Eine Publikation der Bauwelt im Verlag Vieweg Eine Publikation der Bauwelt im Verlag Vieweg. Redaktion: Ulrich Conrads mit Wolfgang Braatz, GUnther KUhne, Peter Rumpf, Ge~d Wartenberg Koordination und Redaktion in Paris: Ruth Henry. Umschlagentwurf und Layout: Sabine Barth Umschlagbild: Andreas Feininger, Ausschnitt aus dem Plakat Midtown Manhattan Titel der franzosischen Ociginalausgabe: Ville Panique. Herausgegeben vom Centre de Creation Industrielle im Centre national d'art et de culture Georges Pompidou, Paris. Chefredaktion: Huguette Briand-Le Bot; Koordination: Marie de Besombes; Redaktionskomitee: Jean Baudrillard, Michel de Certeau, Gilbert Lascault, Marc Ie Bot, Louis Marin, Paul ViriEo unter Mitarbeit von Lucienne Bailly und Jacky Pouplard. ISBN 978-3-528-08668-8 ISBN 978-3-322-87822-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-87822-9 © CCI-CNACGP, Paris 1977 fUr die Originalausgabe © Bertelsmann Fachzeitschriften GmbH / Friedr. V,ieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Berlin/Braunschweig 1979 fUr die deutsche Obersetzung Die Vervielfliltigung und Obertragung einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder, auch fUr Zwecke der Unterrichtsgestaltung, gestattet das Urheber recht nur, wenn sie mit dem Verlag vorher vereinbart wurden. 1m Einzelfall muB die Zahlung einer Gebiihr fUr die Nutzung fremden geistigen Eigentums entschieden werden. Das gilt fUr die Vervielfliltigung durch aile Verfahren, einschlieBlich Speicherung und jede Obertragung auf Papier, Transparente, Filme, Blinder, Platten und andere Medien. Gesamtherstellung Wilhelm Moller OHG, Berlin 28 1 Ulrich Conrads "Zwischen Sonne und Eis, Metallen und Flut" Ein Vorwort 4 Michel de Certeau Umgang mit Raum. Die Stadt als Metapher 8 Jean-Michel Folon Super-Städter DESTRUKTION 22 Fran90ise Renberg Ex: Andre Glucksmann Der Totalitarismus wie er leibt und lebt 38 Anne Cauquelin Archi oder die Melancholie 44 Olivier Querouil Abriß und Zerstörung und Bruno Vayssiere 49 Michel Maffesoli Die nutzbringende Zerstörung AUFLÖSUNG/ZERFALL 56 Paul Virilio Der Beschleunigungsstaat oder vom Wohnsitz zum Schleudersitz 63 Pierre Gentelle und Das unterirdische China Jean-Pierre Neyvoz 68 Jean-Marc Salmon Veränderungen des Stadtwesens durch Krieg und Nachkrieg 73 Henri-Pierre Jeudy Inszenierung der Zerstörung? 78 Jean-Louis Bouttes Das Werk des Heiligen Geistes 83 Yves Stourdze Ruinen-Fragmente für eine Archäologie der Zukunft 89 Leo Scheer Die Tänzerin 97 Alain Medam Kathedralenschatten PANIK 104 Bruno Vayssiere und Wölfe, Ratten, Schaben, Viren Olivier Querouil 109 Fran~oise P. Levy Feuersbrünste 115 Christine Faun~ Die Zerstörung, der Krieg und die Pest 120 Helene Strohl Ein gewisses Deutschland der zwanziger Jahre Hieronymus Rosch, Triptychon "Der Heuwagen", rech/er Flügel, 45 x 135 cm, 0/ auf Holz, etwa 1485-1490 Ein Vorwort Die folgenden 127 Seiten transportieren eine planerisdten Anstrengungen. Allerdings ist der düstere Fradtt von Beobadttungen, Gedanken, Horizont dabei des ölteren nidtt weiter gespannt als Urteilen und Prognosen. Tiefsinnig dazu, bis zur nädtsten Ecke: Tages(bau)politik; kluger, sophisticated jedenfalls, mandtmal audt versdtmockt. doch unaufwendiger Pragmatismus. Entspredtend Man könnte davonlaufen - um sidt damit verharrt die begleitende Theorie in der Regel auf der einzureihen