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Rollenspiel als Forschungsmethode PDF

173 Pages·1986·4.755 MB·German
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Manfred Sader· Rollenspiel als Forschungsmethode Manfred Sader Rollenspiel als ForschungsDlethode Westdeutscher Verlag CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Sader, Manfred: Rollenspiel als Forschungsmethode / Manfred Sader. - Opladen: Westdeutscher Verlag, 1986. Additional material to this book can be downloded from http://extras.springer.com. © 1986 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Umschlaggestaltung: Horst Dieter Biirkle, Darmstadt Druck und buchbinderische Verarbeitung: Lengericher Handelsdruckerei, Lengerich Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzuHissig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfiiltigungen, Obersetzungen, Mikro verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-531-11786-7 ISBN 978-3-322-94347-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-94347-7 Vorwort Die Idee, Rollenspiel als Forschungsmethode zum Thema zu machen, ver danke ich GEORGE A. KELLY (1955; 1966). Er hat mein Denken und Han deln in der Personlichkeitspsychologie (und uber diese hinaus) wesentlich beeinfluBt: Das gilt fUr seine Grundposition eines konstruktiven Alternati vismus, es gilt fur Aufwertung und menschlichen Umgang mit den Versuchs teilnehmern, und es gilt dariiber hinaus fur eine Fulle von anregenden Ideen und Sichtweisen. Dabei habe ich mich im Laufe der Zeit zunehmend dariiber geiirgert, daB sein Ansatz in methodischer Hinsicht weitgehend voreilig auf die Methode des Rep-Tests reduziert wird: Wenn es darum geht, die hand lungsleitenden und zentralen Konstrukte eines Menschen zu ermitteln, dann driickt sich "arbeiten im Sinne von KELLY" zumeist so aus, daB die Experi mentatoren den Probanden nach gemeinsamen Zugen von Personen ihrer unmittelbaren Umgebung fragen. Ich bin sicher, daB es eine Fulle anderer Moglichkeiten gibt, relevante Teile des Konstruktsystems eines Menschen zu erfassen, und in diesem Buch geht es mir darum zu zeigen, daB unter be stimmten Umstiinden auch geeignet angelegte Rollenspiele als Erfassungsme thode nutzlich sein konnen. Rollenspiel als Forschungsmethode hat seinen systematischen Ort inner halb der gegenwiirtigen Methodenlehre offensichtlich zwischen siimtlichen Stuhlen: Der Denkansatz ist einerseits eine implizite Kritik an dem Teil der psychologischen Experimentalforschung, die ununterbrochen mit Rollen spielen arbeitet, dies aber fur saubere naturwissenschaftliche Vorgehensweise baIt und den Rollenspie1charakter weitgehend ignoriert. Auf der anderen Sei te konnte Rollenspiel als Forschungsmethode innerhalb einer phiinomenolo gisch-orientierten Forschung stehen, die einstweilen von ihren Verfechtern mehr gelobt als benutzt wird, zudem noch wenig eingeordnet ist in einen verbindlichen Methodenkanon. Und schlieBlich gibt es die zahllosen Praktiker, die vor allem im Rahmen der Therapie unbefangen Rollenspiele zur Daten erhebung im Einzelfall einsetzen, dies aber in der Regel ebenfalls nicht me thodisch reflektieren. Kritische Leser friiherer Fassungen dieses Textes haben mir geraten, mich im Vorwort ausdriicklich dafUr zu entschuldigen, daB ein wesentlicher Teil der experimentellen und empirischen Beispiele fur Rollenspiel als Forschungs methode aus meinem eigenen Arbeitsbereich stammt. Wenn ich sie richtig verstanden habe, befUrchten sie vor aHem, daB das Buch etwas provinzieH wirken konnte, wenn ein wesentlicher Teil der empirischen Substanz an ei nem Ort entstanden und von wenigen Personen gepriigt ist. Ich habe mehrere Griinde