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Schott, Rodolfo - Faschismus als proletarische Errungenschaft (1935, 25 S., Text) PDF

25 Pages·1935·0.138 MB·German
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FASCHISMUS ALS PROLETARISCHE ERRUNGENSCHAFT Die italienischen Industriearbeiter stellten dieses knappe Erläuterungswerk zusammen, um die Arbeiter anderer Länder mit der echten und wirklich sozialen Arbeitsordnung, wie sie in Italien am Werk ist, vertraut zu machen. Roma - 1935 INHALT I. VON DER ANARCHIE UNMITTELBAR NACH DEM KRIEG BIS ZUR NEUEN SOZIALEN ORDNUNG 1. Italien um 1919. 2. Notwendigkeit der faschistischen Tat; Volkstümlichkeit der Bewegung. 3. Nationalismus und Internationalismus, 4. Die neue Sozialpolitik. 5. Die syndikalistische Ordnung. 6. Der Arbeitsgerichtshof. 7. Die Nationale Faschistische Partei und die Arbeiter. 8. Die Korporationen. 9. Wirkungsweise und Zielsetzung der Korporationen. II. DIE HEUTIGE STELLUNG DES ARBEITERS IN ITALIEN 10. Das Arbeiter-Syndikat. 11. Arbeiter als Freiwillige. 12. Scheinbarer und tatsächlicher Lohn. 13. Nationales Faschistisches Institut für Sozialversicherung. 14. Nationales Faschistisches Institut für Arbeitsunfälle. 15. Nationalwerk für Mutterschutz und Kinderfürsorge. 16. Nationalpflegschaft für Sozialfürsorge. 17. Krankenkassen. 18. Nationalwerk Dopolavoro. III. DAS KAISERREICH DER ARBEIT 19. Das Lebensrecht des italienischen Volkes. 20. Folgen der italienischen Eroberung Abessiniens. 21. Die Vorbedingungen zur Eroberung von Abessinien. IV. WER SIND DIE WAHREN FEINDE DES ITALIENISCHEN PROLETARIATS? V. DIE SOZIALE REVOLUTION DES FASCHISMUS AUF DEM MARSCH 22. Bankenreform. 23. Neuverfügungen über Konsortien. 24. Staatliche Beaufsichtigung des Handels mit dem Ausland. 25. Italienische Wirtschaft ist bereits Korporationswirtschaft! 26. Dem Ziel entgegen! Im faschistischen Zeitalter wird die Arbeit in ihren unendlichen Verästelungen zum einzigen Maßstab, an welchem sozialer und nationaler Nutzen von Einzelpersonen und Gemeinschaften abgelesen werden kann. MUSSOLINI - 1 - I. VON DER ANARCHIE UNMITTELBAR NACH DEM KRIEG BIS ZUR NEUEN SOZIALEN ORDNUNG 1. ITALIEN UM 1919. In vielen auswärtigen Kreisen, auch von manchen in gutem Glauben, wurde der Faschismus bis zum heutigen Tag als eine eher reaktionäre als revolutionäre Bewegung angesehen. Da ja nun wirklich nach der üblichen Vorstellung Revolution nur Massenbewegung sein kann und da die faschistische Unternehmung sich, wenn man die Sache lediglich von außen ansieht, gerade gegen die sozialistischen Organisationen, welche allerorten das soziale Leben Italiens in der Hand hatten, aufbäumte, so zögerte man nicht, den Faschismus als eine gegen das Volk, die Demokratie und die Arbeiter gerichtete reaktionäre Bewegung zu deuten. Um zu einer solchen Definition zu kommen, verfuhr man denn doch allzu kümmerlich, als dass es nicht ein Leichtes wäre, hier Voreingenommenheit und Irrtum aufzudecken. In der Hauptsache hat man gesagt: Am Morgen nach dem europäischen Krieg waren die sozialistischen Organisationen drauf und dran, von der Macht Besitz zu ergreifen. Da wurden sie von den faschistischen Sturmscharen mit Gewalt zerschlagen. Mithin ging der Faschismus als rein kapitalistische und bürgerliche Bewegung vor, gleichsam in Diensten gesetzmäßiger Verteidigung und konservativer Willensrichtung. Derartige Überlegungsformen sind völlig, verschwommen, tragen sie doch der tatsächlichen Lage Italiens unmittelbar nach dem Krieg und derjenigen des Faschismus keinerlei Rechnung. Aus diesem Grunde müssen wir viele Jahre zurückschauen und einige unbekannte oder doch allzu geschwind vergessene Tatsachen hervorholen, deren Wohlgegründetheit ernsthaft nicht geleugnet werden könnte. Der Faschismus hat die Arbeiterorganisationen ja gar nicht zerstört. Vielmehr bekämpfte er die sozialistische Partei bis zu deren Vernichtung und zwar nicht wegen der seitens dieser Partei geltend gemachten sozialen Ansprüche, sondern gerade deswegen, weil der italienische Sozialismus, gleichgültig wider Wohl und Wehe der Arbeit und des ganzen Landes überhaupt, sich der Arbeitermassen lediglich zu politischen und Wahlzwecken bediente und zu alledem keinerlei innere Berechtigung mehr aufzuweisen hatte. Während nun in der Tat das Programm der faschistischen Kämpfer Italiens sich bekanntlich von sämtlichen alten Parteien hinsichtlich der sozialen Reformen, die es in Vorschlag brachte, unterschied, wurden die Arbeiter aufgefordert, sich zum Schutz ihrer besonderen Ansprüche in die nationalen Syndikate einzureihen. Es konnte ja auch nicht anders kommen, da die Bahnbrecher des Faschismus, unter denen es nicht wenige echte Arbeiter gab, samt und sonders vom Sozialismus oder vom Syndikalismus herkamen und diese Bewegungen verlassen hatten, nachdem sie deren Unfähigkeit zu wahrer Revolution und deren parlamentarische Verkommenheit festgestellt hatten. Allein, der Faschismus bekämpfte nicht bloß die sozialistische Partei. Kraft seiner revolutionären Minderheit scharte er sich gegen sämtliche politischen Gruppen und Gebilde zusammen, ob links, ob rechts, welche die Macht behaupteten und in jeder Beziehung für die Mißherrschaft im Lande verantwortlich waren. Wir wollen weiter kein Wort verlieren. Jedermann, sofern ihn nicht eigennützige Gründe hindern, es wahr haben zu wollen, hat die Lage Italiens um 1919 gegenwärtig: Geistig und politisch zerfallen, dazu unterwühlt von den Gegensätzen innerer Parteizerklüftung, erniedrigt durch einen ungerechten Frieden, ohne Hilfsquellen, in völliger Auflösung des wirtschaftlichen Lebens begriffen, verfiel Italien der Anarchie. 