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Meier Helmbrecht PDF

84 Pages·1902·5.036 MB·German
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Meier Helmbrecht von Wernher dem Gartensere herausgegeben von Friedrich Panzer. Halle a. S. Max Niemeyer. 1902. Altdeutsche textbibliothek, herausgegeben von H. Paul. Nr. 11. Vorwort. Für die nachstellende Ausgabe sind die Hand- schriften aufs neue verglichen worden. Die Berliner konnte ich selbst benutzen, eine Collation der Ambraser Hs. verdanke ich Herrn cand. phil. Eichler in Wien. In der Angabe der Lesarten ist möglichste Genauigkeit erstrebt; der praktische Zweck, dem dies Büchlein in erster Linie dienen soll, liess öfter auch eine kritisch wertlose Lesart aufnehmen, wenn sie eine bequeme Möglichkeit zur Anknüpfung sprachlicher Erörterungen bietet. Ueber die Grundsätze, die den Herausgeber bei der kritischen Herstellung des Textes geleitet haben, wird ein Aufsatz im nächsten Hefte der „Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur" ge- naueren Aufschluss bringen; dort sind auch einige Punkte der Einleitung näher erörtert. Freiburg i. B., am 18. August 1901. F. P. a* Einleitung. Das nachstehende Gedicht, das wir nach der Ueber- schrift in A nicht ganz passend „Meier Helmbrecht" zu nennen gewohnt sind, ist uns nur in zwei jungen Handschriften erhalten: A das berühmte Ambraser Heldenbuch, jetzt in den „kunsthistorischen Sammlungen des allerhöchsten Kaiser- hauses" in Wien, Pergament, 1504—15 von Hans Ried, Zollschreiber am Eisack zu Bozen für Kaiser Max ge- schrieben, überliefert S. 225b—229b unser Gedicht. B die Berliner Hs., Mss. Germ. fol. 470 der kgl. Bibliothek, Papier, im 15. Jh. in Oesterreich geschrieben, enthält Bl. 1—229* den j. Titurel, Bl. 229b—Schluss von derselben Hand unser Gedicht. Diese beiden Hss. weichen in ihrem Texte fort- laufend nicht unbeträchtlich von einander ab. Indess lässt sich aus einer Reihe gemeinsamer Fehler leicht feststellen, dass beide gleichwohl einem Zweige der Ueberlieferung angehören; sie müssen aus einer gemein- samen Vorlage geflossen sein, in der das Original schon mehrfach entstellt gewesen ist. Eine systematische Prüfung der Lesarten zeigt nun weiter, dass A diese Vorlage mit sehr viel grösserer Treue wiedergiebt als B. Zwar ist auch A keineswegs frei von Fehlern. Aber seine Abweichungen beruhen ausschliesslich auf Missverständ- nissen und Versehen und nirgends erlaubt sich der Schreiber, der seine Vorlage verständnislos und fast mechanisch kopiert, willkürliche Aenderungen. Im vollsten VI Gegensätze dazu verrät B durchweg den denkenden Schreiber, der der Ueberlieferung völlig frei gegenüber tritt und sie auf Schritt und Tritt nach seinen Ueber- zeugungen zuschneidet, indem er da den Vers glättet, dort den Sinn ändert, ihm anstössige Wörter und ganze Versgruppen ausscheidet, anderswo zusetzt u. s. w., kurz fast in jedem Verse seine Vorlage aufs willkürlichste verändert. Eine kritische Ausgabe des Gedichtes hat sich daher in erster Linie auf die Hs. A zu stützen, die nur in ziemlich seltenen Fällen durch B korrigiert wird. Hie und da muss aber auch über beide Hss. zurückgegangen und die echte Lesart durch Conjectur hergestellt werden. Eine der bedeutendsten Abweichungen der Hss. liegt nun darin, dass jede die Handlung des Gedichtes auf einen anderen Schauplatz verlegt. Die Verse 188 ff. rühmen den Rock des Helden mit der Versicherung, einen so kostbaren warhus habe nie ein Bauer getragen zwischen Hohenstaine vnd Haldenberg sagt A, zwuschen Wels vnd dem Trauriberg B. Und V. 893 ff. preist der alte Meier den Brunnen seines Hofes, dem nur einer noch sich vergleichen könne: der ze Wanchhausen nach A, der zu Leubenbach nach B. Danach spielt also die Handlung nach B im oberösterreichischen Traungau, zwischen Wels, dem Traunstein und Leonbach (alt Liu- benbach ZfdA. 4. 