1 Kristina Gödecke Todesthematik in der Musik nach 1945. Analytische und musikdidaktische Grundlagen Dissertationsschrift eingereicht an der Universität Flensburg Flensburg 2004 2 Inhaltsverzeichnis Einleitung 4 1. Der Umgang mit dem Tod 14 1.1 Das Todesverständnis in der Gesellschaft 14 1.2 Die Bedeutung des Todes für Jugendliche 23 1.2.1 Quantitative Aspekte 24 1.2.2 Qualitative Aspekte 34 2. Die Todesthematik in der Musik 41 2.1 Zur Verwendung des Begriffs „Musik zur Todesthematik“ 46 2.2 Formale Aspekte 47 2.3 Historischer Exkurs 54 2.3.1 Bach und Händel 54 2.3.2 Gluck und Mozart 59 2.3.3 Schubert 67 2.3.4 Verdi und Wagner 70 2.3.5 Schönberg 73 2.4 Die Todesthematik in der Kunstmusik nach 1945 76 2.4.1 Werkauswahl 77 2.4.2 Die musikalische Darstellung des Todes 79 3. Todesthematik in den Schulbüchern für den Musikunterricht 93 4. Grundsatzüberlegungen zur Behandlung der Todesthematik im Musikunterricht 106 4.1 Interdisziplinäre Ansätze 106 4.2 Thematische Schwerpunkte 111 4.3 Psychologische Aspekte 113 4.4 Lerngruppe 115 4.5 Lernziele 118 4.6 Leistungsbewertung 119 4.7 Musikdidaktische Kontroverse 122 5. Werkanalyse 127 5.1 Herbert Eimert: „Epitaph für Aikichi Kuboyama“ 129 5.1.1 Kompositionstechnik 129 5.1.2 Formale Aspekte 131 5.1.3 Analyse 134 5.1.4 Didaktisch-methodische Überlegungen 140 3 5.2 Friedhelm Döhl: „’Anna K’ Informationen über einen Leichenfund“ 144 5.2.1 Idee und Hintergründe 144 5.2.2 Analyse 146 5.2.3 Didaktisch-methodische Überlegungen 157 5.3 Hans Werner Henze: „Barcarola per grande orchestra“ 160 5.3.1 Der Handlungsrahmen 162 5.3.2 Form und Kompositionstechnik 165 5.3.3 Analyse: Barcarola 174 5.3.4 Didaktisch-methodische Überlegungen 185 5.4 Rolf Riehm: „Weeds in Ophelia’s Hair“ 188 5.4.1 Das Ophelia-Motiv 188 5.4.2 Das kompositionstechnische Konzept 192 5.4.3 Form- und semantikbildende Aspekte 196 5.4.4 Didaktisch-methodische Überlegungen 206 5.5 Wolfgang Rihm: „Wölfli-Liederbuch“ 212 5.5.1 Adolf Wölfli 212 5.5.2 Analyse 215 5.5.3 Didaktisch-methodische Überlegungen 229 6. Zusammenfassung 233 7. Abkürzungen 236 8. Literaturverzeichnis 238 9. Verzeichnis der in der Arbeit erwähnten und analysierten Musikwerke nach 1945 257 10. Verzeichnis der untersuchten Schulbücher für den Musikunterricht ab 1970 259 11. Anhang 263 4 Einleitung Das Phänomen des Todes fand in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zunehmende Aufmerksamkeit. Zahlreiche Publikationen und Monographien aus verschiedenen Fachdisziplinen, aber auch aus dem populärwissenschaftlichen Bereich zum Thema „Tod und Sterben“ (Thanatopsychologie: Wittkowski 1977; 1990; Okoro 1981; Psychiatrie: Meyer 1982; Lifton 1986; Soziologie: Feldmann 1990; bildende Kunst: Richard 1995; Philosophie: Kraus 1995; Wiehl 1997; Geschichte: Ariès 1997 etc.) belegen das wachsende Interesse an dem Phänomen und dessen Relevanz für alle Lebensbereiche. Im Alltäglichen gehört es unausweichlich zu den existentiellen Erfahrungen und Vorstellungen, welche die Biographie jedes Menschen prägen. Insbesondere heutzutage fordern die neuen Entwicklungstendenzen in der modernen Gesellschaft den Menschen zu einer Auseinandersetzung mit dem Tod heraus: Die wachsende Säkularisierung der Gesellschaft, die Technikgläubigkeit, der Materialismus und eine veränderte Interaktion zwischen Jung und Alt sind Zeichen für eine neue Orientierung in der Gesellschaft, die bei der Problematik der Todesbewältigung eine entscheidende Rolle spielen. Auch eine neue menschliche Selbstwahrnehmung - das Bedürfnis nach mehr Selbstreflexion und Selbstbestimmung, der Drang zur