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Metaphern und andere Probleme der literarischen Übersetzung am Beispiel von Daniele del Giudices Das Abheben des Schattens vom Boden PDF

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Metaphern und andere Probleme der literarischen Übersetzung am Beispiel von Daniele del Giudices „Das Abheben des Schattens vom Boden“ Peter Paschke © Peter Paschke Kassel 2000 2 Inhalt 0. Vorbemerkung 5 1. Die spezifischen Merkmale der literarischen Übersetzung 7 Exkurs: Daniele del Giudice: Staccando l’ombra da terra 10 2. Die Metapher in der literarischen Übersetzung 12 2.1. Grundsätzliches zur Metaphernübersetzung 12 2.2. Lexikalisierte Metaphern 15 2.3. Okkasionelle Metaphern 18 2.4. Metaphern und Vergleiche 22 3. Weitere stilistische Probleme der literarischen Übersetzung 24 3.1. Lexemwiederholung und Polysemie 24 3.2. Thematisierung grammatischer Phänomene 31 3.3. Sprachtypologische Kontraste 33 3.4. Satzverlängerung 37 3.5. Probleme der Wortwahl 38 4. Inhaltliche Aspekte der literarischen Übersetzung 41 4.1. Logisierung von Textinhalten 41 4.2. Soziokultureller Standpunkt und inhaltliche Eingriffe 44 5. Schluss 46 Bibliographie 48 3 4 0. Vorbemerkung1 „Entweder der Uebersetzer läßt den Schriftsteller möglichst in Ruhe, und bewegt den Leser ihm entgegen; oder er läßt den Leser möglichst in Ruhe und bewegt den Schriftsteller ihm entgegen.“2 Die von Schleiermacher formulierte Dichotomie zwischen „Eindeutschen“ und „Verfremden“ bringt die sich historisch abwechselnden Grundorientierungen der literarischen Übersetzung auf den Begriff. Im 20. Jahrhundert finden wir dieselbe Alternative – wenn auch deskriptiv gewendet – etwa bei Gideon Toury (1978) wieder, der unter dem Begriff „initial norms“ die grundlegende Entscheidung des Übersetzers wie folgt fasst: „he either subjects himself to the original text ... or to the linguistic and literary norms active in TL3 and in the target literary polysystem ...“ (Toury 1978: 88).4 Lawrence Venuti verlässt die rein deskriptive Haltung und wirft in The Translator’s Invisibility (1995) den englischsprachigen Übersetzer der letzten Jahrhunderte vor, sie hätten sich einseitig am Kriterium der Lesbarkeit („fluency“), also am literarischen Geschmack der Zielkultur orientiert. Kloepfer (1966) verfolgt den Widerstreit und die Dialektik der Ansätze durch die abendländische Geschichte, bevor er sich selbst dafür ausspricht, die Schleiermachersche Antinomie als die zwei Seiten ein und derselben Medaille zu deuten, also vom Entweder-Oder zu einem Sowohl-als-auch zu gelangen. Unter Rückgriff auf F. Rosenzweig schreibt Kloepfer (1966: 69), die eigentliche Frage sei, „an welchen Punkten des Werkes der Leser und an welchen Punkten das Original ‚bewegt’ wird“. Kloepfer nennt seinen vermittelnden Ansatz „treue“ oder – in Anlehnung an Schadewaldt – „dokumentarische“ Übersetzung, muss aber eingestehen (1966: 84f.), dass der künstlerische Prozess des Übersetzens und die damit verbundenen stilistischen Probleme durch derartige Postulate nicht erfasst werden.5 Da sich die vorliegende Arbeit mit stilistischen „Detail“problemen auseinandersetzt, werden die „großen“ Theorien und Ansätze nur am Rande gestreift, auch wenn ihr heuristischer Wert nicht bezweifelt werden soll. Im ersten Kapitel werden zunächst die Spezifika der literarischen (im Gegensatz zur Fach-/Sachtext-) Übersetzung bestimmt, d.h. 1 Der vorliegende Beitrag entstand als Hausarbeit im Rahmen des Seminars „Literarische Übersetzung“ von Sabine Krobb am University College Dublin, Studienjahr 1999/2000 2 Schleiermacher, zit nach Kloepfer 1966: 52 3 TL = target language, Zielsprache 