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Krise der Aufklärung und Neuansatz: Knigges »Geschichte Peter Clausens« im Spannungsfeld von Geheimbund und Öffentlichkeit PDF

245 Pages·2001·14.585 MB·German
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Krise der Aufklärung und Neuansatz This page intentionally left blank Christine Sehrader Krise der Aufklärung und Neuansatz Knigges »Geschichte Peter Clausens« im Spannungsfeld von Geheimbund und Öffentlichkeit Verlag J. B. Metzler Stuttgart · Weimar Die Deutsche Bibliothek -CIP-Einheitsaufnahme Schrader, Christine: Krise der Aufklärung und Neuansatz -Knigges »Geschichte Peter Clausens« im Spannungsfeld von Geheimbund und Öffentlichkeit / Christine Schrader. -Stuttgart; Weimar: Metzler, 2001 (M & P Schriftenreihe für Wissenschaft und Forschung) ISBN 978-3-476-45281-8 ISBN 978-3-476-02838-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-02838-9 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. M & P Schriftenreihe für Wissenschaft und Forschung © 2001 Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprünglich erschienen bei J.B. Metzlersehe Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 2001 www.metzlerverlag.de [email protected] INHALT Standpunkte zu Knigge I Auffassungen im 18. und 19. Jahrhundert 2 Ansätze zu neuen Bewertungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts 5 Fragestellungen ab 1950 8 Knigge, ein Jakobiner? 12 Neueres über Knigge und die Illuminaten 16 Knigge in der neueren Literaturwissenschaft 21 Der Text "Geschichte Peter Clausens" 30 Entstehung, Ausgaben, Rezeption 31 Veränderung der Erzählstruktur im Handlungsverlauf 45 Komposition und Traditionsbezug 58 Erfundenes und Erlebtes 69 Zum Verhältnis von Realem und Fiktivem 69 Landadel und Höfe 73 Literatur, Theater und Musik im Roman und im Leben Knigges 77 Geheimbünde als Thema im Roman 89 "Speculationen von Handlungen trennen" 98 Knigge und geheime Bünde 98 Knigges Vorstellungen von einer Reformation der Freimaurerei I 02 Die illuminatische Konzeption einer "Moralischen Revolution" 111 Aufldärungsästhetik im Geheimbundkontext 120 Die Bildungsidee als Grundlage aufklärerischen Schreibens und illuminatischen Wirkens 120 Formen fiktiven Erzählens im Zuzsammenhang komplexer Bildungsbemühungen 126 Krise der Geheimbundidee, Krise der Aufldärung 137 Moral und Antimoral in der Rede des Apothekers 13 7 Absage an die Geheimbundkonzeption im Gespräch Bricks mit dem alten Mann 149 Diskursive Kommunikation und ein sich veränderndes Aufklärungskonzept 162 Ansätze zur Krisenbewältigung mittels Geschichtsphilosophie, Indiz eines Neuansatzes im Roman 162 Eudämonistische Schwerpunktsetzung und ästhetische Konsequenz 168 Knigges Roman "Die Geschichte Peter Clausens", ein Angebot zu öffentlichem Denken 180 Nachbemerkung 190 Abkürzungen 193 Literaturverzeichnis und andere Quellen 196 Die vorliegende Arbeit ist die leicht gekürzte und überarbeitete Textfassung der Dissertation "Kommunikation im Kontext eines sich verändernden Aufklärungs konzepts: Adolph Freiherrn Knigges Roman Geschichte Peter Clausens im Spannungsfeld von Geheimbund und Öffentlichkeit. Eine werkmonographische Untersuchung", die am 31. Mai 2001 in einer Disputation vor der Prüfungs kommission der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt verteidigt wurde. Hinweis zur Orthogaphie: Zitate wurden in ihrer historischen Rechtschreibung belassen. Der übrige Text folgt im Allgemeinen den neuen Rechtschreibregeln, jedoch werden Silben in bisheriger Weise getrennt. "K. hat vielerlei geschrieben, namentlich Ro mane, welche großen Beifall fanden. " Bilder=Conversations=Lexikon fiir das deutsche Volk. Leipzig, F. A. Brockhaus, 1838. Standpunkte zu Knigge War Adolph Freiherr Knigge ein Prediger altväterischer Manieren