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Jacques Feldbau, Topologe: Das Schicksal eines jüdischen Mathematikers (1914 - 1945) PDF

106 Pages·2012·2.3 MB·German
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Mathematik im Kontext Herausgeber: Prof.Dr.DavidE.Rowe Prof.Dr.KlausVolkert Jacques Feldbau (1914–1945) war ein französischer Mathematiker, der in Stras- bourg geboren wurde. Als Schüler von Ehresmann arbeitete er am Ausbau der algebraischen Topologie mit, indem er insbesondere eines der ersten Resultate in derTheoriederFaserungenbewies:EinelokaltrivialeFaserungübereinerzusam- menziehbarenBasisistglobaltrivial.DieantisemitischeGesetzgebungdesVichy- Regimesmachteesihmunmöglich,zuunterrichtenundließseinenNamenaussei- nenArtikelnverschwinden.FeldbaustarbinderDeportation. Michèle Audin Jacques Feldbau, Topologe DasSchicksaleinesjüdischenMathematikers(–) Prof.MichèleAudin Übersetzer: UniversitédeStrasbourgetCNRS Prof.KlausVolkert Strasbourg UniversitätWuppertal France Wuppertal Deutschland ÜbersetzungderfranzösischenAusgabe:UnehistoiredeJacquesFeldbauvonMichèleAudin. SocietéMathématiquedeFrance,.Copyright©. ISSN-X ISSN-(electronic) ISBN---- ----(eBook) DOI./---- MathematicsSubjectClassification():A BibliografischeInformationderDeutschenNationalbibliothek DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbibliografie; detailliertebibliografischeDatensindimInternetüberhttp://dnb.d-nb.deabrufbar. SpringerSpektrum ©Springer-VerlagBerlinHeidelberg DasWerkeinschließlichallerseinerTeileisturheberrechtlichgeschützt.JedeVerwertung,dienichtaus- drücklichvomUrheberrechtsgesetzzugelassenist,bedarfdervorherigenZustimmungdesVerlags.Das giltinsbesonderefürVervielfältigungen,Bearbeitungen,Übersetzungen,MikroverfilmungenunddieEin- speicherungundVerarbeitunginelektronischenSystemen. DieWiedergabevonGebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungenusw.indiesemWerkberech- tigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen-undMarkenschutz-Gesetzgebungalsfreizubetrachtenwärenunddahervonjedermann benutztwerdendürften. Einbandentwurf:deblik GedrucktaufsäurefreiemundchlorfreigebleichtemPapier SpringerSpektrumisteineMarkevonSpringerDE. SpringerDEistTeilderFachverlagsgruppeSpringerScience+BusinessMedia www.springer-spektrum.de Telssontlesfaits:funestes, immondesetsubstantiellementincompréhensi- bles.Pourquoi,commentont-ilseulieu?Sereproduiront-ils? PrimoLevi,MonumentàAuschwitz,in[63] Lalutten’estpaségaleentrelamaréeirrésistibledel’oubliqui,àlalongue, submergetouteschoses,etlesprotestationsdésespérées maisintermittentes delamémoire. VladimirJankélévitch,citédans[84] ImGedenkenanPierreVidal-Naquet IndiesemBuchzeichnetMichèleAudin,dieselbstimBereichderGeometrieund Topologiearbeitet, die Geschichte von JacquesFeldbausLebenund seinen Publi- kationen nach. Dazu verwendet sie die Manuskripte der Artikel Feldbaus, die im Archivder„Académiedessciences“entdecktwurden,geschriebeneZeugnissevon Personen,dieihnpersönlichgekannthaben(LaurentSchwartz,AndréWeil,Charles Ehresmann,...), undunveröffentlichteDokumenteunter anderemaus demNach- lass vonÉlieundHenriCartan.Sie trafFreundevonJacquesFeldbau,dieihrvon ihmerzählten,wasAudinsEntschlussbekräftigte,diesesBuchzuschreiben. Einleitung Am Eingang der Bibliothek des „Institut