© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Leishmaniose, eine Tropenkrankheit und deren Vektoren (Diptera, Psychodidae, Phlebotominae) in Mitteleuropa Torsten J. NAUCKE 1 Leishmaniose - historisch betrachtet 164 2 Leishmania 165 2.1 Die verschiedenen Leishmania-Erreger 165 2.2 Der Entwicklungszyklus von Leishmania 166 3 Verbreitung von Leishmaniose und Sandmücken 167 3.1 Weltweites Leishmaniose-Infektionsrisiko, auch in Mitteleuropa 167 3.2 Sandmücken und deren Verbreitung und Ausbreitung in Mitteleuropa 168 3.3 Sandmücken und deren Biologie und Entwicklung 170 3.4 Sandmücken und deren Brutplätze 171 3.5 Sandmücken und deren jahreszeitliche Aktivität 172 3.6 Sandmücken und deren Flug- und Stechverhalten 172 4 Prophylaktische Maßnahmen zum Schutz gegen Sandmückenstiche 173 5 Zusammenfassung 173 6 Literatur 173 Oenisia 6, zugleich Kataloge des OÖ. Landesmuseums, Neue Folge Nr. 184 (2002), 163-178 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Abstract: cases of human and canine leishmaniosis are increasing in Germany Switzerland, and Austria due to unprotected travel Leismaniosis, a tropical disease and its into leishmaniosis endemic areas of the Mediterranean. The vectors of leishmaniosis are various species of sandflies (Ge- vectors (Diptera, Psychodidae, Phlebo- nus Phlebotomus). In 1999 sandflies »ere discovered in Ger- tominae) in Central Europe many and it is currently being discussed whether they are re- sponsible for individual autochthonous cases of leishmaniosis in humans, dogs, and horses. In Central Europe leishmaniosis is thought to be an infectious disease of the tropics only. However, leishmaniosis is current- Key words: Leishmaniosis, sandfly, human disease, risk ly spreading in the Mediterranean areas of Europe. Imported factor, canine disease. 1 Leishmaniose - historisch betrachtet Leishmaniose ist eine lang bekannte Erkrankung beim Menschen. Erste Hinweise auf diese Erkrankung finden sich in den Ebers Papyri, einer Serie von medizini- schen Dokumenten der ersten ägyptischen Dynastie, die bis in das Jahr 2000 v. Chr. zurückreichen. Bereits in die- sen Schriften wird über eine Hautkrankheit mit dem - ins Englische übersetzten - Namen „Nile Pimple" berichtet, wobei es sich vermutlich um die erste Beschreibung einer menschlichen Hautleishmaniose handelt (vgl. MASPERO 1910). Auch in der Bibel finden sich einige Hinweise auf diese Erkrankung, so in den Büchern Exodus und Deu- teronomium. Die erste klinisch exakte Beschreibung von Haut- Abb. 1: Ein Blut saugendes Phlebotomus perfiliewi-\Ne\b- leishmaniose beim Menschen und darüber hinaus auch bei chen. Hunden und Katzen verfasste Alexander RUSSELL in der Mitte des 18. Jahrhunderts (RUSSKLL 1756). Ende des 19. Ehren vergab Ronald Ross am 28.11.1903 dem parasiti- Jahrhunderts folgten von verschiedenen Wissenschaftlern schen Erreger des indischen „schwarzen Fiebers" oder der und Militärärzten zahlreiche, jedoch meist unklare mikro- Kala-azar (hindi: kala = schwarz; azar = Fieber) den Na- skopische Beobachtungen und Beschreibungen parasiti- men Leishmania donovani (Ross 1903). Kurz darauf, am scher Organismen. Diese Organismen wurden als Ursache 18.12.1903, wurden im Seamen's Hospital in London die- für diese Hauterkrankung angesehen (CUNNINGHAM 1885; se Körperchen von LEISHMAN und DONOVAN (= LD-bo- FIRTH 1891; BOROVSKY 1898). Im November des Jahres dies) zum ersten Mal diagnostisch nachgewiesen (MAN- 1900 entdeckte der britische Tropenarzt Sir William Boog SON & Low 1904). Im folgenden Jahr erkannte CATHOIRE LEISHMAN intrazelluläre kleine Körperchen in biopti- (1904) in Tunesien erstmalig auch für den mediterranen schem, post mortem entnommenem Material der Milz ei- Raum, dass die Parasiten der „anemie splenique infanti- nes irischen Soldaten, der Monate zuvor mit Verdacht auf le", die in der mediterranen Region auftrat, denen der in- Ruhr von Kalkutta (Indien) nach Netley (England) über- dischen Kala-azar glichen. PiANesE (1905) fand nun die stellt worden war. Erst drei Jahre später, am 30.05.1903, Leishmanien