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Heidelberger Jahrbücher PDF

345 Pages·1980·7.892 MB·German
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HEIDELBERGER JAHRBÜCHER HEIDELBERGER •• JAHRBUCHER XXIV llerausgegeben von der Universitäts -Gesellschaft lleidelberg SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG NEW YORK 1980 Redaktionsausschuß: G. Christian Amstutz, Adolf Laufs, Elmar Mittler, Helmut Neubauer, Paul Philippi, Heinrich Schipperges, Heinz A. Staab, Gustav Wagner Schriftleitung: Professor Dr. H. Schipperges Institut für Geschichte der Medizin, Im Neuenheimer Feld 305, 6900 Heidelberg Die Heidelberger Jahrbücher erschienen seit 1808 unter den folgenden Titeln: Heidelbergische Jahrbücher der Literatur. Jg. 1 - 10. 1808 - 1817 Heidelberger Jahrbücher der Literatur. Jg. 11 - 65. 1818 - 1872 Neue Heidelberger Jahrbücher. Jg. 1 - 21. 1891 - 1919 Neue Heidelberger Jahrbücher. Neue Folge. 1924 - 1941. 1950 - 1955/56 Heidelberger Jahrbücher. I ff. 1957 ff. Die Verleger waren bis 1814 Mohr & Zimmer, bis 1820 Mohr & Winter, 1821 - 1828 Oswald, 1829 - 1839 Winter, 1840 - 1872 Mohr, 1891 - 1956 Koester, seit 1957 Springer, alle in Heidelberg Der Umschlag wurde von Hermann Zapf, Frankfurt a. M., entworfen. Er verwendete hierfür die von ihm ge schaffene Schrift "Michelangelo" ISBN-l3: 978-3-540-10175-8 e-ISBN-13: 978-3-642-67713-7 DOI: 10.1007/978-3-642-67713-7 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Überset zung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photome chanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Bei Vervielfältigungen für gewerbliche Zwecke ist gemäß § 51 UrhG eine Vergütung an den Verlag zu zahlen, deren Höhe mit dem Verlag zu vereinbaren ist. © by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1980 INHALTSVERZEICHNIS ADOLF LAUFS: Recht und Gewissen des Arztes 1 EKKEHARD BAUTZ: Die Krone der Schöpfung - Der Affe auf dem Weg zum Gott? 17 DIETER HENRICH: Denken und Felsgrund der Forschung. Für und über Paul Oskar Kristeller bei der goldenen Promotion 29 PAUL OSKAR KRISTELLER: Philosophie und Gelehrsamkeit 35 HEINZ A. STAAB: 50 Jahre Kaiser-Wilhelm/Max-Planck-Institut für medizinische Forschung Heidelberg 47 HUBERTUS TELLENBACH: Die Wirklichkeit, das Komische und der Humor 71 HELMUT NEUBAUER: Chemiker und Musikant. Alexander Borodins Heidelberger Jahre (1859-1862) 81 FRIEDRICH VOGEL: Humangenetik - Wissenschaft zwischen Betrachten und Handeln 95 HEINRICH SCHIPPERGES: Das alchymische Denken und Handeln bei Alexander von Bernus 107 Aus der Arbeit der Universitiitsinstitute PETER HAHN: Allgemeine Klinische und Psychosomatische Medizin Entwicklung und Standort 125 Bibliographie Schriftenverzeichnis der Heidelberger Dozenten. Veröffentlichungen aus dem Jahr 1979 147 Theologische Fakultät 149 - Juristische Fakultät 155 - Fakultät für naturwis senschaftliche Medizin 160 - Fakultät für theoretische Medizin 168 - Fakultät V für klinische Medizin I 188 - Fakultät für klinische Medizin II 225 - Fakultät für klinische Medizin Mannheim 235 - Philosophisch-historische Fakultät 250 - Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft 256 - Neuphilo logische Fakultät 259 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät 264 - Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften 267 - Fakultät für Mathematik 270 Fakultät für Chemie 272 - Fakultät für Pharmazie 280 - Fakultät für Physik und Astronomie 282 - Fakultät für Biologie 291 - Fakultät für Geowissen schaften 300 - Zentrale Einrichtungen 306 - Mit der Universität verbundene wissenschaftliche Einrichtungen 307 Ergänzungen und Berichtigungen zum Schriftenverzeichnis in den Jahren 1971 bis 1979 310 Alphabetisches Namenregister zur Dozentenbibliographie 329 Inhaltsverzeichnis der Bände I bis XXIII 339 VI MITARBEITER DIESES BANDES Professor Dr. jur. ADOLF LAUFS, Hainsbachweg 6, 6900 Heidelberg Professor EKKEHARD BAUTZ, Ph. D., Im Neuenheimer Feld 230, 6900 Heidelberg Professor Dr. phil. DIETER HENRICH, Saarstraße 19,6903 Neckargemünd Professor Dr. PAUL OSKAR KRISTELLER, 1161 Amsterdam Avenue, New York, NY 10027, USA Professor Dr. rer. nato Dr. med. HEINZ A. STAAB, Schloß-Wolfsbrunnenweg 43, 6900 Heidelberg Professor Dr. phil. Dr. med. HUBERTUS TELLENBACH, Rungestraße 43, 8000 München 71 Professor Dr. phil. HELMUT NEUBAUER, Quinckestraße 46,6900 Heidelberg Professor Dr. med. FRIEDRICH VOGEL, Im Neuenheimer Feld 328, 6900 Heidelberg Professor Dr. med. Dr. phil. HEINRICH SCHIPPERGES, Schriesheimer Straße 59, 6901 Dossenheim Professor Dr. med. PETER HAHN, Bergheimer Straße 58, 6900 Heidelberg HILTRAUD ZELL, Greifstraße 6, 6900 Heidelberg VII RECHT UND GEWISSEN DES ARZTES Von Adolf Laufs Die Reihenfolge der Begriffe im Wortlaut des Themas soll nicht den Rang der bei den Mächte bezeichnen. Es geht nicht um ihren letzten Grund und Wert, sondern um ihre wechselseitige Bedingtheit und Antinomie am Beispiel beruflicher Ansprüche ei gener Art. Der Arzt hat Ge- und Verboten des Rechts wie des Gewissens zu genügen. Die Be rufsordnung verlangt, "daß der Arzt seine Aufgabe nach seinem Gewissen und nach den Geboten der ärztlichen Sitte" erfülle 1). Beim ärztlichen Dienst, so urteilte das Bundesverwaltungsgericht, stehe "die Gewissensentscheidung des einzelnen Berufsan gehörigen im Zentrum der Arbeit". "In den entscheidenden Augenblicken seiner Tätig keit" befinde sich der Arzt "in einer unvertretbaren Einsamkeit, in der er - gestützt auf sein fachliches Können - allein auf sein Gewissen gestellt ist". Die Freiheit der Gewissensentscheidung bilde "als ein Kernstück der ärztlichen Ethik eine immanente und wesenseigene Beschränkung jeder berufsständischen Rechtsetzungsgewalt" 2). Mit diesen Gründen gab das Gericht dem Begehren eines Psychiaters statt, der sich aus Ge wissensgründen nicht zum allgemeinen Notfalldienst heranziehen lassen wollte. Der Bundesgerichtshof hat erkannt, "daß das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ein starkes Vertrauen voraussetzt, daß es in starkem Maße in der menschlichen Beziehung wurzelt, in die der Arzt zu dem Kranken tritt, und daß es daher weit mehr als eine juri stische Vertragsbeziehung ist" 3). Auch das Bundesverfassungsgericht hat sich im tra genden Teil seines jüngst ergangenen Beschlusses zur Wirkung der Grundrechte und