ebook img

Regionale Akteursnetzwerke: Analysen zur Bedeutung der Vernetzung am Beispiel der Region Hannover PDF

245 Pages·2001·5.31 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Regionale Akteursnetzwerke: Analysen zur Bedeutung der Vernetzung am Beispiel der Region Hannover

Herbert SchubertlDietrich Fürst Ansgar RudolphIHolger Spieckermann Regionale Akteursnetzwerke Herbert SchubertlDietrich Fürst Ansgar RudolphIHolger Spieckermann Regionale Akteurs netzw erke Analysen zur Bedeutung der Vernetzung am Beispiel der Region Hannover Leske + Budrich, Opladen 2001 Das Forschungsvorhaben "Akteursnetzwerke als Entwicklungsbedingung einer Region Analysen zur Bedeutung regionaler Netzwerke am Beispiel Hannover" wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Die Bearbeitung erfolgte in Kooperation zwischen dem Institut für Landesplanung und Raumforschung der Universität Hannover (ILR) und dem Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung an der Universität Hannover (IES) unter der Projektleitung von Prof. Dietrich Fürst und Prof. Herbert Schubert. In der zweieinhalbjährigen Projektphase wurde die Forschungsarbeit der Autoren von zahlrei chen Personen unterstützt, denen dafür besonderer Dank gebührt. Gesondert zu nennen sind vor allem: Diplom-Geographin Angela Schnittger, (nach deren Ausscheiden als wissenschaftlicher Mitarbeiterin die frauenspezifischen Fragestellungen leider nicht mehr hinreichend verfolgt werden konnten); Prof. Dr.-Ing. Wemer Schramm, (der die notwendigen infrastrukturellen Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Forschungsprozess im Institut für Entwicklungs planung und Strukturforschung an der Universität Hannover gesichert hat); Bemd Behrensdorf, (für die Bereitstellung und Nutzung des Programms CA TI "Computer Assisted Telephone In terviewing"); Martina Afken, Dennis Ehm, Gitta Jagusch und Birgit Polzer, (die als studenti sche Hilfskräfte bei der Literaturrecherche, bei der Vereinbarung von Interviewterminen und bei vielen anderen Organisationsaufgaben eine unersetzliche Hilfe waren); die Akteure in der Region Hannover, (die als "Hauptdarsteller" bereit waren, das Forschungsvorhaben zu unter stützen, und Zeit zur Verfügung stellten, um die FragensteIlungen zu beantworten; ohne diese Bereitschaft wäre die Untersuchung nicht möglich gewesen). © Forschungsgruppe Regionale Akteursnetzwerke http://www.ies.uni-hannover.de/f2I/aner Hannover, Mai 2001 Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Gedruckt auf säurefreiem und altersbeständigem Papier. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für die Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich ISBN 978-3-8100-3045-0 ISBN 978-3-322-94927-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-94927-1 © 200 I Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Verlag Leske + Budrich, Opladen Inhalt Einleitung .. .......... .... ..... ......... ..... ... ............... ........... ............................... 7 1 Theoretische Perspektiven: Der Stand der Diskussion ........... . 11 1.1 Akteursnetze und Regionalentwicklung ...................................... . 11 1.1.1 Regionale Bedeutung von Akteursnetzwerken ............................ . 11 1.1.2 Innovationsfördernde und strukturkonservierende Wirkungen .... . 16 1.1.3 Zusammenspiel zweckgerichteter und richtungsoffener Akteursnetzwerke ........................................................................ . 19 1.1.4 Schwächen regionaler Akteursnetzwerke ..................................... . 21 1.2 Akteursnetzwerke als regionale Infrastruktur .............................. . 25 1.2.1 Die "Governance"-Funktion regionaler Netzwerke ..................... . 25 1.2.2 Elitennetzwerke als regionale Infrastruktur ................................. . 26 1.2.3 Erzeugung von Sozialkapital in der Vernetzung .......................... . 27 1.3 Flexibilisierung von Akteursnetzwerken ..................................... . 30 1.3.1 "Neue Raumlogik" durch Globalisierung .................................... . 30 1.3.2 Gefährdung des regionalen Sozialkapitals ................................... . 