in das Heer der Stadtflüdttigen, die, Ebene von Sozialhilfe. Ehrenhaft durdtaus. Die bewaffnet nur mit ihrem Hab und Gut, abrücken. Unehre aber, speziell unsere deutsdte, kann so tabu Mit Waffen aber eben dodt: denn was man mit sidt oder den Reden zu Jahrestagen von Gewalt nimmt - es sind ja nidtt nur Möbel und Koffer, anwendung, Zerstörung, Vernidttung vorbehalten sondern audt Erfahrungen, Fähigkeiten, bleiben. Ideen, Engagements -, es ridttet sich, indem man Ein Gedanke hat sidt darum bei uns nie gerührt, es aus der Stadt hinausbringt, gegen die Stadt; weder als Möglidtkeit, nodt als Forderung: entzieht ihr Substanz, magert sie aus, läßt sie jenen daß ein Denker oder Polyhistor, ein Philosoph oder Kräften zufallen, die Städte nur nodt braudten, um Poet unseren Planungsapparaten die Präambel sie zu mißbraudten. schreibe. So wie ein Jean Giraudoux einmal einer Hiergeblieben also! Um unserer selbst willen, wie Charta von Athen das Vorwort gab; ein Vorwort, man erkennen wird. Stehvermögen allerdings in dem der kommende Städtebau nidtt nur ein ist unter Beweis zu stellen am Standort Stadt. Wie "Abenteuer zwisdten Gesdtidtte und Legende, aber das? Gibt es etwa eine Durdthalteparole? zwisdten Sonne und Eis, zwisdten Metallen und Flut, Wie lautet sie denn? Und wer könnte sie ausgeben zwisdten Arbeit und Spiel, zwisdten Notwendigkeit mit mehr, mit selbstloserer Legitimation, als und Phantasie" genannt ist, sondern diesem sie den Stadtplanern, den Städtebauern, den Abenteuer audt seine Zeit zudiktiert wird: Stadtardtitekten zukommt? (Gegen diese Leute ist " ... zu genau dem Zeitpunkt, da die Substanz jeder ja, und zu Redtt, Antrag gestellt, sie für befangen zu Nation spezieller und belasteter wurde, da eine Krise, erklären.) Nun, wenn jemandes Wort Gewidtt die nadt Wadtstum aussah, der Welt neue Nationen hat, so das der "Geiseln" - jener potentiellen erstehen ließ, wurde die Substanz des Bürgers Geiseln, zu denen die Städter seit Hiroshima gemadtt schal und verflüdttigte sidt. über Grenzen, die worden sind. Sdton diesen - eigenen - Zustand hermetisdter versdtlossen waren, als wir es je erlebt zu besdtreiben, ist kein Spaß. Was Wunder, daß hatten, drang dodt überall ein Leben ein, das audt jedes Wort, das über soldte Darstellung ohne Braudttum, ohne Gesidtt und aus freien hinausgeht, von wütender Melandtolie durdtzogen Stücken niedrig und mittelmäßig war, ein Leben, das ist; und daß im Zusammenhang mit Stadt von sich dem nationalen Ganzen gegenüber servil Melandtolie audt wörtlidt die Rede sein muß. verhielt, aber in einem einfadten Herzen alle Audt wir, mit unseren kaputten Städten - oder der Grundlagen zersetzte." Erinnerung an das, was sie einmal waren (was Diesen Text, man ist versudtt zu sagen: diesen Text waren sie?) - sind ja nidtt ohne sie, jenseits von aus der Tradition der französisdten Moralisten Trauer. führen die Texte (wenn audt sidter nidtt alle) auf Aber wir führen diese Rede nidtt. Wir treiben den folgenden Seiten weiter. Mit gleidtem Impetus, Städtebau. Und wo nicht, flicken wir wenigstens, was oft dunkler nodt, noch hermetisdter; Gänge durdt an unseren einmal wirklidt bedeutenden Städten Brocken, Geröll, Pfade in die Tiefe des Labyrinths fahrlässig oder vorsätzlidt, direkt oder indirekt in Stadt. Seltsam, dort Nietzsdte zu begegnen. Und diesem Jahrhundert zerstört worden ist. Wir