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Produktion des Todes. Das KZ Mittelbau-Dora PDF

662 Pages·2015·7.676 MB·German
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Preview Produktion des Todes. Das KZ Mittelbau-Dora

Jens-Christian Wagner Produktion des Todes Jens-Christian Wagner Produktion des Todes Das KZ Mittelbau-Dora Herausgegeben von der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages sowie von der Thüringer Staatskanzlei Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Wallstein Verlag, Göttingen 2015 www.wallstein-verlag.de Vom Verlag gesetzt aus der Adobe Garamond Umschlaggestaltung: Befreite und tote Häftlinge in einer der beiden als KZ genutzten Fahrzeughallen der Boelcke-Kaserne in Nordhausen, 11. April 1945. Foto: Roberts, NAW Reproduktionen: SchwabScantechnik GmbH, Göttingen Druck und Verarbeitung: Hubert & Co, Göttingen ISBN (Print) 978-3-8353-1507-5 ISBN (E-Book, pdf) 978-3-8353-2800-6 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Forschungslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Quellenlage und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Der Häftlingsbericht: Kritik einer Quellengattung. . . . . . . . . . . . 29 II. Erweiterung durch Zwangsarbeit: Das System der nationalsozialistischen Konzentra tionslager im Krieg . . . . . . . . . 41 1. Strafe, Terror und Ausbeutung: Zur Entstehung des KZ-Systems . . 41 Entwicklungslinien des KZ-Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Von der Strafe zur Ausbeutung: Häftlingsarbeit im Konzentrationslager . . 48 Der Interessenkonflikt zwischen Polizei und SS-Verwaltung . . . . . . . 56 2. Ausdehnung des Lagersystems: KZ-Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie . . . . . . . . . . . . 60 Das Lagernetz: Die KZ-Außenlager. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Die Verwaltung der KZ-Zwangsarbeit: Das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt . . . . . . . . . . . . . . 64 Häftlingsverleih an die Rüstungsindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3. Eskalation des Häftlingseinsatzes: Die Untertageverlagerung der Rüstungsindustrie . . . . . . . . . 72 »Höhlenmenschen«: Die Verlagerung der Raketenrüstung . . . . . . . . 74 Versuch der Krisenbewältigung in letzter Stunde: Der Jägerstab und die Untertageverla ge rung der Luftrüstung . . . . . 86 Machtakkumulation im Untergang: Der Kammler-Stab. . . . . . . . . 94 Treibstoff für die Jagdflugzeuge: Der Geilenberg-Stab . . . . . . . . . . 103 III. Der Tatort: Wirtschaft und nationalsozialistische Gesellschaft im Südharz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 1. Zwischen Anpassung und aktiver Teilnahme: Eine agrarisch-industrielle Region unter NS-Herrschaft . . . . . . 110 Der Südharz: Verwaltungsstruktur einer Region . . . . . . . . . . . . . 110 Industriestandort in der Provinz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Roter Harz? Die politische Entwicklung bis zur »Machtergreifung« . . . 117 Konsolidierung der NS-Herrschaft im Südharz . . . . . . . . . . . . . 121 Die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Aufrüstung im Südharz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Rüstungsaufträge für die regionale Industrie . . . . . . . . . . . . . . . 130 Das Öllager im Kohnstein: Der Stollenbau der Wifo. . . . . . . . . . . 134 3. Gewöhnung: Zwangsarbeit und »Ausländereinsatz« . . . . . . . . 139 Frühe Formen unfreier Beschäftigungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . 139 Symbol und Mittel nationalsozialistischer Herrschaftssicherung: Das Lager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 »Ausländereinsatz«: Kriegsgefangene und »Fremdarbeiter« . . . . . . . . 146 »… schwierige völkische Probleme«: Deutsche und Ausländer . . . . . . 158 IV. Tödliches Konstrukt: Das »Unternehmen Mittelbau« . . . . . . . . 165 1. Zwangsarbeit und Raketenrüstung: Das Außenlager Dora und die Mittelwerk GmbH . . . . . . . . . 165 KZ-Häftlinge in Peenemünde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 »Lebendig begraben«: Der Ausbau der Stollenanlage im Kohnstein . . . . 168 Strukturwandel: Der Umzug in das Barackenlager . . . . . . . . . . . 175 Die Mittelwerk GmbH: Ein staatliches Rüstungsunternehmen . . . . . . 179 Die A4-Montage im Kohnstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 V1-Produktion und weitere Fertigungen. . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Expansion: Zulieferbetriebe und »Vorwerke« des Mittelwerkes . . . . . . 192 Lohn- und Zwangsarbeit: Die Belegschaft des Mittelwerkes . . . . . . . 