Reineke / Sülzer Organisations beratung in Entwicklungsländern Rolf-Dieter Reineke / Rolf Sülzer (Hrsg.) Organisationsberatung in Entwicklungsländern Konzepte und Fallstudien GABLER Dr. Rolf-Dieter Reineke ist Berater bei einer international führenden Unternehmensbe ratergesellschaft. Dr. Rolf Sülzer leitet die Abteilung "Organisations-, Kommunikations- und Manage mentberatung" bei der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH in Eschbom. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Organisationsberatung in Entwicklungsländern: Konzepte und Fallstudien 1 Rolf-Dieter Reineke ; Rolf Sülzer (Hrsg.). -Wiesbaden: Gabler, 1995 ISBN 978-3-409-13781-2 ISBN 978-3-322-90728-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-90728-8 NE: Reineke, Rolf-DieteT [Hrsg.] Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen der Bertelsmann Fachinformation. © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 1995 Lektorat: Barbara Marks Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlieh geschützt. Jede Ver wertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustim mung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfälti gungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbei tung in elektronischen Systemen. Höchste inhaltliche und technische Qualität unserer Produkte ist unser Ziel. Bei der Produktion und Verbrei tung unserer Bücher wollen wir die Umwelt schonen: Dieses Buch ist auf säurefreiem und chlorfrei gebleich tem Papier gedruckt. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. ISBN 978-3-409-13781-2 VonwortderllerQusgeber Die weltweit zunehmende Dynamik und die sich schnell ausbreitenden Veiflechtungen in allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens erhöhen den Veränderungsdruck bei staatlichen und privaten Organisationen. Dies gilt auch und gerade in Entwicklungs und Transformationsländern. Selbst bei den Industrie- und Schwellenländern, die wirtschaftlich prosperieren, muß gefragt werden, ob die erkennbaren Entwicklungs tendenzen bei einer längerfristigen Betrachtung nicht in eine Sackgasse führen. Die strategischen Herausforderungen sind wohl nicht mehr mit den alten Paradigmen zu bewältigen. Isoliert ökonomisch oder eng technisch ausgerichtete Interventionen im Rahmen der Internationalen Zusammenarbeit haben sich nicht nur als begrenzt wirksam sondern in vielen Fällen auch als kontraproduktiv erwiesen. Das Konzept einer Ent wicklung ohne begleitende Entwicklung der Organisationen ist nicht tragfähig. Es sind die Organisationen und die in ihr tätigen Menschen, die für das Management der Veränderungsprozesse verantwortlich sind. Die institutionelle Gestaltung der Entwick lungsprozesse ist mithin wenigstens genauso wichtig wie die Gestaltung der fachlich technischen Inhalte. Vor diesem Hintergrund haben Auslands-und Inlandsmitarbeiter sowie Wissenschaftler und international tätige Berater der Abteilung "Organisations-, Kommunikations- und Managementberatung (403)" der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH ihre Erkenntnisse, Erfahrungen und Ideen zur Rolle und Methodik der Organisationsberatung zusammengeführt. Es ist ein erster Ansatz des fachlichen Austauschs in diesem Themenfeld. Ausgangspunkt war dabei die Über legung, daß zukunftsorientierte Organisationsberatung - gerade auch in der inter nationalen Entwicklungszusammenarbeit -die gesellschaftliche Aufgabe von Organisa tionen berücksichtigen muß. Dazu ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise erforderlich, bei der die Auseinandersetzung mit politischen, wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Zielen in den Beratungsprozeß integriert wird. Zukunftsorientierte Restrukturierungsbemühungen und Transformationsprozesse betreffen sowohl die Ebene der gesamtgesellschaftlichen Systeme und Strukturen als auch die der einzelnen Organisationen und das Netzwerk ihrer vielfältigen Beziehungen. Dieser ganzheitliche, die Makro-, Meso- und Mikroebene umfassende Ansatz bedeutet aber auch, daß die Art der Entwicklungsprozesse, die Art der Interventionen und die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten der damit befaßten Berater/-innen und Experten/-innen