haben "deutsdtem Tiefsinn": Hölderlin- uns dazu Mittel, Instrumente und Verfahren Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch. gesdtaffen, die, zusammen gesehen, ohne Frage zu den fortsdtrittlichsten und leistungsfähigsten der Ungeadttet der Frage, ob sidt das alles annehmen Welt gehören. Um diese Mittel, Instrumente läßt, ob es mehr als bloße Zumutung ist, ob und Verfahren dreht sich unser Fragen: wie sie es uns ergreift oder ob wir es verdrossen weglegen anzuwenden sind zu dem Ziel, Gleidtgewichte zu - die Provokation, so über Stadt nadtzudenken, bewahren oder wiederherzustellen. Gleidtgewicht ist und audt vor-zudenken, bleibt. Das Wort haben ganz sicher der jüngste gemeinsame Nenner unserer die Verzweifelten. Ulrich Conrads 1 2 Piero della Francesca, Architekturprojekt tür eine ideale Stadt (Herzoglicher Palast Urbino) 3 Michel de Certeau tJ)lf.llNf. )11'1' Ililt])I. S'fLlIJI' lll. . S I)II~ )11~'llll)III~ll Die blinde Stadt gen, die man sieht, die aber nicht sehen können? Sturz des Ikarus. Auf der 11 O. Etage stellt ein Plakat dem Von der 110. Etage des World Trade Center aus Fußgänger, der für einen Augenblick zum Seher ge Manhattan sehen: Unter dem Nebel, den die Winde zu worden ist, die Rätselfrage der Sphinx: /t's hard to be sammenbrauen, richtet die Stadtinsel - ein Meer aus down, when you're up. (Man kann nicht ganz unten dem Meer - die Wolkenkratzer von Wall Street auf, sein, wenn man hier oben ist.) senkt sich bei Greenwich tief ein, erhebt sich erneut zu Der dringende Wunsch, die Stadt als Ganzes zu den Anhöhen von Midtown, besänftigt sich am Central sehen, ist den Möglichkeiten, ihn zu erfüllen, voraus Park und verebbt schließlich jenseits von Harlem. Die gegangen. Die Malerei des Mittelalters und der Renais senkrechte Dünung wird für einen Augenblick vom Blick sance stellte die Stadt perspektivisch dar, von einem festgehalten. Die gewaltige Masse kommt vor unseren Auge gesehen, das es gar nicht gab.- Sie erfand den Augen zum Stillstand. Sie verwandelt sich in eine Tex Flug über die Stadt und zugleich die Darstellung, die tur, in der die Extreme von Kampf und Elend zusam er möglich machte. Das Panorama verwandelte den Be mentreffen, die Gegensätze von Rassen und Stilen, die trachter in ein himmlisches Auge! Es schuf Götter. Hat Kontraste der Gebäude von gestern - die bereits als sich da etwas geändert, seit durch technische Vorgänge Vergangenheit abgetan wurden (New York, dieses Anti eine "alles sehende Macht" zustande kam?" Die von den Rom, hat nie zu altern gelernt) - zu den neuen Ein alten Meistem erfundene Fiktion hat ihre Verwirkli dringlingen, die den Raum verriegeln. Paroxysmen in chung erlebt. Nicht nur die bildhaften, auch die archi monumentalen Reliefs. Der Betrachter vermag sogar die tektonischen Schöpfungen, in denen sich heute die Uto ses aufwallende Stadtuniversum zu "Iesen". Hier wer pie konkretisiert, sind von der gleichen Ausweitung des den die Architekturformen einer coincidatio oppositorum Blicks besessen. Der 420 m hohe Turm, der den Bug verzeichnet, die einst in kleinstem Maßstab und als my von Manhattan bildet, setzt diese Fiktion fort, die Fik stische Texturen entworfen wurden. Auf dieser Szene tion, die "Leser" schafft, die die Komplexität der Stadt aus Beton, Stahl und Glas, die ein kaltes Wasser zwi lesbar macht und ihre undurchsichtige