199 2. Illusion der Machbarkeit: Neue Bauprojekte und der Rüstungskomplex »Mittelbau« . . . . . . . . . . . . . . 203 Erste Verlagerungspläne des Junkers-Konzerns . . . . . . . . . . . . . . 203 Die Junkers AG im Kohnstein: Das Nordwerk. . . . . . . . . . . . . . 207 Die Untertageprojekte der SS-Führungsstäbe . . . . . . . . . . . . . . 210 Infrastrukturmaßnahmen: Die Baustellen des Führungsstabes B 13 . . . . 214 Konkurrenz: Untertageverlagerungsvorhaben des Geilenberg-Stabes und der OT. . . . . . . . . . . . . . . . . 217 »Raumplanung«: Das Zentralquartieramt Mittelbau . . . . . . . . . . 222 3. Das dichte Netz der Außenlager: Der Lagerkomplex Mittelbau-Dora . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Das »Bau-KZ«: Die Herausbildung des KZ-Komplexes Mittelbau-Dora . . 225 Fortschreitende Ausbreitung: Das KZ Mittelbau als selbständiges Konzentrationslager . . . . . . . 238 4. Zerfall und Raketenphantasien: Das Ende der Mittelbau-Lager. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Die Ankunft der Räumungstransporte aus Auschwitz und Groß-Rosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Fiktion eines Raketenzentrums: Entwicklungsgemeinschaft Mittelbau . . . 252 Auflösung: Todesmärsche und Befreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 V. Zwischen Dachauer Modell und Improvisation: Das SS-Personal des KZ Mittelbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 1. Die Verwaltung des Mordens: Organisationsstruktur und Leitung der Mittelbau-Lager. . . . . . 269 Verwaltungsgliederung des KZ Mittelbau-Dora . . . . . . . . . . . . . 269 Die Kommandanten: Otto Förschner und Richard Baer . . . . . . . . . 280 »Der Schrecken vom Lager«: Die Lagerführer . . . . . . . . . . . . . . 289 2. »SS-Totenkopfsturmbann Mittelbau«: Die Bewachungsmannschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Die Hilfstruppen der SS: Zur Zusammensetzung der Wachmannschaften . . . . . . . . . . . . 309 3. Macht und Terror . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Schikane, Misshandlungen und Strafen . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Folter und Mord: Die Haft im »Bunker« . . . . . . . . . . . . . . . . 324 Hinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 VI. Mobile Selektion: Leben und Sterben in den Mittelbau-Lagern . . . . . . . . . . . . . 331 1. Schrittweises Sterben: Arbeit und Vernichtung . . . . . . . . . . 332 Arbeit im Baukommando . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Arbeit in einem Produktionskommando. . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Arbeit im Lager: Die »Lagerwirtschaft« . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 Strafkommandos und Schikanearbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Terror bei der Arbeit: Gewaltanwendung als konstitutives Element der Zwangsarbeit . . . . . . . . . . . . . . 347 Sterben »nur aus Erschöpfung«: Arbeitszeiten und Anmarschwege . . . . 350 »Verbilligung der Arbeit«? Die Haltung der Unternehmen zur KZ-Zwangsarbeit . . . . . . . . 355 2. Opferhierarchien? Die Häftlingsgesellschaft . . . . . . . . . . . . 363 »… in allen Baracken herrscht ein Völkerdurcheinander«: Ethnische und rassistische Hierarchien . . . . . . . . . . . . . . . . 366 Besondere Häftlingsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Sukzessive Ausweitung der Haftkriterien: Neue Einweisungskategorien . . . 389 Zwischen Widerstand und Kollaboration: Die Häftlingsverwaltung . . . 398 Möglichkeiten und Grenzen des Widerstandes . . . . . . . . . . . . . . 410 3. Der Kampf ums Überleben: Der »Lageralltag«. . . . . . . . . . . 419 Vom Menschen zur Nummer: Einlieferungsrituale. . . . . . . . . . . . 420 Macht über die Zeit: Das Appellstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 »Die meisten taten es aus Not und Hunger«: Der Kampf um Essen und Schlafstelle . . . . . . . . . . . . . . . . 423 Kulturelle Überlebensstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 Die Verbindung zum Leben: Außenkontakte . . . . . . . . . . . . . . 428 4. Selektion und Tod: Der Leidensweg durch die Mittelbau-Lager . . . . . . . . . . . . 433 »… in einem erbärmlichen Zustand«: Die Bekleidung der Häftlinge . . . 434 »… krank vor Hunger«: Die Verpflegung . . . . . . . . . . . . . . . . 438 Improvisation mit tödlichen Folgen: Die Unterkünfte . . . . . . . . . . 441 Krankheit und Hygiene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 Tod auf Raten: Mobile Selektion und kalkuliertes Sterben . . . . . . . . 455 VII. Das KZ-System in der Tätergesellschaft: Das KZ Mittelbau-Dora und sein Umfeld . . . . . . . . . . . . . 465 1. »Totale Arbeitsordnung«: Zur Struktur von Zwangsarbeit und nationalsozialistischem Lagersystem. . . . . . . . . . . . . 