in dem Milzgewebe verstorbener Kinder in wurde diese Beobachtung veröffentlicht (LEISHMAN Italien. Er musste feststellen, dass die in Italien endemi- 1903). DONOVAN (1903a), welcher zu dieser Zeit in Ma- sche „anemia splenica infantile", eine Kinderkrankheit, dras (Indien) arbeitete, fand im April 1903 ähnliche Kör- die er seit 1892 in der europäisch-mediterranen Region perchen in der Milz von Patienten, die an „chronischer untersuchte, in ihrem Verlauf der indischen Kala-azar Malaria" verstorben waren. In durch Milzpunktion erhal- gleicht. Charles NICOLLE (1908) gab schließlich dem tenem frischen Blut eines 12-jährigen indischen Jungen Erreger der „mediterranen" Kala-azar den Namen Leish- fand DONOVAN (1903b) am 17.06.1903 identische Körper- mania infantum, welchen er aus Kindermilzen in Tunis iso- chen. Er bewies damit, dass seine und LEISHMANS zuvor lierte, kultivierte und experimentell erfolgreich auf Hun- beobachteten Körperchen keinen postmortalen Verände- de übertragen hatte. Mehr als ein weiteres Jahrzehnt ver- rungen unterlagen. Diesen beiden Wissenschaftlern zu ging, bis der Nachweis folgte, dass Sandmücken (Abb. 1) © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 2: Leishmaniosesymptomatik bei Hunden, (a) Hund aus Südgriechenland mit trockenen Verkrustungen am Kopf, (b) Hund aus Nordgriechenland mit völligem Haarausfall am ganzen Körper, (c) Hund aus Spanien mit der sog. „Brillenbildung", Haar- ausfall um die Augen herum, (d) Boxer aus Malaga (Andalusien, Spanien) mit offenen Hautläsionen an der Nase und einseiti- ger Uveitis. die Vektoren (= Überträger) der Leishmania-Parasiten Äthiopien, Kenia und dem Sudan auf. L. chagasi und sind (SERGENT et al. 1921). Leishmanien der L. brasiliensis-Gruppe parasitieren in Süd- und Mittelamerika. Die Leishmanien der L. mexica- na-Gmppe kommen in Brasilien und Mexiko und L. pe- 2 Leishmania ruviana in Argentinien und Peru vor. Die einzelnen Leishmania-Arten rufen beim Men- 2.1 Die verschiedenen Leishmania-Erreger schen unterschiedliche klinische Symptome hervor. So ist Das Spektrum der Erreger der Leishmaniosen ist L. infantum der Erreger der viszeralen Leishmaniose weltweit betrachtet äußerst artenreich. Im europäischen (= innere Leishmaniose. Organleishmaniose oder Kala- Mittelmeerraum ist der Erreger für die Leishmaniose bei azar). L. tropica äußert sich hauptsächlich als Hautleish- Mensch und Tier hauptsächlich Leishmania infantum. Im maniose (= Orientbeule, Aleppobeule, etc.). Leishmanien nordafrikanisch-mediterranen Raum und im Mittleren der L. brasiliensis-Gruppe sind die Erreger der mukokuta- Osten sind es L tropica und L. major. L. aethiopica tritt in nen Leishmaniose (= Schleimhautleishmaniose). In allen © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at europäischen Anrainerstaaten des mediterranen Raumes (auch Portugal, der Schweiz und Deutschland) tritt ver- mutlich nur L. infantum auf. L. infantum ist jedoch ein Komplex, dem inzwischen mindestens 10 verschiedene Stämme, sogenannte Zytnodeme zugeordnet werden (DERELRE et al. 1999; MACX)I et al. 2002). Vergleicht man die klinischen Symptome von Hunden, die aus Griechen- land, Sizilien oder Südspanien kommen, so fällt - derzeit völlig grob betrachtet - eine regional unterschiedliche Klinik auf (Abb. 2a-d). Das in der Mittelmeerregion am häufigsten aus Mensch, Hund und Fuchs isolierte Zymodem ist L. infan- tum MON-1 (LANÖTTE et al. 1981). Genau dieser Parasit, das Zymodem Leishmania infantum MON-1, war verant- wortlich für den ersten Fall einer in Deutschland erworbe- nen viszeralen Leishmaniose bei einem 15 Monate alten Jungen (BOGDAN et al. 2001). 