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Online-Recht: Rechtsprobleme kommerzieller Websites deutscher Unternehmen PDF

93 Pages·2000·0.43 MB·German
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Online-Recht: Rechtsprobleme kommerzieller Websites deutscher Unternehmen Inhaltsverzeichnis Die Gliederung. Kapitel 1: Cyberspace - ein öffentlicher Raum neuen Typs? l 1 .0 Einführung l 1 .1 Entwicklung und Begriff l 1 .2 Systembedingte Rechtsprobleme l 1 .3 Nationales Recht und Gerichtsstand l 1 .4 Deutsche Unternehmen im Internet Kapitel 2: Kollisionsfälle der Domain-Namen l 2 .0 Einführung l 2 .1 Das Domain-Name-System l 2 .2 Schutz von Kennzeichen, Marke und Name l 2 .2.1 Kollisionsfall Konkurrenzunternehmen l 2 .2.2 Kollisionsfall branchenfremdes Unternehmen l 2 .2.3 Kollisionsfall bekannter Marken und bekannter Kennzeichen l 2 .2.4 Kollisionsfall Benutzung durch Privatpersonen l 2 .2.5 Der Schutz des Namens l 2 .3 Markenschutz für Domain-Namen Kapitel 3: Rechtsprobleme der Website-Gestaltung l 3 .0 Einführung l 3 .1 Abruf von Informationsseiten l 3 .2 Gestaltungselemente von Webseiten l 3 .2.1 Verantwortung für Hyperlinks l 3 .2.2 Inline-Linking l 3 .2.3 Frames l 3 .3 Indizierung für Suchmaschinen l 3 .4 Urheberrechtliche Aspekte l 3 .4.1 Urheberpersönlichkeitsrechte l 3 .4.2 Verwertungsrechte l 3 .4.3 Entstehung der Inhaberschaft l 3 .4.4 Exkurs: Die Verwertungsgesellschaften l 3 .5 Haftung bei verteilter Redaktion Kapitel 4: Rechtsprobleme der Website-Inhalte l 4 .0 Einführung l 4 .1 Werbung im World Wide Web l 4 .2 E-Mail als Instrument der Werbung l 4 .3 Veröffentlichung von Personenlisten Kapitel 5: Verkaufen im World Wide Web l 5 .0 Einführung l 5 .1 Preisnennung auf Webseiten l 5 .2 Schutzpflichten des Anbieters l 5 .3 Kaufverträge per E-Mail und WWW l 5 .3.1 Das Zugangsproblem l 5 .3.2 Das Beweisproblem l 5 .3.3 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) Kapitel 6: Marktforschung und Datenerhebung l 6 .0 Einführung l 6 .1 Die Online-Einwilligung l 6 .2 Leistung nur nach Einwilligung? l 6 .3 Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten l 6 .4 Strafrechtliche Folgen Kapitel 7: Rechtsprobleme mit Auslandsbezug Kapitel 8: Zusammenfassung Literaturverzeichnis Bitte wählen Sie Ihren Schwerpunkt oder nutzen Sie die Volltextrecherche. Wenn Sie den Pfeilhinweisen am Fuß jeder Seite folgen, können Sie diese Website wie ein Buch lesen. Kapitel 1: Cyberspace - ein öffentlicher Raum neuen Typs? © 1998-2000 Ulrich Werner Online-Recht: Rechtsprobleme kommerzieller Websites deutscher Unternehmen Kapitel 1 - Cyberspace als öffentlicher Raum? 1. Cyberspace. Ein öffentlicher Raum neuen Typs? 1.0 Einführung 1.1 Entwicklung und Begriff 1.2 Systembedingte Rechtsprobleme 1.3 Nationales Recht und Gerichtsstand 1.4 Deutsche Unternehmen im Internet 1.0 Einführung. Die steigende Nutzung des Internet auch in der deutschen Bevölkerung zeigt eine Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) auf - aktuell nutzen rund 5,9 Millionen Bundesbürger Online-Medien, rund 4,9 Millionen befinden sich regelmäßig im Internet, die Hälfte davon täglich. An erster Stelle der Nutzung steht mit 37 % das Empfangen und Versenden von E-Mails, an zweiter Stelle die Suche nach kostenlosen Informationen und an dritter der Unterhaltungsaspekt. Die technischen Möglichkeiten vorwiegend der internetbasierten Dienste haben neue Wege der Kommunikation geschaffen, die unabhängig von zeitlichen, geographischen oder technischen Grenzen liegen. Der damit einhergehende Eindruck, es gäbe auch keine rechtlichen Grenzen, ist nur bedingt richtig