de recherche mathématique avancée“ (Akronym: IRMA) der Universität Strasbourg ist eine Marmortafel zu sehen, die inGoldbuchstabenfolgendeInschriftträgt: JACQUESFELDBAU 1914–1945 MORTPOURLAFRANCE Da sich die Tafel vor einer mathematischen Bibliothek in Strasbourg befindet, liegtdieFragenahe,obFeldbaueinStraßburgerMathematikergewesensei.Daer 1945„pourlaFrance“,alsofürFrankreich,gestorbenseinsoll,könntemanvermu- ten,dassFeldbauindenSchlachtengegenKriegsendegefallenwäre. InderTatwurdeJacquesFeldbauinStrasbourggeborenunderwarauchMathe- matiker. In Wahrheit aber wurde er als elsässischer Student verhaftetund als Jude nach Auschwitzgebracht;alsJudestarberam22.April1945,alsokurzvorKriegsende, in der Deportation an Erschöpfung,verursachtdurch einen Todesmarsch im Kon- zentrationslagerGanacker. ? WährendeineskurzenZeitraumshatJacquesFeldbauamAufbauderTopologie mitgearbeitet.DernachfolgendeTextruftdiemathematischenResultateinErinne- rung,dieererhaltenhat.WeiterhingebeicheinigeHinweisezuseinerBiografieund zu den Zeitumständen. Diese Hinweise beruhen auf Archivalien und auf Berich- ten von Zeitgenossen, die Feldbau gekannt haben, sowie auf Schilderungen und ErzählungenvoneinigenseinerFreundeundVerwandten.AusGründenderbesse- renLesbarkeithabeichdieMathematik(imKap.1)unddieBiografie(imKap.2) getrenntbehandelt.DennochwirdderLeserschnellerkennen,dassmanindiesem Bericht weder eine klare Grenzlinie zwischen der Mathematik und der Biografie ziehen kann noch zwischen der Biografie und der Geschichte – „Eine andere, die großeGeschichte,dieWelthistoriemitdemgroßenHackebeil“([71,KapitelII],ein Zitat,dasmirhiernichtunpassenderscheint). VII VIII Einleitung Mit diesem Text möchte ich auch einen Beitrag zur Geschichte der Universi- tät Strasbourg und ihres mathematischen Instituts leisten – allgemeiner noch zur Geschichte der Mathematik und der Mathematiker in Frankreich und in Europa währenddesereignisreichen20.Jahrhunderts. ObwohldieserText„einhoffnungsloserProtestderErinnerung“ist,wieJankélé- vitchsotreffendsagt,isterdochauchalseineernsthaftehistorischeArbeitgemeint. Obwohl ich keine Ausbildung als Historikerin habe, hoffe ich doch ausreichend sorgfältiggearbeitetzu haben,sodass professionellereHistorikermich nichtdafür kritisierenwerden,dassichinihrGehegeeingedrungenbin. DervorliegendeTextenthältneuesunveröffentlichtesQuellenmaterial,zumBei- spiel die Beschreibungunddie AbbildungenderNote [34](die ich im Archivder „Académiedessciences“inParisgefundenhabe).AuchdieBriefe,dieausdemsich derzeit in Bearbeitung befindlichen Nachlass von Élie und Henri Cartan entstam- men,sindbislangnichtpubliziertworden.VorallemgiltdasaberfürdieZeugnisse vonZeitgenossen,denndiesestammenvonZeitzeugen,vonlebendenZeitzeugen, fürdiedas,worüberhierberichtetwird,keineGeschichteistsonderneineAbfolge schrecklicher Ereignisse, die ihr Leben nachhaltig veränderthaben. Ich hatte des- halb,wiemanfeststellenwird,mitdenSchwierigkeitenzukämpfen,diejede„Oral history“bietet,diemirimvorliegendeFallemehralssechzigJahrenachdenEreig- nissen mitgeteilt wurde, wobei manche meiner Gesprächspartner ihre Geschichte schon oft erzählt hatten ... und andere noch nie. Ich hoffe, diese Schwierigkei- ten gemeistert zu haben, auf die ich, wie ich zugeben muss, nicht gefasst gewe- sen