Deutsche Originalausgabe 1. Auflage Juni 2013 In deinen Armen Philippa L. Andersson Copyright: © Philippa L. Andersson Covergestaltung: Philippa L. Andersson unter Verwendung einer Grafik von http://deutsch.istockphoto.com Original-Veröffentlichung als eBook Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen! (1. Korinther 16,14) Inhalt Titelseite Copyright 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 1 1997 »Wir werden sterben!«, jammerte Diana und klammerte sich fester an ihre beste Freundin Emma. Blitz und Donner verwandelten die beiden dreizehnjährigen Teenager wieder in zwei kleine Mädchen. Sie waren bis auf die Knochen durchweicht und zitterten. Außerdem hatten sie sich verirrt. »Ganz bestimmt nicht!«, schnaubte Emma und streckte ihre Schultern. Wenn ihre beste Freundin die Rolle des Angsthasen spielte, dann musste sie stark bleiben. Was war schon so ein bisschen Donner! »Hier entlang!«, befahl sie. Sie mussten entweder einen Unterschlupf finden, oder aus dem Waldstück so schnell wie möglich heraus kommen. Wie sie dann nach Hause kommen würden, könnten sie sich dann immer noch überlegen. Atemlos irrten sie weiter durch dieses dunkle Niemandsland. Bis Emma ungläubig blinzelte und stoppte. Ein weiterer Blitz erhellte den Wald für Sekunden taghell. Vor ihnen war ein Bretterverschlag aufgetaucht, eine unbewohnte Hütte mit eingefallenem Dach, aber unter diesen Umständen kam sich Emma vor, als hätte sie das Paradies auf Erden entdeckt. Das war es, wonach sie gesucht hatte: Sicherheit. »Ahhh!« Wieder kreischte Diana neben ihr. Dann entdeckte auch sie die Hütte. Sie löste sich von Emma und stolperte mit plötzlich neuer Kraft auf die rettende Insel zu. »Nicht so schnell!« Emmas Warnung kam zu spät. Diana rutschte auf dem überschwemmten Boden aus und fiel der Länge nach hin. »Komm schon, Diana, steh auf! Es ist nicht mehr weit.« Diana schüttelte den Kopf. Fehlte ihr etwas? Außer warmer Kleidung und vielleicht etwas zum Essen? Emma kniete sich neben sie. »Mach schon, Diana! Das schaffst du locker!« Sie griff ihr unter die Arme, doch Diana weigerte sich mitzumachen. »Oder willst du griff ihr unter die Arme, doch Diana weigerte sich mitzumachen. »Oder willst du hier draußen übernachten?« Langsam wurde Emma sauer. Die ersten Regentropfen hatten sich nach dem heißen Sommertag kühlend auf ihrer Haut angefühlt. Eigentlich mochte sie Gewitter, die Energie, die Luft, die Geräusche, den Wind. Mittlerweile jedoch war sie komplett durchnässt und sie fror ganz furchtbar. Ihre Sachen standen vor Dreck und das einzig Gute war, dass ihre wilde, rote Lockenmähne dem Regen nicht standgehalten hatte und ihre Haare nun nass und schwer nach unten fielen. In der Dunkelheit versuchte sie zu erkennen, was Diana fehlte und ignorierte ihren eigenen schmerzenden Arm. Irgendetwas musste sie getroffen haben. Aber sie durfte jetzt nicht verzagen, sie musste positiv denken! Und es wäre verdammt noch mal leichter, wenn sie ein Dach über dem Kopf hätte und Diana endlich einmal auf sie hören würde. Wieder schlug ein Blitz ein. Dieses Mal so nah, dass Emma zusammenzuckte und erschrocken ihrem eigenen Atem lauschte. Nebel stieg immer dichter über dem Boden auf und verwandelte die Umgebung in eine unheimliche Landschaft. Für einen kurzen Augenblick schloss sie die Augen. Sie durfte nicht auch noch panisch werden. Sie mussten nur zu der verlassenen Hütte. Wenige Meter. Kinderleicht für jede Dreijährige und sie war ja schon Dreizehn. Na also! Entschlossen öffnete sie wieder ihre Augen und hielt den Atem an. Gegen den Regen machte sie plötzlich wie aus dem Nichts eine dunkle Gestalt aus. Das Blut rauschte ihr in den Adern. »Sei still!