bzw. bedingt falsch. Sicherlich besteht die geltende Rechtsordnung weiter und soll in dieser Arbeit für die Internetpräsenz deutscher Unternehmen beleuchtet werden. Aber die globale Kommunikation schafft Internationalität und Komplexität auch der juristischen Fragestellungen in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Dies schafft die Notwendigkeit von Anpassungen an die spezifischen Eigenarten des nachfolgend dargestellten neuen Medientyps. Entsprechend dem völkerrechtlichen Grundsatz der Souveränität gilt deutsches Recht im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Soweit Aktivitäten im Internet die juristischen Hoheitsgebiete anderer souveräner Staaten berühren, gilt zudem deren nationales Recht. Weiter noch geht die EU-Datenschutzrichtlinie, die das Recht der Europäischen Union für anwendbar erklärt, wenn eine Unternehmung eine Niederlassung in der EU hat. In diesem Fall hat die EU-Datenschutzrichtlinie auch Geltung für Datenübertragungen zwischen Niederlassungen dieser Unternehmung in Drittstaaten. Auch Daten, die in Drittstaaten verarbeitet werden, fallen unter diese Bestimmung, sofern die Verarbeitung einem in der EU niedergelassenen Unternehmen unterstellt ist. Wie bei allen neuen Technologien werden Rechtsfragen zunächst in inhaltlicher Analogie zur bestehenden Rechtsprechung eine Antwort suchen (wie z.B. in der Behandlung von Werbe-Mails analog zur Faxwerbung). Allerdings gibt es Rechtsprobleme, für die solche Analogien nicht zu einer befriedigenden Lösung führen und die der grundlegenden Neugestaltung der Behandlung solcher Rechtsprobleme bedürfen. Ein Beispiel dazu ist der Vertragsschluß per E-Mail. Diese Website stellt, nach einer Einführung in die Grundlagen des Cyberspace als neuer Art öffentlichen Raumens, die typischen Fragestellungen heraus, mit denen nahezu jedes Unternehmen konfrontiert wird, das die Internet-Technologien zur Marktkommunikation einsetzt. Die Betrachtungen gehen dabei von der Grundlage der Website einer Unternehmung im Internet aus und erläutern die Rechtsprobleme der häufigsten technischen, gestalterischen und inhaltlichen Komponenten, wobei insbesondere die unterschiedlichen Positionen der aktuell kontroversen Diskussion herausgearbeitet und deren rechtliche Bewertung vorgenommen wird. Einer breiten Betrachtung der alltäglichen Rechtsprobleme wurde in Anbetracht der vorgegebenen umfänglichen Restriktionen der Vorzug vor der tiefgehenden technischen Betrachtung gegeben. 1.1 Cyberspace - Entwicklung und Begriff © 1998-2000 Ulrich Werner Online-Recht: Rechtsprobleme kommerzieller Websites deutscher Unternehmen Kapitel 1 - Cyberspace als öffentlicher Raum? Kapitelübersicht 1.1 Entwicklung und Begriff. Einleitend sind die Besonderheiten des "Cyberspace" zu verdeutlichen, da sie spezifische Anforderungen an die rechtliche Bewertung, aber auch an die Handhabung diverser rechtlicher Instrumente stellen. Der Begriff selber entstammt dem Roman "Newromancer" von William Gibson und bezeichnet eine virtuelle Welt (genannt: Matrix), die durch unmittelbaren Anschluß des menschlichen Bewußtseins an einen Computer betreten wird und keine Entsprechung in der realen Welt hat. Obschon heute Maus, Tastatur und Bildschirm noch zwischen virtueller und realer Welt liegen, erscheint die durch weltweite Computervernetzung entstandene virtuelle Welt zunehmend als eigenständige Dimension und ist insofern Gibson´s Cyberspace ähnlich. Der Begriff "Internet" bezeichnet zunächst nur die Tatsache, daß vernetzte Computer weltweit über ein gemeinsames Protokoll (TCP/IP ) Daten austauschen können. Der häufig verwendete