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Theorie & Praxis des Lehrer Angst und Stress Test PDF

51 Pages·2009·0.36 MB·German
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Universität Regensburg SS 2009 Institut für Experimentelle Psychologie Lehrstuhl für Psychologie VI Pädagogische Psychologie und Medienpsychologie Dozent: Prof. Dr. Helmut Lukesch Pflichtwahlpraktikum: Empirische Erhebungen zur Pädagogischen Psychologie und Medien- psychologie Theorie & Praxis des Lehrer Angst und Stress Test: (Lehramts-)StudentInnen & Lehrkräfte im Vergleich Julia Preidel, Julia Weikamp, Manuela Werhand 1 Gliederung Gliederung 1 Einleitung ……………………………………………………………………………..………4 1.1 Anforderungen an den Lehrerberuf ……...……………………………..…………4 1.2 Allgemeine Angsttheorie ………………...………………………………..………..4 1.2.1 Definition …………………………………..…………………………………………4 1.2.2 Angsttheorie von Liebert und Morris …...…………………………………………5 1.2.3 Stresstheorie …………………………………..…………………………………….5 1.2.4 Copingverfahren ………………………………..……………………………………6 1.3 Lehrerängste als besondere Form von Angst ……………………………………8 1.4 Soziale Erwünschtheit und Tabuisierungsprobleme …………………………….8 2 Fragestellungen und Hypothesen …………………………………………………...……10 2.1 Geschlechtsunterschiede …………………………………………………………10 2.2 Unterschiede zwischen Lehrern und Studenten ………………………………..10 2.3 Skaleninterkorrelationen …………………………………………………………..11 3 Methode ………………………………………………………………………………..……13 3.1 Untersuchungsablauf ……………………………………………………...………13 3.2 Untersuchungsmethode ……………………………………………………..……13 3.2.1 Erfassung von Reaktionen nach Belastungssituationen …………………...….13 3.2.2 Messung der emotionalen und kognitiven Angstkomponente ………………...14 3.2.3 Verstärkungen nach Problemsituationen ………………………………………..14 3.2.4 Copingstrategien im Schulalltag ………………………………………………….14 3.2.5 Messung des Ausmaßes sozial erwünschter Antworttendenzen …………….15 3.3 Stichprobenbeschreibung …………………………………………………………15 3.3.1 Geschlechterverteilung ……………………………………………………………15 3.3.2 Altersverteilung ………………………………………………………………...…..16 3.3.3 Fachsemesteranzahl bzw. Berufserfahrung …………………………………….16 3.3.4 Verteilung der Schulart und Fächerkombinationen …………………………….16 3.3.5 Einschätzung der aktuellen subjektiven Befindlichkeit ……………………...…17 3.4 Datenanalyse ……………………………………………………………………….17 3.4.1 Korrelationsberechnungen ………………………………………………………..17 3.4.2 Mittelwertvergleiche ………………………………………….…………………....18 2 Gliederung 3.4.3 Itemkennwerte und Skalenkennwerte zur Bestimmung der Güte des LAST nach der klassischen Testtheorie ………………………………………..………18 3.4.4 Faktorenanalyse ……………………………………………………………………19 4 Ergebnisse ……………………………………………………………………………….….19 4.1 Testanalyse ………………………………………………………………………...19 4.1.1 Skalen- und Itemkennwerte …………………………………………………..…..19 4.1.2 Einfluss der aktuellen subjektiven Befindlichkeit auf den LAST ………………20 4.1.3 Abhängigkeit des Tests von sozialer Erwünschtheit ……………………..…….22 4.2 Hypothesentestung ………………………………………………………….…….24 4.2.1 LAST I (Reaktionsweisen) ………………………………………………..……….24 4.2.2 LAST II (Angstkomponenten) …………………………………………..…….…..27 4.2.3 LAST III (Angststabilisierung) ………………………………………...……….….29 4.2.4 LAST IV (Bewältigungsstrategien) …………………………………...…..……...31 4.2.5 Skaleninterkorrelationen …………………………………………………………..34 5 Diskussion ……………………………………………………………………………….