2. NOTWENDIGKEIT DER FASCHISTISCHEN TAT; VOLKSTÜMLICHKEIT DER BEWEGUNG. In solcher Lage, die man, wiederholen wir es, sich vergegenwärtigen muß, falls man überhaupt die faschistische Tat mit einer Spur von Ernst beurteilen mag, begann der Faschismus seine Schlacht. Nicht nur der Sozialismus (auf besondere Erwähnung des Kommunismus verzichten wir, da er in Italien nur verschwindend geringe Bedeutung hatte), sondern auch all die anderen Parteien und zahllosen politischen Grüppchen, die sich um die Wählerstimmen zankten, stellten ihre schäbigen Parteirücksichten über diejenigen des Landes. Kein Mensch setzte sich ernsthaft für schöpferischen Wiederaufbau ein; vielmehr nahmen Unordnung und Durcheinander von Tag zu Tag überhand. - 2 - Der Faschismus hatte also die zu verfolgende Strasse gut abgesteckt. Seine Aufgabe lautete dahin, daß eine neue politische und soziale Ordnung aufzustellen war, geeignet, das über alle Maßen gewaltige Vorhaben von Italiens Wiederaufbau anzupacken und das Land einer Zukunft des Friedens und der Arbeit entgegen zu führen. An dieser Stelle dürfte eine kurze Überlegung angebracht sein. Wer wurde denn am fühlbarsten durch die in Italien herrschende Unordnung geschädigt? Wer hätte die Folgen der Anarchie tragen müssen, worein die Nation stürzte? Sicherlich doch nicht die Kapitalisten, welche, reich an Mitteln und mithin an Macht, zudem gemächlich Zeit gehabt hätten, mitsamt ihren Kapitalien ins Ausland abzuwandern! Offenkundig jedoch die Proletarier, denen bis dahin jegliche Gewißheit eines täglichen Brotes gemangelt hätte, in einem Italien, welches damals sogar das erforderliche Brotgetreide aus dem Ausland hatte einführen müssen! Es ist also klar, daß die vom Faschismus auferlegte neue Ordnung, weit entfernt davon, sich gegen die Arbeiter zu richten, vielmehr gerade den armen Schichten aufhalf und einer höheren Notwendigkeit von allgemeingültiger Prägung entsprach. Wenn übrigens der Faschismus im Auftrag von Bürger- oder Klassenklüngeln gehandelt hätte, so würde er sich notwendigerweise mit der Stellung einer Hilfskraft des herrschenden Regimes begnügt haben. Hingegen fegte, zum Abschluß des lange währenden faschistischen Kampfes, der Marsch auf Rom eben dieses Regime hinweg. Bedeutung und Wahrheit dieser Tatsachen abzustreiten, verbietet einfach die Vernunft. Es wird jedoch ersprießlich sein, noch andere Erwägungen von grundlegender Wichtigkeit anzustellen. Wir zeigten, daß der Faschismus als eine Volksbewegung geboren ist, und wir wiesen auf seine Bahnbrecher hin. Indessen gibt es da noch eine sehr entscheidende Ursache zur weiteren Erhärtung des Gesagten, nämlich Abstammung, Leben und Persönlichkeit dessen, der Schöpfer des Faschismus war und sein Führer ist. Benito Mussolini, der Volksschullehrer, der Maurer, der revolutionäre Flüchtling in der Schweiz, der Bauer und Schmied auf seinem Dorf : er hat den sauersten Schweiß der Arbeit und die bittersten Demütigungen kennen lernen, er hat am eigenen Leib alle Lebensnot gespürt. Konnte dieser revolutionäre Arbeiter gegen die Arbeiter sein? Konnte er Verteidiger kapitalistischer und bürgerlicher Ansprüche oder Leugner der Volksrechte sein, der Mann, der sich abgerackert hat, mit dein Kalkkübel auf der Schulter Baugerüste auf und ab, der das Eisen auf dem Amboß gekrümmt hat, der mit den Schlägen der Hacke das Erdreich umgeworfelt hat, der Hunger gelitten und seine Kinder Hunger leiden gesehen hat? Oder machten Mühsal und Arbeit nicht vielmehr aus ihm den Apostel und Messias der Mühseligen und Beladenen? Tatsächlich verkündete der Faschismus noch vor der Gründung der Fasei zu Dalmine in einer großen Versammlung von Metallarbeitern, die gestreikt hatten, durch den Mund Benito Mussolinis sein politisches Programm und wendete sich in seiner Werbearbeit unaufhörlich an die Arbeitermassen und an die durch alte politische Spießgesellen nicht festgenagelten jungen Frontkämpfer. Überdies setzte er nach Erringung der politischen Macht eine so stattliche und wohlgefügte Reihe sozialer Neuerungen zugunsten der Arbeiter durch, daß Italien sich in wenigen Jahren an die Spitze der fortgeschrittensten Länder der Erde geschwungen hat. Hierüber wollen wir in aller Breite und Sachlichkeit Bericht geben. 3. NATIONALISMUS UND INTERNATIONALISMUS. Zuvor jedoch halten wir es für angemessen, das Verhältnis des Faschismus zur Umwelt der anderen Völker mit Genauigkeit hier darzulegen. Von jeher versuchte man den Glauben zu verbreiten, als stelle der Faschismus vor allem eine derart übertriebene völkische Bewegung dar, daß er eine ständige Bedrohung des Weltfriedens bilde. Solche Behauptung beruht auf dem gleichen böswilligen Mißverstehen, wie jenes andere ist, das den Faschismus als eine rückständige, gegen das Volk gerichtete Bewegung deswegen gemalt hat, weil er die sozialistischen Organisationen bekämpfte und vertilgte. Antisozialistisches Wesen sollte also ohne weiteres kriegstreiberisch sein. - 3 - Auch bei dieser Gelegenheit müssen wir ein wenig Geschichte treiben. Die italienische sozialistische Partei darf sich einer recht traurigen Vergangenheit rühmen, die, man muß das einsehen, wirklich ihresgleichen