34 2 Untersuchungsansatz ............................................................... '" 37 2.1 Begriffliche Klärung .................................................................... . 37 2.1.1 Operationale Definition "soziales Netzwerk" .............................. . 37 2.1.2 Dimensionen von Akteursnetzwerken ......................................... . 40 2.1.3 Eigenschaften und Strukturen von Netzwerken ........................... . 41 2.1.4 Räumliche Ausdehnungen von Vernetzungen ............................. . 43 2.1.5 Forschungsfragen der Untersuchung ........................................... . 45 2.2 Empirisches Untersuchungsdesign .............................................. . 49 2.2.1 Untersuchungsraum Region Hannover ........................................ . 49 2.2.2 Auswahl der Akteure ................................................................... . 51 2.2.3 Verfahren zur Bestimmung der Eliten ......................................... . 53 2.2.4 Erhebung des regionalen Akteursnetzwerkes .............................. . 56 2.2.5 Instrumentierung .......................................................................... . 58 2.2.6 Vertiefende Fallstudien ................................................................ . 60 5 3 Das Elitennetzwerk der Region Hannover .............................. . 63 3.1 Zusammensetzung des Netzwerkes ............................................. . 63 3.2 Vernetzung der Akteure ............................................................... . 74 3.3 Teilnetzwerke und Vernetzungslücken ........................................ . 86 3.3.1 Integrationsfähigkeit und Segmentierung der Sektoren ............... . 86 3.3.2 Räumliche Differenzierung in der Region ................................... . 93 3.3.3 Exkurs: Bezugsraumübergreifende Netzwerke zur Regionalreform .. 104 3.3.4 Männer und Frauen im Elitennetzwerk ........................................ . 113 3.3.5 Parteien ........................................................................................ . 115 3.3.6 Netzwerkstrukturen nach Altersgruppen ..................................... . 116 3.4 Das Netzwerk der Organisationen und Institutionen ................... . 118 3.5 Stabilität und Wandel des Akteursnetzwerkes ............................. . 123 3.6 Bewertung der empirischen Befunde ........................................... . 127 4 FaIlbeispiele für themenbezogene Netzwerke in der Region Hannover ....................................................................... . 137 4.1 Das Netzwerk um die Expo 2000 und die Deutsche Messe AG .. . 139 4.1.1 Ausgangsfragestellung ................................................................. . 139 4.1.2 Zur Geschichte der Akquisition der Expo 2000 ........................... . 141 4.1.3 Einbindung in das Elitennetzwerk ............................................... . 146 4.1.4 Steuerungsstil und Output ............................................................ . 147 4.2 Die Zukunftsfabrik Kommunikation ............................................ . 149 4.2.1 Ausgangssituation ........................................................................ . 149 4.2.2 Aufgaben und Struktur der Zukunftsfabrik Kommunikation ....... . 152 4.2.3 Entwicklung in den Arbeitskreisen .............................................. . 154 4.2.4 Einbindung in das Elitennetzwerk ............................................... . 161 4.2.5 Vernetzungsstil und Output ......................................................... . 165 4.3 Das Sozialforum Hannover .......................................................... . 167 4.3.1 Kurzcharakteristik ....................................................................... . 167 4.3.2 Das Netzwerk .............................................................................. . 170 4.3.3 Vernetzungsstil und Output ......................................................... . 173 4.4 Die Bürgerstiftung Hannover ....................................................... . 175 4.4.1 Kurzcharakteristik ....................................................................... . 175 4.4.2 Das Netzwerk .............................................................................. . 