….35 5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse ………………………………..……………35 5.2 Testanalyse ……………………………………………………………….………..36 5.3 Hypothesentestung ………………………………………………………..………36 5.3.1. Geschlechtsunterschiede ………………………………………..……………….37 5.3.2. Unterschiede zwischen Lehrern und Studenten ……………...………….…….38 5.3.3. Skaleninterkorrelationen …………………………………………...……….…….39 5.4 Einordnung der Ergebnisse in die bisherige Forschung (Literatur) ……..……41 5.5 Ausblick (künftige Forschungsfragen) ……………………………………….….41 6 Abstract ……………………………………………………………………………………...42 7 Literatur ……………………………………………………………………………...………43 8 Anhang ………………………………………………………………………………………45 3 Einleitung 1 Einleitung1 1.1 Anforderungen an den Lehrerberuf Über kaum einen Beruf wird so kontrovers diskutiert wie über den Lehrerberuf. Lehrkräfte sollen Vorbilder sein – kreativ und unterhaltsam, gleichzeitig aber auch gebildet und konse- quent. Sie sollen überforderten Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder zur Seite stehen, sich jedoch nicht zu stark in die Familienahngelegenheiten einmischen. Wie die Schulbildung in Zukunft aussehen soll, darüber schreiben nicht nur die Medien. Die PISA-Studie (Program- me for International Student Assessment) vergleicht die Leistungen von Schülern internatio- nal und zeigt im deutschen Schulsystem Defizite auf. Ein großer Teil der Gesellschaft fordert ein besseres Bildungssystem, wobei Teile der Politik eher versuchen, die Kosten zu senken. Auch das WorldWideWeb wendet sich an Schüler, Lehrer und Eltern. Das Internetportal www.spickmich.de ermöglicht Schülern, ihre Lehrer öffentlich zu bewerten. Auch Lehrkräfte spricht das Angebot der Website an. Sie sollen Bestätigung für ihre guten Leistungen erhal- ten und ebenso Denkanstöße für mögliche Verbesserungsvorschläge. Die Öffentlichkeit dis- kutiert, ob Portale dieser Art eine unzumutbare Belastung für die Lehrer darstellen oder ob sie als Leistungsfeedback sogar nötig sind. Viele Lehrer lieben ihren Beruf, den täglichen Umgang mit den Schülern, die messbaren Erfolge und die langen Ferien. Doch der Lehrer- beruf hat auch Schattenseiten. Immer häufiger wird über Lehrkräfte mit Burnout-Syndrom berichtet. Bei den privaten Krankenversicherungen gelten Lehrer als Risikogruppe, weil sie häufig in Frührente gehen. Wie sehr Angst und Stress den Lehreralltag bestimmen, möchte die vorliegende Arbeit genauer untersuchen. 1.2 Allgemeine Angsttheorie 1.2.1 Definition Der Begriff Angst leitet sich vom altgriechischen Wort „angustia" ab und bedeutet Enge oder Beklemmung (Digitales Wörterbuch, 2009). Bei der Angst handelt es sich um ein unlustbe- tontes Grundgefühl des Menschen. Als Angstauslöser fungieren erwartete Bedrohungen des Körpers oder der Selbstachtung. Dabei wird zwischen objektunbestimmter Angst und objekt- bezogener Furcht unterschieden. Es existieren viele Formen von Angst. Weit verbreitet sind Prüfungsangst, Aviophobie oder Agora- bzw. Klaustrophobie. Messbare körperliche Reaktio- nen sind die Erhöhung des Blutdrucks, der Atemfrequenz sowie der Muskelanspannung. 1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in der überwiegenden Mehrzahl der folgenden Beiträge auf geschlechtsneutrale Formulierungen (z.B. für Berufsbezeichnungen) verzichtet. Dennoch sollen beide Geschlechter sich gleichermaßen angesprochen fühlen. 