2.2 Der Entwicklungszyklus von Leishmania Das charakteristische Merkmal des Entwicklungzy- klus von Leishmanien ist (unter Bezug und Erläuterung der Abb. 3) der Wirtswechsel zwischen blutsaugender Sandmücke [B] und Wirbeltieren: [A] Mensch und [C] Hund, Nagetier. Mit dem Stich einer infektiösen Sand- mücke (a) gelangen die beweglichen (promastigoten) ® Leishmanien unter die Haut, und somit ins Blutsystem des Wirtes. Die promastigoten Leishmanien werden von Ma- krophagen phagozytiert (1). In den Makrophagen findet eine Umwandlung (Morphogenese) statt. Die promastigo- ten Leishmanien wandeln sich in eine unbewegliche ama- stigote Form (2). Es folgt eine Vermehrungsphase der Pa- rasiten durch Zweiteilung in den Makrophagen (3)-(5), die schließlich aufplatzen, so dass die amastigoten Leish- manien im peripheren Blut frei werden (6). Dort werden Abb. 3: Entwicklungszyklus von Leishmania donovani Ross sie erneut von Makrophagen phagozytiert (7). 1903, L tropica LUHE 1906, L. infantum Nie OLLE 1908 (verän- dert nach PIEKARSKI 1962). [A] Entwicklung im Menschen (Wirt, Reservoir): (1) Von Sandmücken übertragener, begei- Beim Blutmahl nimmt eine Sandmücke (b) von einem ßelter ie/s/iman/a-Parasit (promastigotes Stadium) dringt in Leishmaniose-infizierten Wirt neben Erythrozyten auch eine Endothelzelle ein. (2-6) Intrazelluläre Entwicklung und Makrophagen mit den darin befindlichen amastigoten Vermehrung der Parasiten (amastigotes Stadium) in Endothel- zellen. (7) Lymphozyt im peripheren Blut mit amastigoten Leishmanien auf (8). Im Mückendarm werden die aufge- Leishmanien. [B] Entwicklung in der Sandmücke (Vektor): (8) nommenen Blutzellen lysiert (verdaut), wodurch die Amastigote Leishmanien in der Wirtszelle im Mückendarm. Leishmanien frei werden. Die Parasiten durchlaufen im (9) Ausbildung und Vermehrung des promastigoten Stad- iums. (10) Begeißelte Leishmanie (promastigotes Stadium) aus Mückendarm abermals eine Morphogenese und wandeln dem Sandmückenrüssel. [C] Gleichartige Entwicklung wie im sich von der amastigoten in die promastigote Form (9). Menschen [A] auch im Reservoir (Hund, Katze, Fuchs, Nage- tieren u.a.). Das nun wieder bewegliche und begeißelte promastigote Eine Übertragung von Leishmanien durch Sandmücken er- Stadium der Leishmanien (10) wird beim nächsten, nun folgt: infektiösen Stich einer Sandmücke (a) auf den nächsten 1. Von Mensch zu Mensch: [AHBHA] 2.VonTierzuTier:[C]-[B]-[C] Wirt übertragen. 3. Vom Tier auf Mensch: [CHB]-[A] 4. Vom Mensch zum Tier: [A]-[B]-(C]. Über den Blutweg gelangen die Leishmanien (so auch © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at ren. So ist Leishmaniose in Frankreich, Italien, Portugal und Spanien seit Anfang des letzten Jahrhunderts als „Ka- la-azar infantil" bekannt. Heute im Zeitalter fortschreiten- der HIV-Infektionen stellen immunsupprimierte Erwach- sene eine weitere stark gefährdete Gruppe dar (DESJEUX et al. 2001). Leishmania infantum, der Erreger der humanen Leishmaniose in Europa ist der gleiche, der auch die (ka- nine) Leishmaniose bei Hunden verursacht. Derzeit sprechen die hohen Zahlen der HIV/Leishma- niose co-infizierten Erwachsenen und die ebenso hohen Zahlen infizierter Hunde in der mediterranen Region Eu- ropas dafür, dass prozentual gesehen annähernd gleich viele Menschen wie Hunde Träger von Leishmania-Ene- gern sind. In der französischen Provence (Maritime Al- Abb. 4: Amastigote Leishmanien (/_. infantum) im Makropha- gen eines Knochenmarkspunktates vom Hund. pen) fiel bei 30 % der Bevölkerung der LST (Leishmanin Skin Test) positiv aus, d.h. 30 % dieser Bevölkerungs- gruppe sind im Laufe ihres Lebens mit Leishmanien in Leishmania infantum, der Erreger der viszeralen Leish- Kontakt gekommen, jedoch nicht erkrankt. Klinisch ma- maniose in Europa) im Säugetierorganismus auch in Zel- nifestierte Fälle autochthoner viszeraler Leishmaniose len des reticulo-endothelialen Systems, u.a. der Leber, der stiegen in diesem Gebiet auf 1,5/100.000 Einwohner an Milz und des Knochenmarks (Abb. 4). Beim Menschen (MARTY et al. 1994). Ein noch höherer Prozentsatz von schwellen klinisch Milz und Leber stark an und es kommt positivem LST wurde in Spanien festgestellt. In der Apul- ohne Behandlung - nach einer chronischen Phase von bis jarras Region (Granada Provinz) waren 44,2 % der Er- zu 3 Jahren - häufig zum Tod des Patienten. wachsenen und 32,8 % der Schulkinder positiv (ACEDO SANCHEZ et al. 1996), in der Axarquia Region (Malaga Provinz) waren