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Sinnesphysiologische und psychologische Untersuchungen an Musteliden: Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde genehmigt von der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin PDF

40 Pages·1930·1.43 MB·German
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Sinnesphysiologische und psychologische Unter suchungen an Musteliden Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde genehmigt von der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin von Detlev Müller aus Berlin Tag der Promotion: 30. Juli 1930 Tag der mündlichen Prüfung: 6. Februar 1930 1 9 3 0 Referenten: Privatdozent Dr. Herter Prof. Dr. Hesse ISBN 978-3-662-40577-2 ISBN 978-3-662-41055-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-41055-4 Sonderabdruck aus der "Zeitschrift für vergleichende Physiologie", Band 12, Heft 2 I. ALLGEMEINES. A. Einleitung. Im Sommer 1927 faßte ich den Entschluß, in ähnlicher Weise wie es MATHILDE HERTZ (7, 8) an gefangenen Rabenvögeln getan hatte, tier psychologische Studien ar{ der in dieser Hinsicht noch fast völlig un bekannten Gruppe der Marderartigen zu machen. Die unmittelbare An regung zu derartigen Untersuchungen gab im Verein mit den damals gerade erschienenen ersten HERTzsehen Arbeiten ein tierpsychologisches Kolleg des Herrn Dr. HERTER, Privatdozenten in Berlin, der auch wäh rend der Gesamtzeit meiner Versuche mir mit Rat und Tat freundlich zur Seite stand und durch manchen wertvollen Hinweis die Arbeit förderte. Herr Geheimrat HEcK, Direktor des Berliner Zoologischen Gartens, hat mir in liebenswürdigstem Entgegenkommen ermöglicht, meine Unter suchungen dort vorzunehmen. Ein neu gekaufter junger Steinmarder wurde in einem für mich an einer dem Publikum nicht zugänglichen Stelle gebauten, geräumigen Käfig untergebracht. Dieser lehnte sich im Norden an die Hinterfront eines Tribünengebäudes, wurde im Westen von einer 1 m entfernten Mauer desselben Gebäudes geschützt und war nach Süden und Osten frei. Er bestand ganz aus engmaschigem Drahtgeflecht, das über Latten gespannt und etwa 50 cm in den Erdboden eingelassen war, eine Vorsichtsmaßregel, die sich als sehr notwendig herausstellte. Die Maße des Käfigs waren wie folgt: 2,4 m Höhe über dem Erdboden, 3,10 m Länge, 1,70 m Breite. Im Innern war etwa 70 cm von der nach Osten gerichteten Schmalseite eine Zwischenwand aus Drahtgeflecht parallel zu dieser gezogen und dadurch ein Vorraum geschaffen, der einen ungehinderten Zutritt zu dem Tier ermöglichte. Die beiden Türen waren 50 und 70 cm breit und je etwa 1,20 m hoch. In der Nordwestecke des Käfigs war unterhalb der Decke ein ge- 294 D. Müller: räumiger Schlupfkasten angebracht, zu dem ein Ast eines in der Mitte des Käfigs stehenden Kletterbaumes führte. Der Boden des Käfigs bestand aus märkischem Sand mit zahlreichen Ziegel- und Granitbrocken. Auch das Futter wurde mir kostenlos von der Leitung des Zoologischen Gar tens zur Verfügung gestellt. Ich fütterte den Steinmarder zunächst mit klein geschnittenen Stücken Pferdefleisch und mit Mahlfleisch, das mit gekochtem Ei und einem von der I.G.Farbenindustrie-A.G. hergestellten Vitaminpräparat, Vi gantol, vermengt war. Dazu brachte ich ab und zu ein rohes Ei, Datteln, Trau ben, eingeweichte Semmeln, frischgeschossene Sperlinge und dergleichen mit, alles Dinge, die sehr gern