181 4.4.3 Vernetzungsstil und Output ......................................................... . 183 4.5 Das Zusammenspiel von themenbezogenen und richtungsoffenen Netzwerken ...................................................... . 185 5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen ... .......................... 189 6 English Summary ....................................................................... 215 Literatur ................................................................................................... 239 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ...................................................... 247 Autoren ..... ......... ....... ..................... ...... ................ ...... .... ................ .......... 251 6 Einleitung Die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen in einer Region werden von den handelnden Individuen nicht isoliert und unabhängig getroffen. Sie sind vielmehr in Beziehungsnetze eingebettet, die einflussreiche Randbedin gungen darstellen. Die sozialen Beziehungen haben im Allgemeinen einen großen Einfluss auf die Entscheidungen der Individuen. In einer "strukturel len Handlungstheorie" werden deshalb Akteure und Handlungen integriert betrachtet (vgl. Jansen 1999, 13). So ist es beispielsweise für Geschäfte oder Entscheidungen nicht unbedeutend, was Beteiligte im Vorfeld besprochen haben, wie Sitzungen vorbereitet und besetzt werden oder was Kolleginnen und Kollegen in informellen Gesprächen vereinbaren. Soziale Beziehungsnetze fungieren als weitverzweigte Systeme von In formationskanälen und unterstützen die Ausbreitung von neuen Ansichten oder technischen Innovationen; gleichzeitig können sie ein kollektives Prob lembewusstsein erzeugen und gemeinsame Paradigmen stabilisieren. Den Wert, den soziale Bindungsmechanismen und Netzwerkbeziehungen auf die se Weise repräsentieren, hat Coleman (1988) als "Sozialkapital" bezeichnet. Auf die räumliche Ebene projiziert, kann das Sozialkapital einer Region als deren "kollektives Produktivgut" angesehen werden: Die Menge und die Qualität sozialer Beziehungen zwischen den Entscheiderinnen und Entschei dem einer Region, die Knoten eines regionalen Netzwerks sind, ist für die Innovationskraft und Koordinationsfähigkeit einer Region von großer Bedeu tung. Soziale Netzwerke repräsentieren demnach eine Art regionaler Infra struktur und bestimmen über die politische und wirtschaftliche Steuerung mit. Dies ist um so mehr von Interesse, als regionalen Verflechtungen heute immer mehr die Rolle eines Gegengewichts zu den Kräften der ökonomi schen und kulturellen Globalisierung zugesprochen wird. Politikwissen schaftlich gesehen stellen Regionen in der Regel eine Meso-Ebene politischer Steuerung dar, denn meist sind ihnen keine oder nur schwache gesetzgebende oder vollziehende Organe zugeordnet. Prozesse der Entscheidungsfindung sind wesentlich komplexer als in Systemen mit eindeutig definierten Ent- 7 scheidungsarenen, und es kommt sehr stark auf eine positive Koordination unterschiedlicher Einzelentscheidungen an. Dies stärkt die Bedeutung regio naler Akteursnetzwerke, denn diese können eine Forums- und Mittlerfunkti on übernehmen. Die Leistungsfähigkeit regionaler Akteursnetzwerke wird aber auch kri tisch beleuchtet. Der Übergang vom dichten Netzwerk zum Kartell, das be stehende Strukturen konserviert und die Entwicklung notwendiger Innovatio nen behindert, ist fließend. Unterschiedliche Autoren führen Beispiele erfolg reicher (Silicon Valley, Emilia Romagna) oder Blockaden erzeugender (Ruhrgebiet) Netzwerke regionaler Eliten an. Welche Rolle das Zusammen spiel der Akteure dabei spielt, dass es zu der einen oder der anderen Wirkung kommt, sind noch weitgehend ungeklärt. An dieser Stelle setzt das Forschungsvorhaben "Akteursnetzwerke als Entwicklungsbedingung einer Region" an. Die Funktionsweise regionaler Akteursnetzwerke soll näher ergründet werden. Hierzu wurde beispielhaft in einer westdeutschen Großstadtregion das Netzwerk von Schlüsselpersonen der regionalen Eliten erfasst. Sie wurden in einer standardisierten Telefonbe fragung interviewt. Die erhobenen Daten wurden mit dem methodischen In strumentarium der Netzwerkanalyse ausgewertet. Als Akteure werden im