es 42,4 % der getesteten Personen (Mo- 3 Verbreitung von Leishmaniose und Sand- RiLLAS MARQUEZ et al. 1996). In Madrid wurden in 52 % mücken von Drogenabhängigen weggeworfenen Spritzen Leish- manien gefunden. In dieser Studie wurden die Leishma- 3.1 Weltweites Leishmaniose-Infektionsrisiko, nien mittels PCR (Polimerase Chain Reaction) nachge- auch in Mitteleuropa wiesen (CRUZ et al. 2002). Es kann daher geschlossen wer- den, dass in einigen Regionen Europas die Hälfte der Be- Viele durch Arthropoden-übertragene Infektions- völkerung Träger von Leishmanien ist. krankheiten sind in den vergangenen Jahren nach Mittel- europa eingezogen bzw. verschleppt worden oder sind ge- Aus noch unbekannten Gründen erkranken in Südeu- rade im Begriff heimisch zu werden. Borreliose, Babesio- ropa (Spanien) zunehmend auch immunkompetente Er- se, Ehrlichiose und nun auch Leishmaniose sind einige wachsene an viszeraler Leishmaniose. Nach den Statisti- Beispiele für solche Erkrankungen bei Mensch und Tier. ken des Hospital „Ramon y Cajal" (Madrid) liegt derzeit Weiterführende Ausarbeitungen zu dieser Thematik fin- das Durchschnittsalter an Leishmaniose erkrankter Pa- den sich bei ASPÖCK (1992), sowie bei FAULDE & HOFF- tienten bei 23,2 Jahren; das Durchschnittsalter an Leish- MANN (2001). maniose erkrankter und dabei HIV/Leishmaniose-coinfi- Weltweit betrachtet sind etwa 12 Millionen Menschen zierter Patienten liegt bei 33,2 Jahren (PINTADO et al. in 88 Ländern auf allen Kontinenten (mit Ausnahme von 2001). In Italien nimmt die Häufigkeit viszeraler Leishma- Australien) mit Leishmanien infiziert. Noch vor 10 Jahren niosefälle beim Menschen auch unabhängig von Immun- kam es jährlich zu ca. 400.000 Neuerkrankungen, heute erkrankungen wie z.B. HIV-Infektionen zu (KUHN 1999). sind es bereits 1,5 bis 2 Millionen. 350 Millionen Men- Obwohl Leishmaniosen hauptsächlich in tropischen schen leben weltweit mit dem täglichen Risiko, sich durch und subtropischen Ländern, sowie in Südeuropa verbrei- einen infektiösen Sandmückenstich mit den Parasiten zu tet sind, sind dennoch verschiedene autochthone Fälle aus infizieren (DESJEUX 2001). Mitteleuropa (Deutschland, Österreich und der Schweiz) In Europa gilt Leishmaniose als eine Kinderkrankheit bekannt geworden. Jedoch sind nur wenige veröffentlicht und betrifft i. allg. Kleinkinder im Alter von bis zu 5 Jah- und müssen z.T. aus Mangel an Information von den Au- © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at toren angezweifelt werden (MAZZI 1976; SCHAWALDER jeder einzelnen europäischen Sandmückenart dargestellt. 1977; KOLLARITSCH et al. 1989; GOTHE 1991; BOGDAN Wie auch aus der Tabelle 1 ersichtlich wird, gibt es in et al. 2001; KÖHLER et al. 2002). Bisher wurde solchen Europa und Mitteleuropa bis in die Schweiz sogar eine Meldungen wenig Bedeutung zugeschrieben, denn man Kuriosität. Die Sandmückenart Sergentomyia minuta ging davon aus, dass es den Vektor, die Sandmücke, in (Tab. 1, Nr. 23), welche an Reptilien Blut saugt, und auf Deutschland nicht gebe. Reptilien den „Reptilienleishmaniose-Erreger", Leishma- Die Reservoirtiere des Erregers L. infantum sind in Eu- nia (Sauroleishmania) tarentolae übertragen kann. Abbil- ropa sehr vielseitig. Neben dem Menschen sind der (Haus-) dung 5 zeigt Sandmücken der Gattung Sergentomyia beim Hund (Pozio et al. 1981; FICH 1994), der Fuchs (Rioux Blutmahl am Reptil. et al. 1968; ABRANCHES et al. 1983; FISA et al. 1999), die Die „natürliche Barriere für Sandmücken seien in Eu- Katze (GIORDANO 1933; OZON et al. 1998; SANCHEZ et al. ropa die Alpen" ist häufig in der Fachliteratur zu lesen. 