angenommen wurden. Zweimal erhielt er auch zu Be obachtungszwecken je ein lebendes Huhn (siehe unten). So war der Gesundheitszustand des Tieres von Anfang an vortrefflich, der Haarwechsel, der übrigens erst im November beendet war, verlief normal und selbst die Kälteperiode Januar/Februar 1929 wurde - bei Temperaturen von -20 bis -300 C - ausgezeichnet überstanden. Auch ein lltisrüde, der als Nachfolger des Steinmarders den Käfig bezog, hielt sich trotz weniger abwechslungsreichen Futters bis zur Be endigung meiner Versuche (Dezember 1929) sehr gut. Die beigegebenen Photographien sind mit gütiger Genehmigung der Direktion von der Photographindes Berliner Zoologischen Gartens, Fräu lein ELFRIEDE ScHNEIDER, angefertigt worden. Ihrer mühevollen, infolge der großen Beweglichkeit, namentlich des Steinmarders, besonders schwierigen Arbeit gedenke ich hier mit aufrichtiger Dankbarkeit. B. Steinmarder (Mustela foina Erxl.). I. Allgemeines Verhalten. a)Zähmung. Am 16. VI. traf der Steinmarder, ein junges Männchen, für mich im Zoologischen Garten ein. Da die Setzzeit der Marder im allgemeinen Ende April liegt, war er schätzungsweise P/ -2 Monate alt. Das Tier hatte die lange Fahrt von 2 Köln nach Berlin gut überstanden, nahm gleich etwas Ei und Sperling an und wurde am Abend in den Käfig überführt. Es war zahm insoweit, als es sich anfassen ließ, ohne sich zur Wehr zu setzen, nahm aber, im Käfig freigelassen, sofort die mit Heu gefüllte Kiste an und verließ sie an diesem und in den nächsten Tagen in meiner Gegenwart freiwillig über haupt nicht. Es lag also, wenn man schon von Zahmheit sprechen will, eine Form vor, die man mit "Angstzahmheit" bezeichnen könnte. Gerade bei Jungtieren ist dieses Verhalten dem Menschen gegenüber ja un gemein häufig: Junge Hasen, Rehe, Kleinraubtiere setzen sich in der Regel nicht zur Wehr, versuchen sehr häufig nicht ein!Jlal zu fliehen und sind doch nicht eigentlich zahm. Ihre Generalreaktion auf alles Unbekannte ist das Sich-Drücken. Bleibt das ohne Erfolg, so folgt bei manchen Tieren noch eine besondere "Wehr losigkeitsbekundung", z. B. bei manchen Affen (PFUNGST, mündliche Mitteilung); bei anderen ein äußerlich völlig apathisch scheinendes Verhalten, das bis zu sogenanntem Totstellen - besser gesagt "Angstlähmung" - führen kann. Sinnesphysiologische und psychologische Untersuchungen an Musteliden. 295 Ich bemühte mich nun, diese Angstzahmheit in eine Futterzahmheit (eine Bezeichnung, die ich der HEINROTHschen Terminologie entnehme, 4) umzuwandeln, die im Hinblick auf die beabsichtigten Dressuren gün stigste Form für ein ungesellig lebendes Tier. Das war recht einfach zu bewerkstelligen: Ich nahm den Marder zum Füttern aus seinem Schlupf kasten heraus, setzte ihn auf meinen Arm und ließ ihn nur dort seine Mahlzeit einnehmen. Nachdem ich das einen Monat fortgesetzt hatte, war seine Zahmheit vollkommen. Er kam freiwillig auf meinen Arm, kletterte an mir herum, untersuchte meine Taschen und erwartete mich regelmäßig am Gitter. b) Lautäußerungen. "Foina" (F.) hatte drei Lautäußerungen: Ein eigenartiges Murmeln, das mir Ausdruck einer gewissen Ungeduld zu sein schien. Andere (19) meinen, es sei der Ausdruck für Vergnüglichkeit, Behagen, Zufriedenheit. Hermeline haben das auch, bei meinem Iltis hörte ich es nie; im "Brehm" wird es aber auch für diese Tierart angegeben. Eindeutig waren die bei den