allgemeinen handelnde Einheiten bezeichnet. Das können einerseits Individuen, andererseits Kollektive und Organisatio nen sein. Im beschriebenen Forschungsansatz werden darunter primär die handelnden Individuen verstanden, weil sie funktionale Rollenträger sind und als Agenten der Organisationen operieren. Der Akteursbegriff impliziert die Orientierungen der handelnden Individuen auf andere Individuen, die an Ent scheidungssituationen beteiligt sind, in der Form von Motiven, Erwartungen, Einstellungen und Zielen. Das Netzwerkkonzept verknüpft die Egoperspekti ven der Akteure mit den Alteri-Perspektiven, die sie als Handelnde von den Objekten der Orientierungen haben. Der vorliegende Untersuchungsbericht dokumentiert die Ergebnisse des Forschungsvorhabens in fünf Schritten: In Kapitel 1 wird der theoretische Hintergrund beleuchtet, indem der ak tuelle Stand des wissenschaftlichen Diskurses zum Thema "regionale Akteursnetzwerke" skizziert wird. Das Augenmerk wird auf das Span nungsfeld von Netzwerkforschung und Regionalentwicklung, auf die Be deutung von Netzwerken als informelle soziale Infrastruktur und auf den Veränderungsdruck gerichtet, dem regionale Akteursnetzwerke in der Ära der Globalisierung unterliegen. Kapitel 2 beinhaltet den Untersuchungsansatz. Zuerst wird das methodi sche Verständnis erläutert. Im Anschluss daran wird das empirische Un tersuchungsdesign des Forschungsvorhabens beschrieben. Neben Defini tionen der angewandten Begriffe und Operationalisierungen der Indikato ren wird der Untersuchungsraum der Region Hannover vorgestellt, die 8 Verfahrensschritte für die Auswahl der Akteure und zur Bestimmung der regionalen Eliten beschrieben, der Erhebungsprozess und die Instrumen tierung der Untersuchung erläutert. Im Mittelpunkt des Kapitels 3 stehen die Ergebnisse der Erhebungen. Die Strukturen des erhobenen Elitennetzwerkes werden differenziert abgebil det. Besondere Beachtung finden Teilnetzwerke, die nach Sektoren, Ge schlecht, Alter, Parteien, räumlichen Bereichen der Region Hannover und nach dem Engagement zu regionalen Themen dargestellt werden. Neben dem personalen Beziehungsgeflecht wird auch die regionale Ver netzungsstruktur der Organisationen und Institutionen analysiert. Das anschließende Kapitel 4 konkretisiert die Ergebnisse der Netzwerk analyse an Hand von vier Fallbeispielen. Es sind: (1) das regionale Netzwerk der EXPO 2000 und des Messemilieus in der Region Hanno ver; (2) die "Zukunftsfabrik Kommunikation" als Innovationsinitiative; (3) das Sozialforum und (4) die Bürgerstiftung. Im vertiefenden "Lu pen"-Blick auf Akteure des regionalen Elitennetzwerkes und ihres Be ziehungsumfeldes wird untersucht, nach welchen Regeln Leistungen ins Netzwerk eingebracht werden und das Netzwerkmanagement betrieben wird. Da die untersuchten Netzwerkfälle unterschiedliche gesellschaftli che Bereiche repräsentieren, wird auch betrachtet, ob sie sich nach be sonderen Vernetzungsformen unterscheiden lassen. Zum Schluss werden in Kapitel 5 die Ergebnisse noch einmal zusam mengefasst und kommentiert. Der Erkenntnisgewinn wird gesichert und es werden Schlussfolgerungen über die Bedeutung von Akteursnetzwer ken für die Regionalentwicklung gezogen. 9 1 Theoretische Perspektiven: Der Stand der Diskussion 1.1 Akteursnetze und Regionalentwicklung 1.1.1 Regionale Bedeutung von Akteursnetzwerken Wenn die Region nicht mehr als geographischer Standort neutral wirtschaf tender Einheiten verstanden wird, sondern als mehr oder weniger erfolgrei cher Zusammenhang räumlicher Kooperations- und Interaktionsbeziehungen, dann kommt es auf das System an, unter dem die Akteure miteinander in Verbindung treten. Nach Elias ist es deren "Verflechtungsordnung", die den Gang des geschichtlichen Wandels bestimmt (1969/11, 314) und gleichzeitig Ausdruck eines zivilisatorischen Wandels ist. Dabei wird wichtig, wie die re gionalen Verflechtungen und Interaktionen zu gestalten sind, angesichts eines zivilisatorischen Zwanges zu erhöhter Kommunikationsleistung zwischen den Akteuren der Regionalentwicklung zum Zwecke eines innovationsorien tierten Strukturwandels. Dass die Qualität der Kommunikations- und Austauschstrukturen zwi schen den regionalen