WALTER WIMMEL TIBULL UND DEUA. ERSTER TEIL. TIBULLS ELEGIE1 ,1 HERMES ZEITSCHRIFTF OR KLASSISCHEP HILOLOGIE EINZELSCHRIFTEN HERAUSGEGEBENV ON HORST BRAUNERT · KARL BÜCHNER HERBERT NESSELHAUF HEFT 37 TIBULL UND DELIA ERSTER TEIL TIBULLS ELEGIE 1,1 VON WALTER WIMMEL FRANZ STEINER VERLAG GMBH WIESBADEN 1976 TIBULL UND DELIA ERSTER TEIL TIBULLS ELEGIE 1,1 VON WALTER WIMMEL FRANZ STEINER VERLAG GMBH · WIESBADEN 1976 CIP-Kurztitelaufnahmdee r DeutschenB ibliothek Wimmel,W alter Tibull und Delia. T. 1. Tibulls Elegie 1, 1. (Hermes: Einzelschriften;H . 37) ISBN 3-515-02312-7 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrüddiche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, das Werk oder einzelne Teile daraus nachzudrucken oder auf photomechanischem Wege (Photo- kopie, Mikrokopie usw.) zu vervielfältigen. Gedruckt mit der Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. © 1976 by Franz Steiner Verlag GmbH, Wiesbaden Gesamtherstellung: Hoffmann, Darmstadt und Lerch, Wiesbaden Printed in Germany INHALT Vorbemerkung IX Elegie 1,1 • • • I A. Zum Ansatz . I B. Beschreibung der Elegie 3 Der Eingangsteil (V. 1-6) . . . . . 3 Erste Integrationsbahn (V. 7-18) . . . . . 8 ,Niedere' Gottheiten . . . . . . . Il iam modo iam . . • . . . . . . . . 11 Zweite Integrationsbahn (V. 19-48) . . . 18 Zum Verhältnis der zwei Anläufe (Integrationsbahnen 1 und .1.) • . " .. . . . .. . . .. . . . . 31 Zur Frage des elegischen infinitivus perfecti . . . . . 39 ,' mbr e od er i.g ne.~ . . . . • . . . • . . . . . 40 Die kompositorische Bedeutung des Lagerungsthemas. Der ,bukolische' Tibull . • . • • . . . . . . . . . Hinzutreten der Daseinskritik zum ländlichen Thema . . Tibulls Vermögensumstände im Zusammenhang mit Eie- gte I, 1 . • . • .. . • . Dritte Integrationsbahn (V. 49-68) . ianitor . . . . • . . . . . Das Todesthema in EI. und 1,10 1,3 • Der Sdtlußteil (V. 69-78) . . . . . • . Morphologisdte Voraussetzungen des Schlusses C. Entstehungsbedingungen und Aufbau der Elegie (Zusam 1,1 menfassung) . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Die Konzeption im Zusammenhang des zweiten Elegien- 1. typus . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Zu einem neuen Versuch relativer Datierung der Marathus elegien mittels sprachlicher Indizien . . . . . . . . 70 Folgerungen für die Bauform der Elegie 1. 1,1 • . • • • 71 3. Ergänzendes zur Frage der wichtigsten ,alttibullischen' Formbestandteile und formprägenden Motive. . . . . 79 VI Inhalt -4. Kurzbeschreibung des Aufbaus . . . . . . . . . . 81 5. Der Aufbau von Elegie 1,1 in der Forschung . . . • . 8-4 D. Zur typologischen und literargeschiditlichen Einordnung der Elegie 1,1 • • • • • • • • • • • • • • • • • 90 1. Die alte Zeit im Heilskonzept. Ein Hauptelement des zwei- ten Elegientypus . • • • • • • • • . . . . . 90 i. Die Elegien 1,3 und 1,1 und ihr Verhältnis zum frühen Properz. . . . . . . . . • . . • .. ,. • .. . 9 l 1) Properz I ,6 . • . . . . . . . . . 9 J II) Properz 1,19 • • • • • • • • • 99 III) Properz 1,17 • • • • • • • • • • • • • 100 3. Erwägungen im Zusammenhang mit der horazischen 2. Epod.e • • • • . . • . . . • . . . • . 