zu meiner Entschuldigung anzufUhren: Vor aHem werden Versuchs- 6 Vorwort ablauf und Versuchsauswertungen in publizierten Arbeiten meist so knapp beschrieben, dag die tatsachlichen Vorgehensweisen nicht sichtbar werden und fur eine Rekonstruktion nicht ausreichen. Hier in diesem Zusammen hang mugte es mir aber urn konkrete und instruktive Details gehen und nicht urn glob ale Zahlen von empirischen Ergebnissen. Zweitens werden in der F achliteratur uberwiegend erfolgreiche Arbeiten beschrieben, gescheiterte Arbeiten sind aber aus der Sicht der Methodendiskussion oft nutzlicher und hilfreicher. Und schlieglich ist es schwierig, uberzeugende Beispiele fur die Verwendung von Rollenspie! als Forschungsmethode bibliographisch zu er mitte!n. In den Nachschlagewerken werden die Arbeiten bekanntlich nach dem inhaltlichen Thema oder der verwendeten Theorie erfagt, nicht jedoch nach der dabei verwendeten Methode. Wahrscheinlich gibt es eine groge An zahl anderer und besserer Beispie!e, die ich nicht gefunden habe. Fur biblio graphische Hinweise bin ich immer dankbar. Der erste Vorlaufer dieses Buches war ein Vortrag, den ich im Herbst 1979 an der Karl-Marx-Universitat Leipzig gehalten habe: Den dortigen Kollegen, vor allem Manfred Vorweg, Harry Schroder und Gunter Clauss gilt mein herz licher Dank dafur, dag sie neben bedenklichem Kopfschutteln vie! grundsatz liche Ermutigung und hilfreiche Kritik gegeben haben. In den Jahren danach sind etliche Vorlauferfassungen entstanden, bis es zu der vorliegenden Druck fassung kam. Dabei sind mir zahlreiche Kolleginnen und Kollegen, Studen tinnen und Studenten bei der fachlichen Diskussion, der kritischen Durch sicht von Texten und vor allem bei der Literatursuche behilflich gewesen. Vor allem gilt mein Dank Almut Briickerhoff, Marina von Kaler-Kramer, Gunther Kebeck, Dorothee Kiens, Corinne Kosmitzki, Annegret Lange, Ar nold Lohaus, Katharina Schreckenberg, Birgit Schulte und Claudia Vorlander. Fur Ausdauer und Gewissenhaftigkeit bei der Erstellung zahlreicher Manu skriptfassungen danke ich Doris Pasch und Gabriele Schroder; fUr die muhe volle Arbeit des Korrekturlesens und der Erstellung der Register bin ich Corinne Kosmitzki und Katharina Schreckenberg zu Dank verpflichtet; fur die angenehme Zusammenarbeit mit dem Westdeutschen Verlag bin ich Herrn Weinmann herzlich verbunden. Munster, im September 1985 Manfred Sader Inhalt Vorwort 5 Einleitung ............................................... 11 1. Kapitel Rollenspiel und Rollenbegriff: Definitionen und Abgrenzungen 13 1. Zum Begriff der Rolle ................................. 14 2. Rollenspiel ......................................... 15 3. Rollenvorstellungsexperiment ........................... 16 4. Verschiedene Arten von Rollenspielen: Mogliche Ordnungs gesichtspunkte .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 17 S. Ein wichtiger Aspekt: Handeln stan Daruberreden ........... 20 6. Rollenspiel und wirkliche Realitiit: eine einfache Alternative? 21 2. Kapitel Aufgaben und Funktionen empirischer Forschung: Sieben Beispiele 24 1. Hypothesenprufung ................................... 26 2. Erkliirung von Sachverhalten ............................ 28 3. Thematisierung von Sachverhalten ....................... 30 4. Vom Nutzen der reinen Beschreibung ..................... 31 S. Heuristiken fur das Handeln ............................ 34 6. Bezugssysteme fur Sachverhalte ............ . . . . . . . . . . . . .. 35 7. Erkenntnis fUr den Forscher selbst ....................... 36 3. Kapitel Rollenspiel als Forschungsmethode in unterschiedlichen Teilbereichen der Psychologie: Versuch einer Bestandsaufnahme ................ 