4 Einleitung 1.2.2 Angsttheorie von Liebert und Morris Nach Liebert und Morris (1967) kann Angst in zwei Komponenten eingeteilt werden: Ein kognitiver Faktor und ein emotionaler Faktor. Der kognitive Faktor oder auch die Besorgnis- komponente lässt sich als kognitiver Ausdruck von Sorgen über die eigene Leistung be- schreiben. Hierbei spielt also Besorgnis über Konsequenzen des Versagens oder die Fähig- keiten der anderen im Vergleich zu den eigenen Fähigkeiten eine Rolle. Im Gegensatz dazu beinhaltet der emotionale Faktor autonomes Arousal bzw. autonome Reaktionen (wie in Kap. 1.2.1 bereits angedeutet), die unter Prüfungsstress z. B. auftreten. Der emotionale Faktor macht sich vor allem durch unangenehme Gefühle wie Nervosität und Spannung bemerkbar (Morris, Davis & Hutchings, 1981). Beide Faktoren der Angst treten in Stressbedingungen auf, da Stresssituationen Elemen- te enthalten, die beide Komponenten anregen. Allerdings sind die Faktoren grundsätzlich voneinander trennbar aufgrund dessen, dass sie einige unterschiedliche Merkmale aufwei- sen (Morris et al., 1981). So beeinflussen Leistungserwartungen nur die kognitive Besorgnis, nicht aber die Emotionalität. Ferner ist die Besorgniskomponente im Gegensatz zur emotio- nalen Komponente schon fünf Tage vor einer Prüfung auf ihrem Höhepunkt und dieses Ni- veau ändert sich bis zur Prüfung nicht mehr (Morris et al., 1981). Darüber hinaus unterschei- den sich Studenten mit großer bzw. geringer Testangst nicht hinsichtlich ihres physiologi- schen Arousals, wohl aber in Bezug auf ihren kognitiven Reaktionen hinsichtlich der Stress- situation (Morris et al., 1981). Insgesamt lässt sich demnach sagen, dass der emotionale Faktor eher aus reflexartigen Antworten besteht, während der kognitive Faktor erlernte Denkmuster beinhaltet. Diese Ergebnisse führten Morris et al. (1981) zu dem Schluss, dass Angst nicht als einheitliches Konstrukt betrachtet werden kann, sondern dass eine Einteilung in eine kognitive und eine emotionale Komponente vonnöten ist. Diese Angsttheorie wurde dem hier verwendeten Testinstrument, dem zweiten Teil des LAST zugrunde gelegt, mit dem die Stärke der beiden Angstkomponenten bei den Ver- suchspersonen gemessen werden soll. 1.2.3 Stresstheorie Die Stresstheorie stellt den Zusammenhang zwischen Stressoren und Stressreaktion dar. Sie basiert auf unterschiedlichen Modellen, deren Gemeinsamkeit es ist, das Phänomen Stress zu beschreiben und zu erklären. Schon 1928 stellte Walter Cannon das Konzept der Notfallreaktion vor, die dazu dient, Gefahren begegnen zu können (Hofinger, 2003). Dabei handelt es sich um eine allgemeine sympathisch-adrenal gesteuerte Aktivitätssteigerung. In einer Notsituation wird durch erhöh- ten Zufluss von Blut in die Muskeln die zur Handlung notwendige Energie bereitgestellt, um flucht- oder angriffsbereit zu sein (Hofinger, 2003). 5 Einleitung Das allgemeine Anpassungssyndrom nach Hans Selye (1936) stellt die Folgen punktuel- len und chronischen Stresses dar (Henning, 1998). Selye war einer der ersten Wissenschaft- ler, der die Auswirkungen von anhaltendem Stress auf den Körper erforschte. Ihm zufolge folgt auf die Wahrnehmung eines Stressors jeweils eine Anpassungsreaktion. Um zu verhin- dern, dass Körperfunktionen geschädigt werden, muss jede Anspannungsphase eine Ent- spannungsphase nach sich ziehen, da nur bei ausreichender