Begriff "Online-Kommunikation" impliziert eine Priorisierung der Datenleitungen und hat dazu geführt, daß umgangssprachlich heute auch das Leitungsnetz als Internet bezeichnet wird; dieses besteht in den meisten der beteiligten Staaten aus Hochgeschwindigkeitsverbindungen als "Rückgrat" (Backbone), die für einen hohen Datendurchsatz in nationalen, kontinentalen und transkontinentalen Leitungen sorgen. An diese Backbones sind weitere Netzwerke unterschiedlicher Größenordnungen angeschlossen, deren Nutzer über spezifische Netzwerkverbindungen, sehr häufig aber über analoge oder digitale Telefonverbindungen aufgeschaltet werden. Aus Struktur leitet sich die Bezeichnung als "Netz der Netzwerke" für das Internet ab. Die dem Internet zugrundeliegende Idee stammt von RAND, einer Ideenschmiede für Szenarien thermo-nuklearer Kriege, aus dem Entwurf eines Kommunikationssystems, welches nukleare Schläge überstehen kann, da es einerseits dezentral organisiert ist und andererseits die Datenpakete nicht als Ganzes verschickt werden. Diese Vorgaben wurden beim Internet durch das Verfahren des "package switching" erreicht, bei dem jede elektronische Botschaft in individuell gekennzeichnete Teile zerlegt wird, die separat auf dem jeweils schnellsten Weg im Internet von Computer zu Computer weitergereicht werden, um anhand der Individualisierung beim Empfänger automatisch wieder rekonstruiert zu werden. Der Weg, den ein Päckchen nimmt, ist dabei unerheblich; fehlt eines, fordert die entsprechende Software auf dem empfangenden Rechner dieses Teilpaket vom Versender nochmals an. Die durch Dezentralisierung erreichte Robustheit des Systems bedeutet das Fehlen einer organisierenden Zentrale, somit auch einer ordnenden Kontrollinstanz. Die Irrelevanz geographischer Grenzen wird deutlich an der Wirkungslosigkeit staatlicher Zensurversuche beim Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tianamen) in Peking oder im Golfkrieg. Kommunikation, Information, Multimedialität und Interaktivität stellen in dieser Kombination einen öffentlichen Raum neuen Typs her, in dessen Qualität erhebliche Unterschiede zu anderen Medien liegen. Visionäre sehen für die Zukunft interaktives Fernsehen, Electronic Commerce mit Bestellung und Bezahlung sowie die Teilnahme an Parlamentswahlen als alltägliche Vorgänge in jedem Haushalt. Es ist zu früh, um solche Entwicklungen zu kommentieren; glaubwürdig erscheint derzeit jedoch die These, daß es durch die Medienintegration zu einem Zusammenwachsen von Rundfunk, Fernsehen, Telekommunikation und Computernetzwerken kommt, die letztlich sämtlich ihre Inhalte in Form von digitalen Daten bereitstellen. Zudem mehren sich die Angebote von IBM und anderen Anbietern, komplette Hausverwaltungen über eine TCP/IP-Verbindung fernzusteuern. Die umgangssprachlich zunehmend synonyme Verwendung der Begriffe Online-Dienst, World Wide Web (WWW, kurz Web), Internet, E-Mail und Cyberspace täuscht über die grundlegenden Unterschiede hinweg und verwischt zudem die notwendige Abgrenzung, was in welchem Dienst getan werden kann. Online-Dienste sind Unternehmen, die neben dem Internet-Zugang (als Access-Provider) für eine geschlossene Kundengruppe auch aufbereitete Inhalte (als Content-Provider) bereitstellen. Die zentralisierte Struktur ermöglicht kundengruppenspezifische Inhaltsangebote, aber auch eine ordnende Kontrollinstanz. Teilnehmer von Online-Diensten wie weltweit AOL (America Online), CompuServe, national T-Online (Telekom) oder regional CityWeb (WAZ und Spiegel) können über eine "Schleuse" (Gateway) auf das Internet zugreifen, während