oder ein Ge sellschaftskritiker, ein Vielschreiber oder ein begabter Satiriker, war er ein jakobi nischer Geheimbündler oder ein Förderer von Öffentlichkeit? Seit mehr als zwei Jahrhunderten wird Knigge höchst gegensätzlich und meist ideologisch interpre tiert. Widersprüchlichkeiten und Verlegenheiten bei der Beurteilung Knigges zie hen sich wie ein roter Faden durch die Sekundärliteratur. Man könnte anhand der Urteile und Meinungen denken, es nicht mit einem und demselben Mann, son dern mit mehreren, unvereinbar verschiedenen Menschen zu tun zu haben. Politi sche Denunziationen aus der Zeit um die Französische Revolution wirkten eben so nach wie die frühe Ignoranz seinem Werk gegenüber. Dass Knigge im 18. Jahr hundert einer der bedeutendsten gesellschaftskritischen Satiriker deutscher Spra che war (was nicht zuletzt der Roman "Geschichte Peter Clausens" belegt), kommt in den letzten Jahrzehnten langsam ins Bewusstsein. Dass Knigge zu den Wenigen gehörte, die jenseits aller vereinfachenden zeitgenössischen Denkraster die Folgen der Französischen Revolution für Deutschland nüchtern zu analysieren vermochten, hat spätestens die Wiederentdeckung seiner Schrift "Über die Ursa chen, warum wir vorerst in Teutschland wohl keine gefahrliehe politische Haupt Revolution zu erwarten haben" gezeigt. Wer die Sekundärliteratur liest, erhält ein diffuses Bild. Neben die anscheinend unausrottbare Vorstellung vom konservativ-pedantischen Verfechter manierierter Umgangsformen ist die eines "präjakobinischen" Schriftstellers1 getreten. Er sei einer der wenigen Deutschen gewesen, die die Französische Revolution noch über die jakobinische Phase hinaus als beispielloses und für die ganze Menschheit be deutendes Ereignis gewürdigt hätten,2 ein "deutscher Jakobiner"/ ein Republika ner, der für Deutschland aber die Monarchie empfohlen habe,4 einer der wichtig- 1 Voegt, 1955, S. 29. 2 Träger, 1968, S. 221. 3 Steiner, 1975, S. 41. 4 Von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft. 1981, S. 29. 2 sten Spätaufklärer.1 Vermehrte Beschäftigung mit den geheimen Gesellschaften des 18. Jahrhunderts hat Knigge als den Politiker und wesentlichen Organisator des Illuminatenordens ausgemacht, ihm aber den Makel des "ewigen Juden in Ordensangelegenheiten"2 belassen. Werk und Biographie Knigges werden als Be leg für einen wachsenden Hang zum Irrationalismus am Ausgang des 18. Jahrhun derts beansprucht.3 Dagegen bezeichnet eine Untersuchung zum Romanschaffen um 1780 den Autor als "pessimistischen Rationalisten".4 Nach Fertigstellung der Reprintausgabe 1993 sind die meisten Texte Knigges verfügbar. Trotzdem ist nicht zu übersehen, dass ein auf den Anstands-Knigge fokussiertes Bild erneut Platz zu greifen scheint. Mehr noch, es ftndet sich tat sächlich die Behauptung, mit seinem "Umgang mit Menschen" habe Knigge "der nachfolgenden Stagnation Vorschub" geleistet.5 Der Autor wird gar zum "synkre tistischen Grenzgänger der Aufklärung" zurückgestuft.6 Knigge sei, so der Fest redner zum 200. Todestag des Autors 1996 im Dom zu Bremen, "kein allzu fruchtbringender Autor" gewesen, sondern ein Unterhaltungsautor, der schreiben musste, um zu leben, an dem er allerdings die Fähigkeit zur Selbstironie bewunde re.7 AUFFASSUNGEN IM 18. UND 19. JAHRHUNDERT: Die Knigge-Rezeption ist ein aufschlussreiches Kapitel deutscher Germanistik und Historiographie. Kontrover se Bewertungen von Autor und Werk fmden sich schon bei den Zeitgenossen. Auf der einen Seite steht die fast schon huldigende Würdigung Knigges durch politisch oppositionelle Publizisten und Schriftsteller wie Andreas Georg Friedrich Rebmann, Gerhard Anton von Haiemund Heinrich Christoph Albrecht. Das setzt sich im neunzehnten Jahrhundert fort mit Heinrich Reine, Kar! August Varnhagen von Ense und dem