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Kausalität und Motivation: Untersuchungen zum Verhältnis von Perspektivität und Objektivität in der Phänomenologie Edmund Husserls PDF

253 Pages·1973·12.343 MB·German
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Kausalitiit und Motivation PHAENOMENOLOGICA COLLECTION PUBLIEE SOUS LE PATRONAGE DES CENTRES D' ARCHIVES-HUSSERL 53 BERNHARD RANG Kausalitiit und Motivation Comite de redaction de la collection: President: H. L. Van Breda (Louvain); Membres: M. Farber (Buffalo), E. Fink (Fribourg en Brisgau), A. Gurwitsch (New York), J. Hyppolitet (paris), L. Landgrebe (Cologne), M. Merleau-Pontyt (paris), P. Ricoeur (Paris), K. H. Volkmann-Schluck (Cologne), J. Wahl (Paris); Secretaire: J. Taminiaux (Louvain) BERNHARD RANG Kausalitat und Motivation UNTERSUCHUNGEN ZUM VERHALTNIS VON PERSPEKTIVITAT UND OBJEKTIVITAT IN DER PHANOMENOLOGIE EDMUND HUSSERLS • MARTINUS NIJHOFF / HAAG / 1973 © 1973 by Martinus NiilwfJ, The Hague, Netherlands Sofleover reprint o/the hardcover 1st edition 1973 All rights reserved, including the right to translate or to reproduce this book or parts thereof in any form ISBN-\3: 978-94-010-2394-8 e-ISBN-\3: 978-94-010-2393-1 DOl: 10.1007/978-94-010-2393-1 INHALT Einleitung ERSTER TElL: GRUNDZUGE DER PHANOMENOLOGIE HUSSERLS UND DIE VORZEICHNUNG DES PHXNOMENOLOGISCHEN PROBLEMS VON KAUSALITAT UND MOTIVATION 1. Kapitel: Deskriptive Grundbestimmungen der Intentionalitat (das intentionale Erlebnis und seine Momente) 11 1. Akt und Gegenstand (Transzendenz als Intentionalitat) 12 2. Inhalt und Gegenstand (Einheit und Mannigfaltigkeit) 25 3. Inhalt und Akt (Apperzeption) 36 2. Kapitel: Die transzendentale Reduktion der Empirischen auf die reine Subjektivitat 48 1. Die Generalthesis der natiirlichen Einstellung (der Weltglaube) 50 2. Natiirliche und transzendentale Reflexion (Selbsterfahrung) 65 ZWEITER TElL: KAUSALITAT UND MOTIVATION ALS PROBLEMTITEL FUR DIE THEORIE DER HORIZONTINTENTIONALITAT UND DIE PHA NOMENOLOGISCHE WISSENSCHAFTSKRITIK 3. Kapitel: Kritik der Natiiralisierung des Bewusstseins und die Substituierung des Kausalbegriffes durch den Begriff der Mo- tivation 99 1. Kritik der "Naturwissenschaft vom Bewusstsein" 101 2. Ausarbeitung des Problems: Gegensatz und Verhaltnis von Kausali- tat und Motivation 112 4. Kapitel: Horizontintentionalitat und Wahrheit an sich 139 1. Der Begriff der motivierten Moglichkeit und seine Abgrenzung von dem der idealen und offenen Moglichkeit 139 2. Motivierte Moglichkeit als subjektive Vermoglichkeit im Horizont kinaisthetischer Freiheit 156 VI INHALT 3. Intentionalitiit als Streben nach Naherbestimmung des unbestimmt- bestimmbaren Horizontes der Erfahrung 169 a. Die unbestimmte Allgemeinheit des Horizontes und seine Naher- bestimmung 172 b. Intentionalitat als gerichtetes Streben 179 4. Vernunftmotivation und Wahrheit an sich 187 a. Phiinomenologie der Vernunft und die Idee der Selbstgegebenheit 188 b. Die Idee der Wahrheit an sich und das Problem der EndgiiItigkeit der Erfahrung 197 5. Kapitel: Phiinomenologische Wissenschaftstheorie 207 1. Die Bestimmung der N aturwissenschaft: sinnendingliche und physika- lische Natur 209 2. Die "unbekannte Ursache der Erscheinungen" und die Frage nach dem Motivationsfundament des Kausalbegriffes 233 Schriftenverzeichnis 245 EUPHRANOR: Sage mir, Alciphron, kannst du die TUren, Fenster und Zinnenjenes Schlosses unterscheiden? ALCIPHRON: Ich kann es nicht. Auf diese Entfemung scheint es nur ein