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Reallexikon für Antike und Christentum 12 : Gottesschau (Visio beatifica) – Gürtel PDF

643 Pages·1983·45.182 MB·German
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REALLEXIKON FÜR ANTIKE UND CHRISTENTUM SACHWORTERBUCH ZUR AUSEINANDERSETZUNG DES CHRISTENTUMS MIT DER ANTIKEN WELT HERAUSGEGEBEN VON THEODOR KLAUSER CARSTEN COLPE, ERNST DASSMANN, ALBRECHT DIHLE BERNHARD KÖTTING, WOLFGANG SPEYER, JAN HENDRIK WASZINK Band XII: Gottesschau (Visio beatifica) - Gürtel 1983 ANTON HIERSEMANN · STUTTGART BEGRÜNDET VON FRANZ JOSEPH DÖLGER, THEODOR KLAUSER, HELMUT KRUSE HANS LIETZMANN, JAN HENDRIK WASZINK REDAKTION F. J. Dölger-Institut, Lennästraße 41, D-5300 Bonn 1 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Reallexikon für Antike und Christentum: Sach­ wörterbuch zur Auseinandersetzung d. Christen­ tums mit d. antiken Welt / hrsg. von Theodor Kiauser ... [Begr. von Franz Joseph Dölger ...].- Stuttgart: Hiersemann. ISBN 3-7772-5006-6 Ne: Kiauser, Theodor [Hrsg.]; Dölger, Franz Jo­ seph [Begr.] Bd. 12. Gottesschau (Visio beatifica) - Gürtel.-1983. Abschlußaufnahme von Bd. 12 ISBN 3-7772-8344-4 ISBN 3-7772-8344-4 (Bd. 12) © 1983 ANTON HIERSEMANN, STUTTGART Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die des Nachdrucks und der Übersetzung. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses urheberrechtlich geschützte Werk oder Teile daraus in einem photomechanischen, audiovisuellen oder sonstigen Ver­ fahren zu vervielfältigen und zu verbreiten. Diese Genehmigungspflicht gilt ausdrücklich auch für die Verarbeitung, Vervielfältigung oder Verbreitung mittels Datenverarbeitungsanlagen. Schrift: Monotype Extended 9/10 u. 8/9 p. Satz und Druck: Allgäuer Zeitungsverlag, Kempten Printed in Germany INHALT Gottesschau (Visio beatifica).................... 1 Gratus animus (Dankbarkeit).....................732 Gottessohn............................................... 19 Gravitas........................................................752 Gottesstaat (Civitas Dei)........................ 58 Gregor I (Gregor der Wundertäter) . . . 779 Gottesvorstellung....................................... 81 Gregor II (Gregor von Nazianz) .... 793 Gottmensch I (Alter Orient und Juden­ Gregor III (Gregor von Nyssa).....................863 tum) ....................................................... 155 Gregor IV (Gregor von Tours).....................895 Gottmensch II (Griechisch-römische An­ Gregor V (Gregor der Große) .....................930 tike und Urchristentum).........................234 Greif................................................................951 Gottmensch III (Patristik).........................312 Greisenalter....................................................995 Grab................................................................366 Grenze..........................................................1095 Grabbau........................................................397 Gründer..........................................................1107 Grabbeigabe....................................................429 Grundbesitz I (rechtsgeschichtlich) . . . 1172 Grabdenkmal................................................445 Grundbesitz II (ethisch)...............................1196 Grab der Seele................................................455 Grußformen..................................................1204 Grabinsclirift I (griechisch).........................467 Gürtel..........................................................1232 Grabinschrift II (lateinisch).........................514 Grabrecht (Grabmulta, Grabschändung) . 590 Register..........................................................1269 Graffito I (lateinisch)....................................637 Erscheinungsdaten......................................1271 Graffito II (griechisch).................................667 Stichwörter..................................................1273 Granatapfel............................................... 689 Mitarbeiter..................................................1275 Gratianus................................................... 