Publizisten Karl-]ulius Weber. Auf der anderen Seite steht das ablehnende, sich teilweise bis zur Diffamierung steigemde Urteil politisch Konservativer, an die das 19. Jahrhundert vornehmlich anschließt. Die Angriffe des Renegaten ]o hann Geor;g Zimmermann und der Autoren der revolutionsfeindlichen "Wiener Zeit schrift" sowie August von Kot'(!bues Pasquill "Dr. Bahrdt mit der eisernen Stirn" sind Beispiele hierfür. Knigges Texte veranlassten die Zeitgenossen noch stets zur Stellungnahme. Ablehnung und Anerkennung stehen oft eng beieinander, mitun ter im seihen Text; so schreibt der konservative Hannoversche Publizist August 1 Das Konzept der btirgerlich·literarischen Öffentlichkeit ... 1980, S. 92. 2 Schneider, F. J., 1909, S. 44. 3 Vgl. die Arbeiten von Thaimann (1923) und Popp (1931). 4 Becker, E. D., 1964, S. I 42. 5 Göttert, I995, S. I4. 6 Rector, 1999, S. 20. 7 Lepenies, I9 98, S. 17. 2 Wilhelm Rehberg über Knigges berühmten Traktat "Joseph von Wurmbrand ... po litisches Glaubensbekenntnis, mit Hinsicht auf die französische Revolution und deren Folgen" in der "Allgemeinen Litteratur Zeitung" vom 3. Oktober 1792: "Der Vf. hat die Gabe, ... seine Darstellung der Sache dem gemeinsten Verstande so faßlich zu machen, ... daß es ihm nicht fehlen kann, auf einen beträchtlichen Haufen von Lesern großen Eindruck zu machen."1 Trotz grundsätzlicher Ableh nung muss Rehberg die Wirkung des Knigge-Textes einräumen. Partielle Akzep tanz Knigges setzt sich auch im 19. Jahrhundert fort. Zu nennen sind hier vor allem die einflussreichen Arbeiten von Kar/ Goedeke, besonders seine Darstellung von Knigges Leben und Werk (1844), und die Briefausgabe ,,Aus einer alten Ki ste" von Friedrich Hermann Klencke (1853). Dazu gehört auch die Vielzahl der Aus gaben von Knigges "Ueber den Umgang mit Menschen" mit ihren Einleitungen und oft unbedenklichen Zusätzen und die erneuten Drucke der Erzählung "Reise nach Braunschweig". Früh schon wird die Erscheinung "Knigge" als zwielichtig und als schwer einzuordnen angesehen. A!fred Stern nennt Knigge kurzweg "eine von den vielen abenteuerlichen und widerspruchsvollen Erscheinungen der Sturm-und-Drang-Periode".2 Die ambivalenten Wertungen des 18. und 19. Jahr hunderts von Knigges Leben und Werk bilden eine weiterwirkende Grundlage für das bis heute anzutreffende in sich widersprüchliche Knigge-Bild. (Beispiele: Wil liam Eduard Yuill nennt Knigge 1974 "one of the most conttoversial figures of his age".3 Walter Victor versucht schon 1952 mit Attributen wie "Lebensgieriger, Gel tungs bedürftiger, großartiger Organisator, ein rasender Ajax, Sensationslustiger, Arbeitspferd; einer, dessen politisches Bekenntnis einen prophetisch-revolutio nären Klang hatte" das Außerordentliche der Kniggesehen Persönlichkeit zu fas sen/ Schon kurz nach Knigges Tod 1796 wurde begonnen, sein Werk zu selektie ren, ehe es nachhaltig dezimiert wurde. In der zwölfbändigen Ausgabe "Schriften" aus denJahren 1804- 1806 fehlen wesentliche Werke ganz, auch die "Geschichte Peter Clausens".5 Das 19. Jahrhundert lässt zwei Werke des Autors gelten, "Ueber den Umgang mit Menschen" und den komischen Roman "Reise nach Braun schweig", allerdings mit erheblichen Eingriffen der Herausgeber.6 Die Literatur und Kulturgeschichtsschreibung konzentriert sich dann immer mehr auf Knigge als "Welt-und Menschenkenner". Der Prediger Friedrich Philipp Wilmsen bringt bis 1830 nochmals Schriften Knigges in zehn Bänden auf den Markt. Aber lediglich der "Umgang" ist eine neue Ausgabe. Wilmsen will mit Knigges Werk dem Publi- 1 Rehberg, 1792, Sp. 19. 2 Stern, A., 1885, S. 303. 3 Yuill, 1974, S. 42. 4 Victor, 1952, S. 622. 5 Vgl. zu der Ausg. Fenner (1996). 6 Vgl. Felseher (1960) und Mitralexi (1984). 3

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