ebook img

Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Band 5: L-Musi PDF

815 Pages·2001·53.985 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Band 5: L-Musi

Historisches Wörterbuch der Rhetorik Historisches Wörterbuch der Rhetorik Herausgegeben von Gert Ueding Mitbegründet von Walter Jens In Verbindung mit Wilfried Barner, Albrecht Beutel, Dietrich Briesemeister, Joachim Dyck, Ekkehard Eggs, Ludwig Finscher, Manfred Fuhrmann, Fritjof Haft, Konrad Hoffmann, Joachim Knape, Josef Kopperschmidt, Friedrich Wilhelm Korff, Egidius Schmalzriedt, Konrad Vollmann, Rolf Zerfaß Unter Mitwirkung von mehr als 300 Fachgelehrten Max Niemeyer Verlag Tübingen Historisches Wörterbuch der Rhetorik Herausgegeben von Gert Ueding Redaktion: Gregor Kalivoda Lavinia Keinath Franz-Hubert Rohling Thomas Zinsmaier Band 5: L-Musi Max Niemeyer Verlag Tübingen 2001 Die Redaktion wird mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Universität Tübingen gefördert. Wissenschaftliche Mitarbeiter des Herausgebers: Bernd Steinbrink (bis 1987) Peter Weit (seit 1985) Andreas Hettiger (seit 2000) Mitarbeiter der Redaktion: Käthe Bildstein, Peter Brandt, Philipp Ostrowicz, Heike Stiller, Ursula Wörz Anschrift der Redaktion: Historisches Wörterbuch der Rhetorik Wilhelmstraße 50 D-72074 Tübingen Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Historisches Wörterbuch der Rhetorik / hrsg. von Gert Ueding. Mitbegr. von Walter Jens. In Verbindung mit Wilfried Barner ... Unter Mitw. von mehr als 300 Fachgelehrten. - Tübingen : Niemeyer. ISBN 3-484-68100-4 Bd. 5. L-Musi / Red.: Gregor Kalivoda ... - 2001 ISBN 3-484-68105-5 © Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 2001 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz und Druck: Guide-Druck GmbH, Tübingen. Einband: Buchbinderei Heinr. Koch GmbH & Co. KG, Tübingen. Vorbemerkung Herausgeber, Redaktion und Verlag freuen sich, daß das das Seminar für Allgemeine Rhetorik eine eigene Historische Wörterbuch der Rhetorik mit diesem fünften Tagungsreihe im Heinrich-Fabri-Institut der Universität Band seine Halbzeit überschritten hat - ein, im Vergleich Tübingen in Blaubeuren ins Leben gerufen. Der umfang- zu anderen ähnlich umfassend angelegten Lexikonunter- reiche Sammelband zum Thema der letzten Tagung nehmen, immer noch uneingeholtes Ergebnis, wie wir (Topik und Rhetorik) ist im Jahre 2000 im Niemeyer- mit leichtem Stolz feststellen dürfen. Die Zielgerade ist Verlag erschienen. Die Deutsche Forschungsgemein- zwar noch nicht erreicht, liegt aber auch nicht mehr in so schaft finanziert diese Symposien. Ihr ist dafür und natür- weiter Ferne, daß nicht neben der laufenden Arbeit lich für die großzügige Weiterförderung unseres Lexi- schon über den Ergänzungsband nachgedacht werden konprojekts zuallererst zu danken. müßte. Dieser wird vor allem die Artikel enthalten, die Darüber hinaus gilt unser Dank dem Niemeyer-Verlag nicht rechtzeitig fertiggestellt werden konnten oder und der Universität, die beide auch in den für Universitä- deren Stichwort erst im Zuge der ständigen Lemmaprü- ten und deren Forschung schwierigen Zeiten uns unsere fung virulent wurde. Das Rhetorik-Lexikon, wie es Arbeit zu erleichtern suchen, wo dies möglich ist. inzwischen oft kurz genannt wird, hat sein Publikum Ganz besonders danken aber möchten wir auch dies- gefunden; Kritik und Benutzer haben nicht mit Lob und mal unseren Fachberatern, deren Hilfe für die sachliche fruchtbarer Anregung gespart, wenn dabei auch hier und und organisatorische Projektarbeit unschätzbar, selbst- da die realen Produktionsbedingungen eines solchen los und unverzichtbar ist. Aus ihrem Kreis ausgeschieden Werkes aus dem Blick geraten sind. ist Volker Drehsen, dem wir für sein Engagement ver- Wie immer gilt mein Dank besonders den Beiträgern, pflichtet bleiben werden; an seine Stelle tritt Albrecht die sich in den meisten Fällen immer noch vor die aus- Beutel, den ich hiermit herzlich begrüßen möchte. Mein führlich erörterten Forschungsprobleme gestellt sehen, Dank gilt auch Lavinia Keinath, die im Juni 2000 auf auch wenn hier und da die Lücken geschlossen wurden. eigenen Wunsch aus der Redaktion ausgeschieden ist. Um die ausgesprochen empfindlichen