allgemeinen Verfassungsgrundsätze im Arzthaftpflichtprozeß auf den Heidelberger Altmeister des Arztrechts Eberhard Schmidt berufen: "Die Standes ethik steht nicht isoliert neben dem Recht. Sie wirkt allenthalben und ständig in die rechtlichen Bezie hungen des Arztes zum Patienten hinein. Was die Standesethik vom Arzte fordert, übernimmt das Recht weithin zugleich als rechtliche Pflicht. Weit mehr als sonst in den sozialen Beziehungen des Menschen fließt im ärztlichen Berufsbereich das Ethische mit dem Rechtlichen zusammen". Dies gelte, so das höchste deutsche Gericht, heute ebenso wie ehedem 4). Die Standespflicht, so entschied das Oberverwaltungsgericht * Um die Anmerkungen erweiterte Rektoratsrede, gehalten am 24. November 1979 in der Aula der Al· ten Universität Heidelberg. ') Berufsordnung für die deutschen Ärzte, § 1, Deutsches Ärztebl. 1979, 2442. 2) BVerwG 27,303. 3) BGHZ 29, 46. 4) BVerfG NJW 1979, 1925, 1930; EBERHARD SCHMIDT: Der Arzt im Strafrecht, in: ALBERT PONSOLD, Lehrbuch der gerichtlichen Medizin, 21957, 2. Lüneburg, durchdringe das öffentliche Dienstrecht: So unterliegt auch der beamtete Arzt der Schweigepflicht. Die Stadt als Dienstherr des Chefanästhesisten einer kom munalen Anstalt darf von dem Arzt ohne Zustimmung der behandelten Personen nicht die Herausgabe von Anästhesieprotokollen verlangen, um aufg rund der darin enthalte nen Angaben mit den Kostenträgern abzurechnen 5). Das Recht nimmt, wie sich zeigt, arztethische Prinzipien auf oder gründet auf ihnen und findet andererseits an der Berufsethik und ihrem Organ, dem Gewissen des Arztes, eine Grenze: dann stehen Recht und Gewissen in einem Spannungsverhältnis. Das Recht wie die Ethik des Arztes unterliegen im Zeichen des technischen Fortschritts tiefgreifenden Zweifeln und Anfechtungen, die der Klärung bedürfen. Der Jurist soll und kann dazu beitragen, das rechte Verhältnis von Wissen und Gewissen, von Kön nen und Dürfen, von Erkenntnis und Bekenntnis aufzufinden 6). Das Arztrecht umfaßt die Summe der Rechtsnormen oder bindenden und staatlich sanktionierten Verhaltensregeln, unter denen der Arzt und seine Berufstätigkeit ste hen 7). Es erscheint freilich weder in einem abgeschlossenen System noch in einer um fassenden Kodifikation, wenngleich einzelne Berufsgesetze und besondere Satzungen erlassen sind. Immerhin enthalten die großen Zivil-, Straf- und Verfahrensgesetze ver streut Vorschriften, die sich im besonderen an den Arzt richten. Doch wesentliche Fra gen, die ärztliches Handeln aufwirft, müssen ihre Antwort aus dem Recht für jeder mann, etwa den allgemein geltenden Sätzen des BGB oder des StGB, finden. Die Ge richte, die diese Sätze auslegen und fortbilden, hab~n dabei die Eigenart ärztlichen Wir kens berücksichtigt. So hat die Judikatur den größten Teil der modernen Arzthaft pflicht entwickelt, die als "typisierte Kasuistik der Zivilgerichte" 8) Gestalt gewann. Die vornehmlich durch den Bundesgerichtshof vollzogenen "Wandlungen des Delikts rechts" 9) tragen für den medizinischen Bereich durchaus eigenartige Züge, etwa im Hinblick auf die Sorgfaltspflichten oder das aktuelle Hauptthema des Beweisrechts, im besonderen der Beweislast im Schadensprozeß 10). Einmal liegt es in der Eigentümlichkeit des ärztlichen Handelns, daß sich weder aus einem medizinischen Zwischenfall noch aus einem therapeutischen Mißerfolg der Schluß auf ein pflichtwidriges Verhalten des Arztes ziehen läßt. Außerdem kennzeich nen den Arztfehlerprozeß spezifische Beweisnöte auf beiden Seiten. Der Patient hat nur 5) OVG Lüneburg, NJW 1975, 2263. 