anderen Lautäußerungen: Wenn ich fortging, hörte ich stets ein helles, wie der Bettelton mancher Jungvögel klingendes Zirpen, das mit dem erwähnten, in diesem Falle etwas abgeänderten Murmeln ab wechselte. Dieses Zirpen bedeutet ganz zweifellos "Sehnsucht", ist den ja gesellig lebenden Jungmardern eigentümlich und verliert sich, wie ich glauben möchte, unter normalen Verhältnissen mit dem Selbständig werden. Daß F. ihn beibehielt, auch als er völlig ausgewachsen war, ist nicht weiter erstaunlich, da ja jung gefangene Tiere oft in mancher Be ziehung mehr oder weniger infantil bleiben. Der dritte Ton war das so genannte "Kreischen" der Marder, ich sage lieber Wutschrei. Als ich ihn das erste Mal hörte, war ich so erschrocken, daß ich ziemlich beschleunigt den Käfig verließ -ein Beispiel für die Schreckfunktion, die dieser Laut hat. Daß dem auch im Freien so ist, geht übrigens auch daraus hervor, daß dieser Wutschrei von Mardern immer nur im Kampfe mit ihres gleichen oder aber mit überlegenen Gegnern ausgestoßen wird; das sind also die Fälle, wo die natürlichen Waffen nicht von vornherein physi sche Überlegenheit gewährleisten und es kommt dann das psychisch wirk same "akustische Kampfmittel" hinzu. c) Sammeln. Fast alle Säugetiere mit ständig oder doch längere Zeit hindurch regel mäßig bezogenem Schlupfwinkel neigen zum Eintragen von Vorräten; auch von den Mardern ist dieses Sammeln von Beuteresten seit langem bekannt. Neu war mir, daß dieser Sammeltrieb sich auch auf biologisch bedeutungslose Dinge wie Steine, Holzstückchen, meinen Siegelring, ein Porzellanei, Handschuhe und dergleichen erstreckte. Vor allem aber wurde, wenn ich es dem Tier erlaubte, jedes einzelne ihm gereichte 296 D. Müller: Fleischstückehen stets sofort in die Kiste getragen und, außer bei sehr großem Hunger, mit diesem Einsammeln fortgefahren bis der Vorrat, den ich ihm reichte, erschöpft war; dann erst machte sich F. ans Fressen. Übrigens fraß er auch bei großem Hunger immer nur ein bis zwei von den talergroßen Stücken, um dann das eben geschilderte Sammeln auf zunehmen. Dieser starke Sammeltrieb wurde mir in der Folgezeit für meine Ve rsuche sehr wertvoll. d) Beuteerwerb. Wie wenig biologisch wichtiges Ve rhalten, wie zum Beispiel Loko motionsarten und Beuteerwerb, von einem Lernen durch Nachahmung abhängig sind, hat HEINROTH an vielen Vogelarten (u. a. Mauersegler, Habicht, 5) nachgewiesen und KAFKA (11) psychologisch begründet. So auch bei F. : Das unten ausführlich geschilderte Verhalten einer lebenden Hausmaus gegenüber fällt in eine Zeit, zu der F. erst etwa halb erwachsen war; einige Monate später gab ich ihm ein lebendes junges Huhn, das fast in demselben Moment, da es den Boden berührte, von hinten ergriffen und durch Kopfbiß getötet wurde; eine Wiederholung dieses Ve rsuch es einige Wochen darauf hatte das gleiche Ergebnis. e) Sinne. Aus der Beobachtung zweier Monate hatte sich ganz von selbst die "biologische Rangfolge" der Sinnesorgane ergeben: Geruch, Gehör, Ge sicht. Diese Prävalenz des Geruchsinnes war mir nicht überraschend; bei der Beobachtung eines Katers auf Mäusejagd in einem verschlossenen, leeren Zimmer, war mir die überwiegend olfaktorische Orientierung auf Kosten der optischen sehr aufgefallen. Die Maus saß mitunter keine 50 cm vor der Katze, die mit stark gesenktem Kopf laut schnüffelnd die Spur verfolgte, und zwar bei