Forschungsdesi- Ihre Nachfolge hat Andreas Hettiger angetreten. derata auszumessen und auf einigen Teilfeldern auch aufzuheben, haben Herausgeber und Redakteure sowie Tübingen, im Herbst 2000 Gert Ueding V Lachen, das Lächerliche Lachen, das Lächerliche L subjektive wie auf die objektive, auf das Lächerliche bezogene Seite hin. Lächerliches ergibt sich nicht nur zufällig und unwillkürlich, es wird bewußt, durch Hand- lungen oder Worte, immer auch erzeugt. Die Frage, Lachen, das Lächerliche (griech. γέλως, γελοΐον, gélôs, woher man den Stoff zum Lachen nehmen, auf welche geloíon; lat. risus, ridiculum; engl, laughter, ridiculous; verschiedenen Weisen man es hervorrufen kann und frz. rire, ridicule; ital. riso, ridicolo) welche unterschiedlichen Wirkungen und Funktionen A. Der Begriff <Lachen> (gélôs, risus) fand kaum je das sprachlich oder mimetisch erzeugte Lächerliche hat, eine explizite Definition und bedarf wohl auch keiner. Es führt unmittelbar in das Feld der Poetik und der Rheto- genügt der exemplifizierende Hinweis auf das allgemein rik. Die Poetik thematisiert das Lächerliche vor allem im bekannte körperliche Phänomen: das charakteristische Zusammenhang mit der Komödie und den verschiede- Verziehen des Gesichts, das spasmodische Ausstoßen nen Spielformen der komischen Dichtung: von der Par- der Luft mit den begleitenden Lauten und - bei schwe- odie über die Posse und Satire bis hin zum Schwank und zur Farce. Für die Rhetorik ist die Erzeugung von rem Lachen - das vom Zwerchfell her kommende Schüt- Lachen eines der stärksten rednerischen Mittel, wie etwa teln des ganzen Körpers. Außer in Grenzfällen - dem Lachen der Verzweiflung oder dem Lachen der Ausge- die immer wieder zitierte Grundregel des GORGIAS bezeugt, daß man dem Ernst des Gegners mit Gelächter, lassenheit z.B. - ist Lachen stets eine unwillkürliche oder und seinem Gelächter mit Ernst begegnen müsse. Eine halb willkürliche Reaktion auf einen vorausgehenden der Hauptaufgaben der Rhetorik war es darum, die Orte Reiz, im einfachsten Fall auf einen sensorischen, motori- und die Arten des Lächerlichen zu benennen, über die schen oder visuellen Reiz: ein Kitzeln z.B., übertriebene jeder urbane Redner verfügen sollte. [2] Die nahelie- und ungewohnte Körperbewegungen bei Kindern [1] gende Frage, ob in der Rede und im geselligen Verkehr oder das plötzliche Verschwinden- und Auftauchenlas- jede Art des Lachens zulässig sei, oder ob es in seinem sen von Gegenständen. Im sowohl theoretisch wie termi- Gebrauch Grenzen gebe, hat nicht nur eine ästhetische, nologisch komplexeren Fall erfolgt das Lachen aus sondern immer auch eine moralische und soziale Dimen- einem bestimmten Anlaß oder Grund, der in Gegenstän- sion. Die Domestizierung des unbotmäßigen, unanstän- den, Wörtern oder Handlungen, Personen oder Situatio- digen, aggressiven Lachens ist darum das Grundthema in nen liegen kann. Das Lachen dieser komplexeren Art ist den meisten Theorien des Lächerlichen: von Piatons darum immer ein Lachen über etwas, ein intentionales Zähmungsversuchen im <Staat> über die christliche Ver- Lachen. Für das, worüber gelacht wird (quae risum dammung des Lächerlichen bis hin zu Rousseaus Pole- movere possit; that moveth laughter), gibt es unter- mik gegen die Komödie und zur Empfindlichkeit totali- schiedliche Bezeichnungen: Der allgemeinste und älteste tärer Diktaturen des 20. Jh. gegenüber der Waffe des Begriff ist der des Lächerlichen (to geloíon; ridiculum). Witzes. Die Hauptunterscheidungen im Dienste dieser Dieser beginnt sich allerdings seit dem 17. Jh. mehr und Domestizierung sind etwa die zwischen Lachen und Ver- mehr mit dem des Komischen zu vermischen und gerät lachen, liberalem und illiberalem Lächerlichen, zwischen im Verlaufe des 19. Jh. in den Bannkreis jenes Begriffs, ridicule und risible, ridiculous und ludicrous, zwischen der das weite Feld des Lachens abzudecken beansprucht: dem ungereimten und schädlichen Lächerlichen auf der den Begriff des <Humors> resp. des <Humoristischen>. einen und dem wahren, harmlosen oder erbaulichen Der Vorteil des Begriffs <Humor> mag darin liegen, daß Lächerlichen auf der anderen Seite. Die Frage nach der er gerade nicht umfassend genug