718 Nachtragsartikel..........................................1277 Gottesschau (Visio beatifica). (F. Pfister: o. Bd. 4, 944/87, bes. 971/4) zu verweisen. - Es ist durchaus nicht aus Einführung 1. sich selbst ersichtlich, warum die G. in der christl. Tradition als das wesentlich kon­ A. Nichtchristlich. stitutive Element der ewigen Glückseligkeit I. Neuplatonismus, a. Plotin 3. b. Die Nach­ der Erlösten auftaucht. Daß man eher die folger Plotins 6. II. Der platonische Hintergrund der neuplato­ Schau betonte als das ewige Leben in der Ge­ nischen Lehre, a. Platon 7. b. Nachplatoni­ meinschaft der Erlösten mit Gott u. Christus, sche Entwicklungen 8. führt unvermeidlich zu einer besonderen Her­ vorhebung des geistigen Charakters der Glück­ B. Christlich. seligkeit. In erster Linie wird die endgültige I. Biblisch, a. Alttestamentliche Anknüpfungs­ punkte 9. b. Neues Testament 10. Freude des Menschen als Befriedigung des II. Patristische Theologie, a. Wissen u. Un­ Geistes dargestellt. Das bleibt zu einem ge­ wissenheit in der Gottesschau 10. 1. Die posi­ wissen Grade wahr, obwohl andererseits sehr tive, kataphatische Tradition 10. 2. Die nega­ betont wird, daß die Schau jedes Wissen über­ tive, apophatische Tradition 11. b. Der Gegen­ steigt u. vor allem auch eine Einheit in der stand der Schau 14. c. Schau u. Auferstehung Liebe ist u. nur in der liebenden Vereinigung 15. 1. Der Zeitpunkt der Schau 16. 2. Die mit der ganzen erlösten Menschheit erlebt Teilnahme des Körpers 16. werden kann. Es gibt jedoch gute Gründe an­ Einführung. Der Begriff G. kann auf Visio­ zunehmen, daß diese Lehre von der Glück­ nen oder Erscheinungen Gottes (oder, in der seligkeit des Menschen in der G. authentisch heidn. Welt, der Götter) u. auf mystische Er­ u. ursprünglich christlich ist u. nicht das Er­ fahrungen in diesem Leben angewendet wer­ gebnis irgendeines entstellenden Einflusses den, sowie auf die direkte Schau Gottes nach der griech. Philosophie auf das Denken der dem Tod, verstanden als höchste Freude u. frühen Kirche darstellt. Wahrscheinlich wäre ewige Erfüllung, das wesentliche Element es ein Irrtum, in diesem Zusammenhang dem letzten menschlichen *Glücks, im traditionel­ hohen Stellenwert, den man der Gnosis len christl. Sprachgebrauch die beseligende (*Gnosis II) im frühen Judentum u. im Ju­ Schau (visio beatifica). - Die Absicht dieses denchristentum zugewiesen hat, zu viel Be­ Artikels ist es, die G. nur in diesem letzten deutung beizumessen, da diese Gnosis nicht Sinn zu erfassen, mit dem besonderen Ziel, so sehr die beseligende Erkenntnis Gottes als aufzuzeigen, in welcher Weise die christl. vielmehr eine Erkenntnis eschatologischer Lehre, entsprechend ihrer Entwicklung in Geheimnisse meint. Die Lehre von der Visio der frühen Kirche, den griech. philosophischen beatifica hat Grundlagen im NT u. wird von Ideen von der beseligenden Schau Gottes oder Irenäus voll entwickelt, der von der griech. des Guten ähnelt, von ihnen beeinflußt sein Philosophie wenig beeinflußt ist. Obwohl der könnte, u. inwieweit sie sich auf eigenen We­ Gedanke, daß die Erkenntnis der höchsten gen von unabhängigen Quellen her entwickel­ Wirklichkeit das dem Menschen spezifische te, unbeeinflußt von u. in gewisser Weise im Ziel u. die Quelle seines höchsten Glückes ist, Gegensatz zu den Ansichten der griech. reli­ an einigen Stellen bei Platon zu finden ist u. giösen Philosophen. - Für weitere Aspekte in der platonischen Tradition fortdauert, des Themas der G. ist auf die Stichwörter scheint es doch nicht so, daß dieser Gedanke *Epiphanie (E. Pax: o. Bd. 5, 832/909); im Platonismus des 1. u. 2. Jh. nC. besonders *Epoptie (E. Fascher: ebd. 973/83) u. *Ekstase betont oder ihm eine zentral bedeutsame KAC XII 1 3 Gottesschau (Visio beatifica) 4 Stellung zugewiesen wurde. Plotin ist der auf die Ebene des Intellekts erhebt u. von da erste griech. Philosoph, der mit starkem weiter zur Vereinigung mit dem Einen (G. J. Nachdruck lehrt, daß die G. u. die Vereini­ P. O’Daly, Plotinus’ philosophy of the seif gung mit Gott die höchste Glückseligkeit u. [Shannon 1973] 52/94). Dieser Seelenteil ge­ das einzige Ziel des Menschen ist, die zu ver­ hört eher der höheren als der niederen Seele fehlen ein absolutes Verfehlen bedeutet. Sein an. Obwohl einzig das wahre, transzendente Einfluß auf das christl. Gedankengut in der Selbst, die höhere Seele, die Schau erlangt u. Folgezeit war sicherlich in einigen Punkten das in uns ausgeschlossen bleibt, was die mei­ bedeutend (obwohl dies, wie wir sehen wer­ sten jetzt als die normale menschliche Er­ den, nicht überall deutlich wird). Man kann fahrung betrachten würden, nimmt die ver­ sagen, daß das Christentum dem plotinischen einigende Schau dieses höhere Selbst völlig in Neuplatonismus in der Lehre von der glück­ Anspruch u. gewährt ihm vollkommene Er­ seligen Schau (zumindest in einigen ihrer For­ füllung. Es ist nicht nur eine intellektuelle, men) sehr nahe kommt. Deshalb ist es ange­ sondern auch eine Liebeserfahrung (6, 7 [38], bracht, die Untersuchung der nichtchristl. 55. 9 [9], 4. 