Dämmerlicht. Wenn auch die Katze bis dahin Mäuse nicht kennen gelernt hatte, so war doch bezeichnend, daß sie das Neue zunächst olfaktorisch untersuchte. Ebenso bei F. Geruchs wahrnehmungen wirken beim Marder bestimmend mit beim Beute erwerb 1, beim Erkennen und Wiedererkennen. Hierfür ein Beispiel: Eine lebende Hausmaus wird in den Innenkäfig gesetzt. F. wird aufmerksam, und zwar zunächst auf Grund von Schallwahrnehmungen, und macht sich an die Verfolgung. Die Maus flüchtet in einen in der hinteren Ecke gelegeneneu Heuhaufen, der Marder folgt nach einiger Zeit. Als sie weiter läuft, geht er ein kurzes Stück nach. Bei der Verfolgung kommt es öfter vor, daß die Maus wenige Zentimeter vor seiner Nase sitzt, ohne daß er sie entdeckt, da sein ganzes Suchen olfaktorisch ist und er vermutlich mit dem Winde kommt, also von der Maus selbst keine Witterung hat. Bald aber kehrt er zu dem Heuhaufen zurück und verbleibt dort, ohne sich um die Maus selbst zu kümmern; er sucht 1 Daß in optisch Behr deutlichen und wirksamen Situationen optische Orien tierung ausreicht, ist wohl selbstverständlich. Sinnesphysiologische und psychologische Untersuchungen an Musteliden. 297 jedoch in stärkster Erregung, hörbar schnüffelnd dort weiter, bis es der Maus ge lingt, durch eine Käfigmasche zu entkommen. Die Schwierigkeit, die Bedeutung einer Demonstrativgebärde zu er kennen, beruht zwar sicher nicht allein auf der geringen Entwicklung des Sehvermögens; immerhin mag eine Beobachtung dieser Erscheinung hier mitgeteilt werden. Wollte ich mein Tier an einer bestimmten Stelle des Käfigs haben, ohne es anzufassen und hinzutragen, oder wollte ich seine Aufmerksamkeit auf einen be stimmten Ort, eine Versuchsanordnung oder dergleichen lenken, so machte ich oft rein impulsiv mit meiner Hand deutlich hinweisende Gebärden. Der Marder sah dann, durch die Bewegung und Hellfarbigkeit aufmerksam gemacht, auf meine Hand. Dadurch, daß ich nun die Hand langsam zu dem gewünschten Punkte hin führte, war es meist möglich, ihn dort hinzubringen. Später gelang es sogar, ihn zu veranlassen, in den Vorraum zu gehen, dadurch, daß ich im Innenraum stehend meinen Arm hob und nach der Vorraumtür wies. Es schien mir nun zunächst, als habe er die Bedeutung der zeigenden Gebärde erlernt, doch erkannte ich bald, daß das nicht der Fall war. Er reagierte nämlich nur in diesem einzigen Falle; zeigte ich auf eine andere Stelle, so begab sich F. nicht etwa dorthin, sondern blieb sitzen, lief in anderer Richtung oder wieder auf seinen Vorraum zu. Er hatte also nur gelernt, den in bestimmter Weise gehobenen Arm zu verknüpfen mit "Es ist etwas los im Vorraum". Bekanntlich lernen die - besser sehenden - Hunde den Sinn einer hinweisenden Armbewegung im allgemeinen sehr rasch. Ich kannte aber auch einen etwa achtjährigen Wolfshund, der fast regelmäßig auf eine solche Bewegung hin in der falschen Richtung losgaloppierte, auch wenn offensichtlich keine dem Menschen verborgene Geruchswirkung von anderer Seite her eine Ab lenkung verursachte. Dabei sah der Hund ungemein scharf. Für beide Tiere fehlte also das spezifische Richtungsmoment in dem erhobenen Arm, und dieser bedeutete nur ein Signal für erhöhte Auf merksamkeit, ein Signal, das beim Marder dann Signalreiz für eine be stimmte Situation wurde. Diese Auffassung wurde mir auch von Herrn Dr. PFUNGST, dem ich an dieser Stelle herzlich