2000) und verschiedene Nagetiere, z.B. der Ziesel (BLANC Die tatsächliche Verbreitungsgrenze von Sandmücken &CAMINOPETROS 1930; KONTOS et al. 1989), die Feld-und stellt jedoch die 10 °C-Jahresisotherme dar. Dieser 10 °C- Wühlmaus (KILLICK-KENDRICK et al. 1977) und die Ratte Isotherme folgend, wären Sandmücken in Deutschland (LAVERAN & PETTIT 1909; BETTINI et al. 1978; GRADONI (heute) bis in die Region urn Frankfurt und entlang des et al. 1983) bekannt. Aktuell erreicht in Zentralspanien die Rheingrabens bis Köln zu erwarten. Heutiges Fakum ist, Durchseuchungsrate mit L. infantum bei Füchsen {Vulpes dass erst 1999 Sandmücken in Deutschland entdeckt wur- vulpes) 74 % (CRIADO FORNELIO et al. 2000), bei Katzen den (NAUCKE & PESSON 2000), und daher deren Verbrei- auf Sizilien in Süditalien 42 % (PENNISI 2002). tungsgrenzen derzeit unbekannt sind. Die Infektionsrate von Hunden mit Leishmanien ist In aktuellen Untersuchungen konnte gezeigt werden, besonders im mediterranen Raum sehr hoch (sogar welt- dass Sandmücken (die Art Phlebotomus mascittii) in weit betrachtet). Die Infektionsrate erreicht in: Deutschland doch weit verbreitet sind (SCHMITT 2002). • Südfrankreich bis 66 % bei Militärhunden (DAVOUST Nachgewiesen ist P. mascittii bisher in Süddeutschland in etal. 1994). Baden-Württemberg entlang des Rheingrabens nördlich bis in die Region um Offenburg und östlich bis an die • Nordspanien in Katalonien 10 % (FISA et al. 1999), Grenzen des Schwarzwaldes; weitere Untersuchungen auf Mal lorca 67 % (SOLANO GALLEGO et al. 2001), Süd- werden folgen. spanien in Andalusien bis 42 % (MORILLAS MARQUEZ etal. 1996). Allgemein ist unsere Kenntnis über die Verbreitung von Sandmücken in Mitteleuropa jedoch äußerst lücken- • Zentral- und Süditalien 23 % (MAROLI et al. 1999), auf haft und weitgehend unklar. So existiert ein gesicherter, Sizilien bis 60 % (ORNDORFF 2000). aber eher historisch anzusehender Sandmückennachweis • Nordgriechenland in Makedonien und Thessalien bis von der englischen Kanalinsel Jersey (MARETT 1923). 6 % (ARGYRIADIS & LITKE 1991), Südgriechenland in der Aber auch für die Südschweiz liegen nur wenige Arbeiten Athener Region 22 % (SIDERIS et al. 1999). über die Verbreitung von Sandmücken vor (GALLI VALERIO • Portugal bis 20 % (ABRANCHES et al. 1993). 1911; GASCHEN 1945; GRIMM etal. 1990, 1993). Jeglicher Nachweis für die Nordschweiz sowie auch für Österreich Die Infektionsrate bei Hunden hängt von der lokalen fehlt, und dies trotz der Beschreibung von autochthonen Sandmückenpopulation und deren Stechgewohnheiten ab Leishmaniose-Fällen (MAZZI 1976; SCHAWALDER 1977; (vgl. Tab. 1). KOLLARITSCH et al. 1989; DORNBUSCH et al. 1999). Der derzeit Deutschland nächstgelegene aktive und 3.2 Sandmücken und deren Verbreitung und Aus- lange bekannte Leishmaniose Focus ist Paris (GUILHON breitung in Mitteleuropa 1950, GUILHON et al. 1974). Die Sandmückenart, die in Paris nachgewiesen ist, ist Phlebotomus mascittii (LANGE- Sandmücken sind in allen Anrainerstaaten des Mittel- RON & NITZULESCU 1931), die gleiche Sandmückenart, die meeres, sowie in Portugal, der Schweiz, Südbelgien und auch in Deutschland heimisch ist. Die in Norditalien als Deutschland (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz) ver- Leishmaniose-Vektor bekannte Sandmückenart P. perß- breitet. In Europa sind 23 Sandmückenarten zwei verschie- liewi breitet sich derzeit nordwärts aus, und es ist daher zu dener Gattungen bekannt. In der Tabelle 1 ist die derzeit be- vermuten, dass diese Sandmückenart für die Zunahme kannte Verbreitung, Wirtspreferenz und Vektorkompetenz von Leishmaniose-Erkrankungen beim Menschen in © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Tab. 1: Die 23 Sandmückenspezies Europas, deren Verbreitung, Wirtspreferenz und Vektorkompetenz. Gattung (Untergattung) Art Verbreitung in Europa Wirte, in bevorzugter Vektorkompetenz Reihenfolge (L = Leishmania) Phlebotomus (Adlerius) balcanicus Griechenland Mensch, (Vogelartige?) L. infantum vermutet (ZlVKOVic 1974) THEODOR, 1958 Phlebotomus (Adlerius) simici Griechenland Mensch, (Vogelartige?) L. infantum vermutet (ZIVKOVIC 197S) NITZULESCU & NrrzuLESCU, 1931 Phlebolomus (Anaphlebotomus) Kanarische Inseln unbekannt unbekannt fortunatarum UBEDA ONTIVEROS et al.. 1982 Phlebotomus (Larroussius) ariasi Frankreich. Italien, Hund, Mensch L infantum (Rioux et al. 1984; ALVES TONNOIR, 1921a Portugal. Spanien PiREsetal. 1991;GuiLVARDetal. 19%) Phlebotomus (Larroussius) galilaeus Zypern unbekannt unbekannt THEODOR. 