Offener Brief An Dr. Ibrāhīm ʿAwwād al-Badrī alias „Abū Bakr al-Baġdādī“ und An die Kämpfer und Anhänger des selbsternannten „Islamischen Staates“ Unterzeichnet von über 120 Gelehrten Übersetzt von Muhammed F. Bayraktar 3. Ḏū l-Ḥiǧǧah 1435 / 27. September 2014 Erschienen auf www.madrasah.de/.at Kurzfassung 1. Es ist im Islam verboten, ohne die dafür jeweils notwendige Bildung und Kenntnis zu haben, fatwā (Rechtsurteile) zu sprechen. Sogar diese Fatwās müssen der islamischen Rechtstheorie, wie sie in den klassischen Texten dargelegt wurde, folgen. Es ist ebenfalls verboten, einen Teil aus dem Koran oder eines Verses zu zitieren, ohne auf den gesamten Rest zu achten, was der Koran und die Hadithe über diese Angelegenheit lehren. Mit anderen Worten gibt es strikt subjektive und objektive Vorbedingungen für Fatwās. Bei der Sprechung einer Fatwā, unter Verwendung des Korans, können nicht „die Rosinen unter den Versen herausgepickt“ werden, ohne Berücksichtigung des gesamten Korans und der Hadithe. 2. Es ist im Islam vollkommen verboten, Recht zu sprechen, wenn die Arabische Sprache nicht gemeistert wurde. 3. Es ist im Islam verboten, Scharia Angelegenheiten zu stark zu vereinfachen und festgelegte islamische Wissenschaften zu missachten. 4. Es ist im Islam [den Gelehrten] gestattet, Meinungsverschiedenheiten über bestimmte Angelegenheiten zu haben, außer in all jenen, welche als die Fundamente der Religion gelten, die allen Muslimen bekannt sein müssen. 5. Es ist im Islam verboten, bei der Rechtsprechung die Wirklichkeit der Gegenwart zu missachten. 6. Es ist im Islam verboten, Unschuldige zu töten. 7. Es ist im Islam verboten, Sendboten, Botschafter und Diplomaten zu töten; somit ist es auch verboten, alle Journalisten und Entwicklungshelfer zu töten. 8. Jihad ist im Islam ein Verteidigungskrieg. Er ist ohne die rechten Gründe, die rechten Ziele und ohne das rechte Benehmen verboten. 9. Es ist im Islam verboten, die Menschen als Nichtmuslime zu bezeichnen, außer sie haben offenkundig den Unglauben kundgetan. 10. Es ist im Islam verboten Christen und allen „Schriftbesitzern“ – in jeder erdenklichen Art - zu schaden oder zu missbrauchen. 11. Es ist eine Pflicht, die Jesiden als Schriftbesitzer zu erachten. Madrasah.de 12. Die Wiedereinführung der Sklaverei ist im Islam verboten. Sie wurde durch universellen Konsens aufgehoben. 13. Es ist im Islam verboten, die Menschen zur Konvertierung zu zwingen. 14. Es ist im Islam verboten, Frauen ihre Rechte zu verwehren. 15. Es ist im Islam verboten, Kindern ihre Rechte zu verwehren. 16. Es ist im Islam verboten, rechtliche Bestrafungen sowie Körperstrafen (ḥudūd) ohne dem Folgen des korrekten Prozedere, welches Gerechtigkeit und Barmherzigkeit versichert, auszuführen. 17. Es ist im Islam verboten, Menschen zu foltern. 18. Es ist im Islam verboten, Tote zu entstellen. 19. Es ist im Islam verboten, Gott - erhaben und makellos ist Er – böse Taten zuzuschreiben. 20. Es ist im Islam verboten, die Gräber und Gedenkstätten der Propheten und Gefährten zu zerstören. 21. Bewaffneter Aufstand ist im Islam in jeglicher Hinsicht verboten, außer bei offenkundigem Unglauben des Herrschers und bei Verbot des Gebets. 22. Es ist im Islam verboten, ohne den Konsens aller Muslime ein Kalifat zu behaupten. 23. Loyalität zur eigenen Nation ist im Islam gestattet. 24. Nach dem Tod des Propheten - Frieden und Segen seien auf ihm – verpflichtet der Islam niemanden irgendwohin auszuwandern. 