unter den sozialistischen Parteien anderer Länder sucht. Es ist eine unabsehbare und ununterbrochene Reihe von Haltungen und Handlungen, die dem Wohlergehen Italiens entgegengerichtet waren. Man braucht sieh nur der von ihr angestifteten Aufstände zu erinnern, welche Verstärkungssendungen für die italienischen Truppen in Ost-Afrika nach der Schlacht von Adua im Jahr 1896 verhindern sollten, der heftigen Propaganda gegen die Besetzung von Libyen, welche dem Schutz der italienischen Sicherheit im Mittelmeer wider gewisse, nie zu ersättigende Imperialismen dienen sollte, und schließlich der Versuche, die Schlagkraft des Heeres während des großen Krieges zu lähmen. Nun muß aber, bedenkt uns, jedermann zugeben, daß völkerumfassende Gesinnung keinesweges einen Antinationalismus rechtfertigt, der sich in regelrechten und bewußten Handlungen zum Schaden des eigenen Volkes bekundet. Tatsächlich hat sich denn auch der russische Kommunismus in erster Linie zu dem Zwecke bewaffnet, um den Fremden über die Grenzen zu jagen, hat sich die englische Labour-Partei Schulter an Schulter mit den Konservativen für die Unantastbarkeit des britischen Empire immer eingesetzt, hat sich der französische Sozialismus die Ausgestaltung von Frankreichs Sicherheit ganz genau so wie die Vertreter der äußersten Rechten zur Pflicht gemacht. Mithin ist die Behauptung weder gerechtfertigt noch ehrlich, der Faschismus sei kriegstreiberisch, weil er den antiitalienischen Sozialismus bekämpfte, den Vorrang des Gemeinnutzes vor dem Eigennutz beanspruchte und Italien seine Würde und sein Ansehen, wie sie ihm zustanden, wiedergegeben hat. Andererseits kann nur hartnäckiges Übelwollen unaufhörlich wiederholen, die Beglaubigung der italienischen Kultur als der ältesten der Welt stelle eine Bedrohung des Völkerfriedens dar. Aber noch mehr! Der Faschismus ist niemals aus dem Völkerleben ausgesprungen. Wenn man vielmehr unter Internationalismus den greifbaren Beitrag zur Entwickelung freundlicher Beziehungen zwischen den Völkern und das echte Verständnis für die Bedürfnisse und das gerechtfertigte Wohl jedes Einzelmenschen versteht, so können wir in aller Ruhe behaupten, der Faschismus sei völkerverbindend. Nun sind es ja nicht die Verkündungen irgendwelcher allgemeiner Grundsätze oder die grosspurigen Worte" was in dieser Hinsicht zählt, nur die Taten zählen. Da wir hier nur in unserer Eigenschaft als Arbeiter auf dem Plan erscheinen, so berufen wir uns, vieles übergehend, auf eine einzige Tatsache, die keine gegnerische Nörgelei wegleugnen kann: Werk und Wirksamkeit des faschistischen Italiens am Internationalen Arbeitsbureau. Italien befindet sich an der Spitze aller großen Länder, wenn es sich um Aufstellung internationaler Übereinkünfte dreht, und so dürften es gerade die maßgebenden französischen, englischen und sonstigen Sozialisten bestätigen, wie sehr die italienischen Abordnungen aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberschaft oder Regierung allemal als Vorkämpfer oder eifrigste Schildhalter all der Entscheidungen auftraten, in denen es um Schutz und Hebung der menschlichen Arbeit in überstaatlicher Zusammenwirkung ging. Bei dieser Gelegenheit müssen wir ausdrücklich daran erinnern, daß in Genf die Woche der vierzig Arbeitsstunden von Italien beantragt wurde, welches sie alsdann sogleich und als erstes einführte, ungeachtet des Gegenantrags seitens der größten europäischen Länder, der Anregung nicht stattzugeben. 4. DIE NEUE SOZIALPOLITIK. Nach allem Gesagten begreift man, daß die faschistische Politik nur und nur Sozialpolitik sein konnte und ausschließlich für das dauernde und wirkliche Wohl des Proletariates gemacht werden durfte; denn das Proletariat ist Italiens größte Kraft und in seinem Namen nahm die revolutionäre Tat ihren Anfang. Das vornehmste Werkzeug dieser Politik war und ist das Syndikat. Gleichwohl darf Mussolinis Syndikalismus, diese lebendigste Wirklichkeit des faschistischen Italiens, in seiner Eigenart mit nichts verwechselt werden; denn er läßt sich mit nichts vergleichen und kann auch keine Vorläufer anerkennen. Die Syndikalisten aller Zeiten stellten stets den Klassenkampf als revolutionäres Mittel zur Aussonderung einer einzigen Klasse in den Vordergrund. Das faschistische Syndikatssystem erkennt das Vorhandensein von Gegensätzen - 4 - zwischen den verschiedenen Produktionsgruppen durchaus an (denen es sogar die freie Verhandlung auf dem Boden völliger Gleichberechtigung zubilligte) und verfolgt als Ziel die Zusammenarbeit der Klassen, nicht in Form unbestimmter und allgemeiner Leitgedanken, sondern als die unerläßliche Bedingung zur Erzielung eines befriedigenden Einvernehmens und als die Verschmelzung aller Einzelbestrebungen. Die vom Faschismus gewollte Zusammenarbeit der Klassen bedeutet nicht eine Legalisierung und Verewigung des gegenwärtigen Zustandes, sondern sie trägt das Wunschbild einer Vereinheitlichung der Produktion zu deren eigenem Besten in sich. Und deshalb handelt es sich nicht um eine starre und unveränderliche, sondern um eine aufhelfende Wirklichkeit, die jeden Einzelegoismus ausscheidet. Es ist natürlich und selbstverständlich, daß solche Ziele nur von einem starken Staate verfolgt werden konnten, einem Staat, wie ihn die faschistische Revolution gezeitigt hat, der sich nicht vor den Drohungen der Parteiungen duckt und sich unabhängig von inländischem und ausländischem Kapitalismus erhält, einem Staat mithin, der sich als Zusammenfassung sämtlicher innerlich berechtigter Ansprüche oberhalb von selbstsüchtigen Bestrebungen behauptet. Durch zwei Kerngedanken, die nachher durch die «Carta del Lavoro» bekräftigt wurden, hat sich die Politik des Faschismus bestimmen lassen, vom Tage an, da Italien das herrschende Politikastergelichter aller Schattierungen abschütteln durfte: 1. Arbeit in jeglicher Form ist soziale Pflicht. 