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Paul Celan - Collected verse PDF

1395 Pages·2022·3.097 MB·English, German
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Paul Celan Collected verse Mohn und Gedächtnis Poppy and Memory ein lied in der wüste Ein Kranz ward gewunden aus schwärzlichem Laub in der Gegend von Akra: dort riß ich den Rappen herum und stach nach dem Tod mit dem Degen. Auch trank ich aus hölzernen Schalen die Asche der Brunnen von Akra und zog mit gefälltem Visier den Trümmern der Himmel entgegen. Denn tot sind die Engel und blind ward der Herr in der Gegend von Akra, und keiner ist, der mir betreue im Schlaf die zur Ruhe hier gingen. Zuschanden gehaun ward der Mond, das Blümlein der Gegend von Akra: so blühn, die den Dornen es gleichtun, die Hände mit rostigen Ringen. So muß ich zum Kuß mich wohl bücken zuletzt, wenn sie beten in Akra … O schlecht war die Brünne der Nacht, es sickert das Blut durch die Spangen! So ward ich ihr lächelnder Bruder, der eiserne Cherub von Akra. So sprech ich den Namen noch aus und fühl noch den Brand auf den Wangen. a song in the desert A wreath was woven from blackening leafage in the region of Acra: there I pulled my black stallion around and jabbed at death with my rapier. And from wooden vessels did I drink the ash of the wells of Acra while with lowered visor I rode toward the ruins of the heavens. For dead are the angels and blinded was the Lord in the region of Acra, and there is no one who would guard while I sleep those laid to rest here. Battered and profaned, the moon, the little flower from the region of Acra: thus bloom, just as the thorns do, the hands with their rusty rings. Thus in the end I’ll have to bend down for the kiss, when they pray in Acra … O flawed was night’s brigandine, the blood is seeping through the clasps! Thus became I her smiling brother, the iron cherub of Acra. Thus do I still utter the name and still feel the burn on the cheeks. • • • Nachts ist dein Leib von Gottes Fieber braun: mein Mund schwingt Fackeln über deinen Wangen. Nicht sei gewiegt, dem sie kein Schlaflied sangen. Die Hand voll Schnee, bin ich zu dir gegangen, und ungewiß, wie deine Augen blaun im Stundenrund. (Der Mond von einst war runder.) Verschluchzt in leeren Zelten ist das Wunder, vereist das Krüglein Traums – was tuts? Gedenk: ein schwärzlich Blatt hing im Holunder – das schöne Zeichen für den Becher Bluts. • • • At night your body’s brown from God’s fever: my mouth swings torches above your cheeks. Be not swayed, to whom no lullaby’s sung. The hand full of snow, I came to you, and unsure, how your eyes go blue in the hours’ round. (The erstwhile moon was rounder.) Sobbed out in empty tents is the wonder, iced over the little jar of dreams—what does it do? Remember: a blackening leaf hung in the elder— the alluring sign for the beaker of blood. • • • Umsonst malst du Herzen ans Fenster: der Herzog der Stille wirbt unten im Schloßhof Soldaten. Sein Banner hißt er im Baum – ein Blatt, das ihm blaut, wenn es herbstet; die Halme der Schwermut verteilt er im Heer und die Blumen der Zeit; mit Vögeln im Haar geht er hin zu versenken die Schwerter. Umsonst malst du Herzen ans Fenster: ein Gott ist unter den Scharen, gehüllt in den Mantel, der einst von den Schultern dir sank auf der Treppe, zur Nachtzeit, einst, als in Flammen das Schloß stand, als du sprachst wie die Menschen: Geliebte... Er kennt nicht den Mantel und rief nicht den Stern an und folgt jenem Blatt, das vorausschwebt. ›O Halm‹, vermeint er zu hören, ›o Blume der Zeit‹. • • • For naught you draw hearts on the window: The Duke of Stillness recruits soldiers in the castle courtyard. He hoists his banner in the tree—a leaf that blues for him when it autumns; he shares the stalks of melancholy among the host and the flowers of time; with birds in the hair he goes forth to bury the swords. For naught you draw hearts on the window: there’s a God among the hosts, wrapped in the coat that once sank from your shoulders on the staircase, at night time, once, when the castle stood in flames, when you spoke like the humans: Beloved... He knows not the coat and didn’t call the star and follows the leaf that floats ahead. “O stalk,” he thinks he hears, “O flower of time.” marianne Fliederlos ist dein Haar, dein Antlitz aus Spiegelglas. Von Auge zu Aug zieht die Wolke, wie Sodom nach Babel: wie Blattwerk zerpflückt sie den Turm und tobt um das Schwefelgesträuch. Dann zuckt dir ein Blitz um den Mund – jene Schlucht mit den Resten der Geige. Mit schneeigen Zähnen führt einer den Bogen: O schöner tönte das Schilf! Geliebte, auch du bist das Schilf und wir alle der Regen; ein Wein ohnegleichen dein Leib, und wir bechern zu zehnt; ein Kahn im Getreide dein Herz, wir rudern ihn nachtwärts; ein Krüglein Bläue, so hüpfest du leicht über uns, und wir schlafen … Vorm Zelt zieht die Hundertschaft auf, und wir tragen dich zechend zu Grabe. Nun klingt auf den Fliesen der Welt der harte Taler der Träume.

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