ebook img

Kinder in der Schule: Zwischen Gleichaltrigenkultur und schulischer Ordnung PDF

316 Pages·2009·1.302 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Kinder in der Schule: Zwischen Gleichaltrigenkultur und schulischer Ordnung

Heike de Boer · Heike Deckert-Peaceman (Hrsg.) Kinder in der Schule Heike de Boer Heike Deckert-Peaceman (Hrsg.) Kinder in der Schule Zwischen Gleichaltrigenkultur und schulischer Ordnung Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. 1.Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © VSVerlag für Sozialwissenschaften | GWVFachverlage GmbH,Wiesbaden 2009 Lektorat:Monika Mülhausen VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werkeinschließlichallerseiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmungdes Verlags unzulässig und strafbar.Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,Übersetzungen,Mikroverfilmungen und die Einspei- cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungen usw.in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung:KünkelLopka Medienentwicklung,Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung:Krips b.v.,Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-15935-5 Inhalt Inhalt halt Heike de Boer/Heike Deckert-Peaceman Einleitung .............................................................................................................. 9 1 Peersein und schulische Ordnung Heike de Boer/Heike Deckert-Peaceman Kinder und Schule – Rekonstruktionen der kindlichen Perspektive und ihre Bedeutung für die schulische Ordnung ................................................. 21 Patrick Sunnen „Wir haben das Mega-Orange gemacht!” – Vorschulkinder inszenieren sich als Lernende an der Schnittstelle von Schul- und Gleichaltrigenkultur ...... 35 Charlotte Röhner Kinder zwischen Gleichaltrigenkultur und schulischer Ordnung oder: Verpasste Chancen im Übergang vom Elementar- zum Primarbereich .............. 51 Monika Sujbert Absprachen, Regeln, Sanktionen: Ordnungen unter Peers im Elementarbereich ..................................................... 71 Heike Deckert-Peaceman Zwischen Unterricht, Hausaufgaben und Freizeit. Über das Verhältnis von Peerkultur und schulischer Ordnung in der Ganztagsschule ........................ 85 2 Peerkultur und Unterricht Heike de Boer Peersein und Schülersein – ein Prozess des Ausbalancierens ........................... 105 Hedda Bennewitz Zeit zu Zetteln! – Eine Praxis zwischen Peer- und Schülerkultur ..................... 119 6 Inhalt Georg Breidenstein Die Lehrperson als Ressource der Schülerkultur .............................................. 137 Sabine Reh/Julia Labede Soziale Ordnung im Wochenplanunterricht ...................................................... 159 Jutta Wiesemann „Kinder als Akteure“ von Unterricht – Konsequenzen für eine pädagogische Lernforschung ....................................... 177 Anja Kraus „Schulkultur“ aus der Perspektive von Zwölf- bis Dreizehnjährigen. Ein Vergleich zwischen finnischen und deutschen Schüler(inne)n. ................. 193 3 Perspektiven auf Kinder in der Schule zwischen Peer- und Schülersein Heike de Boer Von der Konstruktion des „normalen“ Schülers zur Rekonstruktion der kindlichen Perspektive ................................................ 209 Gerold Scholz Woher weiß das Kind, was es sagen soll? Über die Beziehung zwischen Generation und Institution ................................ 229 Heike Deckert-Peaceman „Ich lade meine Freunde zum Sonder-Geburtstag ein“ Theoretische und empirische Annäherungen an das Verhältnis von Peerkultur und Integrationspädagogik ....................................................... 245 Maren Zschach Schulische Selektionsprozesse aus Kindersicht ................................................ 269 Sabine Maschke/Ludwig Stecher Schule von innen: SchülerInnen-Strategien zwischen Anpassung und Selbstbehauptung ....................................................................................... 