1958 Phlebolomus (Larroussius) langervni Spanien Mensch, Hund L. infantum (DOHA & SHEHATA 1992) NITZULESCU. 1930 Phlebolomus (Larroussius) longicuspis Spanien Mensch, Hund L infantum vermutet (DEDET et al. 1979; NlTZULESCL. 1930 KILLICK-KENDRICK 1990) Phlebotomus (Larroussius) neglectus Griechenland, Italien Mensch, Pferd. L. infantum (ADLER & THEODOR 1932. TONNOIR. 1921b Nagetiere. (Hund?) ADLER et al. 1938; LEGER et al. 1988) Phlebotomus 1 Larroussius) perßliewi Griechenland. Schaf, Ziege, Mensch. L infantum (VANNI 1939; MAROLI et al. PARROT, 1930 Italien (Hund?) 1987) Toscana- & Arbia (Phlebo-) Virus (BALDUCCI 1988) Phlebotomus (Larroussius) perniciosus Deutschland. Frankreich. Hund. Mensch, Pferd, Na- L. infantum (BETTINI et al. 1986; MARTIN NEWSTEAD, 1911 Italien. England (Jersey). getiere SANCHEZ et al. 1993; MAROLI et al. 1994; Portugal. Schweiz, GUILVARD et al. 1996); Spanien, Zypern Toscana- & Arbia (Phlebo-) Virus (BALDUCCI1988) Phlebotomus (Larroussius) tobhi Italien, Griechenland, Schaf. Ziege, (Hund?) L. infantum (LEGER et al. 2000b) ADLER et al.. 1930 Zypern Phlebotomus (Paraphlebotomus) Griechenland. Spanien Mensch L donovani (GUAN et al. 1986) ulexandnSlNTON. 1928 Phlebotomus (Paraphlebotomus} Spanien unbekannt unbekannt chabaudi CROSET et al.. 1970 Phlebotomus 1 Paraphlebotomus) Zypern (Mensch?), (Fledermäuse?) unbekannt jacusieli THLODOR. 1947 Phlebotomus (Paraphlebotomus) Frankreich. Griechenland Mensch. Hund L. major (SCHLEIN et al. 1984); sergenti PARROT, 1917 (?), Italien. Portugal, (Fledermäuse?) L. tropica, (STRATIGOS 1980; AL ZAHRANI Spanien, Zypern (?) et al. 1988; PRATLONG et al. 1991; GUIL- VARD et al. 1991; ALPTEKIN et al. 1999) Phlebotomus (Paraphlebotomus) similis Griechenland Mensch. (Fledermäuse?) L. infantum vermutet (DEPAQUIT et al. PERHLIEW, 1963 1998) Phlebotomus (Phlebotomus) papatasi Frankreich, Griechenland. Mensch, Hund L. turanica (STRELKOVA 1996); (SCOPOLI, 1786) Italien, Schweiz. Spanien, L. major (SCHLEIN et al. 1982; BEN ISMAIL Portugal et al. 1987; IZRI et al. 1992; MERDAN et al. 1992; YAGHOOBI ERSHADI et al. 1995): />/iteAoviras-Serotypen (SCHMIDT et al. 1960; GEORGE 1970; SCHMIDT et al. 1971; GAIDAMOVICH et al. 1980) Phlebolomus (Transphlebolomus) Zypern unbekannt unbekannt economidesi LEGER et al.. 2000a Phlebotomus (Transphlebotomus) Belgien. Deutschland. Mensch, Hund, auch auto- unbekannt mascittii GRASSI, 1908 Frankreich. Griechenland. gen (kann sich auch ohne Italien. Jersey (?): Blut, allein durch Frucht- Schweiz, Spanien; zucker, z.B. Apfel, repro- Zypern duzieren) Sergentomyia (Sergentomyia) azizi Zypern Reptilien, (Vogelartige?) unbekannt (ADLER, 1946) Sergentomvia (Sergentomyia) dentata Griechenland Reptilien unbekannt (SlNTON. 1933) Sergentomyia (Sergentomyia) fallax Kanarische Inseln Reptilien. (Vogelartige?) unbekannt (PARROT, 1921) Sergentomvia (Sergenlomyia) minuta Frankreich. Italien, Grie- Reptilien L. (Sauroleishmania) tarenlolae (Rioux et (RONDANI. 1843) chenland. Portugal. al. l%9:GRAMicci\etal. 1985) Schweiz. Spanien © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Norditalien verantwortlich ist. Aufgrund der globalen Erwärmung, besonders in Mitteleuropa, wird für die nächsten Jahre erwartet, dass sich P. perfiliewi bis zum 49. Breitengrad ausbreitet. Der 49. Breitengrad schneidet in Deutschland Karlsruhe im Bundesland Baden-Würt- temberg und Regensburg in Bayern, die Schweiz und Österreich liegen deutlich südlicher, und sind somit ein- geschlossen. Auch die Sandmückenart P. perniciosus, als bekannter Vektor viszeraler Leishmaniose (MAROLI et al. 1994), wird sich in der Schweiz weiter ausbreiten. Län- gerfristig, ab etwa 2025, wird erwartet, dass sogar in Eng- land klimatische Bedingungen erreicht werden, dass es Abb. 5: Sergentomyia dentata und 5. minuta beim Blutmahl dort sowohl Sandmücken, als auch Leishmania-Parashen am Nacktfingergecko Cyrtodactylus kotschyi. in Sandmücken ermöglicht werden wird, sich entwickeln zu können (KUHN 1999). Dass diese Erwartungen durch- aus berechtigt sind, belegt der aktuelle (bislang unveröf- fentlichte) Fund von Sandmücken der Art Phlebotomus perniciosus in der Region um Kaiserslautern (Rheinland- Pfalz, Deutschland). 