Internet-Benutzern der Zugriff auf die Online-Dienste-Inhalte verwehrt ist - schließlich wollen die Mehrwert-Dienste den Mehrwert auch bezahlt bekommen. Während inzwischen alle namhaften Online-Dienste elektronische Post (E-Mail) und Internet-Zugriff anbieten, unterscheiden sie sich durch das diensteinterne Zusatzangebot; so richtet sich AOL vorwiegend an Familien und Freizeitinteressierte und CompuServe an Unternehmen, T-Online bietet Online-Banking auf Basis eigener, vom Internet verschiedener Protokolle an. World Wide Web und E-Mail sind Dienste des Internet. Der Begriff "Dienste" wird deutlich an den Beispielen ISDN (Telefonie, Telefax, Teletext u.a.) und Deutsche Post AG (Briefpost, Paketpost u.a.). Es gibt eine Reihe weiterer Internetdienste wie FTP, Wais oder IRC , die jedoch für die Betrachtung des hier zu behandelnden Themas von nachrangiger Bedeutung sind. Das World Wide Web stellt die im Internet verfügbaren Inhalte diverser Formate (Texte, Grafiken, Datenbanken usw.) miteinander verknüpft unter einer gemeinsamen Oberfläche dar. Interaktivität, Multimedialität und Benutzerfreundlichkeit haben seit 1993 den weltweiten Boom des bereits 1968 entwickelten Internet ausgelöst. Die Besonderheit der Informationspräsentation im WWW beruht auf der Verknüpfung von Dokumenten durch Hyperlinks, deren Anklicken mit der Maus das verknüpfte Dokument auf den lokalen Rechner lädt und im Browser anzeigt (vgl. Abschnitt 3.2). Die Homepage bezeichnet dabei die Einstiegsseite, von der Hyperlinks zu den anderen Seiten innerhalb einer Website leiten; die Homepage ist vergleichbar der Titelseite eines Buches, die Website mit dem gesamten Buch und die Webseiten mit den einzelnen Blättern, die der Titelseite folgen - allerdings im Gegensatz zum realen Buch mit Hyperlinks untereinander verknüpft; ein sequentielles Vorgehen wie bei einem Buch (Seite für Seite) erfolgt somit bei einer Website nicht zwingend. Kommerziell (im Gegensatz zu privat) ist eine Webseite, wenn sie mit einem (weitgefaßten) wirtschaftlichen Hintergrund im Web publiziert wird; dazu reicht bereits die Tatsache, daß sie von einem Unternehmen oder auch einem Freiberufler zur Darstellung der eigenen Qualifikation dient. E-Mail bezeichnet als inzwischen allgemein akzeptierter Begriff die elektronische Post durch Austausch von Texten (mit ggf. multimedialen Erweiterungen) zwischen Individuen, bei der analog zur realen Briefpost Nachrichten an einen Empfänger geschickt werden, der durch eine typische E-Mail-Adresse individualisiert ist. Häufig wird in den Medien über die mangelnde Sicherheit von E-Mails berichtet, die ohne Einsatz kryptographischer Methoden lesbar sind wie eine reale Postkarte. Allerdings wird die Gefahr aufgrund qualitativer wie quantitativer Fehleinschätzungen zumeist stark überzeichnet; angesichts von Hunderten von Milliarden E-Mails weltweit pro Jahr bestehen effizientere Möglichkeiten, an relevante Informationen zu gelangen, als die eine gewünschte Mail zu erfassen und (unberechtigt) zu lesen. 1.2 Cyberspace - Systembedingte Rechtsprobleme © 1998-2000 Ulrich Werner Online-Recht: Rechtsprobleme kommerzieller Websites deutscher Unternehmen Kapitel 1 - Cyberspace als öffentlicher Raum? Kapitelübersicht 1.2 Systembedingte Rechtsprobleme. Eine Reihe von Rechtsproblemen bestehen aufgrund der Besonderheiten des Internet und sind nicht spezifisch für kommerzielle Websites oder gar deutsche Unternehmen, wenngleich deren Websites davon häufig unmittelbar betroffen sind. So wurde u.a. der notwendige Schutz von Daten vor dem Zugriff durch Unbefugte frühzeitig mit dem Entstehen der Hacker-Subkultur