9), nicht nur eine Schau, sondern Lehre von der G. mit dem Neuplatonismus eine Vereinigung u. wäre vielleicht besser als Plotins u. seiner Nachfolger zu beginnen u. Vereinigung denn als Schau zu bezeichnen dann auf ihre Grundlagen bei Platon zurück­ (6, 9, 10f). Es scheint, daß für Plotin diese zuschauen u. zu fragen, ob Anzeichen einer Vereinigung nicht ein gänzliches Aufgehen in Lehre von der G. in der Zeit zwischen Platon eine höhere Einheit oder eine höchste Selbst­ u. Plotin zu sehen sind. verwirklichung bedeutet, sondern etwas mehr, A. Nichtchristlich. I. Neuplatonismus, a. ähnlich der liebenden Vereinigung von Per­ Plotin. Für Plotin ist (von enn. 1, 6 [1] an) die sonen, obgleich ihm diese Ausdrucksweise, Schau des Einen oder des Guten, die auch die wie jede andere auch, unzulänglich erscheint, Vereinigung damit umfaßt, das Erhabenste um die Wirklichkeit auszudrücken (vgl. die im menschlichen Leben u. die Bestimmung sorgfältige Erörterung aller relevanten Ab­ des Menschen. Das kommt gut zum Aus­ schnitte der Enneaden bei Rist 213/30). Es druck enn. 1, 6, 7, 33/6: ,Der Mensch, der dies gibt kein Bewußtsein von Zweiheit während erreicht, ist selig durch diese ‘selige Schau’; der Dauer der Vereinigung, doch bleibt das wer es zu erreichen verfehlt, ist völlig ge­ Selbst von dem Einen unterschieden. Die scheitert. Denn ein Mensch ist nicht geschei­ Liebe, die den Aufstieg zur endgültigen Ver­ tert, wenn es mißlingt, eine schöne Hautfarbe einigung anregt u. in der Vereinigung selbst oder einen schönen Körper zu erlangen oder vollendet wird, geht aus von dem Einen (6, 7 Macht, Ämter oder sogar das Königtum, son­ [38], 22. 31). Plotin verneint jedoch ausdrück­ dern wenn es mißlingt, dies zu gewinnen u. lich, daß das Eine das liebt u. umsorgt, was aus nur dies'. Wenn wir aber sagen, daß die Schau ihm hervorgegangen ist (5, 5 [32], 12, 41/9). die einzige Bestimmung des Menschen ist, Nach Plotin ist es Gott, der uns unsere Liebe müssen wir uns erinnern, was für Plotin unser zu ihm gibt, doch wir lieben ihn nicht, weil er wirkliches Ich, der wahre Mensch, ist. Er ist uns zuerst geliebt hat. Eine Betrachtung der nicht nur, wie für alle heidnischen Platoniker, Ausdrucksweise, die Plotin gebraucht, um die Seele allein ohne Körper. Er ist die höhere den Weg zu beschreiben, wie man in diesem Seele, der .innere Mensch1, die Seele, die auf Leben zur Vereinigung gelangt, ist hier be­ der Ebene des göttlichen Geistes leben u. die­ langlos (vgl. Henry LXIV/LXX: Structure sem ähnlich werden kann u. die deutlich von and vocabulary of the mystical experience). der zusammengesetzten Wesenheit abgesetzt Die höchste u. letzte Erfahrung wird oft als ist, die von der niederen Seele u. dem Körper Schau beschrieben (1, 6 [1], 7, 39; 4, 8 [6], gebildet wird (1,1 [53]; 4, 3 [27], 12; 6, 4 [22], 1, 3; 5, 3 [49], 17, 34; 5, 5 [32], 3, 4 u. ö.), 14). Plotin spricht öfter von dem .mittleren aber auch als Kontakt oder Berührung (6, 7 Teil“, d.h. der Seele, die diskursiv denkt (1, 1 [38], 40, 2; 6, 9 [5], 4, 27), als Zusammen­ [53], 11; 2, 9 [33], 2; 5, 3 [49], 3: hier wird treffen der Mittelpunkte von Kreisen (6, 9, gesagt, sie sei das, was in uns im eigentlichen 8. 10) oder als Verschmelzen oder Mischung ,wir selbst“ sind). Das ist für ihn sozusagen (1, 6, 7, 13; 6, 9, 11, 7). Diese Einigung wird das wirkliche Subjekt des geistigen Lebens in gegeben: Sie kommt plötzlich, man kann dem Sinn, daß es seine Richtung ändern u. nicht darüber verfügen oder sie erreichen, sich selbst übersteigen kann, indem es sich wenn man sie wählt (5, 5, 8; 6, 7, 34, 8/10. 5 Gottesschau (Visio beatifica) 6 36, 15/21). Beachtet man. dies u. die oben er­ seitig durchdringenden Seelen ist (s. A. H. wähnte Tatsache, daß unsere Liebe, die uns Armstrong, Plotinian and Christian studies zu dem Einen führt, eben von dem Einen ge­ [London 1979] 193/7). Wenn Plotin sie be­ geben ist, so darf man den Gegensatz zwi­ schreibt als eine Gemeinschaft, eine geistige schen Plotins Lehre u. der christl. Lehre in Welt, die ein organisches Ganzes ist (5, 8 [31], diesem Punkte nicht zu groß ansetzen, ob­ 4; 6, 7 [38], 15), leistete er damit einen großen wohl man auch nicht behaupten darf, Plotin Beitrag für die späteren christl. Darstellungen habe eine Lehre von der *Gnade gekannt ähn­ des κόσμος νοητός, der Welt der Engel, in der lich der christlichen. Es gibt gewiß mehr Ge­ die erlösten Menschen die selige Schau mit meinsames in diesen beiden Denkweisen als den Engeln teilen. oft angenommen wurde. Außer den bereits b. Die Nachfolger Plotins. Porphyrius folgt angeführten Unterschieden (daß bei Plotin in bezug auf die Schau des Einen streng der nur das höchste Selbst, nicht der ganze Lehre Plotins u. nimmt für sich in Anspruch, Mensch die Schau erfährt) gibt es noch zwei sie einmal erreicht zu haben (vit. Plotin. 