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Terrorismus : wissen was stimmt PDF

123 Pages·2008·1.163 MB·German
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Johannes Dillinger Terrorismus Wissen was stimmt HERDER HERDER Spektrum Band 5866 Das Buch Die Anschläge und Attentate scheinen sich zu mehren. Kaum ein Tag ver- geht, an dem die Medien nicht davon berichten. Terroristische Akte sind Teil unseres Alltags geworden, doch was bedeutet eigentlich Terrorismus? Johannes Dillinger stellt die entscheidenden Fragen: Gibt es einen neuen Terrorismus? Und welche Absichten verbergen sich hinter terroristischen Anschlägen? Ist der Terrorismus Ausdruck politischer Verirrungen, oder ist er mittlerweile ein religiös motiviertes Phänomen? Was verbirgt sich hinter al-Qaida und wo liegen die Wurzeln islamistischer Gewalt? Aufklärung wird geboten über den persönlichen Werdegang von Terroristen, über die Rolle der Medien und die Möglichkeiten der Politik. Die wichtigsten Ant- worten zu einem entscheidenden Thema unserer Gegenwart. Der Autor Johannes Dillinger, Privatdozent Dr. phil., geb. 1968, ist Historiker. Promo- viert und habilitiert an der Universität Trier lehrt er derzeit als Senior Lec- turer in Oxford Brookes. Er bearbeitet Themen der Kultur- wie der Rechts- geschichte. Inhalt 1. Einleitung 7 2. Grundlagen des Terrorismus 9 »Terrorist für den einen, Freiheitskämpfer für den anderen« Definitionen von Terrorismus 9 »Der Terrorismus ist eine völlig neuartige Bedrohung« Terrorismus in der Geschichte 21 »Terrorismus ist eine globale Bedrohung« Kernzonen und Konjunkturen von Terrorismus 27 3. Motive des Terrorismus 39 »Terrorismus kommt eher von links« Ideologien und politische Zielsetzungen terroristischer Gruppen 39 »Terroristen verstehen sich als Gotteskämpfer« Die Weltreligionen und der Terrorismus 47 4. Terrorgruppen und Terroisten 63 »Der Terrorismus verfügt über internationale Netzwerke« Organisationsstrukturen 63 »Bestimmte Regierungen und Terroristen bilden eine >Achse des Bösen<« Helfer und Sponsoren 73 »Terroristen sind Psychopathen« Der Werdegang von Terroristen 83 5. Reaktionen auf den Terrorismus 99 »Die Echtheit der Videobotschaft steht außer Zweifel...« Terrorismus und Medien 99 »Der Staat ist machtlos« Abwehrmaßnahmen 106 »Nichts ist mehr, wie es war« Zum Umgang mit terroristischer Bedrohung 122 Anhang Ausgewählte Literatur 125 Einleitung 1 m Jahre 1995 deponierten tschetschenische Ein neuer Terroristen eine Bombe in Moskau. Der Spreng- Terrorismus? satz enthielt Cäsium 137, eine radioaktive Subs- tanz. Die Terroristen warnten die Medien. Die sofort alarmierten Behörden machten die Explo- sionswaffe unschädlich. Moskau war der Bedro- hung durch eine »schmutzige Bombe«, eine Nuklearwaffe, die starke Strahlung verbreitet, entgangen. Immer wieder ist davon die Rede, dass Terroris- ten Atomwaffen in die Hände bekommen könn- ten. Die Episode aus dem Jahr 1995 scheint zu belegen, dass diese Gefahr real ist. Bei näherer Betrachtung war die Aktion der Tschetschenen aber wenig mehr als ein Bluff: Einmal wären Menge und Art des radioaktiven Materials nicht geeignet gewesen, großen Schaden zu verursa- chen. Zum anderen machten die Terroristen selbst auf ihre Bombe aufmerksam. Sie wussten, dass die Drohung mit Gewalt genügt, um Angst und Unsicherheit zu verbreiten. Atomwaffen sind so kompliziert und so teuer, dass es sehr un- wahrscheinlich ist, dass