2. Die einzelnen Produktionsbetriebe finden ihre Bestimmung in der Wohlfahrt des Volkes. Mit anderen Worten: Arbeit mußte Pflicht des Arbeiters se n und durfte nicht aufgefaßt werden als lebenslängliche Verdammnis, die man durchbeißen muß, wofern man sich nicht etwa davon drücken kann, sondern als unerläßlicher Beitrag und tägliche Anstrengung zur Steigerung und Vervollkommnung der allgemeinen Lebenshaltung. Pflicht des Kapitals aber hieß Produktion, nicht als Anstrengung lediglich für den persönlichen Gewinn verstanden, sondern als Vermehrung des Reichtums im Dienste der nationalen Gemeinschaft. Außerdem hatte der Arbeiter ein Recht auf angemessenen Lohn, will heißen, einen Lohn, der den gegebenen Daseinsbedingungen und dem Arbeitsertrag entspricht, und auf eine angemessene Beschränkung, der Arbeitszeit, auf Schutz bei Arbeitsunfähigkeit, Alter und Arbeitsunfall. Das Recht der Produktion aber bestand in der Gewißheit, sich behaupten und entfalten zu dürfen, ohne sich irgendwie im Verborgenen abquälen zu müssen. Dem Proletarier wurde die unter parlamentarischer Herrschaft mächtige, häufig freilich dem Arbeiter selber Verderben bringende Waffe des Streiks entzogen. An dessen Stelle traten zuverlässige Bürgschaften, welche die Rechte der Arbeit sicher stellten und dein Arbeiter sogar ausdrücklich auferlegten, daß er, anstatt sich zu ducken, ihre Innehaltung fordere. Dem Kapital wurde nicht nur die Waffe der Aussperrung genommen, sondern es wurde ihm die ständige, wirksame Hilfe an den Arbeiter auferlegt, auch außerhalb des Arbeitsumkreises, auf dem sehr ausgebreiteten Gebiet von Familie und Leben. Und so sind einander Kapital und Arbeit, indem man sie auf gleicher Ebene in vollkommenste Entsprechung von Pflichten und rechten brachte, sachte, aber endgültig nahe gekommen. Beide haben eingesehen, wie nötig sie einander sind, und lernten, mit gleicher Hingabe ihre Pflicht zu erfüllen, indem sie durch ihr Zusammenwirken den wirtschaftlichen und sozialen Neuaufbau der Nation in Angriff nahmen. Ein sozialer Garten Eden! wird mancher spötteln. Keineswegs. Zusammenarbeit heißt nicht, wir betonen es abermals, jeden Gegensatz zwischen den einzelnen Produktionsgruppen aufheben. Sie bedeutet vielmehr: den Gegensatz zwischen den verschiedenen Ansprüchen nicht dermaßen zu versteifen, daß dadurch die Allgemeinheit geschädigt wird. Wie denn auch die individuelle Freiheit nicht jene «Freiheit», anderen Menschen übelzutuen, meinen darf. Welches Regime, das sieh Volksstaat, demokratisch oder freiheitlich nennt, hat so, wie es Italien getan, der Arbeit den Erstrang zugebilligt? In welchem Staat sitzen die Vertreter der Arbeit und des Kapitals bei vollem Einverständnis in Worten und Wünschen am selben Tisch zusammen, um die Bedürfnisse ihrer eigenen Fachgruppen miteinander zu besprechen, in voller Gleichberechtigung und im Bewußtsein, daß ihre gegenseitigen Grundrechte durch Gesetze und Einrichtungen der Obrigkeit gesichert sind? In welchem Staat gibt es das, es sei denn in Italien? Gerade in dem Lande, wo das Gesetz den Kommunismus auferlegt, kennen Millionen und Abermillionen von Menschen nichts als Arbeitssklaverei, unbarmherzig aufgezwungen durch einen Kapitalismus, der, weil er von Staats wegen ist, weit mehr den Herrn spielt,. als in den Ländern von freizügigerem Regime. - 5 - 5. DIE SYNDIKALISTISCHE ORDNUNG. Bis zur heutigen syndikalistisch-korporativen Ordnung in Italien gelangte man natürlich nur gradweise. Der faschistische Syndikalismus entstand, wie schon erwähnt, in bewußtem Gegensatz zu den politischen Organisationen sozialistischen oder kommunistischen Gepräges, mit denen er in Kampf lebte, und verfocht den wirklichen Bannkreis der Arbeit, ohne sich durch Zahlen einschüchtern zu lassen. Nur ein paar Jahre nach den ersten faschistischen Bewegungen und vier Jahre nach dem Marsch auf Rom wurde er auf Grund des Gesetzes vom 3. April 1926 als einzige anerkannte Verbandsform eingesetzt. Am 5. Januar 1934 wurde dann das Gesetz zur Aufstellung der Korporationen erlassen, und an] 18. März 1934 umschrieb Mussolini in einer seiner historisch gewordenen Reden Zuständigkeitsgrenzen und Wirkungsweise der einzelnen Einrichtungen, unter denen diese heute in Erscheinung treten. Den Grundstock des Systems, man könnte ohne weiteres sagen : den Grundstock des Staates selber bildet das «Syndikat», dein in klar voneinander geschiedenen Gefügen Arbeiter und Unternehmer, freie Berufe und Künstler angehören. Es ist nicht ein ausschließlich politisches oder ausschließlich wirtschaftliches oder ausschließlich berufliches Gebilde, sondern eine nach Wesen und Wirkung in allen Teilen vollendete Einrichtung. Dient sie doch im Grenzen nicht bloß Wirtschaftlichen, politischen und beruflichen, sondern auch Zwecken der Wohlfahrt, der Rechtspflege und der Sittlichkeit. Die benachbarten Gemeinde- und Provinzsyndikate werden in jeder Provinz zu einer Provinzialvereinigung