111 Stellenindex . . II.J Stichwortindex • II8 ZUM GELEIT Zu danken hat der Autor im Zusammenhang mit vorliegender Veröffent lichung Heidrun Mix, Achim Heinrichs und Jürgen Schmidt für liebenswür dige Hilfe bei Manuskript, Korrektur und Indices; der Redaktion des Hermes-Einzelschriften für die aufgewandte Mühe bei der Prüfung des Manuskriptes; dem Franz Steiner-Verlag und der Maschinensetzerei für ent gegenkommende Zusammenarbeit und guten Satz; der Deutschen Forschungs gemeinschaft für die Gewährung einer Druckkostenhilfe. Zur Anlage der Arbeit ist noch zu sagen, daß ursprünglich eine Aufbau zeichnung von Elegie 1,1 mit aufgenommen werden sollte. Nach mancher an diese Graphik gewandten Mühe habe ich mich entschlossen, auf sie zu ver zichten. Strukturuntersuchungen haben notwendig einen schematisierenden Zug, besonders wenn sie auf vergleichender Basis angestellt werden. Doch scheint mir, daß die Graphik mit ihren Linien, Kurven und Winkeln einem dichterischen Gebilde gegenüber eine andere, gewaltsamere An der Abstrak tion bringt als ein Besdu-eibungstext, der das gleiche ausdrücken will und freilich geringere Anschaulichkeit erreidit. Zunächst zur Erläuterung der er wähnten Aufbauzeichnung waren gedacht die Seiten 81-84, die jetzt den Titel „Kurzbeschreibung des Aufbaus• tragen. w.w. VORBEMERKUNG Als ich 1967 mit der Veröffentlichung „Der frühe Tibull" beschäftigt war, ergab es sich, daß die Elegie 1,1 entgegen ursprünglidter Absidtt nicht mit behandelt werden konnte. Als Schlußelegie der zweiten Dreiergruppe von Elegien Tibulls gehörte sie nach dem gewählten Konzept noch in den Rah men des Buches1 Dodt hätte eine rechte Würdigung der vielfältigen Pro • bleme von das Maß der übrigen Gedichtbesprechungen zu sehr übersdtrit 1, 1 ten, so daß ich midt zur Zurückstellung entschloß. Mittlerweile ist „Der frühe Tibull" von der Kritik nicht unfreundlidt auf genommen worden, doch hat gelegendidt ein Beurteiler die vergleidtsweise enge Verfledttung von Interpretation und Datierungserwägungen als nadt teilig empfunden2 In der Tat ist eine der Hauptfragen des ersten Elegien • buches, die Zeit der Marathuselegien (früh oder spät?), nodt immer so um stritten, daß ein Interpret gut beraten scheint, wenn er auf die Entsdteidung in dieser Frage möglichst wenige Folgerungen bei der Beurteilung der einzel nen Gedichte gründet. Trotzdem vermag ich diese Enthaltsamkeit audt jetzt nicht zu üben. Denn eine jede tibullische Elegie ist, meine ich, derart stark dem Vorausgehenden verpflichtet und hat in solchem Maße auf nehmenden und fortführenden, ab wandelnden, auch korrigierenden Charakter, daß die Deutung nicht ernstlich beginnen kann, solange der Deuter nicht zu einer entschiedenen Meinung dar über gelangt ist, was jeweils dem zu interpretierenden Gedicht vorausging. Es scheint mir, heuristisch betrachtet, eine bare Notwendigkeit zu sein, daß er 1 Zutreffend angemerkt von J. H. GAISSERC, l. Journ. 66,1971, .160 ff., zumal der Ab sdiluß des Budies von El. 1,1 nidit sagen will, daß diese Elegie nicht mehr in die Zeit des ,frühen Tibull' gehöre. Im Bereidt der Jahre 30-28 v. Chr. sind zwar eine oder mehrere Sdtaffenspausen Tibulls wahrsdteinlidi; aber da sidt keine Sidierheit gewinnen läßt, wird man eine etwaige soldie Pause nidit zur Abteilung tibullisdier Entwicklungsphasen heran ziehen und das Ende des ,frühen', den Beginn des ,mittleren Tibull' besser an inneren Merk malen ablesen. Die glück.lidte Deliauit scheint mir insgesamt noch zum künstlerisdten ,Auf brudi' Tibulls zu gehören, somit aum EI. 1, 1. Als Kennmarke für das Ende dieser Phase nimmt man am besten den Verlust der aufDeliasBesitz gründendenSidierheit.Der ,mittlere Tibull' (GAISSEJ.)m üßte mit dem 3. Elegientypus, mit El. 1,1 also, beginnen. 