danke, bestätigt. li. Versuche. a) {jffnen einer Schiebetür. Die anfänglich ausgesprochene Tendenz des Marders, nach dem Füttern möglichst rasch in seine Kiste zurückzukehren, bot eine recht bequeme Möglichkeit zum Experimentieren. Sein Schlupfkasten war durch eine horizontal zu verschiebende Tür verschließbar, und zwar ließ sich diese Tür zunächst nur in Richtung auf die Nordwand, also nach rechts bewegen. Ich benutzte nun den Augenblick, in dem der Marder auf meinem Arme sitzend fraß, um rasch und unbemerkt von dem Tier die etwas klemmende Tür zuzuschieben. Dann ließ ich ihn auf den zum Schlupfkasten führenden Ast übersteigen (zum Springen war er damals noch nicht fähig). Mit großer Schnelligkeit lief er den Stamm entlang bis zu dem Eingang seines Kastens, den er verschlossen fand. Hier stutzte er kaum einen Augenblick und begann dann zunächst an der Schiebetür 298 D. Müller: wahllos zu kratzen. Sehr bald aber entwickelte sich ein Bemühen, mit den Krallen in den linken 3 mm breiten Vertikalspalt zwischen der nicht ganz anliegenden Schiebetür und der abschließenden Leiste einzudringen und die Schiebetür nach rechts ( = wandwärts) beiseite zu drängen. Als ihm das nicht gelang und er wieder wahllos zu kratzen begann, öffnete ich die Tür soweit, daß der 3 mm breite Spalt auf I cm etwa vergrößert wurde; als er, nun wieder richtig einsetzend, mit der etwas schwer ver schiebbaren Tür immer noch nicht zustande kam, öffnete ich noch I cm weiter, wodurch jedoch noch nicht das eigentliche Schlupfloch sichtbar wurde, sondern nur der ihm benachbarte Teil der Kistenwandung. Einige Heuhalme, die beim Schließen des Schiebers eingeklemmt wurden und nach außen hervorragten, werden aber wohl als "Hilfe" gewirkt haben. Nachdem nämlich der Spalt auf etwa 2 cm erweitert war, begann das Tier mit erneutem Eifer zu arbeiten und nun gelang es ihm, die Tür soweit beiseite zu schieben, daß es einschlüpfen konnte. Ein zweiter, unmittelbar darauf angestellter Ve rsuch verlief folgender maßen: Der Marder eilte wieder rasch bis an die Tür, stutzte kaum und begann sogleich sinngemäß zu arbeiten. Da er nicht gleich mit dem Öffnen der Tür zustande kam, wurde diese vom Beobachter wieder etwas verschoben; nun gelang dem Tier das Beiseiteschieben ohne weiteres. Bei einem dritten Versuch, für den die Tür wieder so fest wie möglich heran geschoben war, gelang ihm ohne jegliches Eingreifen von seiten des Be obachters das Öffnen. War er in seiner Kiste und die Tür von außen geschlossen, so gelang es ihm von nun an immer, sich selbst zu befreien. Was die psychologische Erklärung dieser noch etwas primitiven Ver suche, die ja letzten Endes auf ein der Biologie der Marder gemäßes Spalt erweitern hinauslaufen, betrifft, so sehen wir den Marder anfänglich in einfachem "Versuch und Irrtum"-Verfahren arbeiten, das insofern zum Ziele führt, als die einzig mögliche Bewegungsrichtung der Tür - nach rechts - rasch herausgefunden wird; sobald das der Fall ist, wird die Bedeutung des Spaltes für die Weiterarbeit richtig erkannt, die "Arbeits methode" verbessert und diese Verbesserung auch beibehalten. b) Riegelversuche. Um das (binnen 4 Tagen) völlig an das Öffnen des Kastens gewöhnte Tier wenigstens für die Zeit, in der der Beobachter zugegen war, zu zwingen, außerhalb seines Schlupfwinkels zu bleiben, wurde die Schiebe tür in geschlossener Stellung durch einen Keil festgehalten, nachdem das Tier aus seinem Kasten herausgenommen war. Leider war beim ersten mal (22. VI.) der Keil doch nicht fest genug, so daß der Marder, vom Arm auf den Kletterbaum gelassen, doch einzudringen vermochte, da bei sei nen ungemein heftigen Anstrengungen, die Tür zu öffnen, der Keil her- Sinnesphysiologische und psychologische Untersuchungen an Musteliden. 