318 f.: ein kleiner Ort zwischen Wels und Kremsmünster). A hingegen verlegt sie in das jetzt gleichfalls zu Oberösterreich, bis ins 18. Jh. aber zu Baiern gehörige Innviertel. Von den Ortsangaben in A war zunächst allerdings nur klar, dass mit Wanchhausen das heutige Wang- hausen, gegenüber Burghausen an der unteren Salzach gemeint sein müsse; für die beiden anderen Namen wurden von Lachmann (Ueber Singen und Sagen S. 12) und Karajan (ZfdA. 4. 319 f.) verschiedene, wenig ein- leuchtende Identifizierungen versucht. Da wies zuerst K. Muffat (Morgenbl. z, bayr. Zeitung vom 8. Okt. 1863) aus einem Urbar des 13. Jh. einen Helmbrechtshof bei Gilgenberg, wenig östlich von Wanghausen nach; das VII Jahr darauf stellte dann auf K. Hofmanns Anregung F. Keinz an Ort und Stelle eingehende Nachforschungen an, die später von L. Fulda und M. Schlickinger fort- gesetzt wurden und zu schönen Entdeckungen führten.1) Sie haben den Hof unseres alten Meiers in dem heutigen Hartl- und Bauerngute wiedergefunden, die bis ins vorige Jahrhundert hinein den Namen „Helmbrechtshof" führten. Wenig südöstlich davon liegt der Hohenstein; nicht ganz so sicher ist, ob der von A genannte Haldenberg mit dem nahe dem Helmbrechtshofe gelegenen Adenberg (oder etwa einem etwas östlicher gelegenen Hollberg) identifiziert werden darf; auch die Lokalisierung der Kienleite und des Loh, die V. 1391 und 1427 unseres Gedichtes nennen, sind umstritten. Noch aber rauscht der Brunnen in Wanghausen und eine angebliche Heilkraft für erkrankte Augen hat dem „goldenen Brünnlein", wie die Umwohner ihn verehrend nennen, bis in unsere Tage seine Berühmtheit erhalten. Auch für manche seltene Ausdrücke des Gedichtes wie clamirre, isenhalt, stürz, kuo von siben binden u. s. w. ergab Sprache und Brauch der Gegend manch erfreuliche Aufklärung; ja selbst den Inhalt der Erzählung wollten alte Leute auf Befragen in ihren Erinnerungen wiederfinden. So stimmte denn alles mit den Ortsangaben von A so schön zu- sammen, dass man sich wohl berechtigt glauben durfte, diese für die ursprünglichen in Anspruch zu nehmen. Trotzdem hat nun doch auch B bis in die neueste Zeit Anhänger und Verteidiger gefunden, und wirklich muss eine ernsthafte Betrachtung zugeben, dass die von Keinz und seinen Nachfolgern erbrachten Nachweise an sich nicht durchschlagend sind. Sollte die Lokalisierung der Berliner Hs. wirklich für abgethan gelten, so musste bewiesen werden, dass die beiden Hss. gemeinsamen ') Vgl. die Berichte von Keinz in den Münchener Sitzungs- berichten, Phil. Cl. 1864. 181 ff., 1865. 316 ff.; Fulda in der Ein- leitung zu seiner Uebersetzung; Schlickinger, Der Helmbrechts- hof und seine Umgebung im 51. Bericht über das Museum Francisco-Carolinum, Linz 1893, dazu AfdA. 20. 258 ff., ZfdPh. 29. 