37 1. Rollenspiel in der Psychologischen Methodenlehre ........... 37 2. Rollenspiel in der experimentell-psychologischen Literatur: allgemeiner Oberblick ................................. 38 3. In der psychologischen Diagnostik ....................... 41 4. In der Klinischen Psychologie ........................... 42 S. In der Sozialpsychologie ............................... 44 6. Rollenspiel als didaktische Methode ...................... 46 8 In halt 4. Kapitel Alles oder Nichts: Rollenspiel als grundsiitzliche Alternative? 47 1. Der Ausgangspunkt: Einwiinde gegen Tiiuschung der Versuchs- teilnehmer ......................................... . 47 2. Die drei Argumente von Kelman ........................ . 50 3. Alternativ-Vorschliige von Kelman ...................... . 52 4. Die weitere Diskussion: empirische Beitriige und voreilige Verallgemeinerungen ................................. . 53 5. Rollenspiel als Alternative: Sechs Schwachpunkte der Diskussion 56 5. Kapitel Rollenspiel als Verfahrensweise: Sieben Bestimmungsstiicke 61 1. Der Versuchsteilnehmer .............................. . 62 2. Der Versuchsleiter ................................... . 64 3. Die Beziehung zwischen Versuchsleiter und -teilnehmer ...... . 66 4. Das Thema ........................................ . 69 5. Die Mitspieler ...................................... . 70 6. Die konkrete Versuchssituation ......................... . 72 7. Der raumzeitliche Kontext ............................ . 73 6. Kapitel Rollenspiel als Bericht iiber eigenes Erleben 76 1. Verbalbericht und Rollenspiel: Gegensatz oder fliegender Ubergang? .......................................... 76 2. Beispiele fiir Rollenspiel als Erlebnisreproduktion aus anderen Bereichen der Psychologie .............................. 78 3. Kontroverse Auffassungen uber den Stellenwert phiinomenaler Daten ............................................. 79 4. Erstes Beispiel: Erinnerung an eine akademische Prufung ...... 80 5. Zweites Beispiel: Ein Vorfall in der Vorlesung .............. 91 6. Acht Stichworte zur Methode ........................... 95 7. Alternative Ansiitze zur Erfassung subjektiven Erlebens ....... 105 7. Kapitel Rollenspiel zur systematischen Erfassung von Kognitionen und Emotionen hinsichtlich vorgegebener Konstruktbereiche ........... 108 1. Tante Edeltraud und die Dankbarkeit ..................... 109 2. Rollenspielwiederholung und psychische Siittigung ........... 116 8. Kapitel Rollenspiel zur systematischen Erfassung von Verhaltensstrategien 123 1. Riiumliche Niihe in der Interaktion ....................... 123 2. Konfliktbearbeitung in Partnerbeziehungen ................ 126 In bait 9 3. "Ich mochte den Zigeunertopf zuriickgehen lassen!" ......... 128 4. Der Versuch, gekaufte Jeans zUrUckzugeben ................ 132 9. Kapitel Rollenspiel zur Erfassung von Handlungszielen und Utopien ......... 134 1. Zukunft als Thema der Psychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 134 2. Handlungsziele und -plane; Leitideen; Tag- und Wunschtraume; Utopien ............................................ 135 3. Die ,gute Fee' als Methode der Explikation von Klein-Utopien .. 137 4. Normative Utopien als Forschungsgegenstand ............... 142 10. Kapitel Das Rollenspiel des Beobachters: die Harun-al-Raschid-Methode 146 1. Beobachtung mit und ohne Riickwirkung auf den ProzeE der Datenerhebung ...................................... 147 2. Zwischeniiberlegung zum Erkenntnisinteresse ............... 147 3. Beispiel 1: Als Reporter in einer Zeitungsredaktion .......... 149 4. Beispiel 2: Teilnehmende Beobachtung bei sexuellen Akten in Offentlichen Toiletten ................................. 