bin;dabeihabeichversucht,dieZeugen,ihreErinnerungen,ihreGefühle,die Geschichte unddie Menschen,welche in ihrenBerichten vorkamen,zu respektie- ren.Mitdenniedergeschriebenen(undveröffentlichten)Berichtenbinichgenauso verfahren. Man wird feststellen, dass ich kleinere Fehler (zum Beispiel in Anga- benvonDaten),die ichindenschriftlichenodermündlichenBerichtenfeststellen konnte,nichtkorrigierthabe(sondernnuraufsiehinweise).1 ? IchbinmehroderminderperZufallzudiesemProjektgekommen.Verschiedene Gründehabenmichdazuveranlasst,michernsthaftmitihmzubeschäftigen.Eines dieser Motive war,dass ich mich verpflichtetfühlte,das mir Mitgeteilte weiterzu- geben.EinandererGrundwar,dassichmichalsErbindieserGeschichteempfand. Dasliegtdaran,dassichmeinerseitseineNachfahrindieserSchulederGeometrie und Differenzialtopologiebin, in die ich, was „Cartans Welt“ anbelangt, in Orsay vonFrançoisLatourundJeanCerfeingeführtwordenbin.Was„EhresmannsWelt“ angeht,sohabenmichinParisundinGenfPauletteLibermannundAndréHaefliger damitvertrautgemacht.EinweitererGrundwar,dasssichsoeineGelegenheitbot, LaurentSchwartzzuehren.DadieWeltderMathematikkleinist,habeichindieser Geschichte meinen Mathematiklehreram Lycée Condorcetin Paris, Jean Nordon, wiedergefunden,sowiemeinenKollegenGeorgesGlaeser(1918–2002),wasweni- 1 AlleAnmerkungen imvorliegenden Text, selbst diejenigen, dieinZitatenauftreten, stammen vonmir. Einleitung IX ger unerwartetaber umso erfreulicherwar.2 Glaeser bin ich neben vielen anderen Gründendeshalbverbunden,weilichdiedurchseine Pensionierungin Strasbourg freigewordenenStelleseit1987innehabe. ? DiewesentlichenVorarbeitenwiedieBefragungvonZeitzeugenunddieArchiv- arbeitenbeider„Académiedessciences“,welchezurNiederschriftdiesesBuches geführthaben,fandenimJahr2007statt.VielederZeitzeugen,welchesichdamals mitmirunterhaltenhaben,sindseitdemverstorben:PauletteLibermannam10.Juli 2007,YvonneLévyam1.August2007,JeanSamuelam6.September2010,Pierre Lévyam22.Januar2011. In der Geschichte, die ich hier erzähle, wie auch in der Mathematikgeschichte des20.Jahrhundertsallgemein,spieltHenriCartaneinewichtigeRolle;erstarbam 13.August2008. DiesesBuchistinnatürlicherWeiseeineHommageanalleGenannten. Erst nachdem mein Buch im Original erschienen war, bin ich Robert Francès begegnet,demWeggenossenvonFeldbau,derüberdessenTodberichtethat.Leider wardieszuspät,umnochvonseinenErinnerungenprofitierenzukönnen. Zusatzbei der deutschen Ausgabe FürdiedeutscheAusgabehabendieAutorinundderÜbersetzerNotenundErklä- rungen in Zusammenarbeit hinzugefügt, um die französischen Kontexte für den deutschsprachigenLeserleichterverständlichzumachen. 2 DerMathematikerGeorgesGlaeserhateinenbekanntenSatzüberzusammengesetzteFunktio- nenbewiesen,ausdembeispielsweisefolgt,dasseinegeradeFunktionvonxaucheineFunktion vonx2ist.SpäterhatsichGlaeserderDidaktikderMathematikzugewandt.GeorgesGlaeserwar ein Sohn des Anwalts Leo Glaeser, eines der sieben jüdischen Opfer, die am 29. Juni 1944 in Rillieux-la-PapeaufBefehlvonTouvier,ChefderMilizvonLyon,erschossen wurden.Georges Glaeserbewirkte,dassdieserMilizchef1973wegenVerbrechengegendieMenschlichkeitange- klagtwurde(PräsidentPompidouhatteihngeradebegnadigt).GlaesertrugdurchseineAussage imProzess1994zurVerurteilungvonTouvierbei.

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