23). - weitere bedeutende Unterschiede zwischen Für Iamblich u. seine Nachfolger hingegen der Lehre Plotins u. des Christentums von der wird die Schau oder Vereinigung mit dem G.: 1) In Plotins Lehre fehlt jede Form von höchsten Prinzip zu einer weit entfernteren Eschatologie. Wir steigen auf durch die Ebe­ Möglichkeit. Es ist hier nicht der Ort, ihre nen einer statischen ewigen Welt hin zur eher theurgischen als im plotinischen Sinn Schau, u. unsere eigene Natur macht dabei philosophischen Methoden zu besprechen, keine eigentliche Wandlung oder Entwick­ durch die sie diese letzte Vereinigung errei­ lung durch; doch gibt es keinen Hinweis dar­ chen zu können behaupten. Wichtig ist es je­ auf, daß die Schau nach dem Tod sich von der doch zu begreifen, daß man ihnen nicht ein- Schau in diesem Leben wesentlich unterschei­ fachhin die Aufgabe der philosophischen Re­ det, außer daß sie länger andauert, weil wir ligion Plotins u. ein Absinken in Magie u. dann fortdauernd auf der Ebene des Geistes Aberglauben vorwerfen darf. Sie gaben weder leben, der mit dem Einen in mystischer Ver­ die religiöse Metaphysik zugunsten der Magie einigung ewig vereint ist (6, 7, 35), u. daß wir auf, noch vermischten sie Magie u. Meta­ nicht durch den Körper u. die niedere Seele physik. Theurgie ist nicht einfach ein Mittel, belastet u. abgelenkt werden. Doch legt Plo­ auf die Götter einen magischen Zwang auszu­ tin auf diesen Unterschied kein großes Ge­ üben (zur Philosophie u. Theurgie bei Iam­ wicht, jedenfalls erheblich weniger als Platon. blich u. seinen Nachfolgern s. Lloyd 277/80. 2) Der zweite wichtige Unterschied zwischen 296f; A. Smith, Porphyry’s place in the Plotin u. der christl. Lehre besteht darin, daß Neoplatonic tradition [The Hague 1974] 81/ die Schau nicht in einer Gemeinschaft er­ 141). Richtig bleibt jedoch, daß bei den mei­ fahren wird. Die letzten Worte der Enneaden: sten von ihnen Schau u. Vereinigung nicht als .Flucht des Einsamen zum Einsamen* (6, 9 lebendiger Teil ihrer Erfahrung erscheint, u. [9], 10, 50f), wurden zu oft u. unkritisch in daß sie dazu wenig zu sagen haben. Ein Punkt den Beschreibungen der plotinischen Mystik in ihrer Theologie vom Einen ist jedoch er­ zitiert, doch sie drücken etwas aus, was wirk­ wähnenswert, da er möglicherweise die Lehre lich Teil seiner Gedanken ist. Die Gemein­ des PsDionysius u. durch ihn die spätere öst­ schaft ist beim Beginn des Aufstiegs zu dem liche christl. Tradition beeinflußt hat: Proklos Einen wichtig; die Übung der bürgerlichen u. noch mehr Damaskios bringen die .negati­ Tugenden scheint eine unerläßliche erste ve Theologie* ein gutes Stück weiter als Plo­ Stufe auf dem Weg zu höherer Tugend zu sein tin. Proklos betont, daß wir sogar unsere Ne­ (1, 2 [19]), u. Plotin vernachlässigt seine gationen negieren u. enden müssen in einer Pflicht gegenüber seinen Nächsten nicht Anschauung, die Schweigen u. Unwissenheit (Porph. vit. Plotin. 9). Auch lehrte er, daß ist (comm. in Plat. Parm. [Plat. Lat. 3 (Lon­ wir die lebendige Gemeinschaft des sichtbaren don 1963) 72, 2/6. 76, 6f]; prov. et fat. 24 Universums, dessen Glieder wir sind, nicht, [§ 31 Boese]). Damaskios verneint jede denk­ wie etw’a die Gnostiker, verschmähen dürfen bare Beziehung zwischen dem absolut unaus­ (2, 9 [33], 16). Aber am Ende ist unsere Schau sprechlichen Einen u. dem, was nach ihm u. Vereinigung individuell u. einsam, obwohl kommt. Keiner unserer Begriffe könne irgend­ wir, wenn wir sie erreichen, im Geist leben, wie auf das völlig Unbegreifliche Anwendung der eine Einheit von lebenden, sich wechsel­ finden (zB. princ. 38. 41. 42 [1, 79, 20/8. 83, 7 Gottesschau (Visio beatifica) 8 26/84, 4. 85, 8/86, 2 Ruelle]). Diese jüngste ist sowohl im .Gastmahl“ wie im .Staat“ eine neuplatonische negative Theologie nähert sich Idee, nicht ein Gott der Gegenstand der end­ mehr als alles bei Plotin der Vorstellung von gültigen Schau u. das, mit dem wir darin ver­ der göttlichen Dunkelheit (s. E. v. Ivänka, einigt sind, u. darum etwas Abstraktes u. Un­ Art. Dunkelheit: o. Bd. 4, 350/8) u. sogar persönliches. Plotin personalisiert das Gute dem Gedanken, daß das Wesen Gottes selbst weit mehr, als Platon es tut. In beiden Tex­ in der G. absolut unerreichbar bleibt (wenn ten ist die Schau der göttlichen Wirklichkeit auch die neuplatonische Auffassung mit dieser in diesem Leben erreichbar, wenn auch unter letzteren nicht identisch ist, noch ihr Ur­ Schwierigkeiten. Doch ist besonders im sprung zu sein scheint), den wir bei einigen .Phaedo“ (66b/67b) u. im .Phaedrus“ (249e/ griech. christl. Denkern finden werden. 