ist, sondern all das, was gesellschaftlichen Funktion des Lachens leitet unmittel- mit dem intentionalen Lachen zusammenhängt, von den bar über in Gesellschaftskritik und Gesellschaftstheorie übrigen Formen des Lachens abzugrenzen erlaubt. Die und eröffnet, zumindest in deskriptiver Hinsicht und im entscheidenden Fragen aber sind geblieben und mit Kulturvergleich, ein Aufgabenfeld auch der Ethnologie ihnen das Bedürfnis nach weiteren terminologischen und der sozialen Anthropologie. Unterscheidungen: Zur Diskussion stehen die Qualität, welche das Lächerliche zu etwas Lächerlichem macht, Mit der Thematisierung der Gefühlswirkungen des sowie die subjektiven Bedingungen dafür, daß man über Lächerlichen richtete schon die antike Rhetorik ihre etwas lachen kann. Gefragt wird außerdem, ob diese Aufmerksamkeit auf die subjektive Seite des Lachens: Bedingungen ein spezieller Sinn für das Lächerliche sind Wer andere verlacht, kann ihren Zorn wecken. Das dem und ob es überhaupt so etwas wie das Lächerliche an sich Urbanen Redner allein angemessene Lächerliche hat gibt - unabhängig davon, daß jemand darüber lacht. umgekehrt die besänftigende Gefühlswirkung des Ethos; Diese Fragen führen unweigerlich zurück zu den klas- es steht im Gegensatz [3] und ist Gegenmittel zu allem, sischen Theorien des Lächerlichen: Die Überlegenheits- was Pathos hat und starke Affekte wie Furcht, Haß, theorie, die das Lachen einem plötzlich aufkommenden Zorn, Abscheu und Empörung hervorruft. Das Lachen Gefühl der Überlegenheit über Andere oder über unser kann sich offensichtlich mit verschiedensten Affekten früheres Selbst entspringen läßt, die überaus populäre verbinden: es gibt ein höhnisches, bitteres, kaltes etc. Inkongruenztheorie, welche die formalen Eigenschaften Lachen. Kann man ihm darum überhaupt einen des Lächerlichen in irgendeiner Form des Kontrastes bestimmten Affekt zuordnen oder ist der mentale sucht zwischen den Erwartungen, die das Lächerliche Zustand, den das Lächerliche hervorruft, wie QUINTI- weckt oder die an es herangetragen werden, und dem, LIAN vermutet, letztlich nicht definierbar? [4] Begriffe wie Heiterkeit, Vergnügen, Spiel [5], Amüsement wer- was dieses de facto ist, und schließlich die auf Spencer den jedoch immer wieder mit Lachen in Verbindung und Freud zurückgehende Abflußtheorie, für die das gebracht. Die von diesen Begriffen eingefangene Lachen die abrupte Entladung einer plötzlich freiwer- Gefühlslage scheint sich von anderen Affekten darin zu denden seelischen Energie ist. unterscheiden, daß sie weder dazu antreibt, in die Welt B. Bereiche und Disziplinen. Mit den um Lachen und einzugreifen, noch dazu, sie besser zu verstehen - da ja, Lächerliches kreisenden Fragen ist jedoch das Feld der auf einen Schlag, alles Wesentliche schon verstanden theoretischen Auseinandersetzung mit dem Lachen ist. [6] nicht erschöpft. Dieses Feld öffnet sich sowohl auf die 1 2 Lachen, das Lächerliche Lachen, das Lächerliche Was es mit diesem Gefühlszustand auch immer auf spotten dürfen nur jene, die dazu eine Erlaubnis haben, sich haben mag: er erklärt noch keineswegs, warum es zu und auch diese nur, wenn es ohne Schmerz und ohne dem körperlichen Phänomen des Lachens kommt. Die Zorn geschieht. [26] Piaton zielt hier auf eine Unterschei- Entladungstheorie von SPENCER und FREUD leitet die dung ab, welche die Theorie des Lächerlichen bis in die Erklärungsversuche der in dieser Frage geforderten Psy- Gegenwart bestimmen wird: die Unterscheidung zwi- chologie des Lachens ein, die ihrerseits wieder der schen einem gerechtfertigten gutartigen und einem uner- Ergänzung durch physiologische, biologische und ethno- laubten bösartigen Lachen, zwischen einem Lachen, das, logische Theorien bedarf, und nicht zuletzt nach einer wie sein Zeitgenosse XENOPHON es charakterisiert, weder anthropologischen Deutung des Lachens ruft: Was sagt auf den eigenen Vorteil ausgeht, noch auf den Nachteil der Umstand, daß der Mensch, wie man seit ARISTOTELES und Schaden anderer, weder unanständig in der Sache immer wieder betont [7], das lachende Tier ist, über ihn noch obszön in den Worten ist, und einem Lachen, das selbst und seine Beschaffenheit aus? Lachen und Wei- diese Bedingungen