass in dem systemspezifi- schen Entscheidungsmilieu der DDR5 unterschiedliche Handlungsrationa- litäten wirksam werden konnten. In den sechziger Jahren fielen die Grund- entscheidungen zur Entwicklung der Kernkraft. Sollten dabei technische oder ökonomische Kriterien die Leitlinien der Entscheidungsfindung bestim- men? 1965 setzte sich die Staatliche Plankommission mit ihrer Position durch, aus ökonomischen Gründen aufwendige industrielle Eigenleistungen zu vermeiden und stattdessen die Hauptausrüstungen schlüsselfertig aus der Sowjetunion zu importieren. Dieser Entscheidung lag allerdings eher ein abstrakt definiertes Prinzip internationaler wirtschaftlich-technischer Zu- sammenarbeit zugrunde als die praktischen Erfahrungen der Ingenieure, die bereits mit dem Bau von Kern- und Kohlekraftwerken auf der Basis sowjeti- scher Ausrüstungsimporte befasst waren. Unter Honecker verengten sich die Handlungsspielräume für die Kern- energieentwicklung. Die Kernkraft hatte an politischem Gewicht verloren. In den fünfziger Jahren war sie noch der Hoffnungsträger für die weitere wirtschaftliche und technische Entwicklung gewesen. Seit den sechziger Jahren wurde sie dagegen durch neue wirtschaftspolitische Kampagnen in den Hintergrund gedrängt. Als das Chemieprogramm, die Automatisierung, in den 70er Jahren dann der Wohnungsbau und die Mikroelektronik den Enthusiasmus der politischen Führung für technische Großprojekte in An- spruch nahmen, blieb nur noch wenig Raum für eine Beschäftigung mit der Kerntechnik. Die politische Führung reagierte im Wesentlichen nur noch auf 4 Wagener, Innovationsschwäche. Vgl. auch Schröter, Verfügbarkeit; Roesler, Alles nur systembedingt? 5 Vgl. hierzu Wagener, Innovationsschwäche, S. 44–45. 8

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keiten für den Import eines Kernkraftwerks von Siemens/KWU untersucht. Ein solcher Manfred Zeidler und Ute Schmidt, 1999. Nr. 24: Gerald
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