I ntentionalitiit als Verantwortung PHAENOMENOLOGICA COLLECTION FONDEE PAR H. L. VAN BREDA ET PUBLIEE SOUS LE PATRONAGE DES CENTRES D'ARCHIVES-HUSSERL GUILLERMO HOYOS VASQUEZ Intentionalitat als Verantwortung Comite de redaction de la collection: President: S. IJsseling (Leuven); Membres: M. Farber (Buffalo), E. Fink t (Freiburg i. Br.), L. Landgrebe (KaIn), W. Marx (Freiburg i. Br.), J. N. Mohanty (New York), P. Ricoeur (Paris), E. Straker (KOln), J. Taminiaux (Louvain), K. H. VoIkmann-SchIuck (KOln); Secretaire: J. Taminiaux. GUILLERMO HOYOS VASQUEZ Intentionalitiit als Verantwortung GESCHICHTSTELEOLOGIE UND TELEOLOGIE DER INTENTIONALITAT BEl HUSSERL • MARTINUS NI]HOFF I DEN HAAG I 1976 Dem Andenken meiner Eltern ©I976 by Martinus Nijhott, The Hague, Netherlands Softcover reprint oft he hardcover 1st edition 1976 All rights reserved, including the right to translate or to reproduce this book or parts thereof in any form ISBN-13: 978-94-010-1375-8 e-ISBN-13: 978-94-010-1373-4 DOl: 10.1007/978-94-010-1373-4 INHALTSVERZEICHNIS Vorwort 1 Einleitung 3 I. TElL TELEOLOGIE DER GESCHICHTE § I. Phanomenologie nnd Philosophiegeschichte 17 a. Thematisierung der Philosophiegeschichte als Einleitung in die transzendentale Phlinomenologie 17 b. Die Skepsis und die Einheit der Philosophiegeschichte 19 c. Intentionalanalytische Vorbesinnung auf die Philosophie- geschichte 22 § 2. Teleologisch-kritische Ideengeschichte. Die Urstiftnng der Philosophie in Griechenland 28 a. Entmythologisierung und Realitii.tenwelt 29 b. Der Sinn der •t heoria' 31 c. Platons philosophische Intention 33 d. Verobjektivierung der .theoria' 35 e. Die Unsterblichkeit der Skepsis 37 § 3· Galilei nnd die Mathematisierung der N atur 40 a. Ausbildung des Formalismus 41 b. Beurteilung des Formalismus 45 c. Genetische Argumentation gegen den Formalismus 48 VI INHALTSVERZEICHNIS § 4. Descartes' Entdeckung der transzendentalen Subjek- tivitat 53 a. Die Auseinandersetzung mit der Skepsis 54 b. Das naturalistische Vorurteil 55 c. Evidenz und Verantwortung 58 § 5. Vorformen der Phanomenologie im Englischen Empi rismus 63 a. Husserls Darstellung des Empirismus 63 b. Die skeptische Ablehnung des Rationalismus 66 c. Die Psychologie aus ,innerer Erfahrung' 68 d. Die Blindheit ftir die Intentionalitat 70 § 6. Der Transzendentalismus Kants und die Lebenswelt- problemat ik 74 a. Der teleologische Charakter der transzendentalen Methode 75 b. Teleologie und Lebensweltproblematik 76 c. Kants Erfahrungsbegriff 79 d. Die praktische Vernunft 82 e. Dbergang von der Natur zur Freiheit 86 f. Zusammenfassung 89 § 7· Geschichtsteleologie und Lebenswelt 91 a. Transzendentale Strukturen der Lebenswelt 92 b. Geschichtliche Strukturen der Lebenswelt 96 c. Geschichtsteleologie als einleitendes Motiv 100 d. Dbergang zum II. Teil 103 II. TElL TELEOLOGIE DER INTENTION ALIT AT § 8. Die Lebensweltproblematik als Intentionalanalyse 105 a. Einbeziehung der Subjektivitat in das Korrelationsapriori 106 b. Der Welthorizont als universales Korrelat 110 § 9· BewuBtseinsintentionalitat als teleologisches Problem II5 a. Erkenntnisproblematik und Intentionalitat IIS b. Das