öffentlich. Ursprünglich war ein Hacker jemand, der sich Zugang zu einem Computersystem verschaffte, um es zu erkunden. Der für diese Gruppe geltende Ehrenkodex erlaubte zwar das Eindringen, verbot aber jegliche Veränderung oder Beschädigung im Zielsystem; die Aktivitäten wurden vielmehr als "sportliche Übung" betrieben, mit welcher der individuelle Beherrschungsgrad der zugrundeliegenden Technologien überprüft und auch gezeigt werden konnte. In diesem Zusammenhang ist auch die "Cyberpunk-Bewegung" zu verstehen, die, stark durch Gibson´s "Newromancer" beeinflußt, versuchten, gewaltsam Ungleichheiten beim Zugang zum Cyberspace zu beseitigen, wie Paßwortschutz für geschlossene Benutzergruppen oder kommerzielle Angebote, auf die erst nach Zahlung zugegriffen werden darf. Dieser Ethos ist inzwischen verschwunden; heute werden Hacker überwiegend mit Datendiebstahl und ähnlichen strafbaren Handlungen in Verbindung gebracht. An der Abnahme des Ethos der Hacker zeigen sich die vielfach uneinheitlichen Sanktionsmechanismen und die Probleme bei der Verfolgung von grenzüberschreitenden Straftaten im Internet. Ein bekanntes Beispiel lieferten niederländische Hacker bei ihrem Eindringen in U.S.-Militäreinrichtungen im Jahr 1991; sie konnten in den Niederlanden dafür nicht belangt werden. Straftaten im Internet lassen sich nicht direkt auf eine reale Person zurückführen, sondern im besten Fall auf den Telefonanschluß, von dem aus gearbeitet wurde. Häufig gelingt es den Täten, auch den Zugangspunkt ins Internet entsprechend zu verschleiern. Bekannt geworden ist die über Monate andauernde Verfolgungsjagd des geschädigten Computer-Sicherheitsexperten Tsutomu Shimomura nach dem Hacker Kevin Mittnick. Letztlich konnte Mittnick der Einbruch in Shimomuras Computersystem nur durch dessen enorme Detailkenntnis nachgewiesen werden. Die Strafverfolgungsbehörden bleiben in aller Regel in technischer und personeller Hinsicht weit hinter dem spezialisierten Know How der Straftäter zurück. Es besteht ein präventives Überwachungsinteresse eines jeden Staates, unabhängig von den in manchen Staaten üblichen Zensurbemühungen. Pläne zur Herstellung einer Bombe, wie sie das Federal Building in Oklahoma am 19. April 1995 zerstörte, kursieren im Internet. Potentielle politisch motivierte Straftäter haben das Internet längst entdeckt; so hat sich die Neonazi-Szene im deutschsprachigen Raum mit dem "Thule-Netz" ein eigenes Kommunikations- und Informationsmedium geschaffen. Die Abwägung zwischen den Rechten des Einzelnen und dem berechtigten Verfolgungsinteresse des Staates ist schwierig. Aufgrund der technischen Entwicklung ist kein Staat mehr in der Lage, die über das Internet geführte Kommunikation "abzuhören". Der U.S.-amerikanische Geheimdienst NSA (National Security Agency) hatte in der Vergangenheit versucht, die illegalen Nutzungsmöglichkeiten des Internet durch das EES-Verfahren (Escrowed Encryption Standard) zu steuern. Der Clipper-Chip (bzw. Capstone-Chip) sollte als Hardwarekomponente den einzig legalen Standard-Verschlüsselungsmechanismus Abhörsicherheit für jede Form der Telekommunikation bieten, mit Ausnahme besonders befugter Regierungsstellen (wie dem FBI, Federal Bureau of Investigation), das einen elektronischen "Zweitschlüssel" erhalten sollte. Dieser Plan zeugt von einer eklatanten Fehleinschätzung der Auswirkung bürokratischer Entscheidungen auf den neu entstandenen öffentlichen Raum - die Netzgemeinde wehrte sich durch Einsatz von PGP (Pretty Good Privacy, deutsche Einführung). Diese vom U.S.