Terrorgruppen sie hand- haben. Die neue Dimension von Gewalt, die ein nuklearer Anschlag mit sich bringen würde, könnte dazu führen, dass Sympathisanten und Geldgeber sich von der verantwortlichen Tenor- gruppe abwenden würden. Ein terroristischer Atomangriff auf die USA oder Russland würde m EINLEITUNG zudem einen massiven militärischen Vergel- tungsschlag provozieren. Terrorakte mit Atom- waffen sind also sehr unwahrscheinlich. Den- noch werden sie von Behörden und Medien als ernste Bedrohung diskutiert. Das Ziel dieses Buches ist es, die Diskussionen um den Terrorismus zu versachlichen. Zu diesem Zweck soll über Terrorismus, seine Entstehungs- bedingungen und seine Ziele, seine Formen und Träger informiert werden. Weiter wird gefragt, wie die Öffentlichkeit und die Behörden auf Terrorismus reagieren. Es geht dabei nicht um Spekulationen, welche geheimen Verbindungen zwischen unterschiedlichen Akteuren vielleicht bestehen mögen, und auch nicht darum, was viel- leicht in Zukunft alles möglich sein könnte. Es werden vielmehr zentral bedeutsame, gesicherte Erkenntnisse über Terrorismus und Terrorisrnus- abwehr in Vergangenheit und Gegenwart präsen- tiert. EINLEITUNG Grundlagen des Terrorismus »Terrorist für den einen, Freiheitskämpfer für den anderen« Definitionen von Terrorismus as Wort »Terrorismus« ist: in aller Munde. Entstehhung Deshalb ist: es schwierig, zugleich aber auch drin- des Wortes gend notwendig, »Terrorismus« genau zu defi- »Terrorismus« nieren. »Terror« ist das lateinische Wort für »Schrecken«. »Terrorismus« ist ein Kunstwort, mit dem zuerst das Schreckensregiment der radi- kalen Revolutionäre während einer Phase der Französischen Revolution bezeichnet wurde. Zu- nächst bezog sich das Wort »Terrorismus« also auf staatliches Handeln. »Terrorismus« ist heute eine politische Vokabel. Kampfbegriff Sie wird bei der Beschreibung von Auseinander- Terrorismus setzungen zwischen Staaten oder um die Vertei- lung von Macht und Rechten innerhalb von Staa- ten gebraucht. Dabei wird nicht nur derjenige verurteilt, der unmittelbar als Terrorist bezeich- net wird. Es wird bereits jeder, auf den eine ab- strakte Definition von Terrorismus passen könnte, ins Unrecht gesetzt. Unter anderem des- halb hat die UNO es bis heute nicht geschafft, eine allgemein anerkannte Definition von Terro- rismus zu erarbeiten. Das Wort gehört so sehr in politische Polemiken, dass es schwerfällt, ihm noch eine objektive Bedeutung zuzuweisen. Fast niemand bekennt sich offen zum Terro- rismus. Seltene Ausnahmen, etwa aus dem Um- feld von Osama bin Laden, spielen lediglich mit dem Wort »Terror«: Radikale Islamisten schrei- ben sich auf die Fahnen, sie wollten die vermeint- lich marode und korrupte westliche Welt »terro- risieren«, also in Angst und Schrecken versetzen. Die IRA (Irish Republican Army) bezeichnete sich selbst als Armee. Ihre Mitglieder verstanden sich damit als Soldaten, nicht als Terroristen. In ähnlicher Weise charakterisierte sich Tim McVeigh, der amerikanische Rechtsradikale, der 1995 das Gebäude der Bundesbehörden in Okla- homa City in die Luft sprengte, selbst als Soldat. Islamische Selbstmordattentäter pflegen ein Selbstbild als Märtyrer, nicht als Terroristen. Abgrenzung Auch wenn man von der Auffassung der Gewalt- desTerrorismus täter selbst und ihrer Anhänger absieht, wird das Bild des Terrorismus nicht klarer. Es dürfte kaum strittig sein, dass politische