kleiner Turm zu sein. EUPHRANOR: Aber ich, der ich dort gewesen bin, weiB, daB es kein kleiner runder Turm ist, sondem ein groBes viereckiges Gebiiude mit Zinnen und Zitadellen, die du nicht zu sehen scheinst. ALCIPHRON: Was willst du daraus schlieBen? EUPHRANOR: Ich will daraus schlieBen, daB der Gegenstand, den du genau und rich tig mit deinen Augen siehst, nicht der gleiche ist, der einige Meilen entfemt ist. ALcIPHRON: Warum das? EUPHRANOR: Weil ein kleiner runder Gegenstand ein Ding ist und ein groBer vier eckiger ein anderes. BERKELEY Ich setze den Fall, jemand wolle mir einbilden, daB aile Gegenstande nichts seien als Bilder auf der Netzhaut meines Auges. Nun gut! ich antworte noch nichts. Nun behauptet er aber weiter, der Thurm sei grosser als das Fenster, durch das ich ihn zu sehen meine. Da wUrde ich denn doch sagen: entweder sind nicht beide, der Thurm und das Fenster, Netzhautbilder in meinem Auge, dann mag der Thurm grosser sein als das Fenster; oder der Thurm und das Fenster sind, wie du sagst, Bilder auf meiner Netzhaut; dann ist der Thurm nicht grosser sondem kleiner als das Fenster. Nun sucht er sich mit dem "als solches" aus der Verlegenheit zu ziehen und sagt: das Netzhautbild des Thurmes als solches ist allerdings nicht grosser als das des Fensters. Da mochte ich denn doch aus der Haut fahren und rufe ihm zu: nun dann ist das Netz hautbild des Thurmes Uberhaupt nicht grosser, als das des Fensters, und wenn der Thurm das Netzhautbild des Thurmes und das Fenster das Netzhautbild des Fensters ware, so ware eben der Thurm nicht grosser als das Fenster, und wenn deine Logik dich anders lehrt, so taugt sie nichts. FREGE Die vorliegende Arbeit wurde im Dezember 1970 von der Univer sWit Freiburg i. Br. als Dissertation angenommen. Flir die Druck legung, ist das flinfte Kapitel stellenweise verbessert worden; auBerdem wurden die Literaturhinweise in verschiedenen Kapiteln vervollstandigt. Zu besonderem Dank bin ich Herrn Prof. Werner Marx verpflich tet. Ohne seine Anregung ware die Arbeit nicht zustande gekommen, wie auch er es war, der mein Interesse flir die Pbanomenologie Hus serls geweckt und wachgehalten hat. Danken mochte ich an dieser Stelle auch Herrn Prof. H. L. Van Breda O.F.M. flir seine freundliche Vermittlung bei der Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe PHAENOMENOLOGICA sowie dem Nijhoff-Vedag flir sein bereitwilliges Entgegenkommen in allen technischen Fragen der Drucklegung. Freiburg i. Br., Januar 1972. B.R. EINLEITUNG Die vorliegende Arbeit versteht sich als Beitrag zur Interpretation der Phiinomenologie Edmund Husserls. Ihr Interesse gilt einem be sonderen Aspekt jenes allgemeinen Problems, vor das sich Husserl durch die Erweiterung der deskriptiven zur transzendentalen Phiino menologie schon sehr bald gestellt sah, und das spiiter zur thema tischen Mitte seines ganzen Denkens geworden ist: des Problems, in den genetischen Ursprung der wissenschaftlichen Welterfahrung zurUckzufragen, und als diesen Ursprung die Lebenswelt aufzuweisen. Wiihrend Husserl jedoch in seiner Spiitphilosophie, namentlich in seinem letzten Werk Die Krisis der europiiischen Wissenschaften und die transzendentale Phiinomenologie, die damit gestellte Auf gabe zu einer systematischen und doch zugleich historischen Reflexi on des Zusammenhanges von Wissenschaft und Lebenswelt aus gebildet hat, handelte es sich fUr Husser! anfiinglich nur darum, durch transzendentale Reflexion auf den Sinn perspektivischer Erfahrung in einer