Mobilität in ei schen den beiden Ozeanen, dem atlantischen und dem nen klaren Text verwandelt. Dieses ungeheure Gewebe, amerikanischen, herausschneidet, wird der Exzeß an das man da unten vor Augen hat - ist es etwas anderes Aufwand und Produktivität' in den steilsten Schriftzei als eine Darstellung? Ein visueller Artefakt. Ein Ana chen der Erde zu einem gigantischen Ausdruck gebracht. logon zu dem Faksimile, das der Raumplaner, der Städte Zu welcher Erotik des Wissen-Wollens gehört die bauer oder der Kartograph herstellt, indem er gewisser Exstase, einen solchen Kosmos zu entziffern? Es mit maßen auf Distanz geht? Die Stadt als Panorama ist solcher Heftigkeit zu genießen? Ich frage mich, worin ein "theoretisches" Trugbild (das heißt ein visuelles). eigentlich das Vergnügen, eine Welt, die von der Hybris Sie ist insgesamt ein Bild, das nur dadurch zustande geschaffen wurde, ."als Ganzes zu sehen", den maßlo kommt, daß die praktischen Vorgänge vergessen und sesten aller menschlichen Texte von oben zu über verkannt werden. Der Gott als Zuschauer, der diese Fik schauen, zusammenzufassen, seinen Ursprung hat? tion hervorbringt und der, wie der Gott Schrebers, nur Auf den Gipfel des World Trade Center emporge Leichen' kennt, muß sich aus den undurchschaubaren hoben zu werden, heißt hingerissen zu sein von der Verflechtungen des täglichen Tuns heraushalten und sich Macht dieser Stadt. Der eigene Körper wird nicht mehr ihm entfremden. von den Straßen verschlungen, die ihn, nach einem nicht Die geWÖhnlichen Stadtbenutzer aber leben da un erkennbaren Gesetz, hierhin und dorthin lenken; unten ten (down), jenseits der Schwelle, dort, wo Sichtbarkeit ist er - Spieler oder Spielzeug - überwältigt vom un aufhört. Sie leben eine Elementarform dieser Erfahrung, klaren Lärm all des Verschiedenartigen und von der sie sind die "Gehenden", die Wandersmänner, deren Kör Nervosität des New Yorker Verkehrs. Wer aber da per sich dem Druck und Haarstrich eines "Stadt-Textes" oben hinaufsteigt, enthebt sich der Masse, die in sich fügen, den sie schreiben, aber nicht lesen können. Diese schon jedes klare Ich-Bewußtsein der Zuschauenden und Stadtbenutzer spielen mit unsichtbaren Räumen; sie ha Zuhörenden überschwemmt und verwischt. Ikarus dort ben eine blinde Kenntnis dieser Räume, so wie die Kör oben über diesen Wassern kann die Abgefeimtheit des per von Liebenden sich kennen. Die Wege, die sich in Daedalus in den wimmelnden endlosen Labyrinthen dieser Verflechtung treffen - unbewußte Dichtungen, vergessen. Sein Emporgehobensein macht ihn zum Zu in denen jeder Körper ein Element bildet, das unter schauer. Es schafft Distanz. Es verwandelt eine betören vielen anderen und durch viele andere gekennzeichnet de Welt in einen Text. Es erlaubt, ihn zu lesen, ein ist -, entziehen sich der Lesbarkeit. Alles geht so vor Sonnenauge, der Blick eines Gottes zu sein. über sich, als vollzöge sich, was zur Organisation der bewohn schwang einer visuellen und gnostischen Schwingung. ten Stadt gehört, blind.5 Die Gespinste dieser sich vor Nichts sein als dieser schauende Punkt, das ist die Fik wärtsbewegenden, sich kreuzenden "Schriften" setzen tion des Wissens. Wird man nachher zurückfallen müs sich zu einer vielfältigen Geschichte zusammen, die kei sen in den dunklen Raum, wo sich die Massen drän- nen Autor und keinen Beobachter