nicht erfüllt. [27] nen, so die noch immer nicht überholte Antwort von Diese Unterscheidung hat wohl auch ARISTOTELES im PLESSNER, enthüllen die exzentrische Position des Men- Auge bei seiner über Jahrhunderte hinweg immer wieder schen im Banne seines Körpers: daß er weder Leib ist zitierten Definition des Lächerlichen in der Komödie: noch bloß einen Leib hat. Im Lachen sowohl wie im Wei- Die Komödie ist Nachahmung des Lächerlichen als einer nen antwortet der Mensch nicht vermittels seines Kör- besonderen Art des Häßlichen und Gemeinen: Es «ist pers, sondern als Körper - weil er keine andere Antwort ein Mangel und etwas Schimpfliches, das aber weder mehr weiß. [8] schmerzt noch ins Verderben bringt». [28] Nicht an diese C. I. Antike. Der erste Anstoß zur Beschäftigung mit Bestimmung des Lächerlichen halten sich offenbar die dem Lachen gilt offenbar der Frage, wie man ihm bei- von Aristoteles verurteilte Alte Komödie und insbeson- kommen kann - oder jedenfalls seiner maliziösen Form, dere die Jambischen Dichter, die in ihrer Darstellung der dem Verspotten und Verlachen anderer. Seine Zunge zu Verrücktheiten der Menschen das Lachen mißbrauchen, zügeln (KLEOBULOS) [9], andere mit seinem Lachen nicht die nicht belachen, sondern verlachen. [29] einzuschüchtern [10], nicht über Freunde (SOLON) [11] Die Frage des richtigen Umgangs mit dem Lachen ist und Unglückliche (CHILON) [12] zu lachen, sind die ent- für Aristoteles nicht nur eine ästhetische, sondern vor sprechenden Ratschläge, die sich schon in den Sentenzen allem eine ethische Frage und als solche eine Frage der der Sieben Weisen finden. Maß zu halten im Lachen, Mitte zwischen einem Übermaß und einem Mangel. Wer raten sowohl PYTHAGORAS wie KRITIAS. [13] Selbst DEMO- es mit dem Lachen übertreibt, ist ein Possenreißer, der KRIT VON ABDERA, als der «lachende Philosoph» apostro- um jeden Preis - wie unschicklich und verletzend es auch phiert, der über alles und jedes lacht [14], stimmt in die- sein mag - Lachen zu erregen sucht; wer selber nie sen Chor der warnenden Stimmen mit ein. [15] PLATON scherzt und sich über Scherzende ärgert, gehört zum und ARISTOTELES haben diese kritische Haltung mit ihren anderen Extrem, er ist der Ungebildete und Steife. Die Theorien des L. und des Lächerlichen untermauert und Mitte ist der sichere Anstand des vornehmen oder freien verstärkt. Piaton, der erstmals vom Lächerlichen in sub- Mannes, des homo liberalis, wie die Lateiner sagen wer- stantivierter Form spricht (to geloíon), sieht im Lächerli- den, der weiß, was sich ziemt, und der sich darum beim chen eine Abart des Schlechten und Unvernünftigen, Scherzen alle Beleidigungen versagt. [30] wenn auch eher von der harmlosen Sorte: Lächerlich sind Die Konkretisierung dieses Gedankens führt unmit- z.B. die Schwachen, die, im Unterschied zu den Mächti- telbar über zu der Disziplin, die - neben der Poetik - den gen, mit ihren Schwächen niemandem schaden kön- zweiten Hauptanstoß zur Beschäftigung mit dem Lachen nen [16], oder jene, die sich für reicher, schöner und bes- gegeben hat, zu der von Aristoteles ebenfalls zur Entfal- ser halten als sie in Wahrheit sind. [17] Das Lachen, das tung gebrachten Rhetorik. Zu wissen, wie man Lachen sie auslösen, ist sowohl lustvoll wie auch, da es einem hervorruft oder vermeidet, ist nach Aristoteles «im Übel gilt, auf gleiche Art schmerzlich wie der Neid Kampf der Geister» von Nutzen, denn wie Gorgias rich- (φθόνος, phthónos), der sich am Unglück des Nachbarn tig gesehen habe, müsse man den Ernst des Gegners weidet. Das Lächerliche, mit einem Wort, verschafft uns durch Gelächter zunichte machen, sein Gelächter durch ein aus Neid und Lust gemischtes Vergnügen. [18] eifrigen Ernst. [31] Die Regeln, die beim rhetorischen Gerechtfertigt ist das Lächerliche insofern, als es - ein Umgang mit dem Lachen zu beachten sind, hat Aristote- später des öfteren wiederholtes Argument - der Erho- les allerdings nur beiläufig thematisiert, so etwa wenn er lung des Geistes dient [19] und, durch den Kontrast, darauf hinweist, daß man sich im Zorn allzu leicht dazu gerade das Gegenteil, den Ernst, um so besser erkennen hinreißen läßt, andere lächerlich zu machen oder zu ver- läßt. [20] «Wer