3 Im Namen Gottes, dem Allbarmherzigen, dem Allgütigen Preis sei Gott, dem Herrn der Welten Frieden und Segen seien auf dem Siegel der Propheten und Gesandten Beim Zeitalter! Der Mensch befindet sich wahrlich in Verlust, außer denjenigen, die glauben und rechtschaffene Werke tun und einander die Wahrheit eindringlich empfehlen und einander die Standhaftigkeit eindringlich empfehlen. (al-ʿAṣr, 103:1-3) Offener Brief An Dr. Ibrāhīm ʿAwwād al-Badrī, alias „Abu Bakr al-Baġdādī “, An die Kämpfer und Anhänger des selbsternannten „Islamischen Staates“, Der Friede und die Barmherzigkeit Gottes seien mit euch. Während deiner Kanzel am 6. Ramaḍān 1435 AH (4. Juli 2014) sprachst du, sinngemäß Abū Bakr al- Ṣiddīq - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – wiedergebend: „Wenn ihr meine Taten und meine Worte als wahr befindet, unterstützt mich, und wenn ihr meine Taten und Worte als falsch befindet, dann steht mir mit Rat zur Seite und begradigt mich.“ Das folgende Schreiben ist die Meinung der Gelehrten, kundgetan durch die Medien. Der Prophet - Frieden und Segen seien auf ihm – sprach: „Religion ist [verbessernder] Ratschlag.“ 1 Alles was im Verlauf des Schreibens erwähnt wird, stützt sich vollständig auf die Aussagen und Handlungen der Anhänger des „Islamischen Staates“, wie sie es selbst in den sozialen Medien verkündet haben oder auf muslimischen Augenzeugenberichten und nicht auf sonstigen Medien. Jegliche Bemühung wurde aufgenommen, um Fälschungen auszuschließen und Missverständnisse zu vermeiden. Darüber hinaus besteht alles, was hier gesagt wird, aus Zusammenfassungen in einfacher Sprache, welche die 1 Überliefert bei Muslim, Kitāb al-īmān, Nr. 55. Madrasah.de Meinungen der überwältigenden Mehrheit der sunnitischen Gelehrten im Laufe der islamischen Geschichte wiedergeben. In einer seiner Reden2 sagte Abū Muḥammad al-ʿAdnānī: „Gott segne den Propheten Muhammed, der mit dem Schwerte als Barmherzigkeit für die gesamte Menschheit gesandt wurde.“3 Diese Aussage stellt eine Anhäufung an Verwirrungen und ein falsches Paradigma dar und dennoch wird es oft von den Anhängern des „Islamischen Staates“ wiederholt. Dabei sandte Gott den Propheten Muhammed - Frieden und Segen seien auf ihm – als eine Barmherzigkeit für alle Welten: „…Und Wir haben dich nur als Barmherzigkeit für die Weltenbewohner gesandt.“ (al-Anbīyāʾ, 21:107) Dies ist die Wahrheit für alle Zeiten und für alle Orte. Der Prophet wurde als eine Barmherzigkeit für alle Menschen, die Tiere, die Pflanzen, die Himmel und die Geisterwesen (Ǧinn) gesandt. Kein Muslim widerspricht dem. Es ist eine allgemeine und bedingungslose Aussage des Korans selbst. Doch die Aussage: „gesandt mit dem Schwert“ ist Teil eines Hadith, der für eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Ort galt und seitdem nicht mehr. Daher ist es verboten, auf diese Art und Weise den Koran und die Hadithe zu mischen, so wie es verboten ist, das Allgemeine und das Spezifische und das Bedingte und das Unbedingte zu vermischen. So verschrieb Gott sich selbst Barmherzigkeit: „…Euer Herr hat Sich Selbst Barmherzigkeit vorgeschrieben…“ (al-Anʿām, 6:54). Gott selbst sagt gar, Seine Barmherzigkeit würde alles umfassen: „Meine Barmherzigkeit umfasst alles.…“ (al-Aʿrāf, 7:156). In einem authentischen Hadith sagt der Prophet - Frieden und Segen seien auf ihm: „Als Gott die Schöpfung erschuf, schrieb Er an einem Ort über Seinem Thron: ‚Wahrlich, Meine Barmherzigkeit ist größer als Mein Zorn.