283 Roswitha Lehmann-Rommel Zuhören und Macht im Unterricht .................................................................... 297 Inhalt 7 4 Schlussbetrachtung Heike de Boer/Heike Deckert-Peaceman Schulische Ordnung und Peerkultur ................................................................. 319 Autorinnen und Autoren.................................................................................... 329 Einleitung Heike de Boer/Heike Deckert-Peaceman Mit der Auseinandersetzung von „Kindern in der Schule zwischen Gleichaltri- genkultur und schulischer Ordnung“ wird das Verhältnis von Peerkultur und Schüler/innenkultur in der Schule fokussiert. Die Betrachtung von Kindern als kompetenten Akteuren und Experten ihrer Lebenswelten führt zur Analyse schu- lischer, vor- und außerschulischer Situationen, in denen Kinder als Peers und als Schüler und Schülerinnen agieren. Die in diesem Band versammelten Beiträge zeigen das Spannungsverhältnis zwischen Peersein und dem Schüler/innensein auf und nehmen die Verschränkung beider Kulturen in den Blick. Die symbolische Konstruktion von Schule und die damit verbundenen Ord- nungsprinzipien sind nicht an den Ort Schule gebunden und finden bereits weit vor dem Schuleintritt statt. Auch Kindergartenkinder bewegen sich schon im Spannungsfeld von Peer- und Schüler/innensein. Es existiert eine Verschränkung von Peer- und Schüler/innenkultur, so unsere These. Kinder sind in der Instituti- on Schule nicht nur Schüler/innen, genauso wenig wie in außerschulischen Situa- tionen mit Gleichaltrigen nur Peers. Dieses lässt sich zunächst historisch- systematisch in der Auseinandersetzung mit dem Schülerbegriff begründen. Nach Wünsche (1994) findet sich der Begriff auch in nicht-instutionalisierten Kontexten, in denen ein Lehr-Lern-Verhältnis zwischen Individuen entsteht, das auf einer Verknüpfung von Wissenserwerb und persönlicher Beziehung, wenn nicht gar Bindung, basiert. Wünsche resümiert, dass die Suche nach dem Ver- hältnis von Kind und Schüler/in die neuzeitliche Pädagogik präge und sich die Bestimmung des Schülers bis heute offen und kontrovers gestalte. Trotz eindeu- tiger Definitionen, z.B. als Rechtssubjekt, und vielfältiger Anstrengungen, das Innenleben des Schülers zu verstehen (Friedrich Verlag 1984, 151ff.), um daraus didaktische Konsequenzen ziehen zu können, bleibe der Begriff Schüler eine Kunstfigur, die sich dem institutionellen und personalen Zugriff verweigere (Friedrich Verlag 1984; Wünsche 1994). Gilt die beschriebene Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Kind und Schüler/in für die als Moderne gekennzeichnete Epoche, einschließlich ihrer 10 Heike de Boer/Heike Deckert-Peaceman strukturellen und ideengeschichtlichen pädagogischen Entwicklungen, verdichtet sie sich angesichts gesellschaftlicher Veränderungen der Postmoderne.1 Das Verhältnis von Kind und Schüler/in ist eingebettet in die Frage nach dem Ver- hältnis von Individuum und Gesellschaft. Diese Parameter sind jedoch im Zuge der Postmoderne im Umbruch und von Ungewissheit gekennzeichnet. Folglich ist die Frage nach dem Verhältnis von Kindsein und Schule, nach der Figur des Schülers, neu zu stellen. So werden in diesem Band empirische Beispiele aus dem Elementar- und Primarbereich vorgestellt und hinsichtlich ihrer Bedeutung für peerkulturelle und schülerinnenkulturelle Fragen analysiert. Davon erhoffen wir uns Erkenntnisse nicht nur über das Verhältnis von Peer- und Schüler/innenkultur, sondern auch über die verschiedenen Dimensionen schulischer Ordnung. Ausgangspunkt die- ser Reflexion ist die empirische Auseinandersetzung mit der kindlichen Perspek- tive auf die Institution Schule. Beck und Scholz (1995) beobachteten den komplexen Schulalltag einer Grundschulklasse über einen Zeitraum von vier Jahren. Dabei prägten sie den Begriff „Kultur einer Klasse“. Die Kultur einer Klasse sei das Ergebnis eines Prozesses zwischen Kindern und der Lehrerin. Die Lehrerin sei Repräsentantin der Kultur der Erwachsenenwelt