6) EDUARD SEIDLER: Gegenwärtige Probleme der medizinischen Ethik - ein Überblick, Renovatio 1979, 18-28; R. GROSS, H. H. HILGER, W. KAUFMANN, P. G. SCHEURLEN (Hg.): Ärztliche Ethik, 1978. W. BÖHME (Hg.): Das Bild des Menschen in der Medizin, 1979; BERNHARD HÄRING: Heilender Dienst. Ethische Probleme der modernen Medizin, 1972; FRITZ HARTMANN: Der ärztliche Auftrag, 1956; PAUL KRAUSS: Medizinischer Fortschritt und ärztliche Ethik, 1974; PAUL SPORKEN: Die Sorge um den kranken Menschen. Grundlagen einer neuen medizinischen Ethik, 1977; GORDON SCORER u. ANTONY WING (Hg.): Decision Making in Medicine: the practice of its ethics, 1979; GÜNTER STRUCK (Hg.): Festschrift für Stanis Edmund Szydzik, 1980 (vgl. insbes. die Beiträge von JOSEF KORTH, HERMANN HEPP u. AUGUST WIMMER). Zur Geschichte: JÜRGEN BLÜHDORN u. JOACHIM RITTER (Hg.): Recht und Ethik. Zum Problem ihrer Geschichte im 19. Jahrhundert, 1970; ULRICH BRAND: Ärztliche Ethik im 19. Jahrhundert, 1977. 7) ADOLF LAUFS: Arztrecht, 21978. B) HELLMUT GEORG ISELE: Grundsätzliches zur Haftpflicht des Arztes, in: ARMAND MERGEN (Hg.): Die juristische Problematik in der Medizin, Bd. IH, 1971, 11-24 (12). 9) ERNSTVONCAEMMERER: Wandlungen des Deliktsrechts, 1964. 10) ROLF STÜRNER: Entwicklungstendenzen des zivilprozessualen Beweisrechts und Arzthaftungsprozeß, NJW 1979, 1225~1230; ADOLF LAUFS: Die Entwicklung des Arztrechts 1978/79, NJW 1979, 1230-1235 (mit weiteren Nachweisen, 1232). 2 begrenzten Einblick in das Tun des Arztes. "Andererseits steht der Arzt vor der Schwierigkeit, daß Zwischenfälle, die in der Regel auf ärztliches Fehlverhalten hindeu ten, in vielen Bereichen infolge der Unberechenbarkeit des lebenden Organismus aus nahmsweise auch schicksalhaft eintreten können"; um dies im Einzelfall beweisen zu können, müßte der Arzt jede Einzelheit seines Handelns dokumentarisch oder durch Zeugen absichern, was Effektivität und Zügigkeit seines Eingriffs lähmte 11). Das Ge bot der Waffengleichheit im Arztfehlerprozeß verlangt dem hier geforderten Richter bei seiner rechtsbewährenden und -fortbildenden Arbeit besondere Maßgaben ab wie bei den anderen praktischen Hauptfragen nach dem Auskunftsanspruch des Patienten oder der Aufklärungspflicht des Arztes 12). Die Einheit und der Geist des gesetzlichen wie richterlichen Arztrechts ergeben sich aus dem ärztlichen Auftrag, aus der Eigenart des ärztlichen Berufes. Den ärztlichen Dienst kennzeichnet das Bemühen, dem kranken Mitmenschen zu helfen. Mag das Be rufsbild sich ändern, es bleibt die Idee des Arztes als Helfer und Heiler. Arthur Lu kowsky hat in seiner ebenso eindringlichen wie ausgewogenen "Philosophie des Arzt tums" 13) die Grundpfeiler des Arztberufs bezeichnet: Wissenschaft, Intuition und