Grenzüberschreitung bzw. die Tendenz zum Hedonismus - aktualisiert die Frage nach der Endlichkeit und Vergänglichkeit des Menschen immer wieder. Die moderne Zeit der Allmacht scheint vor dem letzten Tabu der menschlichen Existenz zu stehen. Schon seit Jahren öffentlich ausgetragene Diskussionen über die Themen Euthanasie, Suizid, Verlängerung des Lebens und Leben nach dem Tod wie auch im Internet eingerichtete Foren zu diesem Themenbereich und zahlreiche Online-Publikationen zur Todesthematik sind ein Ausdruck für die gegenwärtige Aktualität des Phänomens und ein offensichtlich bestehendes Interesse an einer intensiven Auseinandersetzung mit der Todesthematik. Als eigentlicher Forschungsgegenstand der Thanatologie und ein immer noch sensibles Thema wird der Tod nur sehr vage im heutigen Diskurs der Schulpädagogik und in Curricula und Lehrplänen einzelner Schulfächer 5 vertreten. Reuter (1994, 151) fasst die Ergebnisse ihres Forschungsprojektes aus dem Jahre 1992 zusammen: „[es] kann festgestellt werden, daß das Todesthema [...] weitgehend auf die Fächer Evangelische und Katholische Religion sowie auf den Ethikunterricht beschränkt ist. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, daß es sich bei den Lehrplanvorgaben oftmals nicht um verpflichtende Vorgaben handelt, sondern todbezogene Themen vielfach lediglich neben anderen Themen zur Wahl gestellt werden; Lehrerinnen und Lehrer können darüber entscheiden, das Todesthema im Unterricht anzusprechen oder nicht.“ Demnach scheint die Aufmerksamkeit für die pädagogische Effizienz der Todesthematik in der Bundesrepublik Deutschland nicht groß zu sein. In den USA werden die thanatologischen Unterrichtsmaßnahmen bereits seit längerer Zeit unter dem Namen „Death Education“ in der Praxis eingesetzt. Was sich am Anfang der 60er Jahre als eine an bestimmten Berufsgruppen orientierte Problematik darzustellen schien, bestätigte sich in der Folgezeit als ein allgemein wichtiges Anliegen und führte zu einer Integration des Todesthemas in die Bildungsprogramme verschiedener Institutionen: „Die Entwicklung von zahlreichen formalen Unterrichtskonzepten in den 60er und 70er Jahren förderte die Bemühungen um eine Integration des Themenbereiches in die Lehr- und Ausbildungspläne von Schulen (Elementary School, Secondary Schools / High Schools) und weiterführenden Bildungsinstitutionen (Colleges und Universitäten, Einrichtungen der Erwachsenenbildung sowie der beruflichen Weiterbildung).“ (Reuter 1994, 105) Auch Kastenbaum (1984, 22) berichtet: „Heute ist der Tod nicht so ein Außenseiter, weder in der amerikanischen Psychologie noch in der Gesellschaft. Kurse über Sterben und Tod werden an vielen Oberschulen und Universitäten angeboten. Sie werden von Vertretern verschiedener Fachrichtungen einschließlich, aber nicht ausschließlich der Psychologie durchgeführt. Bücher über den Tod gibt es reichlich [...]“. 6 In der Bundesrepublik Deutschland liegen nur wenige Arbeiten vor, die sich mit der Todesthematik als Gegenstand des Unterrichts befassen (Neulinger 1975; Fabry 1992; Reuter 1994; Pfetsch 1995). Die Studie von Reuter (1994) basiert auf konkreten Untersuchungen (Schüler- und Lehrerbefragungen) und Analysen u. a. zu den Fragen der Relevanz, Praktikabilität und Effektivität der Behandlung des Todesthemas im Schulunterricht. Anhand der vorliegenden Untersuchungsergebnisse werden Daten ausgewertet, die insgesamt eine positive Bilanz bezüglich des Bedarfes und der Bereitschaft für eine Lehrer-Schüler-Kommunikation zum Todesthema ziehen lassen und für den Einsatz dieser Thematik als Unterrichtsgegenstand in die Schulpraxis plädieren. Die Autorin (Reuter 1994, 342) betont, „daß eine Anregung der Jugendlichen zur und ihre Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Lebens sinnvoll und von größter Bedeutung ist.