-amerikanischen Programmierer Phil Zimmerman entwickelte Kryptographie-Software ist sehr leistungsfähig, wurde kostenlos an die Internet-Nutzer via Internet distributiert und überließ den U.S.-Behörden keinen "Zweitschlüssel". Verdeutlicht wird die Bedeutung, die ein solcher Zweitschlüssel für die Verfolgungsbehörden hat, durch die "RSA Challenge 97". RSA ist ein von Ron Rivest, Adi Shamir und Leonard Adleman entwickelter Kryptographie-Algorithmus. Im Rahmen der Challenge 97 wurde über das Internet versucht, einen 48 Bit langen Verschlüsselungscode zu knacken. Dazu waren 5000 Rechner im Internet verbunden und brauchten 13 Tage für die "Brute Force Attack", bei der sämtliche mathematisch möglichen Schlüsselkombinationen der Reihe nach durchprobiert werden. PGP bietet demgegenüber heute drei verschiedene "Schlüssellängen" von 128, 512 und 1024 Bit Länge an. Einen ähnlichen Ansatz wie seinerzeit in den USA scheint derzeit die Deutsche Bundesregierung zu verfolgen, wie Presseberichten zur Entwicklung eines Krypto-Chips bei Siemens im Auftrag des Bundesinnenministers zu entnehmen ist. Solche Verbote sind bereits im Ansatz verfehlt, da in einem grenzüberschreitenden virtuellen Raum auf Basis digitaler Datenübertragung nationale Verbote weder wirksam durchzusetzen noch vor einfacher Umgehung zu schützen sind. Solange die Entwicklung kryptographischer Methoden und Technologien nicht ausschließlich unter staatlicher Kontrolle erfolgt (es ist nicht abzusehen, daß dies jemals der Fall sein sollte), müssen auch international intensive Kooperationen erfolglos bleiben. Bei dem Verfahren der Steganographie werden z.B. Textdaten derart in die Datenmenge einer Grafikdatei eingebaut, daß ohne Kenntnis des exakten Schlüssels nicht einmal feststellbar ist, daß es sich nicht ausschließlich um die für die Darstellung der Grafik benötigten binären Zeichen handelt. Einen weiteren Problemkreis stellt die Frage dar, wer eigentlich das jeweils nationale Wertesystem kontrolliert. Die im Grundgesetz verbrieften Grundrechte schützen nur vor Eingriffen durch die öffentliche Gewalt; eine Drittwirkung z.B. des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung besteht grundsätzlich nicht im Verhältnis der Einzelnen zueinander. Das Problem besteht in der Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit durch private Unternehmen auf Veranlassung staatlicher Stellen. Im Jahr 1995 sperrte CompuServe weltweit 200 Newsgroups aufgrund der von der Münchener Staatsanwaltschaft eingeleiteten Ermittlungen wegen Verbreitung von Kinderpornographie durch CompuServe-Kunden. Abgesehen von der teilweise hitzig geführten Diskussion über Meinungsäußerungsfreiheit im Internet und der Tatsache, daß diese Sperrung auch für U.S.-amerikanische Kunden zu einer umfangreichen Kündigungswelle eben dieser Kunden führte, ist der Ablauf in diesem Beispiel gleich zu der Sperrung der T-Online-Zugänge zu den Seiten des Neonazis Ernst Zündel oder dem Zugangsverbot in Frankreich zu dem Buch des ehemaligen Mitterand-Arztes Claude Gubler, "Le Grande Secret". Allen diesen Fällen ist gemeinsam, daß ihnen falsche Vorstellungen der Verfolgungsbehörden zugrunde liegen, die ein effektives Verbot von Inhalten im Internet für möglich hielten. Die Verfolgungsbehörden stellten Anbietern rechtliche Konsequenzen in Aussicht, die durch diese Ankündigung bereits zu beschränkenden Maßnahmen griffen und den Nutzern den Zugang zu diesen Inhalten sperrten. In allen Fällen wurden die fraglichen Inhalte umgehend außerhalb des Einflußbereiches der Verfolgungsbehörden im Ausland auf einem anderen Server repliziert; über die Fälle erfolgte eine publicityträchtige Berichterstattung