und vertrete die Institution Schule. Die Gruppe der Kinder habe ihre eigenen Handlungs- und Deutungsmuster und dementspre- chend ihre eigene Kultur (vgl. Beck/Scholz 2000, 158). In der Schulklasse träfen „die Kultur der Erwachsenen und die der Kinder aufeinander“ (Beck/Scholz 1995, 196). Erst die Differenzierung in Deutungen von Lehrerin und Kindern gebe den Blick frei auf Deutungshoheiten und Machtansprüche. Auch Zinnecker macht in seinen Überlegungen zur „Schule als Lebenswelt des Kindes“ (vgl. Zinnecker 2001, 153) darauf aufmerksam, dass Lehrende und Schüler/innen in Schule und Unterricht keine gemeinsame Lebenswelt teilen. Während sie han- deln und zusammen sind, durchleben sie getrennte schulische Welten und han- deln ihre gemeinsam geteilte soziale Wirklichkeit durchaus mit Anstrengung aus. 1 Postmoderne wird hier im Anschluss an die internationale Terminologie als Arbeitsbegriff verstan- den und nicht in Referenz auf kultur- und sozialwissenschaftliche Diskurse ausdifferenziert. Den vielfältigen Auflösungsprozessen der Moderne soll damit Rechnung getragen werden, ohne jedoch die Bedeutung der Aufklärung für die Erziehungswissenschaft zu negieren. Insofern wird hier an Impulse der reflexiven Erziehungswissenschaft (Krüger 1995, 325) angeschlossen, die die Auflö- sungsprozesse der Moderne wahrnimmt, ihre paradoxen Wirkungen erkennt und empirische For- schungen aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive fordert. Gleichwohl sehen wir das Verhältnis von Individuum und Institution deutlicher durch die in den postmodernen Diskursen herausgearbeite- ten gesellschaftlichen Veränderungen, wie die „Krise des Subjekts“, die „Krise der Repräsentation“, u. a. in Frage gestellt als in Krügers Ansatz. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Funktion von Schule besonders pointiert. Einleitung 11 Wir möchten über diese von Beck/Scholz und auch Zinnecker eingenommene Perspektive auf die generationale Ordnung in der Schule als Differenz von Er- wachsenen und Kindern hinausgehen. Die in diesen Studien vorgenommene Gleichsetzung von Kindern und Peers differenzieren wir aus und betrachten Kinder als Schüler und Schülerinnen und Kinder als Peers. Damit stellen wir nicht die generationale Ordnung der Schule als Rahmenbedingung in Frage. Jedoch interessieren wir uns genau für jene Dimensionen, die nicht eindeutig durch die Differenz von Kindern und Erwachsenen erklärt werden können, in denen die klare Gegenüberstellung von schulischer Ordnungsmacht, repräsentiert durch Erwachsene, und kindliche Subkultur als Widerstand gegen diese Ord- nungsmacht zweifelhaft erscheint. Unser heutiger Begriff des Schülers ist primär mit dem verpflichtenden Be- such der Institution Schule und mit schulischem Lernen verknüpft. Die Betrach- tung der Kinder als Peers bedeutet hingegen sich für Schule als Ort der Entste- hung, Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung einer von schulischen Zielset- zungen auch unabhängigen Peerkultur zu interessieren (vgl. Beidenstein 2004). Mit „Peer-group“ und „Peer-culture“ ist nach Breidenstein die Gruppe der Glei- chaltrigen angesprochen, deren Altersgleichheit hinsichtlich spezifischer Bezie- hungen sozial relevant wird (ebd., 921). Der Peerbegriff wird verstanden als die „Gleichen“, die in einer Schulklasse zusammengefasst werden und sich tagtäg- lich aufeinander beziehen und zueinander ins Verhältnis setzen. Ferner werden unter den Peers auch die Gleichartigen verstanden, das heißt es geht um eine Kinderkultur, die sich vielfältig real und symbolisch präsentiert und auf die sich die Gleichaltrigen auch in ihren unmittelbaren Alltagspraktiken fortlaufend be- ziehen. Zugleich verstehen wir die Begriffe Peerkultur und Schüler/innenkultur als analytische Arbeitsbegriffe und Konstruktionen, mit denen wir neue Erkenn- tnisse über das komplexe Feld Schule explizieren können. Die Auseinandersetzung mit Kindern in der Schule, zwischen Gleichaltri- genkultur und schulischer Ordnung, berührt