250 c) der Kontrast zwischen unserer voll­ II. Der platonische Hintergrund der neu­ endeten Wahrheit im unkörperlichen Zu­ platonischen Lehre, a. Platon. Die Lehre, daß stand u. unserem sehr unvollkommenen Wis­ die Schau der höchsten göttlichen Wirklich­ sen davon, während wir noch in unserem Kör­ keit das einzig wahre u. wirklich befriedigende per sind, weitaus schärfer gezeichnet (vgl. Ziel menschlichen Lebens ist, gründeten die auch resp. 611 b/d). späteren Platoniker auf zwei berühmte Passa­ b. Nachplatonische Entwicklungen. Im voll­ gen der Dialoge Platons: conv. 209e/212a; entwickelten Denken des Aristoteles wird die resp. 6, 502c/509c. In diesem Abschnitt aus θεωρία, die Schau, zu einer rein intellektuellen dem ,Staat“ wird der Aufstieg zum Guten u. Tätigkeit, getrennt vom sittlichen Leben u. dessen Schau in rein intellektuellen Begriffen mit vergleichsweise wenig religiösem Inhalt. beschrieben, obwohl die Natur des Guten ein Diese Lehre von der Schau hat anscheinend tiefes Geheimnis bleibt u. die dafür verwen­ keinen bedeutsamen, direkten Beitrag zur dete Sprache gewisse religiöse Feierlichkeit Entwicklung der Idee von der G. als dem Ziel besitzt. Des weiteren wird die Kenntnis des des menschlichen Lebens in der späteren Guten nicht in erster Linie so dargestellt, als griech. Philosophie geleistet, obwohl diese habe sie schon ein höchst befriedigendes Ziel Auffassung vom göttlichen, sich selbst schau­ in sich selbst, das alles andere Wissen mehr enden Geist einen bedeutenden Einfluß auf oder weniger belanglos sein läßt, sondern eher die mittelplatonische Theologie hatte. - Im als die höchste Erkenntnis, die der Schlüssel wiederauflebenden Platonismus des röm. Rei­ dafür ist, alles andere zu verstehen. Nur wenn ches vor Plotin scheint die G., nach den Tex­ er sie erreicht hat, ist es für den Philosophen ten, die wir besitzen, zu urteilen, nicht so möglich, sein eigenes Leben u. das des Staates zentral u. so stark betont worden zu sein wie in der rechten Weise zu lenken. Ungeachtet in den Enneaden, obwohl es genügend Zeug­ ihrer historischen Bedeutung als grundlegen­ nisse dafür gibt, daß der Glaube an die Mög­ de Quelle bei Platon für Plotins Lehre vom lichkeit der G. u. ihre Bedeutung für den Guten, muß die tatsächliche Bedeutung die­ Menschen unter den platonischen Philoso­ ser Stelle für unseren Gegenstand, die G., un­ phen geläufig war. Plutarch spricht von einer sicher bleiben. Wenn auch in Diotimas Aus­ wahrhaft beglückenden Schau des höchsten führungen über die großen .Mysterien“ der Gottes (symbolisch mit Osiris identifiziert), Liebe an der oben genannten Stelle in Pla­ die nur nach dem Tod erlangt werden könne tons ,Gastmahl“ sich der Aufstieg durch einen u. die durch die Philosophie in diesem Leben Prozeß der immer größeren Abstraktion u. erreichbare, verschwommene u. traumhafte Loslösung des Geistes von der materiellen Schau weit übersteige (Is. et Os. 78, 382F/ Schönheit vollzieht, ist jedenfalls der Eros 383A). - Maximus v. Tyrus, dessen Vor­ ganz u. gar die Triebkraft, ein Eros, der in der stellungen als repräsentativ für einen populä­ endgültigen Vereinigung verharrt u. darin ren Platonismus angesehen werden können, nicht mehr rein erweckend, sondern auch er­ spricht von einer Art geistiger G. in diesem zeugend ist (conv. 212a). Diese endgültige Leben u. von einer anderen nach dem Tod, Vereinigung ist beseligend, ist die höchste die vollkommener, dauerhafter u. höchst er­ Erfüllung der Person u. das wahre Ziel strebenswert zu sein scheint (11, 9. 11 [139f. des Lebens (Armstrong aO. 106f). Plotin 142f Hobein]). - Albinus spricht in einem folgt eher dem im .Gastmahl“ als dem im Satz, der die Stelle im ,Gastmahl“ mit der im .Staat“ aufgezeigten Weg zur mystischen Ver­ .Staat“ verbindet, von einer intellektuellen G., einigung (Porph. vit. Plotin. 23). Trotzdem die in diesem Leben erreicht werden kann, ist 9 Gottesschau (Visio beatifica) 10 dabei jedoch bei weitem deutlicher theistisch ligen u. der Engel im Himmel geben müsse, als Platon (10, 56/62). - Atticus, der den daß sogar ihnen das Wesen Gottes absolut ,Phaedrus‘ weiterentwickelt, sagt, daß die unerkennbar bleibe. Es sind dies die bibli­ Schau der Ideen das Ziel des menschlichen schen Aussagen, daß es dem Menschen un­ Lebens sei u. die einzige Ursache für wahres möglich ist, Gott oder das * Angesicht Gottes Glück. Die Ideen sind für ihn Gedanken Got­ zu sehen u. dabei am Leben bleiben zu kön­ tes (frg. 9, 40. 