“ Darüber hinaus bietet die angegebene Studie einen umfassenden Überblick über die deutsch- und englischsprachige Literatur zu den verschiedenen Aspekten des Themas „Tod und Sterben“. Die Studie von Neulinger (1975) basiert ebenfalls auf empirischen Untersuchungsergebnissen und geht u.a. der Frage nach, ob die Behauptung, der Tod werde in unserer Gesellschaft tabuisiert, auch für die Grundschulen zutrifft. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, „daß von einer Tabuisierung des Themas ‚Tod’ an unseren Grundschulen nicht die Rede sein kann“ (Neulinger 1975, 63). Die Zahlen aus dieser Studie konstatieren jedoch, dass nur 56% aller befragten Grundschullehrer1 dieses Thema innerhalb eines Schuljahres in der Zeitintensität von „1 Schulstunde“ über „gelegentlich“ bis „3 Schulstunden“ überhaupt behandelt haben (ebd.). Für diese Relation, dass nur knapp über die Hälfte der befragten Lehrer das Thema in einem so geringen Zeitumfang behandelt hat, erscheint das positive Ergebnis dieser Studie überbewertet. 1 Mit der Pluralform „Grundschullehrer“ sind sowohl weibliche als auch männliche Lehrer gemeint. Im Weiteren wird zugunsten eines besseren Leseflusses auf die Genusdifferenzierung der Pluralform ebenfalls verzichtet. 7 Die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit den todbezogenen Inhalten im Unterricht wird in dieser Arbeit nicht in Frage gestellt und bestritten. Über die Notwendigkeit einer Integration dieser Thematik in den Schulunterricht sind sich viele Autoren (Fuchs 1969; Perkes 1978; Fischer 1987; 1988; Reuter 1994; Gudjons 1996 etc.) weitgehend einig. Die Beschäftigung mit dem Tod und dem Sterben bietet einem jungen Menschen eine Hilfestellung in der Auseinandersetzung mit seinem eigenen Leben und ermöglicht einen Austausch der Gedanken und Erfahrungen, kompensiert gleichzeitig die Kommunikationsdefizite zu diesem Thema in seinem unmittelbaren Umfeld und in der Gesellschaft und plädiert für ein aktives und bewusstes Leben. Das Ziel einer solchen Beschäftigung mit dem Tod ist keineswegs, ihn als ein freudiges Ereignis darzustellen; das Ziel ist die Befähigung der Jugendlichen zu einem realistischen und von Akzeptanz geprägten Umgang mit dem Wissen um die Sterblichkeit. Damit kann ein erheblicher Beitrag für die Lebensqualität jedes einzelnen Schülers, für sein Bewusstsein des Daseins und seiner Wertvorstellungen geleistet werden. Der diffizile Themenkreis „Tod, Sterben, Leiden“ etabliert sich bis zur Gegenwart in der Schulpraxis überwiegend im Religionsunterricht. Dies ermöglicht weitgehend aber nur eine einseitige Betrachtung der Phänomenologie des Todes, eine „monotheologisch – vielfach sogar monobiblisch“ (Reuter 1994, 153) orientierte Sichtweise. Diese Basis für eine Auseinandersetzung mit dem Tod ist nach Bitter und Glück (1984, 302) für Jugendliche heute nicht mehr tragfähig, weil die Glaubensvorstellungen häufig nur noch aus Anpassung an die Erwartungen von Erwachsenen oder mangels anderer Vorstellungen äußerlich nachvollzogen werden. Aus den Untersuchungen von Reuter (1993, 12) geht hervor: „Die Thematisierung von Tod und Sterben erfolgte in erster Linie im Rahmen des Religionsunterrichtes (50,9%), deutlich seltener im Deutschunterricht (25,4%), in fremdsprachlichen Fächern (19,6%) oder im Biologieunterricht (7,8%); nahezu unberücksichtigt blieb das Thema in den Fächern Geschichte und Sozialkunde, Erdkunde, Kunst und Musik.