‘“4 Demgemäß ist es verboten „das Schwert“ – und somit Zorn und Härte – mit Barmherzigkeit gleichzusetzen. Gleichermaßen ist es auch verboten, die Idee der „Barmherzigkeit für die Welten“ der Aussage „gesandt mit dem Schwert“ 2 Veröffentlicht von SawarimMedia auf YouTube am 3. April 2014. 3 Ibn Taymīyah sagt in seinem Maǧmūʿ al-fatāwā, B. 28, S. 270: „Der Prophet - Frieden und Segen seien auf ihm – sprach: ‚Ich wurde mit dem Schwert als ein Zeichen des jüngsten Tages gesandt, so dass außer Gott keiner mehr angebetet wird, ohne Teilhaber, nur Er allein. Meine Versorgung wurde unter den Schatten meines Speers gelegt. Erniedrigung und Schande wird jene treffen, die meinen Lehren entgegenhandeln. Wer andere Menschen imitiert gehört zu ihnen.‘ Überliefert durch Ibn ʿUmar und Buḫārī zitiert ihn.“ Aḥmad überliefert diesen Hadith in seinem Musnad, B. 2, S. 50 und seine Überlieferungskette ist schwach. 4 Überliefert von al-Buḫārī in Kitāb al-tawḥīd, Nr. 7422 und von Muslim in Kitāb al-tawbah, Nr. 2751. 5 unterzuordnen, denn dies würde bedeuten, die Barmherzigkeit sei vom Schwerte abhängig, was jedoch nicht wahr ist. Wie könnte ein „Schwert“ Welten beeinflussen, in denen Schwerter keine Wirkung haben, wie in den Himmeln, bei den Geisterwesen und Pflanzen? Das Sein des Propheten Muhammed - Frieden und Segen seien auf ihm - als Barmherzigkeit für alle Welten kann keineswegs davon bedingt sein, dass er das Schwert in die Hand nahm (zu einer bestimmten Zeit, aus einem bestimmten Grund und in einem bestimmten Kontext). Dieser Punkt hier ist nicht eine rein akademische Erörterung, sondern er entschleiert die Grundlage all dessen, was noch kommt, da es nämlich fälschlicherweise das Schwert mit göttlicher Barmherzigkeit gleichstellt. 1. Rechtstheorie (uṣūl al-fiqh) und koranische Exegese Die im Koran durch Gott und dem Propheten - Frieden und Segen seien auf ihm – in den Hadithen festgesetzte Methodologie - basierend auf der koranischen Exegese und dem Verständnis von Hadith und allgemein der Angelegenheit innerhalb der Rechtstheorie - lautet: Alles, was zu einer bestimmten Fragestellung offenbart wurde, muss in seiner Gesamtheit betrachten werden. Der Fokus darf nicht auf einzelnen Fragmenten liegen. Sodann wird Recht gesprochen – wenn jemand qualifiziert ist – und zwar basierend auf allen vorhandenen schriftlichen Quellen. Gott - Erhaben und Makellos ist Er – sagt: „Glaubt ihr denn an einen Teil der Schrift und verleugnet einen anderen?“ (al-Baqarah, 2:85); „Sie verdrehen den Sinn der Worte, und sie haben einen Teil von dem vergessen, womit sie ermahnt worden waren.“ (al- Māʾidah, 5:13); „…die den Qur'an (in einzelne Teile) zergliedert haben…“ (al-Ḥiǧr, 15:91). Wenn alle relevanten Textstellen zusammengebracht sind, muss das „Allgemeine“ (ʿām) vom „Spezifischen“ (ḫāṣṣ) und das „Bedingte“ (muqayyad) vom „Unbedingten“ (muṭlaq) unterschieden werden. So müssen auch die eindeutigen Verse (muḥkam) getrennt werden von den mehrdeutigen (mutašābihat). Daraufhin müssen die Gründe und Umstände der Offenbarung (asbāb al-nuzūl) für all diese Passagen und Verse, sowie alle anderen hermeneutischen Bedingungen, welche die klassischen Gelehrten festgelegt haben, verstanden werden. Daher ist es nicht gestattet, einen Vers oder einen Teil eines Verses zu zitieren, ohne den gesamten Koran und Korpus an Hadith, der in Bezug zu diesem Thema steht, zu verstehen und zu beachten. Der Grund