4 Im weiteren werden die beiden Grundhaltungen als Streben nach „Adäquatheit“ oder „Akzeptabilität“ (im zielsprachlichen bzw. –kulturellen) System bezeichnet, wobei Toury anmerkt, dass in der Praxis meist eine Kombination oder ein Kompromiss dieser beiden polaren Einstellungen zu beobachten ist (Toury 1978: 88f.) 5 vgl. zu Kloepfers Ansatz auch Koller 1997: 292-294 5 es wird der Rahmen aufgezeigt, in den sich die einzelnen stilistischen Probleme einordnen. In einem Exkurs wird daraufhin der italienische Text von Daniele del Giudice vorgestellt, an dem die Problemkomplexe der literarischen Übersetzung verdeutlicht werden sollen. Das zweite Kapitel ist der Übersetzung von Metaphern gewidmet; es soll versucht werden, die in der einschlägigen Literatur aufgezeigten Probleme und Fragestellungen der Metaphernübersetzung am Text von Daniele del Giudice zu veranschaulichen. Kapitel drei beschäftigt sich mit anderen stilistischen Fragen wie Satzbau, Sprachspiel und stilistischer- lexikalischer Verflachung bzw. Verstärkung, die wiederum an der deutschen Übersetzung von Del Giudices Erzählung verdeutlicht werden. Das vierte und letzte Kapitel schließlich geht Problemen nach, die auf der inhaltlichen Ebene angesiedelt sind. Dabei versteht sich die Arbeit nicht als Kritik der deutschen Übersetzung von Del Giudices Staccando l’ombra da terra, sondern als der Versuch, Begriffe und Beobachtungen der einschlägigen Literatur in Beziehung zu einem konkreten Textbeispiel zu setzen und eine literarische Übersetzung im Detail zu analysieren. Eine Wertung übersetzerischer Lösungen ist nicht Ziel der Arbeit, soll aber auch nicht peinlich vermieden werden. Zu bedenken ist dabei, dass der Verfasser nicht selbst übersetzen musste, sondern eine in vieler Hinsicht überzeugende Übersetzung zum Ausgangspunkt weiterführender Überlegungen machen konnte. Hinsichtlich der Bewertung von Übersetzungen existieren im übrigen unterschiedliche Positionen (vgl. Lorenz 1996). Im Bereich der auf Schleiermacher zurückgehenden hermeneutischen Übersetzungstheorie – z.B. vertreten durch Rudolf Kloepfer – wird bzw. wurde klar Position bezogen für eine Norm übersetzerischen Handelns, sei dies nun die „Verfremdung“ oder eine „Mittellinie“ wie bei Kloepfer. Diese Norm dient dann als Grundlage der Übersetzungskritik. Aber auch die linguistisch orientierte Übersetzungs- wissenschaft – z.B. durch Werner Koller repräsentiert – verfolgt mit ihrer Äquivalenzforderung letztlich einen normativen Ansatz, auch wenn dieser nicht von allen Autoren auf die Übersetzung literarischer Texte bezogen wird. Es geht ihr um die Frage „Wie soll/muß man Literatur übersetzen?“ (A.P. Frank zit. nach Lorenz 1996: 556). Dagegen steht die Übersetzungsforschung mit ihrem deskriptiven Ansatz, die aus Einzel- philologien und der Komparatistik hervorgegangen und etwa durch Gideon Toury und Itamar Even-Zohar vertreten wird. Sie stellt die Frage „Wie ist Literatur nun wirklich 6 übersetzt worden?“ (ebd.) und sucht nach den dafür maßgeblichen, kulturell und historisch definierten Normen.6 1. Die spezifischen Merkmale der literarischen Übersetzung Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, wollten wir alle Ansätze der philologischen Beschäftigung mit Übersetzungen daraufhin befragen, worin sie die Spezifika der literarischen Übersetzung sehen. Hier soll kurz die hermeneutische Position und etwas ausführlicher diejenige der Übersetzungswissenschaft (Koller) vorgestellt werden. In der hermeneutischen Tradition wird die „Kunst der Übersetzung“ literarischer Texte oft in Anlehnung an Schleiermacher vom „Dolmetschen“ der Alltagstexte geschie- den. Kloepfer (1966: 7ff) lehnt in