«, murmelte sie Diana zu. Im Schutz der Nacht bewegte sich jemand anderes und Emmas Herz raste. Suchtrupps hätten doch Taschenlampen und würden nicht alleine gehen. Das war nicht gut. Intuitiv schob sie sich schützend vor Diana und tastete blind auf dem Boden nach einem geeigneten Stein, um sich zu wehren. Den Fremden ließ sie dabei nicht aus den Augen. Sie bekam einen Brocken im Matsch zu fassen und umschloss ihre einzige Waffe fester. Der Fremde entdeckte beide Mädchen, er stockte, verharrte kurz. Irgendetwas an ihm kam Emma dunkel bekannt vor. Dann kam er zielstrebig näher. Emma verlor keine Zeit zu prüfen, wer er war. Mit aller Kraft schleuderte sie den Stein gegen ihren Angreifer. Der Mann vor ihr stöhnte überrascht, ließ sich jedoch nicht aufhalten. »Emma Foresta, mach nur weiter so und handel dir noch mehr Ärger ein!« Kein Blitz der Welt hätte Emmas Herz plötzlich so schnell schlagen lassen, wie diese Stimme. Unter der Regenkapuze funkelten zwei dunkelblaue Augen verärgert und zugleich amüsiert. Ein dunkler Tropfen, der nur Blut sein konnte, lief von der Augenbraue langsam über das bekannte Gesicht. Oh Mist, nun lief von der Augenbraue langsam über das bekannte Gesicht. Oh Mist, nun steckte Emma wirklich in der Klemme. Sie hatte Dianas Bruder Mario eine verpasst. Als würde das alleine nicht schlimm genug sein, spielte das Wetter nun völlig verrückt. Plötzlich einsetzender Hagel brachte Mario dazu, seine kleine Schwester hochzuheben und sie ohne weiteren Kommentar in die trockene Sicherheit der Hütte zu tragen. Emma wartete, unfähig sich von der Stelle zu rühren. Ihre Knie waren weich, ihre Hände zitterten und die eisigen Hagelkörner taten weh. Warum kam er sie nicht auch holen? Hatte er sie vergessen? Oder ging es Diana nicht gut? Sie schluckte und flüchtete sich zögerlich ebenfalls in die Hütte. Marios Standpauke hielt dort noch an. »Ihr beide seid echt die schlimmsten zwei Rabauken auf der ganzen Welt! Wie konntet ihr nur alleine hier unterwegs sein! Wisst ihr nicht, was draußen alles passieren kann! Warum habt ihr nicht bemerkt, dass ein Unwetter aufzieht?! Es geschieht euch eigentlich ganz recht, dass ihr jetzt herumheult. Ich sollte euch beide übers Knie legen!« Während Mario schimpfte, straften seine Taten die Worte allerdings Lügen. Sein Regencape lag auf dem Boden. Ohne auf Dianas gezierte Proteste einzugehen, zog er seiner kleinen Schwester erst die nassen Sachen aus, um ihr dann seinen Pullover über den Kopf zu stülpen. Sie schluchzte immer noch und seine Hände strichen besänftigend über ihre Arme und wärmend drückte er sie an sich. Emma stand in der Tür und ihre Füße rührten sich nicht von der Stelle. Wie hypnotisiert verfolgte sie jeden Handgriff von Mario und fühlte, wie das Brennen auf ihrer Haut, das sie nicht verstand, zunahm. Seine ganze Konzentration lag auf dem blonden Engel vor ihm. Emma existierte nicht und das störte sie plötzlich ungemein. Wütend ballte sie ihre Fäuste. »Dann hau doch ab, Mario! Es hat dich keiner gebeten, hier den Retter zu spielen! Wir kommen schon alleine klar. Wir sind erwachsen! Spiel dich bloß nicht so auf!« »Ich zeig dir gleich mal, wie ich mich aufspie–!« Mario hatte sich umgedreht. Die Standpauke galt eindeutig auch ihr und wenn sie noch nicht wusste, wie viel Mist beide Damen gebaut hatten, dann wurde es Zeit. Nun blieben ihm die Worte im Hals stecken. Emma sah blass aus und zitterte am ganzen Körper. Ihr nasses Sommerkleid ließ selbst im Dunkeln ihren Körper erkennen, der sich innerhalb der letzten Monate langsam zur Frau verwandelt hatte. Hüften deuteten sich an, ihre Brüste wölbten sich leicht und ihre Brustwarzen waren klein und hart. Ihre grünen Augen funkelten kämpferisch. Doch sie kaute klein und hart. Ihre grünen Augen funkelten kämpferisch. Doch sie kaute unsicher auf ihrer Unterlippe herum. Mario fuhr sich durchs Haar und bemerkte irritiert, wie ihre Augen der Geste folgten. Mit ruhigen Bewegungen löste er sich von seiner Schwester. »Mario Torriani, wehe du lässt uns hier allein verhungern. Das erzähl ich alles Mama!« Diana klammerte sich enger an Mario. »Pscht, ist ja gut, Diana, alles ist in Ordnung, ich verrate euch nicht.