Erholung ein stabiles Gleich- gewicht zwischen Ruhe und Erregung gehalten werden kann (Henning, 1998). Treten in kur- zen Abständen weitere Stressoren auf ohne eine entsprechende Erholungsphase, wächst das Erregungsniveau weiter an, was in einem Erschöpfungszustand münden kann. Eine einflussreiche Stresstheorie und gleichzeitig die Basis für weiterführende Modelle ist das transaktionale Stresskonzept nach Lazarus (1966). Laut Lazarus entsteht Stress aus der Interaktion zwischen Menschen und Umwelt (Lazarus & Launier, 1978). Die Person-Umwelt- Beziehung wird hier als Transaktion bezeichnet. Daraus resultieren Wechselwirkungen, die zu kognitiven Bewertungsprozessen führen. Stress entsteht demnach dann, wenn die Anfor- derungen, die an eine Person gestellt werden, ihre Fähigkeiten übersteigen. Daher müssen die Stressoren stets im Verhältnis zu den Bewältigungsstrategien (s. nachfolgendes Kapitel) bewertet werden. Darüber hinaus stellte Lazarus fest, dass Einstellung und Erfahrung einen entscheidenden Einfluss auf das Stressniveau haben. Hobfoll (1998) entwickelte das transaktionale Stressmodell von Lazarus weiter, was zur Theorie der Ressourcenerhaltung führte. Diese Theorie soll eine Synthese zwischen kogniti- ven und Umwelt-Modellen schaffen und bezieht objektive sowie subjektiv wahrgenommene Faktoren mit ein (Hobfoll & Buchwald, 2004). Laut Hobfoll strebt der Mensch permanent da- nach, seine Ressourcen zu schützen, zu erhalten und weiter auszubauen. Droht ein Verlust von Ressourcen bzw. tritt dieser ein oder bleibt der Aufbau weiterer Ressourcen versagt, entsteht Stress. 1.2.4 Copingverfahren Da Stress sich auf das kardiovaskuläre System, das Immunsystem und das gastrointestinale System negativ auswirken kann, benötigt der Mensch sog. Copingstrategien (Bewältigungs- strategien). Um sich den Inhalten dieser Copingverfahren zu nähern, erscheint es sinnvoll, zunächst die Wortherkunft zu klären. „Coping“ lässt sich auf den englischen Terminus “to cope with“ zurückführen, der soviel bedeutet wie „jemandem bzw. etwas gewachsen sein/bewältigen“ (Baldegger, 2000). Weisman et al. (1976/77, zit. nach Fritzgerald Miller, 2003, S. 36) verstehen darunter die Fähigkeit, ein Problem zu meistern, zu kontrollieren oder aufzulösen. Anhand dieser u. E. groben Definition mag es kaum mehr verwunderlich sein, dass es insgesamt über 400 verschiedene Arten gibt, mit Stress umzugehen (Skinner et al., 2003, zit. nach Brehm, Kassin & Fein, 2005, S. 531). 6 Einleitung Gemäß Lazarus und Folkman (1984) wird Coping als das konstante Verändern kognitiver und behavioraler Anstrengungen verstanden mit dem Ziel, bestimmte externale und/oder internale Anforderungen, die die Ressourcen einer Person angreifen bzw. übersteigen, an- zugehen. Diese Autoren haben zwei allgemeine Arten von Coping, zwei Arten des Umgangs mit entstandenem Stress, beschrieben (Lazarus & Folkman, 1984, S. 141). Zum Einen das problemzentrierte Coping, das kognitive und Verhaltensanstrengungen zur Reduktion des Stresses durch das Bewältigen der Problemursache beschreibt, und zum Anderen das emo- tionszentrierte Coping, bei dem es darum geht, die emotionalen Reaktionen auf die Stresso- ren zu regulieren anstatt sie zu verändern (Lazarus & Folkman, 1984, zit. nach Brehm et al., 2005, S. 531). Je nach Situation nutzen Erwachsene, die in der Lage