zusammengeschlossen, wohingegen sie in nationaler Hinsicht im Nationalsyndikat oder im Nationalverband zusammengefaßt sind. Um die Organisation an einem praktischen Beispiel zu verdeutlichen, wollen wir uns die Industriearbeiter der Provinz Mailand ansehen. Dem Handwerk und dein Können nach gehören sie ins Textil-, Metall-, Bauarbeiter- oder irgend ein derartiges Syndikat. Alle diese Syndikate sind in provinzieller Hinsicht in der Provinzialvereinigung der Industriearbeiter, in nationaler Hinsicht in den betreffenden Nationalverbänden (Weber, Metallarbeiter, Bauleute) zusammengefaßt, in deren Umkreis auch die Nationalsyndikate errichtet sind. Die Verbände unterstehen ihrerseits dem Landesverband der Industriearbeiter, der sich als hauptsächlichste und umfassendste Berufsvertretung darstellt. Seite an Seite mit der Arbeiterorganisation, mit gleichartiger Haupt- und Untergliederung, steht die Arbeitgeberorganisation in Wirkung. So entspricht in der Provinz der Provinzialvereinigung der Industriearbeiter die Provinzialvereinigung der Industriellen, wie dann in nationaler Hinsicht beispielsweise dem Metallarbeiterverband ein oder mehrere Metallindustriellenverbände entsprechen und, dringt man bis zum Hauptorgan vor, dem faschistischen Landesverband der Industriearbeiter der faschistische Landesverband der Industriellen gegenübersteht. Von den syndikalistischen Vereinigungen leiten sich allerlei Verbände ab, die paritätisch zu nennen sind, da sie von der gleichen Anzahl von Arbeitnehmer- wie Arbeitgebervertretern verwaltet werden. Hier begnügen wir uns damit, von derartigen Verbandseinrichtungen nur die Arbeitsämter zu erwähnen, denen die Aufgabe obliegt, die Arbeitsanweisung zu ordnen und zu überwachen. Über die Krankenkassen wollen wir in einer anderen Abteilung dieses Werkes mit der ihnen angemessenen Ausführlichkeit sprechen. Obwohl die syndikalistischen Verbände der Arbeiter und Brotherren als Organisationen unterschieden sind, wurden sie doch auf dasselbe Gleis geschoben und so den günstigsten Bedingungen ausgesetzt, um über ihre gegenseitigen Ansprüche zu verhandeln und die Meinungsverschiedenheiten auszugleichen. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, mit Hilfe der Kollektivverträge und nach den allgemeinen Richtlinien der Carta del Lavoro Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit, Wochenruhe, Urlaub, Beförderung, Entlassung, Lohn usw. streng zu ordnen und die individuellen Streitfragen hinsichtlich der Anwendung der Kollektivverträge zu schlichten. Die Festsetzung der Kollektivverträge gehört in den Aufgabenkreis der nationalen Verbände oder Syndikate, die jedoch für die im Provinzgebiet gültigen Verträge Provinzialsyndikate betreuen, denen weiterhin die Prüfung und der Ausgleich der Streitpunkte im Einzelnen überantwortet sind. Nachdem die Kollektivverträge regelrecht aufgestellt und sodann in den Gesetzesblättern veröffentlicht worden sind, erhalten sie Gesetzeskraft und verpflichten sämtliche Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auf die sie Bezug haben. Es muß nun hervorgehoben werden, daß die Vorlagen der Kollektivverträge stets der völlig unbeeinflußten Prüfung der betroffenen Arbeiter überlassen werden, die in ordnungsgemäßen Versammlungen zusammengetreten sind. Dort werden sie von den dazu aufgestellten Arbeiterabordnungen mit den Arbeitgebervertretern besprochen. - 6 - Was alle diese Dinge betrifft, so muß man sich vergegenwärtigen, daß die Randsyndikate sich sehr weitgehender Vollmachten erfreuen, besonders was den Schutz der Gruppenansprüche betrifft. Die Überwachung der syndikalistischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen wird vom Ministerium der Korporationen durchgeführt, über dessen Unparteilichkeit als Staatsbehörde sieh jegliche Erörterung erübrigt. Besagtes Ministerium verfügt übrigens über einen besonderen und fein verästelten Dienst, das Korporationsinspektorat, das über der sorgfältigen Beachtung der Kollektivverträge und über der Befolgung aller Gesetze von sozialem Inhalt zu wachen hat. Selbstverständlich haben die Beamten dieses Inspektorates das Recht, die Fabriken zu besichtigen und die Lohnbücher zu prüfen. Die tatkräftige Wirkungsweise dieser Einrichtung zeigt sich wörtlich durch den Umstand, daß das Korporationsinspektorat bis heute bei seinen Überprüfungen über die Unternehmer 29000 Bussen verhängt hat, darunter 1400 wegen Verletzung von Kollektivverträgen. 6. DER ARBEITSGERICHTSHOF. An dieser Stelle könnte man mit Recht fragen, ob der Geist, der die Leiter der Syndikalistischen Verbände befeuert, wenn sie sich in den Fall gesetzt sehen, Gegensätze schlichten zu müssen, ob ihr fester Wille, die Ansprüche der vertretenen Gruppen mit dem höchsten Wohl des Volkes in Einklang und diesem jegliche Einzelerwägung zum Opfer zu bringen, - könnte sich also fragen, ob sie wirklich zureichend und zweckdienlich sind, um die Streitfragen zu einer sicheren und sauberen Erledigung zu bringen. Ob, mit anderen Worten, nicht zuweilen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern wesentliche und unübersteigliche Hindernisse sich erheben, an denen aller guter Wille und die versöhnlichen Vorsätze ohnmächtig abprallen. Wie kann in solchen Fällen eine Streitfrage geschlichtet werden, wenn gleichzeitig auf beiden Seiten die letzten Verteidigungsmittel bis zum Mißbrauch angewendet worden sind, da ja doch Streik und