3.3 Sandmücken und deren Biologie und Entwicklung Die adulten Sandmücken ernähren sich von Pflanzen- säften (MOORE et al. 1987) und/oder Blattlausexkreten (NAUCKE 1998). Daher sind besonders weibliche aber auch männliche Sandmücken während der Dämmerung häufig in Obstbäumen zu finden, welche Blattläuse als Parasiten beherbergen (Abb. 6). Die weiblichen Sand- mücken benötigen für die Entwicklung der Eier zusätzlich Blut (siehe auch Abb. 1). Die Eiablage findet bei den Abb. 6: Eine weibliche Sandmücke der Art Phlebotomus per- Sandmücken auf dem Erdboden statt. Die Larven ernäh- filiewi auf dem Blatt eines Pfirsichbaumes (Freilandaufnahme auf Chalkidike, Griechenland). ren sich im Boden oder in der Detritusschicht von orga- nisch-zersetzendem Material (Abb. 7). In ihrer Larvalent- wicklung durchlaufen Sandmücken vier Larvenstadien. Die Überwinterung erfolgt in Europa im vierten Larven- stadium, dann folgt die Verpuppung und wenige Tage spä- ter das Schlüpfen des adulten Insektes. Die mittleren Entwicklungszeiten für die verschiede- nen Sandmückenarten betragen unter Laborbedingungen bei 26-28 °C vom Blutmahl bis zum Adultstadium der nächsten Generation zwischen 40 und 57 Tagen (THEODOR 1958; JOHNSON & HERTIG 1961; SCHMIDT 1964; GEMET- CHU 1976; MAROLI 1983; BEACH et al. 1986; GHOSH et al. 1992). Diese kurzen Entwicklungszeiten treffen auch für die Tropen zu. Im mediterranen Raum dauert die Entwick- lung der „Wintergeneration" zwangsläufig, temperatur- gebunden, länger. Meist erscheinen nur zwei Generatio- nen pro Jahr, die erste im Juni (Wintergeneration), die Abb. 7: Sandmückenlarven der Art Phlebotomus perfiliewi (Aufnahme einer Laborzucht). zweite im September (Sommergeneration). Die Sand- © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at \ * Abb. 8: Brutplätze von Sandmücken in Europa: (a) Graben nahe Thessaloniki (Chalkidike, Griechenland); (b) Wasser- pumpstation auf Kassandra (Chalkidike, Griechenland); (c) Brunnen auf Kassandra (Chalkidike, Griechenland); •<&•:.**, (d) Ehemalige Raststätte für Fernreisende (Andalusien, Spanien); (e) Ziegelofen in der ehemaligen Raststätte (d); (f) Scheune in Neuenburg (Baden-Württemberg, Deutschland). mückenart P mascitüi entwickelt in Deutschland nur eine Larven eine Temperatur über 30 °C nicht. Die Brutmög- Generation pro Jahr. lichkeiten sind daher streng limitiert, aber dennoch ist über die Brutplätze von Sandmücken im mediterranen Raum oder gar in Mitteleuropa (Deutschland, Belgien, der 3.4 Sandmücken und deren Brutplätze Schweiz) sehr wenig bekannt. Den ersten nachgewiesenen Sandmückenbrutplatz in Sandmücken entwickeln sich in humusreichem, stän- Europa fand GRASSI (1907) mitten in Rom. Aus einem dig feuchtem Boden. Der Bodenbereich darf über die lan- Keller eines Hauses in der „Via Panisperna" sammelte er ge Larvalentwicklung nie austrocknen. Auch tolerieren einige Larven und Puppen von Phlebotomus papatasi. © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at NAJERA (1946) fand mitten in Madrid im Juni 1943 und im 3.5 Sandmücken und deren jahreszeitliche September 1944 einige Sandmückenlarven in Erdproben, Aktivität welche er aus Mauerritzen zerbombter Häuser sammelte. KILLICK-KENDRICK (1987) fand in einem Keller in den Ce- Mit dem ersten Auftreten von Sandmücken im medi- vennen (Südfrankreich) sechs Larven von P. ariasi. terranen Raum und Mitteleuropa ist zu rechnen, wenn die GRIMM et al. (1993) schlössen einen Sandmückenbrut- niedrigste Nachttemperatur drei Nächte in Folge 20 °C er- platz von P. mascittii in zwei benachbarten Kellerräumen reicht. Diese klimatischen Bedingungen werden in Süd- mitten in der Ortschaft Sessa (Südschweiz). Die Beschrei- frankreich, Norditalien, Nordspanien, Portugal, gesamt bung eines Grabens (Abb. 8a), einer Wasserpumpstation Ex-Jugoslawien und Nordgriechenland etwa ab Mitte Mai (Abb. 8b) und eines Brunnens (Abb. 8c) als