218 ff. VIII Angaben des Gedichtes sich nur mit der Lokalisierung von A vertrügen. Die von Keinz angeführten kulturellen und sprachlichen Momente erbringen diesen Beweis nicht; denn sie erforschen nur die diesbezügliche Art des Inn- viertels und es ist an sich wahrscheinlich, dass der wenig östlicher auf gleichem Sprach- und Stammesgebiet gelegene Schauplatz von B sich hierin nicht durchgreifend unterscheiden wird. Auch die Nachweisung eines Helm- brechtshofes kann noch nicht den Ausschlag geben: der Name Helmbrecht ist nicht selten und mag leicht auch im Traungau manchen Bauernfamilien und ihren Höfen geeignet haben; zudem wissen wir gar nicht, ob die Er- zählung des Gedichtes wirklich auf einem historischen Geschehnis beruht.1) Und so wäre es an sich recht wohl denkbar, dass ein Schreiber, dem der Helmbrechts- hof bei Gilgenberg bekannt war, die Erzählung dorthin verlegt hätte, indem er die Ortsangaben des Originals entsprechend abänderte. Die Entscheidung kann hier eben nicht von aussen kommen, sondern nur von innen heraus, durch eine systematische Feststellung des Ver- hältnisses der beiden IIss. zum Originale, erbracht werden. Eine derartige Untersuchung aber muss sich mit grösster Entschiedenheit für die Ursprünglichkeit von A aus- sprechen. Nachdem sich nachweisen lässt, dass B den originalen Text an zahllosen Stellen willkürlich geändert hat, während A ihn treulich kopiert, so spricht die grösste Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch seine Ab- weichung in den Ortsangaben auf willkürlicher Aende- rung beruht. Und wirklich lässt ein glücklicher Zufall uns noch wohl erkennen, woher B die Veranlassung nahm, gerade Ortsnamen aus dem Traungau statt der Aus der Behauptung des Dichters V. 7, er habe alles selbst mit angesehen (der doch streng genommen schon V. 1638 widerspricht), hat man dies allzu vertrauensselig geschlossen. Die Thatsache, dass einzelne, nicht unwichtige Stücke der Er- zäblnng nachweisbar aus Neidhard entlehnt sind, zeigt klar, dass zum mindesten nicht alles darin historisch sein kann und nach derselben Seite weist der literarische Charakter der Dichtung, worüber unten. IX originalen einzusetzen. Auf dem Vorsatzblatte dieser Hs. sind eine Reihe von Namen eingetragen, die J. Strnadt neuerdings alle aus Urkunden des 15. Jh. im Traungau nachgewiesen hat (AfdA. 20. 262 ff.). Aus ihren Kreisen muss die Hs. hervorgegangen sein und dass ihnen zu Ehr und Vergnügen die Ortsangaben geändert sind, darf man um so zuversichtlicher annehmen, als eine der in der Hs. genannten Personen, Lienhart Mewrll, im 15. Jh. Besitzer eben jenes Leubenbach gewesen ist, das B statt Wanghausen eingeführt hat. Als Verfasser unseres Gedichtes nennt sich im letzten Verse ein Wernher der Gartencere. Er ist urkundlich nicht nachzuweisen und so hat man ihn durch ver- schiedene Vermutungen festzulegen gesucht. C. Schröder (Germ. 10. 455 ff.) glaubte ihn mit dem Bruder Wernher identifizieren zu dürfen, einem nicht unbedeutenden österreichischen Spruchdichter, dessen Thätigkeit sich von 1217—1250 verfolgen lässt.1) Diese Hypothese hat mehrfach Beifall, öfter noch Widerspruch erfahren und in der That ist eine Identifizierung der beiden Dichter nicht möglich. Die teilweise Gleichheit der Namen reicht dazu nicht aus. Allerdings trifft der Spruchdichter mit unserem Satiriker mehrfach in Bildern und Gedanken zusammen; aber diese sind keineswegs ihr besonderes Eigentum, sondern in der Dichtung der Zeit weit verbreitet. Positiv gegen Schröders