sind, effektiv Stress abzubauen, eine Mischung aus beiden diesen Stilen (Zakowski et al., 2001, zit. nach Brehm, 2005, S. 495). Beim erstgenannten Typus werden eine Identifikation und Definition des Prob- lems, das Generieren alternativer Lösungsvorschläge und das Abwägen dieser nach Nutzen und Kosten erforderlich. Der Fokus muss während dieses Prozesses jedoch nicht nur auf die Umwelt gerichtet sein (ein Beispiel hierfür wäre der Abbau von Umwelthindernissen), auch Strategien, die nach innen gerichtet sind (motivationale oder kognitive Veränderungen wie z. B. das Aufsuchen anderer Belohnungen, das Entwickeln neuer Verhaltensstandards etc.), zählen zu den problemzentrierten Strategien, die gemäß Kahn et al. (1964, zit. nach Lazarus & Folkman, 1984, S. 152) nach diesen zwei Untergruppen differenziert werden können (La- zarus & Folkman, 1984, S. 152f.). Das problemzentrierte Coping kann den Autoren zufolge daher nur dann greifen, wenn man davon ausgeht, den Stressor überwinden zu können. Ist man allerdings der Meinung, die als negativ evaluierten Umweltbedingungen nicht steuern bzw. beeinflussen zu können, greift das emotionszentrierte Coping (Lazarus & Lazarus, 1994, zit. nach Berk, 2004, S. 495). Man versucht unter diesen Umständen auf internale Weise, die emotionalen Reaktionen auf den Stressor zu regulieren (Folkman & Lazarus, 1980, zit. nach Lazarus & Folkman, 1984, S. 150). Die zu Tage tretenden kognitiven Prozes- se dienen dazu, ein emotionales Bedrängnis zu reduzieren oder auch zu steigern. Nachge- wiesenerweise können positive Emotionen dazu beitragen, ungünstige Situationen besser zu bewältigen, da sie Angst, Ärger und anderen negativen, das autonome Nervensystem erre- genden Zuständen gegenüber ablenkend wirken (Frederickson et al., 2000, zit. nach Brehm et al., 2005, S. 533). Diese Fähigkeit – während des Stresserlebens positive Emotionen zu erleben – wurde einst von Masten als “ordinary magic“ bezeichnet (Masten, 2001, zit. nach Brehm et al., 2005, S. 534). Reduzierend wirken diesbezüglich z. B. Vermeidung, Minimie- rung, Distanzierung, selektive Aufmerksamkeit, positive Vergleiche und das Abgewinnen positiver Aspekte von negativen Ereignissen. Eine Stresssteigerung hingegen kann – wenn dies der Intuition zunächst widersprechend zu sein scheint – ebenso funktional sein, will man sich beispielsweise für eine Handlung mobilisieren. Der größte Teil der emotionsfokussierten 7 Einleitung Copingformen ist demnach als Neubewertung einzustufen, d. h. die Situation wird gedanklich umkonstruiert mit dem Ziel z. B. Hoffnung und Optimismus aufrechtzuerhalten. Die objektive Situation bleibt aber immer gleich. Dabei erfordern diese kognitiven Prozesse nicht zweifels- frei Bewusstsein. Man denke z. B. an Selbsttäuschung, die unbewusst abläuft (vgl. Lazarus & Folkman, 1984, S. 150f.) Aspinwall und Taylor (1997, zit. nach Brehm et al., 2005, S. 531) haben zusätzlich eine dritte Möglichkeit der Copingstrategien vorgeschlagen, die aus dem proaktiven Coping be- steht. Gemäß des Wortes „proaktiv“ werden hierbei im Vornherein Maßnahmen ergriffen, um ein stressreiches Ereignis erst gar nicht aufkommen zu lassen (Brehm et al., 2005, S. 531). Fasst man das eben Erwähnte allgemein, kann dem SOR-Modells entsprechend eine ef- fektive Stressbewältigung via Bewertung (a) bei den Stressoren (Stimulus) (durch Verände- rung der stressauslösenden Bedingung), oder (b) mittels Einstellungen und Erfahrungen bei dem Menschen direkt (Organismus), was auf lange Sicht den Einsatz problemorientierter Stressbewältigungsstrategien bei vorhersagbaren Belastungen meint, oder (c) kognitiv, emo- tional, vegetativ, muskulär oder behavioral bei den Stressreaktionen (Reaktion) kurzfristig (v. a. wenn die Ursache der Belastung nicht veränderbar ist) ansetzen (vgl. Litzcke & Schuh, 2007, S. 9). 