nur einigermaßen tugendhaft sich bewäh- spotten [32], daß Scherz eher bei jenen angebracht ist, die ren» und nicht selbst Lächerliches tun oder sagen wolle, selber zu scherzen wissen [33], oder daß man den Zorn müsse deshalb nicht nur das Ernste, sondern auch das der anderen herausfordert, wenn man ihrem Ernst nicht Lächerliche kennenlernen, wie es die Komödie mit ihren auch mit Ernst, sondern ironisch begegnet. [34] Geprie- «Nachbildungen häßlicher Gestalten und Gesinnungen» sen wird von Aristoteles die Ironie, die sich gegen den und zum Lachen reizender «Scherzgebilde» in «Worten, Sprechenden selber richtet: diese allein sei eines freien Gesang und Tanz darstellt». [21] Exzessives Lachen aber Mannes würdig. [35] gilt es ebenso zu zügeln wie exzessives Weinen [22], am Ausführlich dargestellt werden die von Aristoteles nur wenigsten steht es den Wächtern des Idealstaates an und angedeuteten Regeln des liberalen Gebrauchs des ganz und gar nicht - entgegen den unwahren Reden des Lächerlichen in den <Quaestiones convivales> von PLU- Homer - den Göttern. [23] Wie schon HERAKLIT [24] so TARCH. Der Scherz, so lautet seine Hauptmaxime, soll warnt uns auch PLATON davor, uns selber lächerlich zu Vergnügen bereiten, nicht Schmerz. [36] Er soll nicht for- machen, wenn wir Lächerliches von uns geben. [25] Das ciert sein und angepaßt an Ort, Zeit und Zuhörer- Lächerlichmachen anderer aber sollte ohnehin - jeden- schaft. [37] Zulässig gegenüber den anderen sei jene Art falls im Idealstaat - unter Strafe gestellt werden, gleich- von Ironie, die andere nicht direkt lobt, sondern einem, gültig ob es nun im Zorn erfolgt oder nicht. Andere ver- der offensichtlich ohne Fehler ist, große Fehler 3 4 Lachen, das Lächerliche Lachen, das Lächerliche zuschreibt oder seine offensichtlich guten Qualitäten mit. nehmen Mann {homo nobilis oder liberalis) ist allein die unvorteilhaften Begriffen versieht. [38] Lächerlich liberale Form des Witzes angemessen, jener Umgang mit machen dürfe man eher unschuldige Schwachheiten als dem Lächerlichen, der all diesen Regeln entspricht. Illi- ernstliche Fehler [39] und eher kleine als große körperli- beral aber ist das Lächerliche, wenn bereits eine dieser che Defekte [40], man solle eher über sich selbst lachen Regeln verletzt wird. [67] als über andere [41] und das Scherzen besser lassen, wenn In Bezug auf die Frage nach den möglichen genera des man es nicht beherrscht. [42] Lächerlichen antwortet Cicero mit einer rhapsodischen Die einzigen, die sich - aus Prinzip - an solche Regeln Aufzählung der möglichen Fundorte des Lächerlichen, nicht halten wollten, waren die Kyniker. Im Zeichen des kunterbunt gemischt wie seine Witzesammlung. Man von ihnen heroisierten Ironikers Sokrates [43] machten erregt Lachen, indem man «die Charaktere anderer ver- sie es zu ihrem Anliegen, Scherz und Ernst zu verbinden spottet, seinen eigenen von einer lächerlichen Seite zeigt, und lachend die Wahrheit zu sagen [44] - σπουδαιογέ- Häßliches mit noch Häßlicherem vergleicht, Verstellung λοιον, spoudaiogéloion [45], wie sie ihre Methode anwendet, etwas ungereimte Äußerungen tut, Torheiten benannten. Nicht unbeeinflußt von den von Aristoteles rügt». [68] An die Spitze dieser Liste stellt er eine Bestim- abgelehnten Jambischen Dichtern und der Alten Komö- mung des Lächerlichen, die sich später als die erfolg- die übten sie sich in der Kunst, insbesondere und vor reichste erwiesen hat: das Lächerliche, das aus enttäusch- allem ihre Freunde mit bitterem Spott moralisch aufzu- ter Erwartung (exspectationibus decipiendis) [69] oder, rütteln [46] - gemäß dem bekannten Wort von Diogenes: wie Horaz es formuliert, aus dem Gegensatz von hoher «Andere Hunde beißen ihre Feinde, ich meine Freunde, Erwartung und geringem Resultat entspringt. [70] um sie zu retten». [47] QUINTILIAN, der sich in allen wesentlichen Punkten Ihre volle Entfaltung hat die in den griechischen Quel- eng an Cicero hält, versucht die Liste der genera des len angelegte Theorie des Lächerlichen in den rhetori- Lächerlichen noch etwas zu systematisieren. Gleich wie schen Schriften von CICERO gefunden. Höchste Funktion Cicero unterscheidet er zunächst grundsätzlich zwischen der Rede ist nach