Humanität: "Über der wissenschaftlichen Erkenntnis und über der intuitiven Schau des Arztes steht die Humanität, das mitmenschliche Verhältnis zu seinem Gegenüber, die Achtung vor dem Kranken als Person und Persönlichkeit. Sie ist das oberste Gebot des Arztes, alles andere steht zurück. Der Satz: salus aegroti suprema lex ist die ärzt liche Formulierung des allgemeinen Gebotes der Nächstenliebe, und dieses Gesetz of fenbart die entscheidende Formung des abendländischen Arztes durch das Christen tum." Mit Grund sieht Günther Küchenhoff die Ausformungen des Arztrechts in Vertrag und Gesetz von dem Prinzip bestimmt, "daß das Arztrecht von der Liebe her gestalte tes Recht ist" 14). Hilfen für die Gesundheit, das Angehen gegen Leiden und Schmerz, das Hintanhalten von Krankheit und Tod erscheinen darum nicht nur als Leistungsge genstände, sondern als ganzer Dienst am Menschen. Mitmenschliche Hilfe dieser Art verlangt vielfach den ungemessenen Dienst. Sie benötigt weiter Vertrauen, das seiner seits die freie Arztwahl und den Schutz des Berufsgeheimnisses erfordert. Darauf beru hen die rechtliche Gewähr etwa des Arztwechsels durch die Reichsversicherungsord nung 15) und die Schweigepflicht nach dem Strafgesetzbuch 16). Darüber hinaus steht das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient unter dem Persönlichkeitsrechts schutz des Grundgesetzes. Die verbindlichen Verhaltensnormen des Rechts zeigen sich von der Arztethik ge prägt und in sie eingebettet. Dabei können die Gebote des Gewissens weiter reichen als die des Rechts. Die Arztethik beinhaltet die im Berufsstand überlieferten und aner- ") BGH VersR 1978, 542 (Dammschnitt-Urreil; zum Entlastungsbeweis hinsichtlich eines Assistenz arztes und grundsätzlich zu den Beweisregeln im Arztfehlerprozeß). 12) Die neueste Literatur dazu bei ADOLF LAUFS: Die Entwicklung des Arztrechts 1979/80, NJW 1980, 1315-1320. 13) Ein Versuch, 1966, 40. 14) Staatslexikon Bd. I, 61957, Sp. 601-612 (Arztrecht). 15) § 368 d RVO. 16) § 203 StGB. Die Vorschrift schützt vornehmlich die Geheimsphäre des einzelnen, daneben auch das Allgemeininteresse an der Verschwiegenheit der in Krankheit und Rechtsnot helfenden Berufe. Der Schwei gepflicht steht das Schweigerecht nach §§ 53, 53 aStPO, § 383 ZPO und weiteren Vorschriften des Verfah rensrechts gegenüber. 3 kannten, den einzelnen Arzt im Gewissen bindenden Grundregeln seiner Tätigkeit. Sie festzustellen, fällt in einer pluralistischen Gesellschaft gelegentlich schwer, bei der die weltanschaulichen Gegensätze in alle Bereiche des Lebens und Denkens hineinreichen. Ein Sachkundiger spricht geradezu von der "Konfusion, die bereits über den Begriff Medizinische Ethik" herrsche und beklagt, "daß uns die Entwicklungen nur mangel haft auf unsere heutigen Aufgaben vorbereitet, das heißt ethisch fundiert" hätten 17). Desto notwendiger erscheint das Bemühen um die ethischen Grundlagen, sollen die in der ärztlichen Berufspraxis alltäglich notwendigen, oft schicksalsschweren Entschlüsse gewissenhaft fallen. Der praktizierende Arzt therapiert, das heißt nach dem ursprünglichen Wortsinne: er dient. Er kuriert, das bedeutet, er