50/3 des Places = Eus. praep. nen. Die berühmteste u. einflußreichste Stelle ev. 15, 13, 5 [GCS Eus. 2, 377]). - Numenius ist der Bericht über Mose auf dem Sinai: spricht von der Vereinigung in Einsamkeit , Jahwe sprach: . . . mein Angesicht darf man mit dem Guten allein in einer Plotin nahe­ nicht schauen“ (Ex. 33, 20/3; vgl. 19, 21/5). kommenden Sprache (frg. 2 des Places). - Im Auch die Psalmen sprechen gelegentlich da­ paganen Gnostizismus der Hermetica, der von, daß Gott in .Dunkelheit“ oder in einer durch den populären Platonismus beeinflußt .Wolke“ wohne (Ps. 18 [17], 11; 97 [96], 2). war, scheint es keine wirkliche Visio beatifica b. Neues Testament. Im NT führt 1 Tim. 6, zu geben. Viel wird über die Erkenntnis Got­ 16 die negative Tradition weiter u. erklärt un­ tes gesagt, doch bezeichnet dies keine Schau eingeschränkt, Gott wohne ,in unzugäng­ oder Vereinigung mit dem Transzendenten, lichem Licht“ u. kein Mensch könne ihn sondern eher das Werden zu einem Allgeist schauen. Doch in der Regel ist die ntl. Lehre oder Äon (11,20; 13,11 Nock/Festugiere). Dies weitaus positiver. Der Mensch vermag Gott stimmt nicht mit der mystischen Vereinigung zu schauen: die reinen Herzens sind, werden mit dem Einen oder dem Guten bei Plotin Gott sehen (Mt. 5, 8); Christus ist gekommen, überein, sondern eher mit der·· plotinischen um den unsichtbaren Gott zu offenbaren Erfahrung des Aufsteigens auf die Stufe der (Mt. 11, 2 par. Lc. 10, 22; Joh. 1, 18). Wir zweiten Hypostase, des νους, u. des Identisch­ werden Gott im künftigen Leben ,von Ange­ werdens mit ihm. - Auch im christl. Gnostizis­ sicht zu Angesicht“ sehen (1 Cor. 13, 12) oder mus scheint die Idee der Visio beatifica von dann, wenn er erscheint (1 Joh. 3, lf). Vor geringer Bedeutung zu sein. Im valentiniani- allem diese zwei Texte mit ihrer stark eschato- schen Evangelium Veritatis zB. wird durch­ logischen Ausrichtung bilden die Grundlage gehend viel Wert auf das Wissen vom Vater der patristischen Lehre von der G. gelegt, aber der Zustand der Seligen, obschon II. Patristische Theologie, a. Wissen u. Un­ durch die Gnosis erlangt, wird am Ende der wissenheit in der Gottesschau. Sowohl Christen Schrift eher als ein Zustand der Ruhe u. der wie heidnische Neuplatoniker stimmen darin liebenden Vereinigung im Vater beschrieben überein, daß die endgültige G. jenseits aller ge­ denn als dessen Schau (NHC 142,21/43,2). In wöhnlichen Erkenntnis steht. Sie übersteigt der gnostischen Tradition ist die Gnosis ver­ alles andere Erkennen u. Schauen u. ist damit mutlich immer eher ein Mittel zu einem Ziel nicht zu vergleichen. Aber in welchem Um­ (das Ziel verstanden als eine Art von Vergött­ fang u. an welchen Punkten begegnet in der lichung, ein Gott-Werden oder ein Eingehen christl. Tradition die Aussage, sogar bei der in Gott) als ein Ziel in sich selbst, wie es in der endgültigen Schau bleibe etwas von Gott hellenist. philosophischen Tradition der Fall jedem geschaffenen Geist unerkennbar, die ist. Behauptung also einer absoluten Unerkenn­ B. Christlich. I. Biblisch, a. Alttestament- barkeit Gottes, die weit hinausgeht über Plo­ liche Anknüpfungspunkte. Im AT gibt es ver­ tin u. sogar über die späteren Neuplatoniker ? ständlicherweise nicht viele Texte, auf welche Im christl. Denken über die G. lassen sich eine die Christen eine positive Lehre von der Visio positive u. eine negative Weise unterscheiden. beatifica aufbauen konnten (die .Theopha- 1. Die positive, kataphatische Tradition. Sie nien‘, Erscheinungen des ,Engels“ Gottes auf steht nicht fern vom mittleren Platonismus der Erde, gehören nicht hierher). Der im be­ u. Plotin. Nach ihr ist die G., obschon alle jahenden Sinne einflußreichste Text in die­ anderen Arten der Erkenntnis weit überstei­ sem Zusammenhang war die korrupte u. sehr gend, eine rein geistige Schau u. nichts an unterschiedlich übersetzte Stelle Job 19,25/7. Gott grundsätzlich unerkennbar. Das wird Doch andere Texte ließen die christl. Denker besonders deutlich bei Clemens v. Alex. Das des Ostens schließlich zu dem Ergebnis ge­ Leben des christl. .Gnostikers“ gipfelt in einer langen, daß es ein Element der άγνωσία, des intellektuellen Schau (ström. 2, 47, 2), einer Nicht-Erkennens, sogar in der Schau der Se­ eKOKTeia (7, 68, 4). Diese Schau von Angesicht 11 Gottesschau (Visio beatifica) 12 zu Angesicht, die feste Nahrung der Seele, ist Geist, erreicht werden (zum trinitarischen in ihrer Fülle nur nach dem Tod erreichbar Charakter der Schau s. u. Sp. 14f). Sie ist ein (paed. 1, 36, 5f), kann jedoch bis zu einem Eingehen in die göttliche Dunkelheit (vgl. v. gewissen Grad im irdischen Leben vorweg­ Ivänka aO. 350/8). Aber diese Dunkelheit ist genommen werden (ström. 