Aussperrung von vornherein durch den faschistischen Syndikalismus abgeschafft und ausgeschaltet wurden? In der Praxis könnten sieh dann auch die letzten Versöhnungsmittel, also Eingreifen der faschistischen Partei und des Korporationsministeriums, als unwirksam erweisen. Mit jenem vollendeten Wirklichkeitssinn, der ihm allezeit zu Gebote steht, konnte der Faschismus diesen Fall nicht übersehen und begegnete ihm durch die Einrichtung des «Arbeitsgerichtshofs», der bereits in dein angeführten Gesetz vom 3. April 1926 vorgesehen war. Durch ein denkbar schlichtes und durchsichtiges Verfahren trifft der Arbeitsgerichtshof in allen Streitfragen seine Entscheidung, insofern es sich um die kollektiven Wechselbeziehungen handelt, welche die Anwendung der Kollektivverträge oder die Suche neuer Arbeitsbedingungen betreffen. Das Einschreiten des Arbeitsgerichtshofes erfolgt nur in dem oben angeführten Fall, nämlich dann, wenn alle von den Syndikatsverbänden und den korporativen oder politischen Behörden angestellten Schlichtungsversuche fehlgeschlagen sind. Die gerichtlichen Entscheidungen haben natürlich für die Parteien verbindlichen Charakter. Der Arbeitsgerichtshof hat bei sämtlichen Oberlandesgerichten je einen Sitz. Zusammengesetzt ist er aus hohen Richtern - wobei man billig daran erinnern muß, daß die italienischen Richter sich unbedingter Unabhängigkeit erfreuen - und aus solchen Bürgern, die sich in Arbeits- und Produktionsfragen auskennen. Mithin leistet dieser Gerichtshof jede Gewähr für Sachlichkeit und Unparteilichkeit. Aber die Streitfragen im Arbeitsverhältnis können sich, was ja oft genug vorkommt, uni rein individuelle Fälle drehen, etwa dann, wenn gegenüber einem einzelnen Arbeiter die Bedingungen des Kollektivvertrags im Ganzen oder teilweise nicht eingehalten werden. Auch in diesem Falle treten zunächst die Syndikatsverbände in Tätigkeit, um den Streitpunkt zu prüfen, und es kann bei den Zwistigkeiten, die eine ganze Gruppe angehen, vorkommen, daß ein Ausgleich nicht zustande kommt. Kommt es zu diesem Punkt, so wendet sieh der Arbeiter mit Beistand der Verteidigung des Syndikates, das ihn vertritt, eben zum sogenannten Arbeitsgerichtshof, der je nach der Gewichtigkeit des zu verhandelnden Gegenstandes einen oder mehrere Richter nebst zwei arbeitssachverständigen Bürgern als Beisitzern stellt. Der Arbeitsgerichtshof bedeutet eine weitere Neuerung faschistischer Gesetzgebung und hat die Obliegenheit, in persönlichen Arbeitsstreitfragen Recht zu sprechen. Sein Gepräge gewährleistet einen sehr beschleunigten - 7 - Verhandlungsgang, welcher durch besondere Vorschriften geregelt ist, ohne daß dabei der Börse des bescheidensten Arbeiters unerschwingliche Kosten zugemutet werden. 7. DIE NATIONALE FASCHISTISCHE PARTEI UND DIE ARBEITER. In Schrift und Rede der Faschistengegner tauchen immer wieder die gleichen Behauptungen über die politischen Behörden Italiens und besonders über die Nationale Faschistische Partei auf welche als Hauptwerkzeug des Regimes zur «politischen Unterdrückung» beschrieben wird. Wir ziehen - und wir wollen das abermals hervorheben - die Tatsachen allen Schlagworten und Effektphrasen vor, wie sie in Wahlversammlungen zünden mögen. Schließlich sind es immer die Tatsachen, welche sieh dem Bewußtsein gewissenhafter Menschen einprägen. Solche wird nun wirklich eine Unterdrückung sonderbar und ungewöhnlich anmuten, welche die Nationale Faschistische Partei unter folgenden Formen ausübt: Kontrolle, ausgedehnt bis in die winzigsten Gemeinden Italiens, über die Wirksamkeit aller syndikalistisch- korporativen Behörden und über die strikteste Beobachtung der vom Regime erlassenen sozialen Gesetze, derjenigen also, die hauptsächlichst die Arbeiter ansehen. Die Nationale Faschistische Partei rief eine Hochschule für soziale Fürsorge ins Leben, um ein Personal heranzuziehen, das geeignet ist, den Bedürfnissen der Arbeiter bis in die Fabriken und Wohnhäuser hinein nachzugehen. Leitende Wirksamkeit, in Überwachung und Anregung bestehend, bei sämtlichen Organisationen, die zum Zwecke des sittlichen und erzieherischen Hochstandes der Arbeiter geschaffen wurden, angefangen mit dem Nationalen Dopolavoro-Werk, das die großen Massen durchformt und vom Parteisekretär geleitet wird. Kostenlose Entsendung und Versorgung von Arbeiterknaben und -mädchen in Ferienkolonien an der See und im Gebirg. Alles das ist jeweilig nur eine Sonderform aus der unerschöpflichen Tätigkeit der Nationalen Faschistischen Partei, nämlich eine, die das Leben der Arbeiter näher angeht. Dazu kommt dann die Hauptaufgabe der Partei, welche in der Verteidigung und der Vertiefung der faschistischen Revolution besteht und darauf gerichtet ist, eine Kultur der Arbeit zu schaffen und auszubreiten. Man darf schließlich nicht vergessen, daß die überwiegende Mehrheit der eingeschriebenen Faschisten aus Personen besteht, die von ihrer Arbeit leben, und daß mithin die Nationale Faschistische Partei mit vollem Recht sich als eine «Arbeiterpartei» bezeichnen kann. 8. DIE KORPORATIONEN. Wir haben dargelegt, wie im heutigen Italien der Schutz der Arbeit gewährleistet wird. Vernünftigerweise wird man nicht leugnen können, daß dieses System in seiner Gliederung und in seiner Vollständigkeit jederzeit und vor jeder Willkür die Rechte des Arbeiters sicher stellt. Was aber in vielen Ländern, deren Regierungsform darauf Anspruch