1 So J. DELZ, Mus. Helv. 17,1970,185; K. VRETSK.AA,A HG .16,1973,193 ff. (ersdiien nam Abschluß des Manuskriptes zu vorliegender Arbeit). - Im wesentlidien zustimmend zur vorgetragenen Zeitordnung F. W. LENZ, DLZ 90,1969,791 ff.; A. WANx:ENNE, :8.t.C lass. 38,1970,2s I f.; C. J. CLASSEN,L it., Music, Fine Arts 4,1971,182 f. X Vorbemerkung sich ein Bild von der Abfolge der Stücke nach bestem Vermögen schafft und sich diesem Bild bis zum Nachweis der Unrichtigkeit anvertraut. Ich selbst suchte, das sei nebenbei bemerkt, längere Zeit mit der verbreiteten Annahme durchzukommen, die früheste Elegie im ersten Buch sei o. Erst nachdem 1, 1 ich so wieder und wieder keinen Fortgang gefunden hatte, setzte ich probe weise die Marathusgedichte als Frühstufe ein und fand, daß die vorher gege benen Schwierigkeiten sich auflösten. Daß die Voraussetzung eines vorrangigen, den einzelnen Elegien überge ordneten Zusammenhangs für die Würdigung der Eigenständigkeit dieser Ele.g ien kein Hindernis bildet, das wird, wie ich hoffe, die Interpretation zeigen. Die Behandlung von gründet also auf der in der früheren Arbeit (im 1,1 folgenden zitiert als ,D.f.T. ')18 entwickelten chronologisch-typologischen Ordnung. Ihr zufolge beginnt Tibull mit der Dreiergruppe der päderastischen Elegien. Das Päderastische dürfte die Bedeutung eines Vorstufenthemas haben, da Tibull es als schwierig empfinden mochte, das von Gallus sicherlich weithin ausgeschöpfte Thema der Frauenliebe im ersten Zugriff neu zu ge winnen. Nach den drei Elegien (1,4- 8-9) ist ein Zyklengang durchmessen und für die innere Gruppierung der weiteren Elegien von Buch I und .1 ein Grundmuster gefunden. Der nachfolgende Elegientypus und Erlebniszyklus bietet sich also wie derum als Dreiergruppe dar (1,10- 3- 1). Er ist thematisdi besonders kom plex. Ländliches Dasein, alte Zeit, Heilsordnung und Daseinskritik gehen eine eigenartige Verbindung ein. Und wenn die Marathusgedichte unter an derem künstlerisch dem Zeitgewinn dienten und ein Noch-nicht-Bereitsein Tibulls für ein Dichten der Frauenliebe bekundeten, so bildet jetzt im zwei ten Zyklus die erwähnte Komplexheit eine Vorkehrung anderer Art gegen· über dem gleichen Zielthema: Es entsteht das Gefüge und der Raum, in wel chem ~Hein Frauenliebe und Deliaglück sich motivisch auf die besondere Art verwirklichen können, die dem Dichter vorschwebt. Danach wird wiederum in einer Dreiergruppe Delias Verlust gestaltet (1,.1 - 5 - 6). Dann folgt der Typus der großen Fest-Elegien, der vom ersten ins zweite Buch hinüberführt ( I ,7 - 2, r - 2, 5) , sowie die Gruppe der Nemesis gedichte des zweiten Buches (2,3 - 4 - 6). - Während die ersten drei Zyklen auch zeitliche Einheiten bilden und demnach ohne zeitlidie Uberschneidun· gen einander folgen, ist bei den Gruppen 4 und 5 solche Oberschneidung nicht auszusdiließen. Natürlidi ist angesichts dieser Unteneilung des tibullischen Werkes in Dreiergruppen der Vorwurf zu starker Schematisierung nidit ausgeblieben1 • 2a Der frühe Tibull, Studia et tescimonia antiqua VI, Mündien 1968. a Vgl. J. GtuNAllOLO, Latomus 28,1969,728; J. Hau.EaouAAC'H,R ev. de Phil. 44,1970,