6, 69, 2f). Wären ein Übermaß an Licht, u. diese äyvcocria, Un­ die Schau u. das ewige Heil voneinander zu wissenheit, ist wahre, obgleich vollkommen trennen, was sie nicht sind, würde der ,Gnosti­ transzendente Erkenntnis, eine Erkenntnis ker' die Erkenntnis Gottes der Erlösung vor­ jedoch, die eher Vereinigung als Schau u. Be­ ziehen (ebd. 4,136, 5). - Auch bei Origenes ist trachtung ist (PsDion. Areop. div. nom. 7, 3 das Ziel eine geistige Schau, durch die wir ver­ [PG 3, 885D] ; ep. 1 [ebd. 1065 A]). Dies wider­ göttlicht u. in die Ähnlichkeit mit Gott um­ spricht an sich nicht der neuplatonischen Auf­ gestaltet werden (princ. 3, 6, bes. § 3). Diese fassung (s. o. Sp. 3/8). Doch hat sich schon Schau wird von der Liebe begleitet (ebd. 1, 3, ein tatsächlicher Unterschied zwischen den 8), ist aber in erster Linie intellektuelles Er­ christl. u. den neuplatonischen Erörterungen kennen. Wenn man dem Bericht des Hierony­ über die Schau gezeigt. Gemeint ist der cha­ mus trauen darf, läßt sich nach der Lehre des rakteristische Unterschied, der ein viel weite­ Origenes diese Erkenntnis nur dann ganz er­ res Feld betrifft (wenn er auch manchmal reichen, wenn wir frei von unserem Körper u. übertrieben u. zu scharf angesetzt wurde): wieder gänzlich die geistigen u. körperlosen Auf der einen Seite steht das neuplatonische Wesen geworden sind, die wir im Anfang wa­ Vertrauen in die Kraft der höheren, geistigen ren (doch vgl. dazu H. Crouzel, Origene et la Natur des Menschen, die letzte einigende Philosophie [Paris 1962] 196/8, der gewichtige Schau zu erreichen, da diese Natur bei ihrer Gründe dafür anführt, daß Hieronymus hier Schöpfung die Kraft zur Rückkehr mitbe­ nicht zuverlässig berichtet). Die Schau wird kommen hat sowie einer dauernden, natür­ nach Origenes in u. durch Christus erreicht, lichen u. allseitigen Triebkraft unterworfen ist aber eine Schau des Vaters (in Joh. comm. ist u. von höheren Kräften erleuchtet wird. 19, 36/8 [GCS Orig. 4, 305]), der das einzige Auf der anderen Seite existiert das lebhafte u. einfache göttliche Wesen ist, zugleich Mo­ christl. Bewußtsein von der natürlichen Hilf­ nade u. Geist (princ. 1, 1, 6). Hier steht Orige­ losigkeit bei dem Bemühen, Gott zu errei­ nes nahe am unmittelbar vorplotinischen chen, u. von der besonderen göttlichen Gabe Platonismus. - Diese Tradition der Visio bea­ des Geistes, die uns durch Christus gewährt tifica als einer rein geistigen Schau Gottes wird, um uns zur Vergöttlichung des ganzen ohne jedes Element der Unwissenheit erhielt Menschen zu führen, die unsere natürlichen sich nahezu unangefochten im westlichen Fähigkeiten absolut übersteigt. - Im Denken patristischen Denken. Sie wird besonders des christl. Ostens werden jedoch, wohl schon deutlich im Denken Augustins, der erwar­ mit den ersten Reaktionen der Kappadokier tungsgemäß in seinen allgemeinen Erwägun­ gegen den Rationalismus des Eunomios, die gen über die Schau Plotin ziemlich nahesteht, Anfänge einer Lehre sichtbar, nach der in der obwohl er andere damit verbundene Probleme G. etwas von Gott selbst den höchsten ge­ aus spezifisch christlicher Sicht betrachtet schaffenen Geistern letztlich unerkennbar (zu Augustins Vorstellungen von der G. s. aus­ bleibt. Aus diesen Anfängen entwickelte sich führlicher u. Sp. 14 f. 17 f). schließlich die ausformulierte u. von der byz. 2. Die negative, apophatische Tradition. Im Orthodoxie anerkannte Lehre des Gregorios Denken des christl. Ostens gilt nach dem Kon­ Palamas (s. S. J. Meyendorff, Introduction à zil v. Nicaea u. in starker Reaktion auf den l’étude de Grégoire Palamas [Paris 1959]), extremen Rationalismus des Aetius u. *Eu- nach der zu unterscheiden ist zwischen dem nomios eine vorherrschende Tradition, die be­ unerkennbaren Wesen Gottes u. seinen Kräf­ sagt, daß die endgültige Schau u. Vereinigung ten, die wir kennen u. durch die wir in der mit Gott sowohl das Denken wie die Sinnes- vergöttlichenden Einigungsschau verwandelt wahmehmung absolut übersteigen, obwohl werden. Etwas Ähnliches erscheint bereits in beide durch sie zu ihrer letzten Vollkommen­ einem Abschnitt bei Basilius v. Caesarea (ep. heit gebracht werden. Sie übersteigen im Ge­ 234). Gregor v. Naz. sagt, daß Gott sogar den gensatz zur neuplatonischen Schau alle Engeln nicht völlig erkennbar sei (or. 28, 4), menschlichen Kräfte; sie können nur durch Joh. Chrysostomus, daß er ihnen gänzlich un­ die Offenbarung u. die Gnade Gottes, den Hl. erkennbar bleibe (incomprehens. 