damit auch die Frage der For- schungszugänge. Die gegenwärtige Diskussion um Kindheitsforschung und Schul- und Unterrichtsforschung vermittelt den Eindruck, dass es klare Grenz- ziehungen und eine strikte Trennung der Forschungsperspektiven gibt, die u. a. darin zum Tragen kommen, dass in empirisch-qualitativen Untersuchungen ent- weder Lernprozesse oder Peerkultur-Praktiken fokussiert werden. Breidens- tein/Prengel (2005) fragen danach, ob Schulforschung und Kindheitsforschung einen Gegensatz darstellen. Sie konstatieren, dass mit Schulforschung Erkenn- tnisse gesammelt würden, um die Gestaltung von Schule und Unterricht wissen- schaftlich begründen und reflektieren zu können, mit dem Ziel, Schule zu ver- bessern. Die neuere Kindheitsforschung habe sich dagegen zum Teil in Abgren- zung zur Schulpädagogik profiliert und suche die Annäherung an die Perspekti- 12 Heike de Boer/Heike Deckert-Peaceman ven der Kinder; sie frage nach deren Eigenlogik und der Andersartigkeit kindli- cher Erfahrungen (vgl. Breidenstein/Prengel 2005, 8). Fölling-Albers konstatiert, dass in den Studien von Krappmann/Oswald (1995) und Breidenstein/Kelle (1996) beispielsweise durchaus Kinder in der Schule beobachtet worden seien, jedoch ohne schulpädagogische Reflexionen vorgenommen zu haben; Lehrer- Schüler-Interaktionen, Lehr-Lernprozesse und Unterrichtsinhalte blieben außen vor (vgl. Fölling-Albers 2003, 39). In diesem Zusammenhang spricht Zinnecker gar von „antipädagogischen Grundpositionen“, da sich die Forscher/innen inner- halb eines pädagogischen Feldes nur für die sozialen Interaktionen interessieren und die interagierenden Lehrenden ausklammern würden (vgl. Zinnecker 1996, 48). Auch Brügelmann/Panagiotopoulou halten fest, dass eine Verknüpfung der Forschungsschwerpunkte eher selten sei (vgl. Brügelmann/Panagiotopoulou 2003, 11). Wiesemann konstatiert, dass es die thematischen Selektionen seien, die zu unterschiedlichen Situationsbeschreibungen führten und gezielt hervor- gebrachte Leerstellen und Ausblendungen der Perspektive der Kindheits- oder der Schul- und Unterrichtsforschung nach sich zögen (vgl. Wiesemann 2005, 32). Grunert und Krüger (2006) formulieren das beschriebene Desiderat als eine der zentralen zukünftigen Aufgaben der erziehungswissenschaftlichen Kindheits- forschung. Ziel ist demnach „...die Untersuchung der Lern- und Sozialisations- prozesse von Kindern im interdependenten Kontext unterschiedlicher Bildungs- orte“ (ebd., 231f.). Notwendig sei es „...Frage- und Themenstellungen der Kind- heits- sowie der Schulforschung stärker miteinander zu verbinden und etwa zu untersuchen, welche ähnlichen oder unterschiedlichen kognitiven und sozialen Kompetenzen Heranwachsende im schulischen Unterricht bzw. in schulischen oder außerschulischen Peer-groups erwerben.“ (ebd, 232) Diese gegenwärtige Diskussion in Deutschland zeigt, dass es durchaus ver- schiedene Ansätze gibt, kindliche Perspektiven in Verbindung mit der alltägli- chen Schulpraxis hinsichtlich pädagogisch relevanter Fragen zu untersuchen. So betont Huf (2005) in ihrer ethnografischen Feldstudie, dass ihr Interesse aus- drücklich jenen Alltagspraktiken verpflichtet sei, die dem schulischen Lernen gelten. Sie fokussiert Lernsituationen und rekonstruiert „Alltagspraktiken, Be- deutungsmuster und Handlungsperspektiven“ (Huf 2005, 12), ohne Peerkultur- Prozesse, die sich neben oder außerhalb des Unterrichtsgeschehens abspielen, mit einzubeziehen. Panagiotopoulou (2003) fokussiert Lernbiografien im Kon- text der Lernkultur einer Schulklasse mit dem Schwerpunkt Schriftspracherwerb. Auch Wiesemann (2000) interessiert sich in ihrer ethnografischen Studie an einer freien Schule für Lernpraktiken, ohne Peerkultur-Fragen nachzugehen. Ebenso rekonstruiert Deckert-Peaceman (2002) ohne Peerbezug kindliche Pers- pektiven und Bedeutungsaushandlungen zum Thema Holocaust im Unterricht mittels ethnographischer Feldforschung in den USA.

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.