in den Medien, sowohl über die beanstandeten Inhalte als auch die Replikation unter Nennung der neuen Quelle. Die Inhalte blieben jeweils für die Nutzer ohne Probleme erreichbar. Im Vorgriff auf die in dieser Arbeit dargestellten Einzelfälle verdeutlichen diese Beispiele zahlreiche Problemstellungen, mit denen deutsche Unternehmen in der täglichen Praxis konfrontiert werden, und die aus mangelnder Praxis des Umgangs und der Integration der neuen Technologien in die Praxis der Rechtsprechung und Strafverfolgung resultieren. Seit August 1997 sind das Teledienstegesetz (TDG) und die Umsetzungsgesetze des Mediendienste-Staatsvertrages (MDStV) in kraft - eine klare und eindeutige Abgrenzung zwischen Tele- und Mediendienst scheint es jedoch noch nicht zu geben. Wann sich ein Angebot an die Allgemeinheit richtet, und wann es der Individualkommunikation nahe steht, ist Auslegungssache. Bei dieser Abgrenzung auf die Rechtsprechung zu warten, erscheint wenig befriedigend. Zum einen fehlt es zur Zeit an einem Rechtsstreit, bei dem die neu geschaffenen rechtlichen Grundlagen von Relevanz sind, zum anderen kann die Abgrenzung praktisch eine erhebliche Rolle spielen, da die Rechtsfolgen von TDG und MDStV sehr differieren können. Die relevanten Rechtsfragen für den gewerblichen Website-Betreiber (Content-Provider), der seine Leistungen anbietet und für seine Produkte wirbt, sind nicht eindeutig geklärt. Wird er Teledienst, weil sein Angebot auf individualsierbare Vertragsbeziehungen abzielt, oder bewirbt er die Allgemeinheit und ist damit Mediendienste-Anbieter ? Vorrangig ist hier die Haftungsfrage; die Regelungen sind zwar in § 5 TDG und in § 5 MDStV dem Wortlaut nach nahezu identisch, jedoch ergeben sich dennoch fatale Unterschiede: Die Regelung des § 5 MDStV kann als Landesgesetz aus verfassungsrechtlichen Gründen die zivil-, wettbewerbs-, marken- und urheberrechtliche sowie die strafrechtliche Haftung bzw. Verantwortlichkeit nicht wirksam beschränken. Hier zeigt sich die Reichweite des unübersichtlichen Nebeneinander von TDG und MDStV. Das Verhältnis von Rundfunkstaatsvertrag und MDStV ist ebenso undeutlich wie die Abgrenzung MDStV und TDG. Laut § 2 Abs. 1 S. 2 MDStV bleibt der Rundfunkstaatsvertrag durch den MDStV unberührt. Dies kann dahingehend verstanden werden, daß es nach der Vorstellung der Länder Mediendienste gibt, die auch unter den Rundfunkstaatsvertrag fallen - Mediendienste und Rundfunk liegen somit inhaltlich als auch von ihrer Struktur und Zielsetzung dicht zusammen. Der Verweis auf den Rundfunkstaatsvertrag verdeutlicht jedoch auch den Konflikt zwischen Ländern und Bund über ihre diesbezügliche Gesetzgebungskompetenz. In Hinblick auf § 2 Abs.1 S. 2 MDStV könnte als Mediendienst derjenige Anbieter verstanden werden, der ein dem Rundfunk ähnliches Angebot bereithält. Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen MDStV und Rundfunkstaatsvertrag ist die Änderung des Rundfunkvertrages durch den § 21 MDStV: "Dieser Staatsvertrag (hiermit ist der RundfunkStV gemeint) gilt nicht für Mediendienste von § 2 MDStV;..". Wieder zeigt sich der Zuständigkeitskonflikt - der Website-Betreiber unterliegt mit dem Versuch, auf die Meinungsbildung der Allgemeinheit Einfluß zu nehmen, dem Rundfunkstaatsvertrag. Das Internet bietet jedem die Möglichkeit journalistischer und publizistischer Tätigkeit. Diese Möglichkeit spiegelt sich als rechtlicher Konflikt zwischen TDG, MDStV und Rundfunkstaatsvertrag wider. 1.3 Cyberspace - Nationales Recht und Gerichtsstand. © 1998-2000 Ulrich Werner

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