1.3 Lehrerängste als besondere Form von Angst Nach Katschnig (1998) versteht man unter Lehrerangst die Angst, die bei Lehrern bzw. Leh- rerinnen auftritt, wenn sie sich durch den Schulalltag so belastet fühlen, dass sie Angst vor dem Unterricht bekommen. Gründe dafür können das Schulklima, das schlechte Ansehen des Lehrberufs in der Öffentlichkeit oder zu hohe Anforderungen sein. Auch persönliche Le- bensumstände können zu Lehrerangst führen, wobei fehlende Bewältigungsstrategien das Auftreten begünstigen (Katschnig, 1998). Katschnig hebt in ihrer Arbeit besonders den Ein- fluss von Konkurrenzdruck und feindseligem Umgang im Lehrerkollegium hervor. Die Ängste der befragten Lehrkräfte wurden vorrangig durch Kollegen ausgelöst. Aber auch Schüler und die vermeintliche eigene Inkompetenz führen zu Ängsten. 1.4 Soziale Erwünschtheit und Tabuisierungsprobleme Self-Report-Tests können durch verschiedene Antworttendenzen verzerrt werden. Da Leh- rerängste ein heikles Thema sind, können Tests, die diese Angst messen, von der Tendenz zu sozial erwünschten Antworten verfälscht werden. Soziale Erwünschtheit beinhaltet die Tendenz, sich in Tests in Bezug auf kulturelle Nor- men positiv darzustellen (Ganster, Hennessey & Luthans, 1983). Hierfür kommen mehrere 8 Einleitung Ursachen in Betracht wie zum Beispiel Nachlässigkeit und Desinteresse beim Beantworten des Fragebogens, Stimmungsveränderungen oder ein grundsätzlich überhöhtes Selbstbe- wusstsein (Richman, Kiesler, Weisband & Drasgow, 1999). Es wird angenommen, dass es zwei Faktoren der sozialen Erwünschtheit gibt: Impressi- on Management und self-deceptive positivity (Paulhus, 1991). Impression Management be- inhaltet den Versuch, sich bewusst positiver darzustellen als man ist (Paulhus, 1991). Self- deceptive positivity hingegen beschreibt eine unbewusste Tendenz zu überhöhten und posi- tiven Selbstbeschreibungen (Ellingson, Sackett & Hough, 1999). Insgesamt führt soziale Erwünschtheit also dazu, dass sich die Versuchspersonen positi- ver darstellen als dies realiter der Fall ist. In der vorliegenden Untersuchung könnte dies im Hinblick auf die Beantwortung der Fragen im LAST dazu führen, dass die Versuchspersonen beispielsweise ihre Ängste nicht zugeben, was eine Minderung der Validität des Tests be- deutet. Es gibt jedoch einige Möglichkeiten zur Kontrolle sozialer Erwünschtheit. Beispielsweise ist es nützlich, zu Beginn der Untersuchung zu betonen, dass alle Daten anonymisiert und vertraulich behandelt werden. Dadurch wird für die Versuchsperson der Druck zu sozial er- wünschen Antworten reduziert (Paulhus, 1991). Ferner können verschiedene Tests zur Er- fassung sozialer Erwünschtheit in den Test eingebaut werden, um so dem Einfluss sozialer Erwünschtheit auf die Testergebnisse gerecht zu werden (Paulhus, 1991). Bei der Erhebung von Angst und Stress im Lehrerberuf darf die