Schlüsselpersonen für die wirtschaftliche Entwicklung einen wichtigen Faktor darstellt, ist keine Neuigkeit. Die regionalwissen schaftliche Literatur hat das Thema der Kommunikation zwischen Akteuren einer Region bereits in der Mitte der 80er Jahre entdeckt. Seitdem erfreut sich die Diskussion über die Vernetzung regionaler Akteure großer Aufmerksam keit. (Cooke, Morgan 1993; Danielzyk 1997). Dabei hat das Netzwerkdenken den Regionsbegriff verändert (Fürst 1993, 1997). Die Bedeutung der intersektoralen und interdisziplinären Kooperation für innovatorische Prozesse ist heute weitgehend erkannt worden: Als erfolgreich gelten diejenigen Regionen, die dafür geeignete Netz werke schaffen resp. bereithalten (Fürst 1994). Es wird angenommen, dass die Qualität des Austausches zwischen den regionalen Schlüsselpersonen für die wirtschaftliche Entwicklung von hervorragender Bedeutung ist. Und es herrscht weitgehend Konsens darüber, dass die komplexen Um strukturierungsprozesse in den Regionen die personelle Kooperation zwi schen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft benötigen (Grabher 1993). 11 Auf regionaler Ebene finden sich naturgemäß andere Akteurskonstellationen als auf nationaler Ebene (i.d.R.: stärker personen- als institutionenbezogene Netzwerke; Verknüpfungen zwischen kommunalen und wirtschaftlichen Ak teuren u.ä.). Auch die Funktion der Netzwerke ist vielfältiger zu sehen: Als besonders relevant gelten die Funktionen wie Vertrauensbildung, Unsicher heitsabsorption, Konsensbildung und Verhandlungsrahmen. Daneben sind aber noch weitere Funktionen zu nennen wie: eine Ersatzfunktion für fehlende oder unzureichende institutionelle Ent scheidungsstrukturen auf der regionalen Ebene; eine Mobilisierungsfunktion, um Akteure aus ihrer sektoralen oder lokal egoistischen Sicht zu Gunsten gemeinsamer regionaler Belange zu öff nen und eine Forums- und Innovationsfunktion, damit gemeinsam interessierende Probleme identifiziert und mögliche neue Handlungskorridore bestimmt werden können. Verschiedene Arten von sozialen Netzwerken leisten diese Funktionen in un terschiedlicher Intensität. Sie lassen sich deshalb nach der Stärke dieser Funktionen differenzieren, zumal damit unterschiedliche Strukturen und Ver haltensmuster in den Netzwerken verbunden sind (van Waarden 1992, 38f.). Soziale Netzwerke sind die Primärmilieus, die das wesentliche Binde glied zwischen den Individuen und den größeren sozialen Einheiten bilden (Keupp 1987; Schenk 1984). Sie generieren die Gesellschaft durch die Ver knüpfung der einzelnen Menschen zu intermediären Organisationen und ge sellschaftlichen Systemen. Als soziale Primärmilieus addieren sie sich aus den "persönlichen Netzwerken"; so werden die sozialen Beziehungskreise der einzelnen Personen genannt. In einer Reihe neuerer empirischer Untersu chungen wurde aufgeklärt, wie das Zusammenwirken der "persönlichen Netzwerke" Gesellschaft erst erzeugt (vgl. z.B. Burt 1982; 1984). Das Gefüge sozialer Netzwerke hat sich im historischen Modernisie rungsprozess stetig gewandelt. Aus den traditionellen lokalen Netzmustern mit relativer Abgeschlossenheit ist im modernen Globalisierungsprozess ein ubiquitäres Verbreitungs muster mit weitreichender Offenheit erwachsen (Wirth 1979). In einem sozialökologischen Verständnis werden soziale Netz werke heute zur sozialen Infrastruktur gerechnet (Schubert 1995): 1. Die informelle Infrastruktur der privaten Beziehungsnetzwerke besitzt eine hohe soziale Integrationskraft und eine starke Leistungsfähigkeit in strumenteller sowie emotionaler Unterstützung: Stichworte wie Verläss lichkeit, Dauerhaftigkeit, Vertrautheit, Zusammengehörigkeit, gemeinsa mes Handeln, Solidarität und Hilfe kennzeichnen das Spektrum der Funktionen. 2. Die formelle Infrastruktur der Institutionen, Einrichtungen und Dienste stellt örtlich oder regional Leistungen bereit, die für die gesellschaftliche 12

Description:
Das Buch beschreibt Netzwerke von Akteuren in der Region Hannover, deren Wirkungen auf regionaler Ebene relevant sind. Neben den Ergebnissen aus der empirischen Untersuchung analysieren die Autoren den Stand der Theoriediskussion.
See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.