hinterfragt werden müssen. v Die Herausgeber haben, als Ergebnis intensiver Diskussion mit den Autoren, den konzeptionell-theoretischen Beiträgen sowie den Fallstudien eine Einfiihrung vorangestellt, um den Leser auf diese Weise durch das Buch zu begleiten. Unser Dank gilt den Autoren, die sich mit ihrem Beitrag fiir ein wichtiges Thema engagiert und sich nicht nur die Zeit zum Schreiben des Beitrags sondern auch fiir die Bearbeitung genommen haben. Ohne das Engagement von Frau Teresa Martinez bei der Textverarbeitung und beim Layout und von Frau Beate Wörner bei der Fahnenko"ektur läge das Buch sicher noch nicht vor - ihnen an dieser Stelle einen herzlichen Dank. Wir hoffen, daß dieses Buch die Diskussion im In- und Ausland anregt, und würden uns über weiterführende, neue Perspektiven und praktischeE rfahrungen sehr freuen. Schmitten und Wildsachsen, im Januar 1995 Rolf-Dieter Reineke RolfSülzer VI Inhaltsverzeichnis Vorwort der Herausgeber ............................................................................................. V Teil I: Konzepte 1 Peter L. Fedon Alte Verhältnisse in neuen Projekten? Zur Konzeption von Beratung in Projekten der Internationalen Zusammenarbeit .......................... 1 2 Karl-Heinz Hasenritter Ansätze der Weltbank zum "Institutional Development" - eine kritische Würdigung ............................................................................ 25 3 Peter Blunt Die kulturellen Grenzen der prozeßbegleitenden Beratung in der Entwicklungszusammenarbeit ........................................................... 49 4 Rabindra N. Kanungo, Manuel Mendon~a Personalmanagement in Entwicklungsländern: Bedeutung fur die Managementberatung ...................................................................... 69 5 Moses N. Kiggundu, Bernard Z. Dasah Professionelle Effektivität ausländischer Berater in Entwicklungsländern .................................................................................. 95 6 Rolf-Dieter Reineke Beraterethik im internationalen Kontext .................................................... 125 VII TeilII: Fallstudien 7 Arthur Zimmermann Intermittierende Prozeßberatung rur eine Nichtregierungs- organisation -Fallbeispiel Westafrika ........................................................ 147 8 Rainer Müller-Glodde Prozeßberatung in Unternehmensverbänden -Fallbeispiel Brasilien ........... 185 9 Hans Walker Von der Fachberatung zur Prozeßberatung in einem Landwirtschafts- ministerium -Fallbeispiel Simbabwe ......................................................... 229 10 Hejo Heussen Transparenz, Rollenkonflikte und Abbruch der Beratung in Prozessen der Organisationsentwicklung -Fallbeispiel Ost-Karibik ........................... 265 11 Renata Kiefer Organisationsentwicklung eines Forschungsinstituts durch Personalentwicklung -Fallbeispiel Paraguay ............................................. 289 12 Martin Harder Organisationsentwicklung in einer Selbsthilfeorganisation über interne OE-Ausbildung -Fallbeispiel Westafrika ....................................... 313 VIII Alte Verhältnisse in neuen Projekten? Zur Konzeption von Beratung in Projekten der Internationalen Zusammenarbeit Peter L. F edon Die Kritik an Langzeitexperten als Ausgangspunkt 2 Der Experte: Ein Virtuose der Entwicklungsarbeit 3 Positionsmacht versus Beratung 4 Erde-, Wasser-, Feuer-und Luftprojekte 5 Das Expertenmodell -ein Auslaufinuster? 6 Beratung als Prozeß 7 Zur Differenz zwischen Berater und nachfragender Organisation - eine andere Bera tungskonzeption 8 Perspektiven der Beratung in der Internationalen Zusammenarbeit 9 Dialog-und lernorientiertes Projektmanagement Literaturverzeichnis Dr. Peter L Fedon; nach Studium in Deutschland und Großbritannien Forschungs und Lehrtätigkeit an der Universität Marburg; anschließend Beratungstätigkeit in Deutschland und im Rahmen der Technischen Zusammenarbeit in Südamerika und Asi en; seit 1985 angestellt bei der Deutschen GesellschaftJür Technische Zusammenarbeit (GlZ) GmbH als Seniorberater in den Bereichen Human Resources Management und Organisationsberatung, davon fünf Jahre in Asien; gegenwärtig Hochschuldozent und Berater