hat, die sich aus 4 Die Metapher ist die Obertragung einer Bedeutung auf eine Sache, welche dadurch als eine andere beuichnet wird. Aristoteles, Poetik .. Aul der 110. Etage des Welthandelszentrums stellt ein Plakat dem Fußgänger, der lür einen Augenblick zum Seher geworden ist, die Rätsellrage der Sphinx ..." Bruchstücken von Flugbahnen und aus Veränderungen der Räume bildet: Verglichen mit den Darstellungen der Stadt, ist die bewohnte Stadt auf eine alltägliche und unbestimmte Weise anders. Es gibt eine Fremdartigkeit des Alltäglichen, die sich den imaginären Zusammenfassungen des Auges ent zieht, die nicht an der Oberfläche liegt oder deren Ober fläche nur eine vorgerückte Grenze ist, ein Rand, der sich vom Sichtbaren abhebt. Ich möchte in diesem Zu sammenhang die visuellen pan-optischen oder theoreti schen Praktiken hervorheben, die dem "geometrischen" oder "geographischen" Raum zuwiderlaufen. Diese Art, mit dem Raum umzugehen, führt zurück auf eine ganz besondere Form von Verfahrensweisen von Vorgängen, auf "eine andere Räumlichkeit"· (eine anthropologische, poetische oder mythische Erfahrung des Raumes) und auf eine undurchschaubare und blinde Beweglichkeit der bewohnten Stadt, auf eine Stadt der Wanderungen, die sich heimlich in den klaren Text der geplanten les baren Stadt einträgt. Vom Konzept zur Praxis Das World Trade Center ist nur die monumentalste Ausdrucksform des westlichen Städtebaus. Das Vorha ben, die Widersprüche, die sich aus der städtischen Mas sierung ergeben, zu artikulieren und zu überwinden, wird seit langem von der a-topischen Utopie visuellen Wissens getragen. Es handelt sich darum, das Anwach sen menschlicher Ansammlungen oder Akkumulationen zu lenken. Mit ihrer perspektivischen und ihrer prospek tiven "schürfenden" Sehweise, zweifache Projektion - einer undurchschaubaren Vergangenheit und einer un gewissen Zukunft - auf eine gefügige Oberfläche, lei TI eWmipesd eMrzuoldeesrenne:s . "NAeuwgu sYt/oSrekp tCemitby"e r v1o9n7 6A, lpapin. 1M5-e3d3a;m u, nidn : NLeews tet diese Utopie (seit dem 16. Jahrhundert?) die Um York Terminal. ed. Galilee. 1977. wandlung der "Tatsache Stadt" in ein "Konzept der Z Vergl. H. Lavedan. Les representatiuns des viJIes dans l'arl du Stadt" ein und - noch sehr viel früher, als das Kon Moyen-Age, Paris: Van Oest. 1942; R. Wittkower. Architecturals zept selbst Geschichte wird - ihre Anpassung an eine Principles in the age 0/ humanism, Londres: Tiranti, 1962. (Deut urbanistische Ratio. sdte Ausgabe: Rudolf Wittkower. Grundlagen der Architektur Die Verbindung von Stadt und Stadtkonzept führt im Zeitalter des Humanismus, München: ,Beck, 1969.); L. Marin, zwar niemals zu einer Identität, aber die Stadt profi Utopiques: jeux d'espaces, &I. Minuit, 1973; ete. tiert von einer immer engeren Symbiose: eine Stadt qS uMe .( lF7o~1u)c. aBuletl,f o"nLd'o. e1i9l 7d7.u pp. o1u6v. oir", in: J. Bentham, LI! PalJopti planen heißt, die Vielfalt der Wirklichkeit zu bedenken 4 D. P. Scheeber. Memoires d'un nevrupalhe, lrad., Seuil, 1975, und diesen Gedanken der Vielfalt wirksam zu machen. pp. 41, 60, etc. (Deutsche Ausgabe: .oaniel Paul Schreher: Denk Und das wiederum bedeutet: wissen - und artikulie würdigkeiten eines Nervenkranken, Frankfurt. Berlin. Wien: ren können. Ullstein 1973.) Die ,.Stadt", umschrieben durch den utopischen und 5 Schon für Descartes - in seinen "Regulae" - war der Blinde urbanistischen Diskurs7, ist durch die Ergebnisse definiert, ein Garant der (Er)Kenntnis der Dinge und Orte gegenüber den die aus der möglichen Anwendung dreier Verfahren Illusionen und TäusdlUngen des Blicks. resultieren: die Herstellung eines angemessenen Raums • M. Merleau-Ponty. Phenumenologie de la percepfion, Galli (eine rationale Organisation muß alle physischen, geisti mard, col!. Tel. 1976, pp. 332-333 (Deutsche Ausgabe: Maurice Merleau-Ponty: Phänomenologie der Wahrnehmung, Berlin: Oe gen und politischen "Verschmutzungen" ganz nach außen Gruyter 1966 - Phänomenologisch-psychologische Forschungen, abdrängen); das Ersetzen von Traditionen samt ihres un Bd. 7). angreifbaren und hartnäckigen Widerstands durch eine 1 Vgl. F. Choay, .. Figures d'un discours inconnu", in: Crilique, Nicht-Zeit oder ein synchrones System (eindeutige Stra April 1973. pp. 293-317. tegien, die durch das Zutagetreten aller Gegebenheiten 5 möglich geworden sind, müssen die Taktiken ersetzen, die sich mit den "Gelegenheiten", mit den Fällen der Zufälle, den Dunkelheiten der Geschichte herumzuschla gen haben); schließlich die Schaffung eines allgemeinen und anonymen Gegenstandes (der ist dann die Stadt selbst: wie bei ihrem Vorbild, dem Staat von Hobbes, wird es möglich, nach und nach alle Funktionen und Attribute, die bis dahin verstreut und von zahlreichen wirklichen Dingen, von Gruppen, Vereinigungen, Indi viduen beeinflußt waren, auf sie zu übertragen.) Die Stadt bietet also die Möglichkeit, einen Raum aufgrund unveränderlicher, isolierbarer und aufeinander bezoge ner Eigenschaften zu konzipieren und zu konstruieren. An diesem Ort, der durch "spekulative" und klas sifizierende Prozesse" geordnet wird, verbindet sich Lenkung mit Aussonderung: Auf der einen Seite voll zieht sich die Differenzierung und Umverteilung der Teile und Funktionen einer Stadt aufgrund von Um polungen, Verlagerungen, Verdichtungen usw., auf der anderen wird das verworfen, was sich nicht handhaben läßt und also den "Ausschuß" einer funktionalistischen Verwaltung darstellt (Anormalität, Devianz, Krankheit, Tod usw.). Sicherlich, der Fortschritt erlaubt es, einen wachsenden Anteil des "Ausschusses" wieder in den Kreislauf der Verwaltung aufzunehmen, und verwandelt sogar die Einbußen (was Gesundheit und Sicherheit an geht) noch in Mittel, um das Ordnungsnetz dichter zu knüpfen. Tatsächlich aber bewirkt er unablässig das Ge genteil des Anvisierten: Das System des Profits erzeugt einen Verlust, der, unter mannigfachen Formen des Elends außerhalb und der Vergeudung im Innern des Systems, die Produktivität· unausgesetzt in "Aufwand" verkehrt. Außerdem bringt die Rationalisierung der Stadt ihre Mythisierung innerhalb der strategischen Er örterungen mit sich. Schließlich gerät über der funktio nalistischen Organisation, die den Fortschritt (die Zeit) fördert, der Zustand des Möglichen, nämlich der Raum selbst, in Vergessenheit und wird zum eigentlich "Un gedachten" einer wissenschaftlichen Technologie und der Politik." So funktioniert also die "Stadt als Konzept" - ein Ort von Umbildungen und Aneignungen, aber auch ein Gegenstand, der unablässig durch neue Eigenschaf ten bereichert wird: zugleich Maschinerie und Held der Modernität. Wie auch immer die Verwandlungen gewesen sein mögen, die dieses Konzept