Cicero Pathos (concitatio)[48]: das den Hauptkategorien: dem «ridiculum [...] positum in Vermögen, mit leidenschaftlicher Rede [49] die Gefühle rebus ac verbis» (Lächerlichen, welches auf Sachen und der Hörer zu erregen (infiammare, incendere, incitare, Worten beruht) [71] und geht dann zu den für den Red- ardere). Aber die Rede benötigt, als Gegenkraft, auch ner wichtigen Anwendungsformen des Lächerlichen [72] die entgegengesetzte Funktion: die des Ethos, der com- über: Entweder sucht man das Lächerliche bei den ande- mendatici [50], durch die der Redner die Hörer zu besänf- ren (ex aliis) - in ihrer äußeren Gestalt, ihren Eigenschaf- tigen (conciliare, lenire) und für sich zu gewinnen ver- ten, Aussagen oder Handlungen [73] - oder dann bei sich sucht. [51] Lachen zu erregen, ist das beste Mittel im selbst (ex nobis), indem man sich selbst in ein lächerliches Dienste des Ethos: um den - vom Gegner aufgeschürten Licht setzt und absichtlich halbtörichte Dinge sagt, oder - Affekten [52] entgegenzuwirken und vor allem auch, schließlich in etwas Drittem, enttäuschten Erwartungen, um damit als Redner seine eigene Menschlichkeit und dem Spiel mit der Doppeldeutigkeit von Wörtern und Urbanität auszudrücken. [53] Dieses Ziel bestimmt auch anderem mehr, was zu keiner der übrigen Klassen die von Cicero aus der griechischen Rhetorik [54] über- gehört. [74] nommenen Prinzipien für den Gebrauch des Lächerli- Anmerkungen: chen. Das Lächerliche ist per definitionem einzuschrän- lvgl. Aristoteles, De partibus animalium 672 b lOff., bes. 637a ken auf das Häßliche und Gemeine der geringen Art: 2ff. - 2Quint. VI, 3,105. -3ders. VI, 3, Iff. - 4ders. VI, 3,7f. - «Locus autem et regio quasi ridiculi - nam id proxime 5 Arist. EN 1176 b 27. - 6J. Morreall (Hg.): The Philosophy of quaeritur - turpitudine et deformitate quadam contine- Laughter and Humor (New York 1987) 188-207. - 7 Aristoteles tur; haec enim ridentur vel sola vel maxime quae notant [1] 673 a 8, a 28. -8H. Plessner: Philos. Anthropologie (1970) 45, et désignant turpitudinem aliquam non turpiter» (Der 74f. -9VS 520,13. - lOebd. 521, 25. - 11 ebd. 521,15. - 12ebd. Ort und gleichsam das Gebiet des Lächerlichen - denn 521,24. -13 Pythagoras, Gnomo! Monac. lat. 1,19 (Caecil. Balb. Wölfflin, S. 18); Kritias, in: VS 615,20ff. - 14vgl. Hippolytas, in: darauf bezieht sich die nächste Frage - ist wesentlich VS 360,20; Lukian, Vitarum auctio 13. - 15VS 427,12; 399,18; bestimmt von einer gewissen Häßlichkeit und Mißge- 405,19. -16Platon, Philebos 49 b/c. -17ebd. 48 d/c. - 18ebd. 50 stalt. Denn man lacht ja ausschließlich oder ganz beson- a/b. -19ebd. 30 e; vgl. Arist. EN 1177 a Iff., 1128 bl. -20Platon, ders über das, was etwas Häßliches auf eine Weise Leges 816 e. - 21 ebd. 816 die. - 22ebd. 732 c. - 23Plat. Pol. 388 bezeichnet und beschreibt, die nicht häßlich ist). [55] c/389 a. - 24Heraklit, Gnomol. Monac. lat. 1,19 (Caecil. Balb. Eine Reihe von Personen sollte darum überhaupt nicht Wölfflin, S. 18). - 25Plat. Pol. 606 c. - 26ders., Leges 935 die. - zum Gegenstand des Lachens gemacht werden: 27Xenophon, Cyropaedia II, 2,12-14 V, 218; vgl. dazu später: Plutarch, Quaestiones Convivales II, 1,1. -28 Arist. Poet. 1449 a Freunde [56], Höherstehende [57] und Richter [58], 31-33. - 29 ebd. 1448 b 25 ff. - 30 Arist. EN 1128 a-b 4. - 31 Arist. Unglückliche [59] und Verbrecher [60], denen gegenüber Rhet. 1419 b 2ff. - 32ebd. 1179 a. -33ebd. 1181 a. -34ebd. 1380 Lachen nicht angemessen wäre. Den Gegner dagegen а. -35 ebd. 1419 b5ff. -36 Plutarch [27] 1,1; vgl. auch 4,11; 5,1-7; darf man durchaus mit der Waffe des Witzes attackieren б,1; 7,1; 8,1-2. - 37 ebd. 10,1:13,1; 13,2. -38ebd. 6. - 39ebd. 8. - (notare, fîgere, lacessere) [61], vor allem wenn er sich als 40ebd. 9. - 41 Arist. Rhet. Ill, 18,7,1419 ff. - 42Plutarch [27] 4, besonders stupid zeigt. [62] Allerdings gilt auch hier: I. - 43Xenophon, Symposion 4,34. - 44 vgl. Horaz, Saturae sive «nec [...] semper, nec omnes nec omni modo» (nicht sermones I, l,23f. -45 vgl. Plat. Gorg. 481 b; Phaidr. 234 d; Apo- immer, nicht jeden, nicht in jeder Form) [63] - und nicht logia 20 d. - 46 Diogenes Laertius VI, 4: über Antisthenes, VI, aus verwerflichen oder eigennützigen Motiven (iocus 69: über Diogenes. - 47vgl. Stobaeus, Florilegium III, 13, 44. - petulans).