“ 8 Anhand dieses Befundes ist die Ausgrenzung des Todesthemas in der Praxis des Musikunterrichts offensichtlich. Aus vielen Gründen – Diffizilität des Themas, Differenzen bezüglich der Konfession, persönliche Betroffenheit, fehlendes Interesse, Scheu, Erfahrungsmangel oder auch unzureichende Unterrichtsmaterialien – wird eine musikalische Auseinandersetzung mit der Endlichkeit und Vergänglichkeit des Menschen gemieden. Es fehlt bisher auf dem Gebiet der Musikpädagogik auch an wissenschaftlich-theoretischen Abhandlungen zu dieser Thematik; die wissenschaftliche Arbeit „Zeiterfahrung. Perspektiven einer lebensweltorientierten Musikpädagogik“ von Bäßler (1996), in der die Todesthematik als ein Aspekt der Zeitphänomenologie aufgegriffen wird und die wenigen vorliegenden Zeitschriftenpublikationen (Bäßler 1987; Viertel 1987; Bührig 1989; Rheinländer 1993; Becker 1993; Schröder 1999; Schaube 2000) sind nicht imstande, die vielen Aspekte eines differenzierten musikdidaktischen Umgangs mit der Todesthematik darzulegen. Darüber hinaus ist jedoch festzustellen, dass die erwähnten Autoren die Verbindlichkeit dieses Themas für den Musikunterricht für bedeutsam halten: „Die Musik scheint dafür [für die Vermittlung des Abstraktums „Tod“, d. Verf.] gerade prädestiniert [zu sein]“ (Viertel 1987, 821). In der Tat bietet der Musikunterricht eine andere – eine persönliche und emotionale statt einer überwiegend kognitiven – Ebene für die Beschäftigung mit dem Tod und dem Sterben, die eine tiefere Involvierung jedes Einzelnen zur Folge hat. Die emotionale Einbindung ermöglicht eine offenere Situation und ehrlichere Kommunikation zwischen Lehrer und Schülern; damit ist die positive Wirkung einer solchen Interaktion im Unterricht umso größer. Darüber hinaus besitzt die Musik aufgrund ihrer „sympathetischen Potenz“ und suggestiven Wirkung eine besondere Bedeutung bei der Bewältigung der Trauer-, Angst- oder Ohnmachtgefühle, die im Zusammenhang mit der Todesthematik hervortreten können (vgl. Pfaffenzeller 1990, 41). Gleichzeitig muss der Musik in diesem Zusammenhang auch eine gewisse manipulative Wirkung zugesprochen werden, die unter Umständen unangenehme emotionale Befindlichkeiten oder Konflikte bei dem Rezipienten auslösen kann. Eine didaktische Bearbeitung dieser Thematik fordert viel Überlegung, Sensibilität und Sachverstand und führt nicht zwangsweise zu einem positiven 9 Ergebnis. Die Behandlung des Themas birgt auch Gefahren in sich: Auslösung von Angst und Unsicherheit oder – im Extremfall – einer verstärkten Auseinandersetzung mit den Gedanken an Suizid, die gerade in der Adoleszenzphase zu den Begleiterscheinungen der Persönlichkeitsentwicklung gehören und die Jugendliche nicht unwesentlich bewegen. Denkbar ist, dass die Schüler gerade aufgrund der emotionalen Betroffenheit sich dem Thema gegenüber verschließen und ein offenes Gespräch verweigern. Alle diese Faktoren müssen in die Überlegungen bei der Planung und Durchführung eines solchen Vorhabens mit einbezogen werden. Auf dem Gebiet der Musikwissenschaft liegen bezüglich der Literatur zum Thema des Todes in der Musik keine ähnlichen Ergebnisse vor; es existiert eine ganze Reihe wissenschaftlicher Arbeiten (Loschelder 1938; Goerges 1969; Treiber 1975; Hammerstein 1980; Gramann 1984; Schneider 1987; Pfaffenzeller 1990; Adamski-Störmer 1991; Schultner-Mäder 1997, Unseld 2001 etc.), die – allgemein zusammengefasst – sich den verschiedenen Aspekten der Todesthematik in der Musik widmen. Etliche