151 5. Moglichkeiten und Grenzen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 152 Anmerkungen ............................................ 15 3 Literatur ................................................ 155 Namensverzeichnis 166 Sachverzeichnis ........................................... 171 Einieitung In der Heterogenitat, im haufigen Neubeginn und Wandel kiinnen progressive Krafte liegen, von denen sich zwanghafte Kleindetailiiber priifer oder auch die gro~en Nichts-als-Re duktionisten kaum etwas traumen lassen. Th. Herrmann Dieses Buch handelt von Rollenspiel als Forschungsmethode, und zwar in zweierlei Hinsicht: Erstens will ich Anregungen und Hilfsmittel dafiir anbieten, bei geeigne ten Fragestellungen und bei entsprechendem methodischem Vorgehen, Rol lenspiel als Mittel der empirischen Erforschung von menschlichem Erleben und Verhalten einzusetzen. Der gegenwartige Forschungsstand wird berich tet und diskutiert; anschlieBend stelle ich eine Reihe von Forschungsansatzen einschlieBlich konkreter Beispiele vor. Die wesentliche Aussage des Buches laBt sich so zusammenfassen: Es gibt eine Reihe von wissenschaftlichen Fra gestellungen, bei denen Rollenspiel unmittelbar oder mittelbar als Methode von Nutzen sein kann. Der mogliche Schwerpunkt liegt vor allem in der sorg faltigen und umfassenden Beschreibung auch komplexerer psychischer Erleb nisse, Verlaufe und Zusammenhiinge. Dabei kann Rollenspiel sowohl als un abhangige als auch als abhangige Variable eingesetzt werden. Rollenspielme thoden gestatten eine bessere Erfassung von psychischen Phanomenen vor allem dann, wenn es darauf ankommt, den subjektiv erlebten raumzeitlichen Kontext des Versuchsgeschehens nicht auszublenden, sondern zu erhalten und mitzuerfassen (ganzheitliche Vorgehensweise), die Vorgabe von Kategorien durch den Versuchsleiter zu vermeiden (die ja oft zwangslaufig die Aussagen des Versuchsteilnehmers beeintrachtigen, steuern, verzerren), die sprachlichen Moglichkeiten der Versuchsteilnehmer durch nonverbale Ausdrucksmoglichkeiten (Mimik, Gestik) zu erganzen. Die relativen Schwachen der Rollenspielmethoden liegen demgegeniiber vor allem in der Verwendung als hinreichend kontrolliertes, hypothesenpriifendes Experiment. Doch gibt es auch hier mittlerweile einige erfolgversprechen de Ansatze, auch unter den Beispielen in diesem Buch. in der Auswertung individuumzentrierter und oft hochkomplexer Daten. in der Aufwendigkeit der Verfahrensweise, verglichen mit dem blogen Abwarten, was nach der Instruktionsgebung geschieht. 12 Einleitung Zweitens soUte die Lektiire dieses Buches aber auch dem von Nutzen sein, der nichts mit Rollenspiel im Sinn hat und sich auf konventionelle psycholo gische Experimentiertechniken beschriinken will. Denn groBe Teile dessen, was wir iiblicherweise einfach als ganz schlichtes Experimentieren ansehen, liiBt sich ebenfaUs als eine Art von Rollenspiel strukturieren: Der Versuchs leiter etwa weicht von seinem normalen Alltagsverhalten ab und zeigt - bei der Instruktionsgebung oder iiber den ganzen Versuchsverlauf hinweg - ein wohliiberlegtes geplantes Verhalten, welches nicht seinem spontanen Alltags verhalten entspricht. Auch die Versuchsteilnehmer werden oft aufgefordert, sich in bestimmter Weise zu verhalten: Auch dies ist oft mit Nutzen als Rollenspiel konstruierbar. Ich glaube daher, daB dieses Buch auch unter die sem Gesichtspunkt - gewissermaBen "Forschungsmethode als Rollenspiel in der Psychologie" - niitzlich und eine wertvolle Ergiinzung der konventionel len Methodenliteratur sein kann.

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