[64] Mit der verwendeten Sprache soll man 48 Cie. Or. 128; Cie. De or. II, 201. - 49 Cie. Or. 132; Cie. De or. II, 189ff.; vgl. auch Quint. VI, 2,26. - 50 Cie. De or. II, 201. - jedoch immer den Anstand wahren - selbst dort, wo an 51 ebd. II, 236; Cie. Or. 132. - 52 Cie. De or. II, 236; vgl. auch sich Unanständiges zur Sprache kommen muß [65], und Quint. VI, 3,1. - 53 Cie. De or. II, 236. - 54Arist. Rhet. III, 7, zu beachten seien in jedem Fall Ort und Zeit der Rede: 1408 a. - 55 Cie. De or. II, 236. - 56 ebd. 237; vgl. auch Quint. VI, ob auf dem Forum z.B. oder bei einem Gastmahl. [66] 3,28. - 57 Cie. Or. 89. - 58 Cie. De or. II, 245; vgl. auch II, 238; 239; Das Entscheidende aber sei, daß der Witz im Einklang 248; 264; 266. - 59 ebd. II, 238; vgl. auch Quint. VI, 3,28. - 60 Cie. stehe mit dem Charakter des Sprechenden. Einem vor- Or. 88; Cie. De or. II, 237; Quint. VI, 3,29; 31. -61 Cie. Or. 73. - 5 6 Lachen, das Lächerliche Lachen, das Lächerliche 62Cie. De or. II, 229. -63Cie. Or. 89. -64Cie. Or. 88; ders., De pre, Pource que rire est le propre de l'homme» (Es ist offieiis 1,103; vgl. auch Quint. VI, 3,33. - 65 Cicero, De offieiis I, besser vom Lachen als vom Weinen zu handeln, denn das 128. - 66ders., Epistulae ad Atticum II, 18,2; ders., De offieiis I, Lachen gehört zu den wesentlichen Eigenschaften des 144; vgl. auch Quint. VI, 3,28; 33. - 67Cicero, De offieiis 1,103f.; Menschen.) [21] Das Augenmerk richtet sich dabei erst- Cie. De or. II, 242. -68Cie. De or. II, 289. -69ebd. - 70Hör. Ars mals auch auf die mysteriöse physische und medizinische 139. - 71 Quint. VI, 3,22. - 72 ders. VI, 3,23. - 73 ders. VI, 3,37. - 74 ders. VI, 3,24. Seite des Lachens: die Frage nach seinem Sitz im Körper, ob im Herz (Aristoteles), Gehirn (Hippokrates, Piaton) II. Mittelalter und Renaissance. Der schon von den Kir- oder in der Milz, und nach den das Lachen erregenden chenvätern festgestellte und seither immer wieder her- und durch das Lachen ausgelösten körperlichen Mecha- vorgehobene Umstand, daß Christus - seiner menschli- nismen. [22] Exemplarisch dafür ist etwa L.JOUBERTS chen Natur und mithin seiner Fähigkeit zum Lachen zum <Traité du Ris> von 1579 [23], mit zahlreichen Referenzen Trotz [1] - niemals gelacht [2] und das Lachen auch nicht auf den damaligen Diskussionskontext. Die aristoteli- gutgeheißen habe [3], war von fundamentaler Bedeutung sche Definition und Theorie des Lächerlichen bleibt für die Einstellung der Kirche und des Kirchenrechts unverzichtbarer Ausgangspunkt, aber man wirft Aristo- gegenüber dem Lachen: Das körperliche Lachen (risus teles vor, daß er das Alltägliche zu sehr vergißt: das integer, risus corporis) gehört zum sündhaften gaudium Lachen der Kinder und der Eltern über ihr Kind z.B. carnalis et vanitatis, zu der jedem Mönch, aber letzlich oder das Lachen der Freunde und Verliebten, das ja kei- auch jedem Christenmenschen verbotenen laetitia neswegs dem Häßlichen und Gemeinen gilt. [24] Auf der inepta. [4] Die einzige wirkliche Freude, die es gibt, ist das anderen Seite aber ist den Humanisten ebenso klar: gaudium spirituale, die Glückseligkeit der Auserwähl- Reine Freude allein ruft offensichtlich kein Lachen her- ten. [5] Als Abglanz oder Vorschein der wahren Freude vor. Was hinzukommen muß, ist das wohl zuerst von J. L. kann sich der Mönch allenfalls ein maßvolles leises VIVES [25] mit besonderem Nachdruck hervorgehobene Lächeln - ein «Lachen des Herzens» [6] gönnen, wobei Moment der Verwunderung (admiratio) über ein uner- selbst dieses Lachen von einzelnen Autoren noch als wartet auftauchendes Neues. Die Verwunderung erzeugt zweideutig angesehen und der laetitia inepta zugeschla- eine Spannung, die sich dann körperlich in Form des gen werden kann. [7] Witze, Scherze und Possen jeden- Lachens entlädt. Dieser Hinweis auf das Überraschungs- falls, verba vana aut risui apta [8], sind - von den Kleri- moment in allem Lächerlichen ist auch rhetorisch von kern zumindest [9] - ganz und gar zu unterlassen, und Bedeutung: Wer als homo urbanus in der witzigen Rede ebenso ist jeder Kontakt zu Sängern, Spaßmachern und brillieren