466 Das Lagergeflecht im Südharz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 Die Boelcke-Kaserne als Mikrokosmos des nationalsozialistischen Lagersystems. . . . . . . . . . . . . . . 469 »… sonst geht’s ab nach nebenan«: Die Mittelbau-Lager als Disziplinierungselement . . . . . . . . . . 472 2. Konkurrierende Überwachung: Repressionsinstanzen im »Sperrgebiet Mittelbau« . . . . . . . . 479 Gestapo-Außendienststelle Niedersachswerfen . . . . . . . . . . . . . 480 SD-Außenstelle Niedersachswerfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Betriebliche Überwachungsinstanzen: Abwehrbeauftragte und Werkschutzabteilungen . . . . . . . . . . 486 Helmut Bischoff: Vom Abwehrbeauftragten des Sonderausschusses A4 zum Komman deur der Sicherheitspolizei z. b.V. . . . . . . . . 487 Rüstungszentrum und Todeszone: Der Sperrkreis Mittelbau . . . . . . 490 3. Erosion zivilisatorischer Werte? Die Mittelbau-Lager in der Tätergesellschaft. . . . . . . . . . . 494 »Diese Dinge waren allgemein bekannt.« Berührungspunkte zwischen den Lagern und der Bevölkerung. . . . 495 »Nachts sah ich nur noch gestreift …«: Die Haltung deutscher Arbeitskräfte gegenüber den KZ-Häftlingen . . 507 »Wir fuhren immer schnell vorbei«: Die Wahrnehmung der Lager durch die Bevölke rung . . . . . . . . 512 »Ich habe mir nichts Böses dabei gedacht.« Zur Motivationsstruktur der Mittäterschaft . . . . . . . . . . . . 519 »… ein wenig erfreulicher Anblick«: Die Lager und ihr Umfeld nach Kriegsende . . . . . . . . . . . . 522 VIII. Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652 Ortsregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656 Firmenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 661 Vorwort Seit Erscheinen der ersten Auflage meiner Lagermonographie zum KZ Mittel- bau-Dora im März 2001 sind nunmehr fast 15 Jahre vergangen – in der Zeitge- schichtsschreibung eine halbe Ewigkeit. Seither sind zahlreiche neue Arbeiten zu den nationalsozialistischen Konzentrationslagern und ihrer Nachgeschichte erschienen, und neue Quellen, auch zur Geschichte Mittelbau-Doras, wurden erschlossen. Nachdem die zweite Auflage von 2004 vergriffen war, schien es mir daher kaum sinnvoll, das mittlerweile veraltete Buch, das auf meiner 1999 an der Universität Göttingen eingereichten Dissertation fußte, nur nachzu- drucken. Stattdessen liegt nun eine grundlegend überarbeitete, erweiterte und auf den neuesten Forschungsstand gebrachte Neuauflage vor. Ein bedrückendes Thema wie die Geschichte eines Konzentrationslagers zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Abhandlung zu machen war nur möglich mit der Unterstützung von Freunden und Freundinnen, denen ich herzlich danken möchte. Georg Wamhof, Oliver Tauke und Dr. Miriam Rürup begleiteten meine Arbeit von Beginn an und standen immer für Diskus- sionen und inhaltliche Ratschläge zur Verfügung. Sie lasen ebenso frühere Fassungen des Textes wie Dr. Karin Gille, die mir in der Schlussphase der Dissertation mit vielen kritischen Kommentaren weiterhalf. Für die wissenschaftliche Betreuung meiner Arbeit und viele kritische Kom- mentare und Anregungen danke ich Prof. Dr. Bernd Weisbrod und Prof. Dr. Alf Lüdtke, die meine Dissertation betreuten und begutachteten. Viele Kolleginnen und Kollegen haben inhaltliche Fragen mit mir diskutiert und wichtige Hinweise gegeben. Gedankt sei vor allem Dr. Bernhard Strebel, Dr. Karola Fings, Rainer Fröbe, Alfred Gottwaldt, Dr. Joachim Neander und Dr. Michael Neufeld. Einen ganz wesentlichen Anteil am Zustandekommen dieses Buches hatten die Gespräche mit Überlebenden, die es mir ermöglichten, vieles zu verstehen, was bei der Lektüre schriftlicher Quellen verborgen blieb. Stellvertretend für viele andere geht mein Dank an Bernard d’Astorg, Yves Béon, Albert van Dijk, Godfried Elzenga, Willi Frohwein, Louis Garnier, Albert van Hoey, Marian Jakubowicz, Noah Klieger, Marcel Mathieu, Zbigniew Mikołajcak, Boris Pahor, David Salz, André Sellier, George Stein und Dick de Zeeuw. Die meis- ten von ihnen sind mittlerweile verstorben; ihnen möchte ich diese Arbeit widmen. In den meisten Archiven fand ich freundliche Aufnahme und Unter- stützung, wofür ich sehr zu Dank verpflichtet bin. Ganz besonders danken möchte ich meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen in den Gedenkstät- ten Mittelbau-Dora und Buchenwald. Insbesondere Dr. Imanuel Baumann, Dr. Jens Binner, Angela Fiedermann, Johanna Grützbauch, Andreas Fröse- Karow, Brita Heinrichs, Dr. Regine Heubaum, Torsten Hess, Torsten Jugl,

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