läßt Fürsorge walten. Das gilt auch in der arbeits teiligen, apparativen und öffentlich organisierten Gesundheitspflege. Seit alters bemüht sich die Ärzteschaft darum, das Gewissen ihrer Mitglieder zu for men und zu schärfen. Das Monument des Hippokratischen Eides 18) hat sich über die römische Kaiserzeit, die arabische Medizin des Mittelalters, christliche Interpretation und neuzeitliche Doktorgelöbnisse bis in unsere Zeit vererbt. Seine wichtigste Aus kunft lautet wohl, daß der Arzt den Kranken nach bestem Wissen und Gewissen, nach pflichtbewußtem Vermögen und Urteil behandeln und vor Schaden bewahren soll. Worin Unrecht liegen kann, zeigen die Sätze auf, mit denen der Arzt verspricht, nie mals dem Selbstmord Dienste zu leisten, auch nicht der Tötung keimenden Lebens. Die Kunst und das Leben des Arztes stehen im Zusammenhang. Der Arzt darf seinen Dienst nicht mißbrauchen, auch soll er das Arztgeheimnis hüten. Diese Kernsätze der ärztlichen Berufsethik begegnen in den geltenden Berufsordnungen wieder, ohne we sentlich schärfere Begrifflichkeit und ohne ausgreifende Kasuistik. Die baden-württem bergische Satzung 19) etwa verlangt, der Arzt solle seinen Dienst am Menschen "nach seinem Gewissen und nach den Geboten der ärztlichen Sitte" erfüllen, die "Gebote der Menschlichkeit" achten. In einer Reihe von Paragraphen arbeitet das Statut einzelne Arztpflichten konkreter heraus, um mit Regeln über Anzeigen und Schilder zu enden, die in ihren Details nicht eigentlich zum Spiegel des Berufsethos gehören. Der Pflich tenkanon erreicht überdies keine Vollständigkeit; so fehlt etwa eine Aussage zur ärzt lichen Aufklärung, die - bei aller Problematik im einzelnen - zu den auch ethisch be gründeten Berufsaufgaben zählt. Auch "die Perfektion der Technik" 20) mit ihren Fra gen an das Gewissen des Arztes bleibt unabgegolten 21). Indessen benötigt gerade der Arzt Durchführungsregeln ethischer Grundsätze ange sichts unserer technischen Zivilisation. Der alte Lehrsatz "primum nil nocere", das Ge bot des Abwägens von Nutzen und Gefahr nicht nur in der Neulandmedizin 22), son- 17) EDUARD SEIDLER: Entscheidungskonflikte in der Medizin, Bad.·Württ. Ärztebl. 1977, Heft 4; vgl. auch ders.: Journal of medical ethics, 1979, 76-79. 18) KARL DEICHGRÄBER: Der Hippokratische Eid, 31972 (Text und Interpretation). 19) Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Bad.-Württ. Ärztebl. 1979, Heft 2. 20) FRIEDRICH GEORGJÜNGER: 51968. 21) ADOLF LAUFS: Medizin und Recht im Zeichen des technischen Fortschritts. Aufgaben und Ant worten aus der Sicht des Juristen, 1978. 22) Rechtsvergleichend ERWIN DEUTSCH: Medizin und Forschung vor Gericht, 1978; ders.: Das Recht der klinischen Forschung am Menschen, 1979; ders., Der Doppelblindversuch,JZ 1980, 289-293; GERFRIED FISCHER: Medizinische Versuche am Menschen. Zulässigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen, 1979; FRANZ GROSS: Notwendigkeit und Ethik klinisch-therapeutischer Prüfungen von Arzneimitteln, 1979; P. SCHIMIKOWSKI: Experiment am Menschen. Zur strafrechtlichen Problematik des Humanexperiments, 1980. 4

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