Tendenz der Tabuisie- rung bei der Analyse nicht außer Acht gelassen werden (Lukesch, 1998). Schon 1978 be- zweifelte Weidenmann die Eignung von Fragebögen zur eigenen Einschätzung seiner Angst. Da Ängste bzw. Ängstlichkeit in hohem Maße sozial unerwünscht sind, würde eine Befra- gung dieser Art eher eine Aussage über die Bereitschaft des Interviewten, sozial uner- wünscht zu antworten, zulassen. Grundsätzlich können Lehrerinnen Angst eher zugeben als ihre männlichen Kollegen, wobei es auch ihnen leichter fällt von Stress und einem daraus resultierenden Burnout zu sprechen als von Angstgefühlen (Raether, 1982). Durch die feh- lende Beachtung der Tabuisierung müssen die derzeitigen Forschungsergebnisse zur Leh- rerangst in Zweifel gezogen werden (Jehle & Krause, 1994). Um valide Fragebogenergeb- nisse zu erhalten, ist weitere Forschungsarbeit nötig, die den Tabuisierungsgrad mit einbe- zieht. 9 Fragestellungen und Hypothesen 2 Fragestellungen und Hypothesen Mit der vorliegenden Studie zu Angst- und Stresserleben von sowohl künftigen Lehrkräften (Studenten), als auch im Beruf stehenden Lehrkräften sollen zum Einen der LAST überprüft und zum Anderen diverse Einflussvariablen auf das Angst- und Stresserleben dieser Stich- probe untersucht werden. 2.1 Geschlechtsunterschiede Bereits frühere Untersuchungen beschäftigten sich mit Geschlechtsunterschieden im LAST (Brunner, Völkl, Maar, Filzmaier, Poepperl, Schütz, François, Zdravkovic & Burges, 2007; Meißner, 2008). In beiden Untersuchungen wurden Geschlechtsunterschiede gefunden, woraus sich Hypothesen für diese Studie ableiten lassen. So zeigten beide Untersuchungen, dass Frauen weniger aggressive Reaktionen aufwei- sen als Männer und dass Frauen eher dazu neigen, soziale Unterstützung als Copingstrate- gie anzuwenden. Beide Arbeiten fanden keine Geschlechtsunterschiede bezüglich der bei- den Angstkomponenten Besorgnis und Aufgeregtheit. Bei Meißner (2008) zeigte sich auch, dass Frauen eher sozial-integrativ reagieren, mehr externe Stabilisierung aufweisen und ins- gesamt eher positive Copingstrategien zeigen. Brunner et al. (2007) zeigten zusätzlich, dass Männer eher interne Stabilisierung einsetzen als Frauen. H 1: Es gibt Geschlechtsunterschiede beim LAST. H 1.1: Frauen zeigen mehr sozial-integrative Reaktionen als Männer. H 1.2: Männer zeigen mehr aggressive Reaktionen als Frauen. H 1.3: Männer und Frauen unterscheiden sich nicht hinsichtlich der Angstkomponenten. H 1.4: Frauen zeigen eher externe Angststabilisierung als Männer. H 1.5: Männer tendieren mehr zur internen Angststabilisierung als Frauen. H 1.6: Frauen wenden mehr positive Copingstrategien an als Männer. 2.2 Unterschiede zwischen Lehrern und Studenten Unterschiede zwischen Lehrkräften und Studenten beim LAST wurden in keiner der beiden o. g. Untersuchungen mit der vorliegenden Version des LAST betrachtet. Allerdings zeigte Meißner (2008), dass sich im Vergleich von jungen und älteren Lehrkräften Differenzen er- geben. So nehmen ängstliche Reaktionen mit dem Alter ab und junge Lehrer weisen mehr Aufgeregtheit auf als ältere Lehrkräfte. 10

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Prüfungsangst, Aviophobie oder Agora- bzw. führend sind, da Personen, die sie anwenden, offenbar weniger angemessene Lösungen für.
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