Hypothese spricht die ganz verschiedene dichterische Individualität der beiden Männer, die sich gerade, weil sie im Stoffe durch satirische Behandlung der Zeitverhältnisse zu- sammentreffen, umso schärfer einander entgegenstellen: Bruder Wernher voll feierlichen Ernstes, ständig predigend und scheltend, Wernher der Gärtner in heiterer Ruhe mit einem überlegenen Lächeln auf das Treiben herabsehend, von dem er mit spottendem Behagen erzählt; jener ein Vertreter der pathetischen, dieser der scherzhaften Satire, Seine Sprüche in v. d. Hagens Minnesingern 2. 227 ff., 3. 11 ff.; über ihn vgl. Bartsch-Golther, Deutsche Liederdichter 19014 S.LXIV und R.M.Meyer, Allg. dtsch. Biogr. 42. 74ff, wo die weitere Literatur verzeichnet ist. X um mit Schillers Einteilung zu reden. Dazu kommt dann, dass Sprache und Reimtechnik der beiden Dichter eine grössere Reihe von Verschiedenheiten aufweisen.1) Wir bleiben also für die Feststellung der Persön- lichkeit unseres Dichters auf Vermutungen angewiesen. Da hat denn Keinz die Meinung ausgesprochen, er sei ein Geistlicher und zwar Pater Gärtner in dem nahe dem Helmbrechtshofe gelegenen Kloster Ranshofen ge- wesen und diese Ansicht hat bei vielen Beifall gefunden. Sie ist dennoch völlig unmöglich. Nicht allein, dass sie auf rein gar nichts sich stützen kann als den Bei- namen gartencere und die Thatsache, dass es im Kloster Ranshofen im 19. Jh. „Pater Gärtner" gegeben hat, welche die Bauern der Umgebung die Obstbaumzucht lehrten; >) Bruder Wernher (B) reimt Prät. az : baz 2. 227* (1), Wernher der Gärtner (Gr) dz : küefräz 1547; B reimt Part. genannt : verlamt 3.12» (10), G genant: gesant 915, : bekant 927 oder genennet: erkennet 1735; B gebraucht in prägnanter Bedeutung Inf. hän : getän 3.12» (11),: undertän 2. 14b (14), 3. 16» (22), G haben : graben 237, : knaben 151. 155. 1721; B prägnant Inf. län : wolgetän 2. 231» (1), : vertan 3. lla (1), G län : getan 1149 und läzen : gäzen 899; B Part, erlan : hän 3. 234b (5), G erldzen : verwdzen 839; B Part .gesaget: 3.Sg. klaget 3. 12b (14), G gesaget: betaget 1047 und geseit: edel- keit 507; B Part, geklaget: gedaget 3. 12b (13), G aekleit : breit 1021 [beide haben treit und git, nur G meide(n) 952, 206 und Part, geleit .gelegt" 189. 404, nur B 3. Sg. lit 2. 230b (16), 3. 13» (16), 2. 229»(9) neben liget 2. 231»(2)]; B hat nur den Cj. si, G daneben wese-.lese 1931; für die bei G häufige Apokope nach kurzer Stammsilbe auf Muta finde ich bei B nur ein Beispiel: Dat. bat: Dat. stat 3. 14b (14); B reimt Adj. gelich : rieh 3. 14a, G geliehe : sicherliehe 737. 313,^23 Adv. gelich : tieh 3. 16b (26) und Adv. zuhtelich : Osterrich 3.12b (13), Q nur Adv. -liche(n); B reimt Adv. in: win 3.19»(1), G in : hin 1103; B hat nur sol, G daneben sal: deti sal 755; B hat drei Reime -är : -ar 2. 228b (6), 229» (9), 232» (2), G in viel mehr Versen nur einen (255), während dagegen die in G 7 mal vorkommende Bindung - an: -an bei B nicht begegnet; B reimt 3. 12b(l3) gut österreichisch gert:lert, G hat nichts der- gleichen; umgekehrt hat B keine Bindung -iht: -ieht (G 1643), -ir : -ier (G 1401), -un : -%on {G 517. 771), -s : -z (G 397. 1709) und vor allem fehlen die in G häufigen Bindungen -ü-: -ou- und -iu- : -öu- sowie die charakteristischen Erweiterungen durch unorganisches -e (G 242, 433, 792, 1622, 1800).

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