seinen „Vorbemerkungen“ den Anspruch linguistisch orientierter Ansätze ab, beide Arten von Übersetzungen mit derselben Theorie erfassen zu können. Nur bei Sachtexten sei eine „wissenschaftliche“ Übersetzung möglich, nur hier seien „Äquivalenz“ und (inhaltliche) „Invarianz“ sinnvoll und (prinzipiell) maschinell herstellbar. Da eine solche Theorie von den Sprachsystemen ausgehe, könne sie dem typisch literarischen, insbesondere poetischen Sprachgebrauch, der sich durch hohe Individualität – also, so möchte man hinzufügen, durch Abweichung vom Sprachsystem – auszeichnet, nicht gerecht werden. Während die nicht-literarische Übersetzung in den Zuständigkeitsbereich von strukturalistischer Sprachwissenschaft und Informationstheorie falle, werde sich die Theorie der literarischen Übersetzung nicht von der Theorie der Dichtkunst und der Hermeneutik trennen lassen, (ebd., 9f). Kloepfer ist überzeugt, „daß der künstlerische Sprachgebrauch die Übersetzung zu einer prinzipiell nur mehr oder weniger, nie vollkommen lösbaren Aufgabe macht.“ (ebd.)7 Vertreter der sprachwissenschaftlich orientierten Übersetzungswissenschaft wie Werner Koller beharren demgegenüber auf der „prinzipiellen Übersetzbarkeit“ auch von literarischen Texten, räumen allerdings ein, dass sich diese u.U. nur durch Rückgriff auf kommentierende Verfahren, also auf einer intellektuellen Ebene erreichen lasse. Die 6 Auch die Descriptive Translation Studies (DTS) (vgl. Toury 1995) dürften kaum leugnen, dass es neben kulturell definierten Normen auch mehr oder weniger geglückte Übersetzungen gibt. So ist z.B. stellenweise von „inexperienced translators“ die Rede (ebd., 270). Entscheidend ist aber dennoch der deskriptive Grundansatz. Zum Verhältnis von DTS und praktischen Anwendungen z.B. in der Übersetzungskritik vgl. ebd., 9-19. 7 Kloepfer sieht übrigens, dass sich eine Trennung von literarischer Übersetzungskunst und nicht- literarischem Dolmetschen eigentlich nicht ohne weiteres auf Schleiermacher berufen kann, weil dieser auch wissenschaftliche Texte zum Gegenstand der Übersetzungskunst rechnete, vgl. Kloepfer 1966: 10f. 7 gleichen „unmittelbaren Effekte“ ließen sich nicht in jedem Fall erzielen. (Koller 1997: 267). Für Koller stellt sich die Frage der Spezifika literarischer Übersetzung in besonderer Weise, denn er ist einer jener Vertreter der Übersetzungswissenschaft, die sich nicht auf Aussagen über Fach- und Sachtextübersetzungen beschränken, sondern auch die literarische Übersetzung theoretisch zu erfassen beanspruchen. Insbesondere fasst er den Begriff der Äquivalenz weiter als andere, d.h. er beschränkt ihn nicht auf die Invarianz des „Inhalts“ oder der „message“ (wie bei A. Nida, vgl. Lorenz 1996: 560f.), sondern kennt eine „formal-ästhetische Äquivalenz“, die er unter Berufung auf Katharina Reiß als jene Handhabung von Lexik, Syntax, Stil und Aufbau charakterisiert, welche eine dem Gestaltungswillen des Autors entsprechende und dem Charakter des AS-Textes analoge ästhetische Wirkung in der ZS erzielt.8 Ein ähnlicher funktionaler, d.h. eine vergleichbare ästhetische Wirkung in der Übersetzung anstrebender Ansatz findet sich bei J. Levy (1969: 21), einem Vertreter des Prager Strukturalismus, dessen Ansatz Koller (1997: 294-297) nicht zufällig sehr wohlwollend kommentiert.9 Bei Kollers Äquivalenzbegriff bleibt zu bestimmen, welche Stilmittel in der ZS analoge ästhetische Wirkungen hervorrufen; vermutlich müssen und können dies nicht in jedem Falle gleiche Stilmittel sein wie im AS- Text. Den grundlegenden Unterschied zwischen der Übersetzung von literarischen und Sachtexten (die ebenso manche formal-ästhetische Qualitäten aufweisen) sieht