durchzumachen hatte, man ~ Man ,kann die städtebaulichen Techniken, welche die Dinge wird feststellen müssen, daß, wenn die Stadt in der Er räumlich einordnen, der Tradition einer "Kunst des Gedächtnis örterung als eine vieles subsummierende und quasi my ses" (vgl, F. A. Yates, L'art de /a memoire, Gallimard, 1975) thische "Richtmarke" für sozio-ökonomische und poli zurechnen. Das Vermögen, eine räumliche Ordnung des Wissens tische Strategien dient, das Stadtleben mehr und mehr zu schaffen, entwickelt sich zugleich mit dieser "Kunst", bestimmt alles das wieder nach oben durchdringen läßt, was die entscheidend die Utopien und läßt sich bis in das "Panoptikum" Stadtplanung aus ihr auszuschließen versucht hat. Die von Bentham zurückverfolgen: Eine feste Form ~ trotz der Viel Sprache der Macht "urbanisiert" sich, aber die (Groß-) falt der Inhalte (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) und der Stadt ist widersprüchlichen Bewegungen ausgeliefert, Projekte (zu bewahren oder neu zu schaffen), die dem Stand des jeweiligen Wissens entsprechen. die sich gegenseitig kompensieren und miteinander ver • M. Foucault, ibid .• p. ,13. binden. Die Stadt wird zwar zum beherrschenden The to ,M. Foucault, Surveiller et punir, Gallimard. 1975 (neutsche ma der redseligen Politiker, aber sie ist kein Feld pro Ausgabe: Michel Foucault, Vberwachen und Strafen: die Geburt grammatischer und kontrollierter Prozesse. Mit den Er des Gefängnisses, Frankfur,t: Suhrkamp 1976.) örterungen, die die Stadt ideologisieren, gedeihen auch 11 Christopher Alexander: Die Stadt ist kein Baum (Erstver Ränke und Bündnisse von Mächten ohne ablesbare öffentlichung "A City is not a Tree" im April und Mai 1965 Identität, ohne faßbares Besitzergreifen, ohne rationale in der Zeitschrift Architectural Forum). Heft 7/1967, S. 282, in Transparenz, Vorgänge, die sich nicht lenken lassen. "Bauen + Wohnen", München. Die Stadt als Konzept kommt immer mehr herun d12' aSuijeohuer d'dhauziu, Ndri.e 1H53i,n wDeeizs.e 19v7o0n -R. JaBn.a rt1h9e7s1 , ipnp: . A1,r1c-1h3i te(c"tWurier ter. Läßt sich sagen, daß die Krankheit, unter der die sprechen zu 'Unserer Stadt [. ..] einfach dadurch, daß wir sie be Ratio, die sie geschaffen hat, und ihre "Professionellen" wohnen, in ihr herumlaufen, sie uns anschauen"); und von leiden, auch die Stadtbevölkerungen befallen hat? C. Soucy, L'image du centre dans quarre romans contemporains, Werden vielleicht Städte im gleichen Zeitmaß CSU, 1971, pp, 6-15. schadhaft, wie die Prozeduren veralten, durch die sie 13 Vgl. die zahlreichen diesem Gegenstand gewidmeten Studien organisiert worden sind? Aber wir sollten unseren Ana seit J. Searle: "W,hat is a Speech Act?" in: 'M. Black {bel.), lysen mißtrauen. Die Diener des Wissens haben schon PhiJosophy in America, Allen & Unwin and Cornell University immer angenommen, daß das Universum von Verände Press, 1965, pp. 221-239. u E. Benveniste, Problemes de Iinguistique generale, t. 2, Galli rungen bedroht ist, die ihre Ideologien erschüttern und mard, 1974, pp. 79-88. ete. (Deutsche Aus.gabe: Emile Benveniste, ihre Theorien zu Theorien des Unheils machen können. Probleme der allgemeinen Sprachwissenschaft, Frankfurt: Syndi Doch bedürfen sie, um ihre Geistesverwirrungen in kat Autoren-und Verlagsgesellsehaft, 1977.) "Katastrophen" umzuwandeln, um das Volk in der 6