nachgewiese- erreicht. In diesen Regionen verschwinden Sandmücken ne Sandmückenbrutplätze auf Chalkidike (Griechenland) wieder gegen Ende Oktober, wenn die Nachttemperatur findet sich bei NAUCKE (1998). unter 15 °C sinkt. In Südgriechenland (incl. der großen In- seln), Süditalien, an der Mittelmeerküste Spaniens (in den Der zuvor erwähnte Graben (Abb. 8a, der Grünstrei- Provinzen Valencia und Alicante) sind Sandmücken etwa fen neben dem Eselskarren) liegt unweit dem Flughafen von April bis November aktiv, auf Sizilien bereits ab von Thessaloniki (Griechenland) und fallt - wie auch wei- März. In Südspanien, in besonderen „Wärmeinseln" der tere Gräben der Region - durch grüne Vegetation während Provinz Granada, aber auch auf Gibraltar ist eine ganzjäh- der heißesten Jahreszeit auf. Dieser Graben ist derzeit der rige, wenn auch geringe Aktivität der Sandmückenart einzig bekannte natürliche Sandmückenbrutplatz in Euro- Phlebotomus ariasi dokumentiert (MORILLAS MARQUEZ pa. Hier brüten die Sandmückenarten P. perßliewi und etal. 1983). P. tobbi in der Detritusschicht. Alle weiteren bekannten Brutplätze von Sandmücken Für Mitteleuropa, so die Südschweiz sind Sandmü- im mediterranen Raum sind von Menschenhand geschaf- cken von Mitte Juni bis Mitte August zu erwarten. In Süd- fen, so die Wasserpumpstation (Abb. 8b) in einem Oli- deutschland wurde die Flugperiode der Sandmücke P. ma- venhain auf Kassandra (Chalkidike, Griechenland). Hier scittii in Baden-Württemberg vom 20.06. bis zum 28.08. brütet P. perßliewi im ständig feuchten Bodenbereich. festgestellt (SCHMITT 2002). Ebenfalls auf Kassandra (Chalkidike, Griechenland) konnten Sandmückenlarven in einem Brunnen (Abb. 8c) 3.6 Sandmücken und deren Flug- und gefunden werden. Hier brüten die Reptil ienblut-saugen- Stechverhalten den Sandmückenarten Sergentomyia dentata und S. minu- ta, sowie auch Phlebotomus tobbi zwischen den Steinen des Brunnens weit entfernt von der Wasserlinie. Nur die weiblichen Sandmücken saugen Blut, ohne das ein Heranreifen der Eier nicht möglich ist. Dieses Blut In Spanien (Provinz Malaga, Andalusien) wurde im kann vom Menschen stammen (Abb. 1), je nach Mücken- Jahr 2000 ein Brutplatz der Sandmückenarten P. ariasi art werden jedoch auch Hunde, Nagetiere, Hühner oder und P. perniciosus entdeckt. Zahlreiche Larven dieser sogar Reptilien (Abb. 5) bevorzugt (siehe Tab. 1). Auf ih- Sandmückenarten wurden in dem Ziegelofen (Abb. 8e) ei- rer Suche nach Blut fliegen die weiblichen Sandmücken nes verfallenen Gebäudes (Abb. 8d, eine ehemalige Rast- (je nach Art) relativ genau von einer Stunde nach Sonnen- stätte für Fernreisende) gefunden. Dieser Fund gelang nur untergang bis eine Stunde vor Sonnenaufgang. Sie sind al- durch Kenntnis der Arbeit von NAJERA (1946), welcher so streng nachtaktiv. Eine Ausnahme stellen Höhlen, so Sandmückenlarven aus Mauerritzen zerbombter Häuser Bunkersysteme oder sogar Eisenbahntunnel dar (TOUM- in Madrid sammelte. Dieser Fundort ist somit, gut 50 Jah- ANOFF & CHASSIGNET 1954; MARTINEZ ORTEGA et al. re später, der zweite nachgewiesene Sandmückenbrut- 1991). Sandmücken sind aufgrund ihrer kleinen Größe platz für Spanien. sehr windempfindlich, fliegen daher bei Wind nicht, und Kürzlich (2001/02) konnte in Anlehnung an die Er- fehlen in direkter Küstenregion (also am Strand). Ab der kenntnisse aus der Arbeit von GRIMM et al. (1993) - siehe zweiten oder dritten Häuserzeile vom Strand entfernt sind oben, Sandmückenbrutplatz in Sessa (Südschweiz) -, Sandmücken aber zu finden. Bei absoluter Windstille stel- auch in Deutschland ein Sandmückenbrutplatz nachge- len Sandmücken ihre Flugkünste unter Beweis, und errei- wiesen werden. Die Abbildung 8f zeigt eine Aufnahme ei- chen dann Fluggeschwindigkeiten von 70 bis 80 cm pro ner ca. 200 Jahre alten Scheune in der Ortschaft Neuen- Sekunde. Pro Nacht können besonders die Weibchen burg, Baden-Württemberg. In dieser Scheune brütet die Strecken von 1 bis 2 Kilometer Flugstrecke zurücklegen Sandmückenart P. mascittii. (KILLICK-KENDRICK et al. 1986). Die Flughöhe beträgt