hierfür ist, dass alles im Koran die Wahrheit und alles in den authentischen Hadithen des Propheten göttliche Inspiration ist. Daher ist die geringste Missachtung einer Textstelle nicht erlaubt. Es ist gar eine Pflicht, alle Texte soweit wie Madrasah.de möglich in Einklang zu bringen oder einen offensichtlichen Grund zu haben, warum ein Text gegenüber einem anderen überwiegt. Dies ist was der Imām al-Šāfiʿī in seinem ar-Risālah erklärt und worüber es einen universellen Konsens unter allen Gelehrten der Rechtstheorie (uṣūl) gibt. Imām al-Ḥaramayn al-Ǧuwaynī sagt in seinem al-Burhān fī uṣūl al-fiqh: „Bezüglich den Eigenschaften eines Muftis und den Disziplinen, die er meistern muss: … Es ist eine Pflicht für den Mufti ein Gelehrter der Sprache zu sein, denn die Scharia ist [auf] Arabisch… Es ist eine Pflicht, dass er ein Gelehrter der Syntax und Morphologie ist… Es ist eine Pflicht, dass er ein Gelehrter des Korans ist, denn der Koran ist die Grundlage aller Regelungen… Wissen über die Aufhebung von Texten ist unverzichtbar und die Wissenschaft der Grundlagen der Jurisprudenz (uṣūl) ist der Eckstein der gesamten Angelegenheit… Er sollte auch die verschiedenen Stufen der Beweise und Argumente kennen… und auch ihre Geschichte. [Er sollte auch] die Wissenschaft der Hadith beherrschen, so dass er das Authentische vom Schwachen, das Akzeptable vom Erlogenen trennen kann… [Ebenfalls sollte er] die Jurisprudenz beherrschen… Ebenfalls ist „rechtliche Intuition“ (fiqh al-nafs) notwendig und es ist das Kapital einer Person, welche Recht spricht… die Gelehrten haben all dies unter der Aussage zusammengefasst, dass der Mufti eine Person ist „welche eigenständig alle Texte und Argumente für die Rechtsprechung“ kennt. „Texte“ bezieht sich auf das Meistern der Sprache, der koranischen Exegese und des Hadith; während „Argumente“ das Meistern der Rechtstheorie, die verschiedenen Arten des Analogiedenkens und die „rechtliche Intuition“ (fiqh al- nafs) umfasst.“ Al-Ġazzālī sagte ähnliches in seinem al-Mustaṣfā (Band 1, S. 342), wie auch al-Suyūṭī in seinem al-Itqan fī ʿulūm al-qurʾān (B. 4, S. 213). 2. Sprache Wie oben beschrieben ist eines der wichtigsten Säulen der Rechtstheorie, das Meistern der Arabischen Sprache. Das bedeutet, die arabische Grammatik, den Syntax, die Morphologie, Rhetorik, Poesie, Etymologie und die koranische Exegese zu meistern. Ohne dies zu beherrschen sind Fehler wahrscheinlich, sogar unausweichlich. Die Deklaration dessen, was ihr als „Kalifat“ bezeichnet, trägt 7 den Titel: „Dies ist Gottes Versprechen“. Die Person, welche diese Deklaration verfasste, versuchte auf folgenden Vers hinzuweisen: „Allah hat denjenigen von euch, die glauben und rechtschaffene Werke tun, versprochen, dass Er sie ganz gewiss als Statthalter auf der Erde einsetzen wird, so wie Er diejenigen, die vor ihnen waren, als Statthalter einsetzte, dass Er für sie ihrer Religion, der Er für sie zugestimmt hat, ganz gewiss eine feste Stellung verleihen wird, und dass Er ihnen nach ihrer Angst (, in der sie gelebt haben,) statt dessen ganz gewiss Sicherheit gewähren wird. Sie dienen Mir und gesellen Mir nichts bei. Wer aber danach ungläubig ist, jene sind die (wahren) Frevler.