3, 1 [PG 48, 13 Gottesschau (Visio beatifica) 14 720]). Das Denken Gregors v. Nyssa hingegen gung des ganzen Menschen mit Gott, den wirkt mehr wie eine radikal christianisierte u. Körper eingeschlossen, also nicht nur der stark dynamische Weiterentwicklung des geistigen Seele (s. dazu u. Sp. 16/8). Obwohl Neuplatonismus. Für ihn ist die eschatologi- die Christen des Ostens betonen, daß sogar sche Vereinigung mit Gott ein endloses Stre­ die letzte u. höchste Schau nicht zur vollen ben: immer zu Gott gelangend, aber nie ein Erkenntnis führt u. Gottes Wesen unerreich­ volles Erkennen erreichend, da das endliche, bar bleibt, ist die Vereinigung, auf die sie hof­ geschaffene Seiende das Wesen Gottes nicht fen, enger u. vollkommener als die der Neu- erfassen kann, weil dieses eben unendlich ist platoniker. (vit. Moys. 2 [7, 1, 114/21 Jaeger/Musurillo]). b. Der Gegenstand der Schau. Spezifisch Dies steht Plotin nicht fern, für den der Intel­ christliche Probleme bezüglich des Objekts lekt in seiner Anschauung des Einen .immer der Visio beatifica entstehen durch den Glau­ verlangend u. immer erreichend“ ist (enn. 3, 8 ben der Christen, daß Gott eine Drei-Einheit [30], 11, 23f). Nach Ps*Dionysius Areopagita ist u. daß der Vater sich den Menschen durch ist das Wesen Gottes unerkennbar. Wir er­ Christus offenbart (s. o. Sp. 10f). Vor Nicaea kennen nur seine Kräfte (zB. div. nom. 2, 7 bleibt die übliche christl. Denkweise eng dem [PG 3, 645 A]). Anscheinend erfaßt oder sieht NT verbunden. Die höchste beseligende Schau nach ihm der geschaffene Geist das Wesen war die Schau des Vaters, zu dem die Men­ nicht einmal in der höchsten Vereinigung schen nur durch Christus u. den Hl. Geist ge­ (ebd. 1, 4 [592]). Auch bei Maximus Confessor langen. Das ist besonders genau bei Irenäus wird die Unterscheidung' zwischen dem uner­ ausgedrückt (haer. 4, 20, 5 [2, 216f Harvey]). kennbaren Wesen u. den erkennbaren Kräften Die Ähnlichkeit mit dem neuplatonischen aufrechterhalten (cap. cent. 1, 100 [PG 90, Aufstieg zum Einen durch den Intellekt ist 984]; schol. in PsDion. Areop. cael. hier. 4, 3 hier offensichtlich, aber der ntl. Hintergrund [PG 4, 56]). Obwohl seine Darstellung der ist so deutlich, daß nicht angenommen wer­ letzten einigenden Schau reicher u. positiver den darf, diese Weise, über die Visio beatifica ist als die des PsDionysius, scheint sie doch zu denken, sei vom zeitgenössischen Platonis­ nicht die Schau, die Betrachtung oder das mus abgeleitet oder tief von ihm beeinflußt. Erkennen des Wesens Gottes einzuschließen. - Eine Angleichung beider Denkweisen, eine Diese Lehre, daß nicht nur die eschatolo- gewisse Platonisierung der christl. Vorstellung, gische G. jenseits aller Erkenntnis liegt (was ist jedoch möglich. Sie scheint bei Origenes neuplatonisch sein könnte), sondern daß vollzogen zu sein (s. bes. in Joh. comm. 19, auch die Wirklichkeit Gottes für den geschaffe­ 36/8 [GCS Orig. 4, 305]; zur Ähnlichkeit der nen Geist absolut unerreichbar ist, der mit Gedanken des Origenes mit dem zeitgenössi­ Gott dadurch vereint wird, daß dieser sich schen Platonismus s. o. Sp. 11). - Nach gnadenhaft in seine Kräfte hineingibt, nicht Nicaea kommt es im Osten dazu, daß die jedoch durch eine natürliche oder übernatür­ Kappadokier u. ihre Nachfolger die G. weni­ liche Fähigkeit, zu erfassen, was Gott wirk­ ger als Schau des Vaters durch Christus im lich ist, scheint eine spezifisch jüd.-christl. Hl. Geist betrachten denn als Schau der Drei­ Entwicklung zu sein. Das erste Zeugnis dafür einigkeit u. zugleich als Teilhabe an der trini­ findet sich bei Philon (vgl. bes. spec. leg. 1, tarischen Liebe. Im Westen dagegen hat man 41/50; ausführlich zu den offensichtlichen anscheinend nicht so deutlich empfunden, Widersprüchen in Philons Aussagen über die daß die Lehre von der Visio beatifica im trini­ Erkennbarkeit Gottes s. H. A. Wolfson, Philo tarischen Sinne dargestellt werden muß. Be­ 2 [Cambridge, Mass. 1947] 83/164), u. Philon sonders Augustinus scheint der Auffassung hat wahrscheinlich hier wie in vielen anderen zu sein, daß es wenig Unterschied macht, ob Punkten das christl. Denken des 4. Jh. u. spä­ er einfachhin von der Schau Gottes spricht terer Zeit beeinflußt. Die Lehre geht über die (wie er es normalerweise tut), oder von der extreme neuplatonische Hervorhebung der Schau des Vaters u. des Sohnes (in Joh. tract. Transzendenz des Einen u. der Unaussprech­ 21, 15), oder des Sohnes, unseres Herrn (en. barkeit der höchsten Schau noch hinaus. in Ps. 90 serm. 2, 13). In seiner gewöhnlichen Doch weicht sie ebenso in einer anderen, mehr Sprechweise findet sich möglicherweise ein positiven Weise von der neuplatonischen Auf­ negativer Einfluß des Neuplatonismus, im fassung ab, sofern sie einhergeht mit einer Hintergrund wirkt vielleicht der ([Gedanke Hervorhebung der vergöttlichenden Vereini­ nach, daß die Schau eine Schau des Einen,

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