erhebt, liberal, demokratisch oder kommunistisch zu sein, nur eine Sehnsucht darstellt, möchte für uns und unsere Zukunft noch wenig bedeuten. Die faschistische Revolution hat bereits den Grund für die Ordnung gebaut, auf dem schließlich eine neue und höhere Gerechtigkeit sieh wird verwirklichen müssen. Wir wollen uns nun mit den Korporationen befassen. Diese stellen genau das zweckdienliche Werkzeug dar, mittels dessen die neue soziale Ordnung sinnfällig zur Tat gemacht wird. Die Korporationen sind Staatsbehörden, gebildet aus den Vertretern der faschistischen Partei, den öffentlichen Verwaltungen und all den Ständen, welche an der Schaffung der verschiedenen Produktionszweige teilnehmen (Arbeiter, Arbeitgeber, Techniker, usw.). Sie haben die Grundaufgabe, die Produktion zu leiten. Es ergibt sich daraus, daß die Arbeitervertreter auf dem Boden restloser Gleichberechtigung mit den Vertretern der Arbeitgeber am Leben der Korporation teilnehmen und, gleichfalls auf einem Boden restloser Gleichberechtigung, sich an der Leitung der Produktion beteiligen. Durch das Werk der Korporation hört also das Unternehmen auf, ausschließlich ein Geschäft seines Besitzers zu sein, und wird somit tatsächlich als eine öffentliche Angelegenheit anzusehen sein. - 8 - Freilich müssen Bedeutung, und Richtung solcher Neuerungen wohl verstanden werden-. denn es handelt sich hier nicht um neue Formen von Kollektivismus oder Staatssozialismus. Der persönliche Unternehmungsgeist ist in den allgemeinen Richtlinien der Korporationsbehörden erst recht verstärkt. Das Privateigentum wird keineswegs aufgehoben, aber seine Natur wird von Grund aus umgewandelt, indem man ihr einen neuen Inhalt und eine neue soziale Wirkungsweise zugunsten der Allgemeinheit zuweist. Damit jedoch alles das nicht zu einer Angelegenheit rein unternehmerischen Handelsgeistes werde und der Willkür derer, welche das Eigentum in Händen haben, überantwortet bleibe, läßt die korporative Organisation es sieh angelegen sein, mittels dauernder Überwachung der korporativen Gefüge eine ständige Übereinstimmung des persönlichen und des allgemeinen Nutzens sicherzustellen. Auf solche Weise wird unmittelbar die rege Teilnahme am Leben der Unternehmung bei allen denen geweckt, die dort an der Gesamtproduktion mitarbeiten. Auf solche Weise wird insgleichen die Wahrscheinlichkeit einer gleichmäßigen Verteilung von Anstrengung und Produktionsertrag gewährleistet. Zweiundzwanzig Korporationen wurden ins Leben gerufen und haben bereits eine straffe und augenfällige Tätigkeit zur Entfaltung gebracht. Sie umfassen sämtliche Zweige wirtschaftlicher Betriebsamkeit und tönen sich ab nach Maßgabe des Produktionsumlaufes. Und zwar sind es: a) Korporationen für den Produktionskreislauf in Handel und Industrie mit landwirtschaftlichem Einschlag. Dazu gehören: Getreide; Garten-, Blumen- und Obstkultur; Weinbau; Ölerzeugung; Rüben und Zucker; Viehzucht und Fischerei; Holz; Webstoffe. b) Korporationen für den Produktionskreislauf in Handel und Industrie. Dazu gehören: Metallindustrie und Mechanik; chemische Industrie; Bekleidung; Papier und Druck; Hoch- und Tiefbau; Wasser; Gas; Elektrizität; Bergbau; Glas und Keramik. c) Korporationen für die Produktiostätigkeit im öffentlichen und privaten Dienst. Dazu gehören: Versicherung und Kredit; Gewerbe und Künste; See und Luft; inländischer Verkehr; Schaudarbietungen; Gastwirtsgewerbe. 9. WIRKUNGSWEISE UND ZIELSETZUNG DER KORPORATIONEN. 1) Wirtschaftliche Obliegenheiten. - Aus den hier soeben aufgeführten Zyklen erhellt sofort die ungemeine Bedeutung der den Korporationen überantworteten wirtschaftlichen Obliegenheiten. Da im faschistischen Staat alle auf einen einzigen Zweck hin arbeiten und produzieren, müssen die Korporationen die Produktion in einheitlicher Weise ordnen und sämtliche Wirtschaftsbeziehungen regulieren. So zum Beispiel fällen sie ihr Urteil darüber, ob es zweckmassig ist, neue Industrieanlagen zu machen, indem sie die entsprechenden Genehmigungen aussprechen oder versagen. Neue Industrieanlagen können oft zu vernichtender Konkurrenz oder zur Kraftverschleuderung ausarten. Ein anderes Mal wieder ist ihre Förderung notwendig, um einen bestimmten Produktionszweig in Wachstum zu bringen oder um ein schädliches Monopol zu brechen. Aber mit dieser Erwägung allein erfaßt man noch nicht recht den lebendigen Produktionsprozeß. Die Korporationen wollen ihn erforschen, um eine weitere wichtige Aufgabe zu lösen, nämlich die der Festsetzung, von Herstellungskosten und Preisen der einzelnen Erzeugnisse. Wie könnte man eine Lohnerhöhung fordern, ohne zu wissen, welche Lasten eine Industrie oder irgendein wirtschaftlicher Betrieb allenfalls tragen kann? Je höhere Löhne man gewaltsam oder blindlings diktiert, desto sicherer endet das mit einer Posse, da das Produktionsgleichgewicht ohne Zögern sich durch Preiserhöhung wieder herstellen wird. Im Korporativen System hingegen sind solche Possen nicht möglich, da die Korporationen als Ausdruck der Jeweilig betroffenen Berufsgruppen ins produktive Kräftespiel haben eingreifen können. Kosten, Preise und mithin auch Löhne hängen von einheitlicher Ordnung und recht eigentlich Selbstzucht ab und kommen so, soweit es menschenmöglich ist, einer idealen Gerechtigkeit nahe. - 9 - Auf diesem Selbstbestimmungsrecht der Beteiligten beruht denn auch der abgründige Unterschied zwischen Korporativismus und Staatssozialismus, in welch letzterem alles von außen her nach irgendeinem willkürlichen Gesichtspunkt kommandiert wird. Mit diesen ihren wirtschaftlichen Obliegenheiten, die offenbar eine straffe soziale Wirksamkeit auslösen und im gesamten Arbeiterdasein sich spiegeln, erfüllen die Korporationen ihre Grundaufgaben. Gleichwohl gibt es deren noch andere und ebenfalls sehr bedeutsame, die darauf hinauslaufen, die Sonderansprüche der einzelnen Produktionsgruppen in geordnete Form zu bringen. Das geschieht alljährlich mindestens einmal im Verlauf einer Sitzungsreihe, Korporation für Korporation. 