“ (al-Nūr, 24:55) Es ist jedoch nicht gestattet, einen bestimmten Vers des Korans für eine 1400 Jahre später geschehende Begebenheit nach ihrer Offenbarung anzuführen. Wie kann Abū Muḥammad al-ʿAdnānī sagen, „Gottes Versprechen“ sei dieses sogenannte „Kalifat“? Sogar wenn wir annehmen würden, dies sei korrekt, hätte er sagen müssen: „dies ist von Gottes Versprechen“. So gibt es noch einen weiteren sprachlichen Fehler, indem er das Wort istiḫlāf (Nachfolgen) als angemessen sieht, um auf das sogenannten „Kalifat“ zu verweisen. Der Beweis dafür, dass dies nicht die korrekte Verwendung des Wortes sein kann, ist folgender Vers: „Er sagte: ‚Vielleicht wird euer Herr euren Feind vernichten und euch zu Nachfolgern (yastaḫlifakum) auf der Erde machen und dann schauen, wie ihr handelt.‘“ (al-Aʿrāf, 7:129) Nachfolgen (istiḫlāf) bedeutet, dass sie sich nach anderen Menschen auf diesem Land niedergelassen haben. Es bedeutet nicht, dass sie die Herrscher eines bestimmten politischen Systems sind. Gemäß Ibn Taymīyah gibt es im Koran keine Tautologie.5 Es gibt einen Unterschied zwischen „ḫilāfah“ und „istiḫlāf“. At-Ṭabarī sagt in seiner Exegese (tafsīr) des Korans: „euch zu Nachfolgern (yastaḫlifakum) […] machen: Das heißt, er wird euch nach ihrer Vernichtung zu Nachfolgern auf diesem Land machen. So fürchtet weder sie noch andere Menschen.“6 Dies beweist, dass istiḫlāf keine Bedeutung von Herrschaft trägt, sondern das Bewohnen eines Landes. 5 Ibn Taymiyyah sagt in seinem Maǧmūʿ al-fatāwā, B. 13, S. 341: „Tautologie in der (Arabischen Sprache) ist selten und im Koran noch seltener oder gar nichtexistent.“ Al-Rāġib al-Iṣfahānī sagt in seinem Mufradāt al- qurʾān, S. 55: „Diesem Buch folgt … ein Buch welches die Verwendung von Synonymen und ihre feinen Unterschiede erklärt. Somit wird die Einzigartigkeit eines jeden Ausdruckes klargestellt, wodurch er sich von seinen Synonymen unterscheidet.“ 6 Tafsīr al-ṭabarī , B. 9, S. 28. Madrasah.de 3. Vereinfachung Es ist nicht gestattet, konstant von der „Vereinfachung“ von Angelegenheiten zu sprechen oder nur die Rosinen unter den Koranversen herauszupicken, ohne diese in ihrem Gesamtkontext zu begreifen. Es ist nicht erlaubt zu sagen: „Der Islam ist einfach und der Prophet - Frieden und Segen seien auf ihm – und die Gefährten lebten einfach, warum also den Islam verkomplizieren?“ Dies ist genau das, was Abū al-Barāʾ al-Hindī in seinem Online-Video im Juli 2014 sprach. In diesem Video sagt er: „Öffne den Koran und rezitiert die Verse des Jihad und alles wird klar… all diese Gelehrten sagen mir: „Dies ist eine rechtliche Pflicht (farḍ), oder dies ist keine rechtliche Pflicht und dies ist nicht die Zeit des Jihad“… vergiss alle und les den Koran und du wirst wissen was Jihad ist.“ Die Menschen müssen begreifen, dass der Prophet - Frieden und Segen seien auf ihm – und seine geehrten Gefährten so wenig materiellen Besitz wie möglich hatten, keine komplizierten Technologien besaßen, jedoch in ihrem Verständnis, in ihrer Rechtsprechung und Intellekt uns voraus waren. Dennoch war nur eine kleine Zahl der Gefährten befugt, Recht zu sprechen. Gott - Erhaben und Makellos ist Er - sagt im Koran: „…Sag: Sind etwa diejenigen, die wissen, und diejenigen, die nicht wissen, gleich?“ (al-Zumar, 39:9) Gott - Erhaben und Makellos ist Er – sagt auch: „So fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr (es) nicht wisst.“ (al-Anbīyāʾ, 21:7) und: „Wenn sie es jedoch vor den Gesandten und den Befehlshabern unter ihnen brächten, würden es wahrlich diejenigen unter ihnen wissen, die es herausfinden können.