Arbeiten aus der Musikwissenschaft beschäftigen sich mit dem Thema des Todes im Werke einzelner Komponisten, innerhalb einer Werkgattung oder unter einem bestimmten thematischen Aspekt. Ein allgemein systematisierendes musikwissenschaftliches Traktat zu diesem Thema steht noch aus. Zu Teilaspekten der Todesthematik speziell in der Musik des 20. Jahrhunderts liegen die Studien von Gramann (1984)2 und Pfaffenzeller (1990)3 vor. Bei der vielfältigen Beachtung des Themas in der Musikwissenschaft erscheint die Vernachlässigung der Todesthematik in der Musikpädagogik nahezu paradox. 2 In der Studie „Die Ästhetisierung des Schreckens in der europäischen Musik des 20. Jahrhunderts“ (1984) beschäftigt sich Gramann u.a. mit dem Phänomen des Vernichtungsschreckens und dessen Bewältigungsversuchen im Spiegel ausgewählter Kompositionen zur atomaren Vernichtung und zu dem Konzentrationslager. Die Todesthematik wird dabei in den genannten Zusammenhängen angesprochen. 3 In der Arbeit „Aspekte der Todesthematik in der Musik (mit einer konkreten Analyse aus der zeitgenössischen Musik)“ (1990) befasst sich Pfaffenzeller skizzenhaft mit den wichtigsten musikalischen Form- und Zeichenbildungen aus dem kulturellen Umfeld des Todes. Die Analyse des Werkes „La mort de Virgile“ von Jean Barraqué folgt als Beispiel für eine musikalische Auseinandersetzung mit der Todesthematik im 20. Jahrhundert. 10 Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine musikdidaktische Auseinandersetzung mit der Todesthematik im Spiegel der Kunstmusik nach 1945. Es wird eine Betrachtung didaktisch-methodischer Möglichkeiten im unterrichtlichen Umgang mit dem Thema vorgenommen, die den Bedürfnissen der Schüler angepasst sind und der Authentizität der Musik gerecht bleiben. Dabei werden Überlegungen zu den psychologischen, fachsystematischen und schulspezifischen Rahmenbedingungen eines solchen Unterrichts bzw. einer Unterrichtsreihe zur Todesthematik angestellt. Die Zielgruppe bilden dabei die Schüler in der Sekundarstufe I und II allgemein bildender Schulen ab Klassenstufe 9.4 Im Hinblick auf das eben dargestellte Ziel wird im Vorfeld der Arbeit der soziokulturelle Umgang mit dem Phänomen des Todes und seine musikalische Darstellung – als Vergleich – in der Musikgeschichte und in der Musik nach 1945 untersucht und systematisiert. Das besondere Interesse bei der Auseinandersetzung mit dem Tod gilt hier den gegenwärtigen Erlebens- und Verhaltensmodalitäten des Menschen gegenüber dem Phänomen; dementsprechend wird sich die Betrachtung der Thematik an der jüngsten Kulturausprägung und den heutigen Lebensvorstellungen von Jugendlichen orientieren. Weil die Behandlung des Todesthemas im Musikunterricht – wie bereits festgestellt – noch ein junges Phänomen ist, scheint diese Eingrenzung des thematischen Umfeldes auf die zeitgenössische Kultur und das heutige Lebensverständnis sinnvoller zu sein als ein historischer Rückgriff auf die Lebensnormen der vergangenen Jahrhunderte. Das Ziel einer solchen zeitgemäßen Auseinandersetzung ist die Befähigung der Schüler zu einem kommunikativen und von Akzeptanz geprägten Verhältnis zum Tod; eine wichtige Rolle spielt dabei die biographische Einbindung des Themas, von der die Schüler für ihre persönliche Lebensgestaltung profitieren sollen. Der Anspruch einer therapeutischen Intervention wird hier nicht angesteuert. In diesem Sinne ist der Bezug des Themas auf das gegenwärtige Denken, Fühlen und Handeln von Bedeutung. 4 Näheres zu der Zielgruppe siehe Kapitel 4.4.
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