Gewalttäter der 1970er Jahre wie die RAF (Rote Armee Fraktion) Terroristen genannt werden können. In Süd- afrika wurde jedoch auch Nelson Mandela als Terrorist bezeichnet. Seine Partei, der ANC (Afri- can National Congress), schreckte vor Gewalt nicht zurück. Einen Mordanschlag auf einen Po- litiker zu verüben und damit einen politischen 10 GRUNDLAGEN DES TERRORISMUS Umsturz einzuleiten, könnte man sicherlich als Terrorismus bezeichnen. Dennoch würden die meisten zögern, Claus Graf Schenk von Staufen- berg, der mit einem Bombenanschlag Hitler tö- ten und die NS-Diktatur zu Fall bringen wollte, ei- nen Terroristen zu nennen. Andere haben Hitler selbst als Terroristen charakterisiert. Präsident George W. Bush, das gewählte Staatsoberhaupt einer Demokratie, wird ständig als Terrorist be- schimpft. Wie angemessen ist es überhaupt, Kleingruppen wie z. B. die RAF als terroristisch zu bezeichnen? Immer wieder wird behauptet, dass das riesige Gewaltpotenzial der Staaten der wahre Terrorismus sei. Auch Terroristen definieren Terrorismus. Die Terroristen Mitglieder der RAF sahen sich selbst als Opfer definieren von Terrorismus, ausgeübt von der kapitalisti- Terrorismus schen Macht des Westens. In ähnlicher Weise hatte schon Lenins alter Mitstreiter Trotzki den Kapitalismus als Terrorismus verurteilt. Al-Taw- hid, die Geschwisterorganisation von al-Qaida, nannte 1987 jeden Akt, der sich gegen die Reli- gion und die Menschlichkeit richtete, Terro- rismus. Mit Religion war freilich ausschließlich der Islam gemeint. Die Menschlichkeit gefährdet sah al-Tawhid u. a. durch Kolonisation, Vertrags- bruch und alles, was den Zusammenhalt von Fa- milien stören könnte. Damit sollte letztlich nur gesagt werden, dass der Einfluss des Westens auf den Orient - verunglimpft als Kolonisation, Völ- kerrechtsverletzung und Zersetzung traditionel- ler islamischer Familienwerte - der wahre Terro- rismus sei. 11 GRUNDLAGEN DES TERRORISMUS Das Wort »Terrorismus« wird in immer weitere politische und juristische Kontexte gestellt. Die durch den Kohlebergbau ver- ursachten andauernden Erdbeben im Saar- land werden als Terrorismus empfunden. Feministinnen sprachen von Vergewalti- gung als »Sexualterrorismus«. Die UNICEF charakterisierte Kinder prostitution als eine Form von Terrorismus. Undefinier- Was können die Ausdrücke »Terrorismus« und barkeit von »Terrorist« bedeuten, wenn sie auf so unter- Terrorismus? schiedliche Personen wie Meinhof, Hitler, Man- dela, McVeigh und Bush bzw. ihre Aktivitäten angewendet werden können? Wenn ein Bomben- anschlag kommunistischer Gewalttäter ebenso als Terrorismus bezeichnet werden darf wie die kapitalistische Wirtschaftsweise und Kinder- prostitution, was ist dann mit »Terrorismus« überhaupt noch gesagt? Es hat den Anschein, als sei »Terrorismus« nur schlicht ein negativer Begriff, der sich wie ein Passepartout auf alles anwenden lässt, was man ablehnen will. »Terrorismus« scheint das »Böse« des 21. Jahrhunderts zu sein. Weil das Wort »Ter- rorismus« so eindeutig negativ wertet, kam es zu einem Dilemma: Wer für den einen ein Terrorist ist, ist für den anderen ein Freiheitskämpfer. So wird zumindest immer wieder das Problem an- gesprochen, dass man bereit sein mag, den jewei- ligen Gegner als Terroristen zu bezeichnen, aber nicht Personen, deren Weltanschauung man teilt. £1 GRUNDLAGEN DES TERRORISMUS

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