“ (al-Nisāʾ, 4:83). Daher ist die Jurisprudenz keine einfache Angelegenheit und nicht jeder kann mit Autorität darüber sprechen oder Recht sprechen. Gott - Erhaben und Makellos ist Er - sagt im Koran: „Jedoch bedenken nur diejenigen, die Verstand besitzen.“ (al-Raʿd, 13:19) Und der Prophet Muhammed - Frieden und Segen seien auf ihm – sagte: „Wer auch immer über den Koran ohne Wissen spricht, soll seinen Platz im Höllenfeuer erwarten.“7 Es wird auch höchste Zeit das Schwadronieren darüber, dass „sie Männer gewesen waren und wir auch Männer seien“ zu unterlassen, denn all jene, die dies behaupten, haben nicht ansatzweise das Verständnis und Unterscheidungsvermögen wie die geehrten Gefährten und die Imame der frommen Altvorderen (al-Salaf al-Ṣāliḥ), auf die sie sich beziehen. 7 Überliefert von al-Tirmiḏī, Tafsīr al-qurʾān, Nr. 2950. 9 4. Meinungsverschiedenheiten In Bezug auf die Meinungsverschiedenheiten gibt es zwei Kategorien: schändliche und lobenswerte Meinungsverschiedenheit. Über die schändliche sagt Gott - Erhaben und Makellos ist Er – im Koran: „Und diejenigen, denen die Schrift gegeben wurde, haben sich nicht eher gespalten, als bis der klare Beweis zu ihnen gekommen ist.“ (al-Bayyinah, 98:4). Die lobenswerte ist jene, von der Gott - Erhaben und Makellos ist Er – sagt: „Und so hat Allah mit Seiner Erlaubnis diejenigen, die glauben, zu der Wahrheit geleitet, über die sie uneinig waren.“ (al-Baqarah, 2:213) Dies ist die Ansicht des Imām al-Šāfiʿī, geäußert in seiner al- Risālah, die Ansicht der anderen drei Imame und die der Gelehrten seit über tausend Jahren. Gibt es eine Meinungsverschiedenheit unter den ehrwürdigen Gelehrten, so sollte die barmherzigere, d.h. die beste Meinung gewählt werden. Härte sollte vermieden werden und auch die Idee, Härte sei das Maß für Frömmigkeit. Gott - Erhaben und Makellos ist Er – spricht: „Und folgt dem Besten von dem, was zu euch von eurem Herrn (als Offenbarung) herabgesandt worden ist…“ (al-Zumar, 39:55) und: „Nimm den Überschuss, gebiete das allgemein Gute und wende dich von den Toren ab!“ (al-Aʿrāf, 7:199). Gott - Erhaben und Makellos ist Er - sagt auch: „Die auf das Wort hören und dann dem Besten davon folgen. Das sind diejenigen, die Allah rechtleitet, und das sind diejenigen, die Verstand besitzen.“ (al-Zumar, 39:18). In einem authentischen Hadith wird überliefert, dass die ehrenhafte ʿĀʾišah - möge Allāh mit ihr zufrieden sein - sagte: „Wann auch immer der Prophet die Wahl zwischen zwei Entscheidungen hatte, wählte er die leichtere von beiden.“8 Die schwerere Ansicht sollte nicht als die frommere, religiösere oder aufrichtigere vor Gott - Erhaben und Makellos ist Er - erachtet werden. Wahrlich, in der Strenge liegt Übertreibung und Extremismus. Gott - Erhaben und Makellos ist Er - sagt im Koran: „Allah will für euch Erleichterung; Er will für euch nicht Erschwernis…“ (al-Baqarah, 2:185). So sagt auch der Prophet - Frieden und Segen seien auf ihm: „Seid nicht streng mit euch, auf dass Gott nicht streng mit euch ist. Ein Volk war streng mit sich und daraufhin war Gott streng mit ihnen.“9 Es liegt Illusion und Selbstgefälligkeit in Strenge, denn strengere Menschen denken oftmals von sich selbst: „Ich bin streng. Jeder, der nicht so streng ist, ist mangelhaft“, woraufhin sie denken: „Ich bin höher als sie.“ Hierin liegt eine indirekte Zuschreibung einer 8 Überliefert von al-Buḫārī in Kitāb al-ẖudūd, Nr. 6786 und von Muslim in Kitāb al-faḍāʾil, Nr. 2327. 9 Überliefert von Abū Dāwūd in Kitāb al-ādāb, Nr. 4904.
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