« Beruhigend wiegte er seine kleine Schwester im Arm. Als könnte er sie jetzt alleine lassen, als würde er je zulassen, dass ihr etwas passierte! »Ich schau nur mal nach deiner besten Freundin, Baby. Ich geh nicht weg, versprochen.« Dieses Mal ließ Diana ihn gehen. Er stand auf und Emma löste sich in diesem Augenblick aus ihrer Starre. Ihre Augen funkelten wütend. »Ich komm alleine klar.« Sie wandte sich ab und suchte sich selbst eine trockene Stelle. Blitze flackerten draußen und der Donner brachte den Boden zum Beben. »Für eine Dreizehnjährige bist du ja ganz schön mutig.« Leise setzte sich Mario neben Emma und starrte ebenso in den Regen. Er sagte gar nichts und das musste sie wundern. Nach einer Weile drehte sie ihren Kopf und schaute ihn mit großen Augen an. Und was für Augen! In fünf Jahren würde sie allen Männern den Kopf damit verdrehen. Noch ahnte sie es nicht. Dazu diese süßen Sommersprossen und dann diese bezaubernden Lippen, die vor Kälte bebten. Mario ertappte sich dabei, wie er sie musterte, zum ersten Mal, seit er sie kannte, und wie er sie ebenfalls eng an sich drücken wollte, wie seine Schwester. Und doch anders, ganz anders. Er musste verrückt geworden sein! »Emma, du bist auch vollkommen nass.« Er seufzte. »Los, auch ausziehen!« »Spinnst du!« Emma verschränkte demonstrativ ihre Arme vor der Brust und Mario konnte schwören, sie wurde rot. »Emma?« Der Ton war warnend. »Das Kleid ist eh durchsichtig.« Nun zog sie ihre Knie ans Kinn. Das waren definitiv die falschen Worte. »Tu, was er sagt!«, mischte sich Diana schläfrig ein. »Nicht, dass du krank wirst!« Emma knurrte. »Ich kuck auch nicht hin, versprochen.« So gut, wie es eben ging. Mario würde ihr alles erzählen, um sie aus dem nassen Fetzen herauszubekommen. ihr alles erzählen, um sie aus dem nassen Fetzen herauszubekommen. »Wehe!«, formten ihre Lippen als beinahe lautlose Warnung. Dann schloss er wie versprochen die Augen und überließ sich den Geräuschen der Nacht. Er hörte ihren keuchenden Atem, die schmatzenden Geräusche ihrer Schuhe, das Poltern, als sie sie auszog, das Tapsen ihrer nackten Füße auf dem Boden. Mit einem nassen Platsch landete ihr Kleid unten und ihr süßer Duft wirbelte zu ihm. Mario zog nun auch sein Shirt aus und fühlte blind Emmas Hand, die nach dem Stoff griff. »Besser?«, fragte er sanft. »Besser«, antwortete Emma so leise, dass er sie kaum über den Regen hinweg hörte. Er öffnete wieder seine Augen und nahm ihren Anblick in sich auf. Mit gesenktem Blick nickte sie und wickelte sich enger in den noch warmen Stoff. Dabei schonte sie ihren Arm. Hatte sie da was? »Zeig mal her!« Dieses Mal lief sie nicht weg, als er nach ihr griff. Er fühlte die Kratzer auf ihrer Haut, aber sie waren zum Glück nicht tief. Und er spürte ihren stummen Blick auf sich. Tat er ihr weh? Fehlte ihr etwas? Ihre Haut fühlte sich kalt an unter seiner Berührung und er schloss Emma besorgt in seine Arme. Sie erstarrte kurz überrascht, dann legten sich unerwartet zwei kühle Hände um seinen Nacken. Aus einer kurzen Umarmung wurde mehr und er konnte sich nicht dazu bringen, sie loszulassen, nicht bis sie wenigstens aufhörte zu zittern. »Wir alle sollten versuchen ein bisschen zu schlafen.« Mario hob Emma hoch. Er legte sich mit ihr zu seiner Schwester, die sich erschöpft an ihn kuschelte und einschlief. Emma war noch wach und ihr Herz raste direkt an seinem, obwohl sie sich nicht rührte. »Schlaf, Sweetheart …« Marios Lippen platzierten einen Kuss auf Emmas Stirn. Jetzt erst recht nicht! Emma hatte das unbestimmte Gefühl, ihm unter die Haut kriechen zu wollen. Das war natürlich total lächerlich, denn wer konnte das schon? Wie hypnotisiert fuhr ihr Finger über seine verletzte Augenbraue. Warmes Blut klebte zwischen ihren Fingerspitzen. Sein Atem streifte ihre Haut und seine dunklen Augen tasteten ihr Gesicht ab, dass es erneut glühte. Irgendetwas war gerade nicht normal und so faszinierend sie es auch fand, es machte ihr gleichzeitig Angst, weil sie spürte, dass es alles ändern könnte. »Lass mich los, Mario! Bitte.«