Problem der Teleologie in den Prolegomena II7 c. Denkokonomische Teleologie II8 d. Die Teleologie in den Logischen Untersuchungen II 120 INHALTSVERZEICHNIS VII § 10. Die teleologische Funktion der Intentionalitat 124 a. Der Welthorizont als Leitfaden 125 b. Die funktionellen Probleme. Noesis - Noema 127 c. Die Aktmaterie 130 d. Die Setzungsqualitiit 132 e. Intention - Erfiillung 135 § II. Husserls Teleologieauffassung 139 a. ZweckmiiBiges Handeln 139 b. Intentionalitiit als urstiftende Teleologie 141 § 12. Von der adaquaten zur apodiktischen Evidenz 149 a. Evidenz als Prinzip aller Prinzipen 150 b. Die Evidenzart der transzendentalen Erfahrung 156 c. Adiiquatheit und Apodiktizitiit der Wiedererinnerung 162 d. Die h6here Dignitiit der apodiktischen Evidenz 166 e. Zusammenfassung. Evidenz und Teleologie 170 § 13. Von der statischen zur genetischen Phanomenologie 173 a. Genetische Analyse der Urteilstheorie 175 b. Die genetische Phiinomenologie 185 § 14. AbschluB. Die genetische Einheit von Teleologie der Intentionalitat und Geschichtsteleologie 194 a. Intersubjektiv-teleologische Einheit der Geschichte 194 b. Teleologie und Verantwortung 201 Literaturverzeichnis 208 VORWORT "Das Problem der verborgenen Vernunft" ist es, das auch dieser Aufhellung der Verantwortlichkeit den Horizont gibt, in welchem als Klarung der Einheit der Teleologie die phanomeno logische Geduld sich entfalten kann. - Die hier vorgelegte Untersuchung wurde von der Philo so phischen Fakultat der Universitat zu Koln im Sommer 1973 als Dissertation angenommen; sie wurde fur die Veroffentlichung durchgesehen. Danken mochte ich vor aHem Herrn Professor Dr. Ludwig Land grebe. Seinem philosophischen Vorbild und seiner groBzugigen Forderung ist die vorliegende Arbeit entscheidend verpflichtet. Herrn Professor Dr. Lothar Eley sage ich Dank fUr seine stetige freundliche Hilfe. EbenfaHs danke ich Herrn Heinz Runi, der in zahlreichen Gesprachen durch seine Anregungen an der Entwick lung dieser Arbeit teilgenommen und zu ihrem Gelingen beige tragen hat. Die folgenden Untersuchungen stutzen sich hauptsachlich auf die veroffentlichten Werke Husserls; daruber hinaus war das Studium unveroffentlichter Manuskripte von groBem Nutzen, und fUr die Erlaubnis zu ihrer Verwendung gilt mein Dank dem ver storbenen Direktor des Russerl-Archivs in Lowen, Rerrn Profes sor Dr. Herman Leo van Breda. - Bedanken mochte ich mich auch :beim Deutschen Akademischen Austauschdienst, der mir fur mein Studium in KOln ein Stipendium gewahrte. Bogota, imJ.Dezember 1974 EINLEITUNG Die Problematik der Philosophiegeschichte, die imspaten Werk Husserls zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist das Thema des Haupttextes der Krisis, den er erstmals in der Zeitschrift Philo sophia veroffentlichte. Er versteht diese Schrift, wie es in der Ein leitung dort heiBt, als "den Versuch, auf dem Wege einer teleolo gisch-historischen Besinnung auf die Urspriinge unserer kritischen wissenschaftlichen und philosophischen Situation die unausweich liche Notwendigkeit einer transzendental-phanomenologischen Umwendung der Philosophie zu begriinden. Sonach wird