2) Weisungschaffende Obliegenheiten. - Die Korporationen können zu Regelung des Arbeitsverhältnisses Weisungen erlassen, sei es auf Ansuchen der syndikalistischen Vereinigungen, sei es beim Fehlen von Kollektivverträgen oder bei einer Lücke in denselben. So können die Arbeiter auch bei der höchsten Italienischen Wirtschaftsbehörde Schutz finden. 3) Ausgleichende Obliegenheiten. - Durch eine besondere Ausgleichsstelle, die aus Vertretern sämtlicher beteiligter Parteien unter dem Vorsitz eines urteilsfähigen und unparteiischen Mannes besteht, suchen die Korporationen die Streitigkeiten zu schlichten, welche unter den vertretenen Gruppen entstehen können, bevor sie ihre Zuflucht beim Arbeitsgerichtshof suchen. Auf diese Weise schmelzen die Rechtsstreitigkeiten auf ein Minimum zusammen und wird viel Zeit und Geld gespart. 4) Beratende Obliegenheiten. - Derartige Obliegenheiten wurden von den Korporationen hauptsächlich ausgeübt, bevor das Korporativsystem zur vollen Wirksamkeit entfaltet war. Immerhin bleiben diese Obliegenheiten für jeden Wirtschaftszweig sehr bedeutsam. Im Unterschied zu den alten Beratungskörperschaften, deren es zahllose in den Ministerien der früheren Regierungen gab, und zu den nicht minder zahlreichen und buntscheckigen Ausschüssen drücken die Korporationen als Ratskörperschaft die Entscheidung der hier auch wirklich unmittelbarst beteiligten Berufsgruppen aus. Nun kann sich das Bedürfnis einstellen, daß die zweiundzwanzig Korporationen eine Aufgabe zu bewältigen haben, die eine der Grundgruppen ihrer «Zyklen» betrifft. Zum Beispiel das Problem der Zellulose zwecks Papierherstellung, die zu einer Grundkorporationsgruppe des Zyklus b gehört. Oder ein Problem, das gleichzeitig zwei oder noch mehr Korporationen angeht, beispielsweise das des nationalen Brennstoffes, der aus dem Weingeist gezogen werden muß und daher Grundgruppen der landwirtschaftlichen und der industriellen Korporationen angeht. Im ersten Fall tritt ein Fachkorporativkomitee zusammen, das für die bestimmte Frage Spezialeignung trägt. Im zweiten wird ein ähnliches, aber nach seiner Zusammensetzung interkorporatives Komitee gebildet. Die technischen Komitees könnte man die leichtbewaffneten Formationen der Korporationen nennen; denn sie wirken gewandt und geschmeidig und stehen für rasche Beschlußfassung ein, ohne erst die notwendigerweise langsamer vor sich gehende Einberufung der Korporationen abzuwarten. Die Stellung der Korporationen im faschistischen Regime ist also wohl klar. Sie sind Staatsbehörden, aber doch autonom, da sie die Selbstregierung der Wirtschaftsgruppen verwirklichen. Wer bis hierher hat folgen können, wird also an der Grundidee keine Schwierigkeit mehr finden können, die da lautet: Selbstregierung bedeutet gerade die Möglichkeit, über die eigenen Ansprüche entscheiden zu können, indem man sie zu Interessen der Nation und der Gemeinschaft zu erheben versteht. Daher kommt es, daß es kein Zipfelchen oder Abschnittchen des nationalen Gesamtgebietes gibt, über das sich nicht die Wirksamkeit der Korporationen erstreckt, die deswegen ihre Zentral- und Provinzstellen haben muß. Und andererseits folgt auch die Notwendigkeit eines umfassenden und gründlichen Überblicks daraus, den es im Zentrum und an der Peripherie geben muß, bei der Folgerichtigkeit des Gefüges, das sich «korporativ» nennt. Damit werden denn die Korporationen zur Grundinstitution des Regimes. Innerhalb ihrer lebt der gesamte korporative Gliederbau. Dazu gehören: a) das Korporationsministerium, welches als zentrale Verwaltungsbehörde ähnlich wie die anderen Ministerien der Arbeitsträger der Regierung auf korporativem Gebiet ist; b) der Nationale Korporationsrat, bei dem wir uns nicht aufhalten wollen, weil diese Nationalvertretung in Reform begriffen ist und den Namen «Kammer der Fasei und Korporationen» tragen wird. Trotzdem wollen wir sagen, daß sie unter dem Vorsitz des Regierungshauptes oder seines Vertreters, des Korporationsministers, steht; daß sie eine durchgängig korporative Volksvertretung ist, weil sie nur von den für das Produktionsleben tätigen Vereinigungen, Organisationen und Körperschaften mit Abgeordneten beschickt wird; schließlich, daß sie eine syndikalistische Volksvertretung darstellt, weil ihr nur Abgeordnete syndikalistischer Körperschaften angehören; c) das Korporative Hauptkomitee, als höchste zusammenfassende und leitende Zentralbehörde der Korporationen. Seine Bedeutung und Aufgaben treten ins Licht, wenn man darstellt, wie es zusammengesetzt ist: die zweiundzwanzig Vizepräsidenten der Korporationen (ihr jeweiliger Präsident ist der Korporationsminister selber), die zugleich Vertreter der faschistischen Partei sind, die dazu noch mit ihrem Sekretär, - 10 -

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