am Institute of Technology in Bandung/Indonesien. Einführung der Herausgeber Organisationsberatung in der Technischen Zusammenarbeit ist geprägt von der Entwicklungsgeschichte dieser Form der Auslandshilfe: Projekte und entsandte Fachkräfte (Langzeitexperten). Dieses "Expertenmodell" ist seitens der Weltbank für Afrika in Frage gestellt worden, weil es zu einem Rückbau der Eigenverant wortlichkeit führe. Peter Fedon, selbst zur Zeit Langzeitberater der GTZ in Indo nesien, setzt sich mit der Effizienz von Beratungseinsätzen ausländischer Langzeit experten auseinander. Anhand einer Übertragung der Ziel-Methoden-Matrix von Turner und Cochrane auf Projekte der Technischen Zusammenarbeit macht er deutlich, daß die ''Lösung'' der durch die Aufgabenvielfalt der Experten entstehen den Konflikte durch das Hinzufügen immer neuer Rollen oder durch Rollenkom promisse ein Irrweg ist. Er weist zudem nach, wie die Konzepte der Planer die Vorgehensweisen in den Projekten bestimmen -einschließlich der Personalrekrutierung. Damit greift er auf eine kritische Analyse von Albert Waterston aus den sechziger Jahren zurück, der kritisierte, daß Planung zu sehr vom "Wollen" bestimmt sei und zu wenig von der Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit. Weder gibt es nur ein Modell für die Technische Zusammenarbeit noch den einen "Königsweg" der Planungsmethode. Planungsmethoden werden in Zukunft daran zu messen sein, wie gut sie in der Lage sind, die Dynamik der Entwicklung von Orga nisationen und die Übergänge von einem Systemzustand in den anderen zu berück sichtigen. Viel häufiger als früher wird Transitionsmanagement gefragt sein. 2 1 Die Kritik am Langzeitexperten als Ausgangspunkt In der Technischen Zusammenarbeit (TZ) scheint es ein latentes Problem zu geben, das sich u.a. in periodisch wiederkehrenden Diskussionen um die Rolle von "externen Exper ten" manifestiert. Der geographische Fokus dieser Diskussionen ist zumeist Afrika. Glaubt man den Kritikern, ist dort die Diskrepanz zwischen eingesetzten TZ-Mitteln und quantifizierbaren Resultaten am größten. Da der Einsatz von Langzeitfachkräften aus dem Norden als teuerstes Instrument der TZ gilt und in seiner Wirksamkeit auch immer wieder von den Ländern des Südens in Frage gestellt wird, erscheint das Thema "Auslandsexperte" als Kristallisationspunkt der kritischen Debatte durchaus verständlich. Allein die vorgetragenen Argumente deuten darauf hin, daß unter ihrer Oberfläche und jenseits von Kostenargumenten eine beträchtliche Erklärungsnot existiert, die sich auf Selbstverständnis, Rollen und Leistungen von externen Fachleuten in Projekten der TZ bezieht. Es blieb einem der Vizepräsidenten der Weltbank vorbehalten, dieses Thema mit einem politisch hörbaren Paukenschlag einmal mehr auf die Tagesordnung zu setzen. In einer Rede forderte Edward Jaycox, die Weltbank solle zukünftig keine Langzeitexperten mehr in Afrika einsetzen (Jaycox 1993). Vielmehr gehe es darum, im Rahmen einer "African Capacity Building Initiative" eine kritische Masse von afrikanischen "Policy Analysts and Managers" heranzubilden, die das Projektmanagement in eigene Hände nähme. 2 Der Experte: Ein Virtuose der Entwicklungsarbeit Die deutschen Reaktionen auf diesen publikumswirksamen Vorstoß der Weltbank - des sen Argumente nicht unbedingt neu sind - folgen durchaus dem bekannten mainstream der praxisbezogenen entwicklungspolitischen Diskussion. Eberhard Bauer (1994, 48) argumentiert auf Basis einer Querschnittsanalyse von TZ Projekten zugunsten von Langzeitexperten, die als technische Fachspezialisten über die zusätzlichen didaktischen, analytischen und diagnostischen Fähigkeiten eines Beraters verfugen sollten. Da er diese Art von Fachleuten im Laufe seiner Untersuchungen in den Projekten kaum angetroffen hat, plädiert er fur entsprechende Fortbildungsmaßnahmen bzw. fur eine Begleitung der Projekte durch Beratungsfachleute. Nüchtern konstatiert Bauer jedoch ein Desinteresse der technischen Spezialisten an Beratungswissen und Se minaren zur eigenen Fortbildung in Beratungsmethodik. Dafur macht er die überwiegend technischen Projektkonzeptionen verantwortlich, die diesen Typus von Projekt- 3