will [26], muß die Technik der Überraschung Gauklern (joculatores, histriones, scurrae), diesen, wie beherrschen und mit Dingen spielen können, die «gegen sie gelegentlich bezeichnet werden, «Werkzeugen des die Erwartung» (fuor d'opinione) sind. [27] Teufels» [10] (ministri Satanae), zu meiden. [11] Die in jedem Lächerlichen enthaltene Gegensätzlich- Der Gegensatz zu den antiken Theorien des Lächerli- keit drückt sich, wie insbesondere Joubert betont, in zwei chen hätte nicht größer sein können, und wo immer die gegenläufigen Affekten aus, die sich gegenseitig in der mittelalterlichen Theologen an den antiken Autoren Balance halten: Vergnügen nämlich und Traurigkeit. [28] anknüpften, gerieten sie in Schwierigkeiten, denen sie Für eine etwas andere Mischung plädiert dann DESCAR- sich auf höchst unterschiedliche Weise zu entziehen ver- TES: Wenn das Lachen natürlich ist, scheint es von der suchten: sei es, wie etwa CLEMENS VON ALEXANDRIEN, Freude zu kommen, welche die Wahrnehmung der Tat- durch Umdeutung des von der Antike gepriesenen sache hervorruft, daß wir nicht verletzt werden können gemäßigten Lachens, der aristotelischen ευτραπελία, durch das Üble, über welches wir uns entrüsten und, ver- eutrapelia, im Sinne einer christlichen Ethik [12], sei es, bunden damit, daß wir selber überrascht sind durch die wie AMBROSIUS, durch strikte Verurteilung der antiken Neuheit und Unerwartetheit dieses Übels. Auf diese Lehren [13] zumindest für den geistlichen Bereich [14], Weise tragen Freude, Haß und Verwunderung das Ihre oder sei es, wie in den <Formula vitae honestae> von MAR- bei. [29] TIN VON BRACARA [15] und im <Moralium Dogma Philoso- Die civilitas der Humanisten kommt auch in ihrer Hal- phorum> [16], durch Entwicklung einer spezifischen, das tung gegenüber dem Lachen zum Ausdruck. Es gilt - im gemäßigte Lachen nicht ausschließenden natürlichen Sinne der aristotelischen eutrapelia - das richtige Maß Laienmoral. Häufig aber stehen beide Auffassungen und den richtigen Takt zu finden, zu wissen, wann und wo unvermittelt nebeneinander und nicht selten sogar - ein und über wen man lachen darf [30], und sich zu hüten vor sprechendes Beispiel dafür ist JOHANNES VON SALIS- dem absurden und exzessiven Lachen [31], dem Lachen BURY [17] - bei ein und demselben Autor. Der erste, der der Grobianisten (rire grobianiste) und Karnevalisten die Wende brachte und sich, unter Berufung auf die und dem Absturz in die fratzenhafte Animalität. [32] Antike, der traditionellen Verdammung des Lächerli- Gepriesen wird - nicht nur aus moralischen, sondern chen entgegenstellte, war THOMAS VON AQUIN. Thomas auch aus ästhetischen Gründen - das stille Lachen, das stimmt der aus der Antike übernommenen These des Lachen «mit kleinem Mund» (à petite bouche). [33] Augustinus [18] zu, daß der Mensch Lachen, Scherz und Spiel zu seiner Erholung brauche. [19] In Bezug auf den Anmerkungen: Umgang mit dem Lächerlichen ist nach der Ansicht des lvgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae IIIa, q. 16, art. 5; Aquinaten die aristotelische eutrapelia (iocunditas) eine zur Sache vgl. Augustinus, Contra Faustum Manichaeum, lib. auch dem Christen geziemende Tugend. [20] Seine Posi- 26, cap. 8, ML 42, col. 484; Anselm von Canterbury, Cur Deus tion signalisiert den nun auch auf theoretischem Gebiet homo, ML 158, col.359ff; Abaelard, Sic et non, cap. 66, 75, 78, erfolgenden Durchbruch hin zu der im Spätmittelalter 80, ML 178, col. 1330ff; Petrus Lombardus, Sententiae, lib. III, dist. 2, ML 192, S.759f.; dist. 6, col. 767ff.; dist. 15, col. 785 ff; vgl. blühenden Literatur und Kultur des Komischen. auch Anonymus , Predigt zu Mariae Himmelfahrt, ML 39,2133; Die Humanisten haben das Lachen wieder ganz in sein 'Una regola monastica' di incerto autore, hg. C. Ottaviano, in; Recht gesetzt: Es ist das Proprium des Menschen, und Testi medioevali inediti (Florenz 1933) 222. - 2vgl. S.Basilii darum ist es für ihn am besten, wenn er lacht, mit Rabe- Magni Regulae fusius tractatae, Interrogatio XVII, MG 31, lais ausgedrückt: «Mieulx est de ris que de larmes escri- col. 962; Johannes Chrysostomus, In Matth, homil. VI, MG 57, 7 8

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.