Koller (253) darin, dass die ästhetischen Werte nur für literarische Texte konstitutiv seien. Gegenüber Sachtexten verschiebt sich die Äquivalenzforderung – oder „die Hierarchie der zu erhaltenden Werte“ (266) vom Inhalt zur Form. Den ganz anderen Stellenwert des Inhalts in literarischen Texten stützt Koller (272ff) mit drei Überlegungen, die wir in der gebotenen Kürze benennen wollen: 1.) Eine (inhaltlich) falsche Übersetzung hat bei literarischen Texten kaum praktische Konsequenzen, auch wenn sie noch so bedauerlich sein mag. So kommt es z.B. bei der odontologischen Fachterminologie in Günter Grass’ örtlich betäubt letztlich nicht auf die Denotation, also eine inhaltlich 100%ig korrekte Übersetzung, sondern vor allem auf die Konnotation an. 2.) Fiktionale Texte konstruieren eine eigene Welt, die sich durch immanente Sinnhaftigkeit auszeichnet. Auch wenn diese einen Bezug zur realen Welt hat und sich als sachlich falsch erweist (z.B. hat die 8 vgl. Koller 1997: 252f.; AS = Ausgangssprache, ZS = Zielsprache 9 Letzlich finden sich die von Koller genannten Schlüsselbegriffe, nämlich Analogie hinsichtlich Intention des Autors und Wirkung auf den Leser, explizit oder implizit auch schon bei Kloepfer: „Es [das Übersetzen, P.P.] verwirklicht die verschiedenen kommunikativen Kräfte eines Textes und damit den originalen künstlerischen Willen mit den Mitteln einer anderen Muttersprache. Übersetzung vermag aus äquivalenten und analogen Einzellösungen ein dem Original zumindest analoges Ganzes hervorzubringen.“ (Kloepfer 1966: 84). Zur Wirkung auf den Leser vgl. Kloepfers (1966: 86ff.) Ausführungen zur Übersetzung der Plautinischen Komödie „Epidikus“. 8 amerikanische Freiheitsstatue bei Kafka statt der Fackel ein Schwert in der Hand), so ist dies – anders als bei Sachtexten – noch lange kein Grund für den Übersetzer, korrigierend einzugreifen. 3.) Literarische Texte werden ästhetisch rezipiert, d.h. auf gängige sprachlich- stilistische und ästhetische Normen bezogen. Zur Ästhetizität ist auch die von der Rezeptionsästhetik thematisierte Vieldeutigkeit literarischer Texte zu zählen; sie steht im Gegensatz zur anzustrebenden Eindeutigkeit von Sachtexten und ist in der Übersetzung so gut wie möglich zu bewahren. Zusammenfassend lässt sich sagen, das Spezifikum der literarischen Übersetzung ist – nach Koller – die Verschiebung der Äquivalenzforderung vom inhaltlichen (oder pragma- tischen und textuellen) zum ästhetischen Aspekt, also eine veränderte „Hierarchie der Äquivalenzforderungen“ (Koller 1997: 266). Es geht darum, durch die stilistische Gestaltung der Übersetzung eine dem AS-Text vergleichbare ästhetische Wirkung zu erzielen. Welche Probleme sich dabei im Einzelnen stellen, soll in den Kapiteln 2 und 3 an stilistischen Phänomenen wie Metapher, Sprachspiel, Wortwahl usw. erläutert und an Beispielen aus der deutschen Übersetzung von Staccando l’ombra da terra verdeutlicht werden. In Kapitel 4 geht es hingegen um inhaltliche Aspekte der literarischen Übersetzung, z.B. den Umgang mit Unterschieden im Weltwissen der AS- bzw. ZS-Leser oder um die Logisierung von inhaltlichen Widersprüchen und Ungereimtheiten durch den Übersetzer. Abschließend eine Bemerkung zum (vermeintlichen) Gegensatz von hermeneutischer und übersetzungswissenschaftlicher Position: Im Grunde sind sich beide einig, dass die literarische Übersetzung sich in spezifischer Weise von Fach/Sachtextübersetzungen unterscheidet und dass die Gründe hierfür in der besonderen Rolle der stilistischen Gestaltung (der sprachlichen Form) liegen. Die Lösung der damit verbundenen Probleme jedoch ist in hermeneutischer Sicht eher ein einmaliger, nicht