299 ausgefallen war. Soweit man bei den blitzschnellen Bewegungen des Tieres feststellen konnte, schien bei seinen Bemühungen der Angriffs punkt diesmal nicht lediglich an der Spalte zu liegen, sondern sich nach der anfänglichen Erfolglosigkeit dort auch auf den hemmenden Keil zu erstrecken. Jedenfalls fiel dieser nach einiger Zeit zu Boden und gab den Weg für das nun auch gleich einsetzende Öffnen der Tür frei. Ein zweiter Versuch am folgenden Tage zeigte unzweifelhaft, daß das Tier bei seinen Bemühungen, in das Innere des Kastens einzudringen, den störenden Keil zu beseitigen suchte. Erst nachdem ihm dieses trotz beinahe viertel stündiger Arbeit nicht gelungen war, begann es wieder in der Gegend des Spaltes zu arbeiten. Durch ein dargereichtes Stück Fleisch gelang es, das Tier für Augenblicke von seiner Arbeit abzubringen. Da es nun gewohnt war, sein Futter, jedenfalls wenn der Beobachter dabei war, im Innern seines Kastens zu fressen, lief es mit dem Fleisch im Maul sofort wieder auf seinen Kasten zu und begann ruhig in der Spaltgegend zu arbeiten. Die Erinnerung an die vergeblichen Bemühungen kurz zuvor schien auf gehoben; das zeigte sein im folgenden geschildertes Verhalten besonders klar und deutlich: Es wurde nämlich rasch sehr erregt, legte das Fleisch auf den Ast vor sich nieder und kratzte sehr heftig an der Tür. Nach etwa 10 Minuten heftigster Anstrengung nahm es das Fleisch wieder auf und lief den Kletterbaum mit dem Fleisch im Maul etwa 2 m weit schräg abwärts, anscheinend um es an einer anderen Stelle des Käfigs zu ver zehren. Auf halbem Wege machte es wieder kehrt, lief mit dem Fleisch zur Tür zurück, kehrte dort, ohne erneut zu versuchen, wieder um und wiederholte dieses "ratlose" Hin- und Herlaufen noch sechsmal ohne Pause! Dann fiel das wieder vor der Tür abgelegte Stück Fleisch zu Boden, und nun wandte sich der Marder erneut ganz seiner Arbeit an der Tür zu. Durch eine Bewegung des bis dahin sich regungslos verhaltenden Beobachters wurde das Tier dann so stark erschreckt und abgelenkt, daß ein Weiterbeobachten nicht möglich war. Ich erinnere daran, daß F. damals erst etwa eine Woche in meinem Besitz und also noch nicht voll ständig gezähmt war. Diese Beobachtung zeigt in höchst sinnfälliger Weise das Kräftespiel zweier sich entgegenstehender Faktoren: Der eine ist der, damals noch sehr stark ausgeprägte Bergungstrieb, der andere die sicher klar erkannte Unmöglichkeit, diesem Trieb in der gewohnten Weise zu entsprechen (ich bediene mich absichtlich dieser etwas allgemeinen Fassung). Dieser Trieb des "Sich-Verstecken-Wollens" war so groß, daß er das für den optischen Bereich ohnehin nicht allzu hoch zu veranschlagende Erinnerungsver mögen stets nach kurzer Zeit wieder überwand. Am anderen Tage hatte der Marder sich in einem Heuhaufen am Boden des Käfigs ein Lager gemacht. An der Tür war, wie der stellen weise fast verschwundene Anstrich erwies, offensichtlich im Laufe der

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