raumzeitlich, obzwar ungeschichtlich ausgebreiteten "Wahr nehmungswelt" das Motivationsfundament des kausal-analytischen Denkens von Naturwissenschaft und der sich an sie anlehnenden Wissenschaftstheorie freizulegen und von da aus dem Versuch ent gegenzutreten, dualistisch zwei Welten, eine vorwissenschaftliche und eine wissenschaftliche, zu konstruieren. Einmal sind die Grenzen nach Husserls Zeugnis durchaus flieBend, da sich sowohl die schlich te Wahmehmung wie auch das theoretische Denken als Niiherbestim mung eines unbestimmt-bestimmbaren Horizontes erweist; zum an deren versucht Husserl in immer emeuten Anliiufen darzutun, daB sich hier nicht zwei Welten, sondem zwei Gegebenheitsweisen einer und derselben Welt gegeniiberstehen, nur daB in der Naturwissen schaft objektiv bestimmt wird, was die schlichte Wahmehmung noch unbestimmt und vage liiBt. Die Untersuchung beabsichtigt, dieser 2 EINLEITUNG Problemstellung HusserIs in den Schriften seiner mittleren Periode, die etwa von den Ideen (1913) bis zum Encyklopaedia-Britannica Artikel (1927) reicht, nachzugehen und dabei aufzuzeigen, daB Hus serls Theorie der Horizontintentionalitat und die sie erganzende einer perspektivenlosen "Wahrheit an sich" gleichermaBen den Schlus sel zu ihrem VersUindnis bieten. Seit den Ideen zu einer reinen Phiino menologie und phiinomenologischen Philosophie ist sich HusserI damber im klaren gewesen, daB die Kritik der positiven Wissenschaft und ihrer erkenntnistheoretischen Ausliiufer im zeitgenossischen Sen sualismus und Positivismus ais unphanomenologisch nicht geniigt. Die Logischen Untersuchungen konnen teilweise ais eine solche Kritik gelesen werden. Noch in der programmatischen Abhandlung Philosophie als strenge Wissenschaft aus dem Jahre 1911 ist die ein fache Ablehnung der positiven Wissenschaft und der mit ihr gekop pelten Wissenschaftstheorie seitens der Phanomenologie der dominie rende Aspekt. Dann aber, mit dem Ersten Buch der Ideen, wird dieser Aspekt durch die Aufgabe erganzt, den Sinn, das Recht und die Tragweite der kritisierten Theorien gegen deren eigenes Selbst verstandnis phanomenologisch neu zu begriinden. HusserI sieht nun, daB die positive Wissenschaft seIber ein Phanomen ist, das nach phanomenologischer Aufklarung verIangt. Die beiden Begriffe Kausalitat und Motivation zeigen die neue Problemstellung an. HusserI hat sie erstmais in einer FuBnote zu § 47 des Ersten Buches der I deen einander gegeniibergestellt. Obwohl es nach dem Zweiten Buch der Ideen, das im AnschluB an Dilthey Ele mente einer konstitutiven Phanomenologie von Natur und Geist ent halt, den Anschein haben kann, ais bezeichne das Begriffspaar Kau salitat und Motivation sich einander erganzende Momente in der konstitutiven Schichtung von N atur und Welt, wird nachzuweisen sein, daB es fUr den Ansatz der transzendentalen Phanomenologie seIber von Bedeutung ist. Vom § 47 des Ersten Buches der Ideen aus laBt sich zeigen, daB sich die transzendentale epoche ais Riickgang vom Kausaizusammenhang des Objektiven auf den Motivationszusam menhang der Horizontintentionalitat interpretieren liiBt. Horizont intentionalitat ist das transzendentale Feld, das nach der Reduktion verbleibt: die Korrelation ego - cogito - cogitatum im Horizont der perspektivischen Erfahrung. Umgekehrt erweist sich der Motivations zusammenhang der horizontintentionalen Erfahrung ais der geneti sche Ursprung der Idee kausaler Vorausbestimmtheit des Seienden

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