systematisierbarer Akt des schöpferischen Nachvollzugs, für die Übersetzungwissenschaft und den Strukturalismus dagegen wissenschaftlicher Analyse zugänglich. Dennoch wollen wir wo möglich versuchen, Kloepfers (1966) an Fallbeispielen gewonnene Einsichten mit den systematischen Beobachtungen Kollers, Levys oder Kjärs in Beziehung zu setzen. Bei der Untersuchung von Beispielen aus der deutschen Übersetzung von Staccando l’ombra da terra möchte ich darüber hinaus einen Aspekt im Blick behalten, der in allen Ansätzen als dominierende Tendenz benannt wird: die stilistische „Verflachung“. In normativer Sicht erscheint sie teils als unvermeidlich, teils als Unfähigkeit des Übersetzers, in der 9 deskriptiven Übersetzungsforschung tritt sie – jenseits aller historisch und kulturell veränderlichen „Normen“ – als universelles (?) „Gesetz“ der literarischen Übersetzung auf (vgl. Toury 1995: 267ff.: „the law of growing standardization“). Exkurs: Daniele Del Giudice: Staccando l’ombra da terra Daniele Del Giudice ist 1949 in Rom geboren und lebt in Venedig. Der Erzählband Staccando l’ombra da terra von 1994 erschien in der deutschen Übersetzung von Karin Fleischanderl10 1997 im Carl Hanser Verlag unter dem Titel: Das Abheben des Schattens vom Boden.11 Del Giudice wird zusammen mit Tabucchi, Andrea de Carlo, Pier Vittorio Tondelli u.a. zu den “giovani scrittori” oder – da nicht mehr ganz so jung – zu den “nuovi narratori”, also den “neuen Erzählern” gerechnet (Kapp 1994: 382). „Fliegen“ ist das thematische Band, das die acht Erzählungen von Staccando l’ombra da terra zusammenhält und – ähnlich wie bei Saint-Exupéry – zugleich als Metapher für das Leben fungiert.12 Für den Übersetzungsvergleich habe ich die Geschichte Fino al punto di rugiada/ Bis zum Taupunkt (67-84/ 97-121)13 ausgewählt. In der Du-Form und in Vergangenheitstempora wird darin vom Piloten eines Sportflugzeugs erzählt, der sich „so wie man manchmal im Leben die Orientierung verliert“ (Abheben, 97) auf einem (Sicht)Flug über der Poebene im Nebel verirrt, bevor er – unterstützt vom Fluglotsen – den Weg zurück zum Heimatflughafen findet. Übrigens experimentiert Del Giudice in den einzelnen Kapiteln von Staccando mit verschiedenen Erzählperspektiven: neben der Du-Form, finden sich Ich- Erzähler, anonyme Erzähler sowie zahlreiche Erzählerwechsel.14 Nicht nur kann der Orientierungsverlust – wie der Autor gleich zu Beginn zu verstehen gibt – als Gleichnis gedeutet werden, sondern der Text enthält weitere z.T. mit Sprachspielen und Polysemien 10 Karin Fleischanderl, geb. 1960, lebt in Wien und ist u.a. durch die deutsche Übersetzung der Werke von Antonio Tabucchi hervorgetreten. 11 Ich zitiere nach der italienischen Original- und der deutschen Taschenbuchausgabe von dtv (Januar 2000), s. Literaturverzeichnis. 12 Anna Frabetti (o.J.) spricht von “metafora polivalente, della vita, della morte, dell’infanzia, …” 13 Bei diesen durch / getrennten Seitenangaben bezieht sich die erste Zahl stets auf die italienische Ausgabe des Erzählbandes (Staccando), die zweite auf die deutsche (Abheben). 14 In Manovre di volo/ Flugmanöver erscheint der Erzähler zunächst in der Du-Form, wechselt dann zum Ich über, während nun der Fluglehrer Bruno mit Du angeredet wird. In Doppio decollo all’alba/ Doppelter Start im Morgengrauen berichtet zunächst ein anonymer Erzähler von Saint-Exupéry, am Ende erscheint ein Wir (Ich + Bruno, der Fluglehrer). Pauci sed semper immites hat einen Ich-Erzähler, führt dann aber einen weiteren Erzähler ein, der in einer längeren, eingebetteten Geschichte das erzählende Ich mit Lei/Sie anspricht. 10

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