sie zu einer eigenstandigen Einleitung in die transzendentale Phano menologie"1. Es gibt nach dies em Programm also einen neuen ,Weg zur Reduktion' iiber die teleologische Kritik der Philoso phiegeschichte. Diese Arbeit beabsichtigt keinen Vergleich dieses neuen Weges zur Reduktion mit den anderen Wegen, die Husserl versucht hat2. Sie iiberpriift vielmehr, ob und in welchem Sinne die Teleologie der Philosophiegeschichte, wie sie Hussed versta nd, eine eigenstandige Einleitung zur Phanomenologie ist, die den Weg zum Aufbau einer Philo sophie als letztbegriindeter und letzt verantwortlicher Wissenschaft zeigen kann. I Weil fUr Husserl die Teleologie eine "Eigentiimlichkeit der Philosophiegeschichte" und nicht "eine metaphysische Substruk- 1 Krisis, S. XIV Anm. 3. 2 Vgl. zu den Wegen zur Reduktion A. Aguirre, Genetische Phiinomenologie und Reduktion, Den Haag 1970, S. 31 ff. 4 INTENTIONALITAT ALS VERANTWORTUNG tion"3 ist, miissen konkrete Aufweisungen aufgrund der vor gegebenen Geschichte selbst die mogliche Bedeutung von Teleolo gie ergeben, wobei aIle traditionellen Bedeutungen des Wortes zunachst auBer Frage bleiben. Die Einheit der Philosophiegeschichte kann nur aus der Auf gabe sich ergeben, welche seit der Urstiftung der Philosophie alle Systeme zu verwirklichen versuchen. Husserls Begriff der Philo sophie restituiert daher "die urspriingliche Idee der Philosophie, die, seit ihrer ersten festen Formulierung durch Platon, unserer europaischen Philosophie und Wissenschaft zugrunde liegt und flir sie eine unverlierbare Aufgabe bezeichnet"4. An diese Tradi tion ankniipfend iibersetzt Husserl die griechische ,theoria' als "systematische Auswirkung eines von allen sonstigen Abzweck ungen befreiten theoretischen Interesses, des Interesses an der Wahrheit rein urn der Wahrheit willen"5. Diese Suche nach der universalen und apodiktischen Wahrheit steht am Anfang der Philosophie und bestimmt als Telos ihre Geschichte. Die Geschichte der Philosophie erweist sich als ein Ringen zwischen Objektivismus und Transzendentalismus. Wahrend der erste nach der objektiven Wahrheit der vorgegebenen Welt fragt, sucht der Transzendentalismus die Erkenntnis dieser Wahrheit zu erklaren. Husserls Phanomenologie beansprucht nun, die Transzendentalphilosophie - wenigstens was ihre Methode angeht - zur Erflillung zu bringen. Kennzeichnend fiir die Husserlsche Kritik am Objektivismus ist, was er Locke vorwirft: "Er sieht nicht, daB wahre Objektivitat etwas ist, das nur im BewuBtsein Sinn und urspriingliche realisierende Bewahrung erfahren kann, oder daB wahres Sein eine dem Subjekt immanente Teleologie an zeigt, die sich nach Wesenseigenheiten und Gesetzen intuitiv ver stehen laBt"6. Die vorliegende Arbeit will zeigen, daB beide Glieder dieser Kritik Husserls am Objektivismus aus ihrer Einheit und nur aus ihr zu klaren sind. Eine endgiiltige Dberwindung des Objektivis mus muB die Objektivitat aus BewuBtseinsleistungen verstand lich machen, und dies gelingt nur durch die Aufweisung der in 3 Ms. KIll 28, S. 7. 4 "Nachwort" in: Ideen III, S. 139. 5 Erste Philosophie I, S. 203. (Hervorheb. v. Verf.). 6 A.a.O., S. 77.