HANSISCHE GESCHICHTSBLÄTTER H E R A U S G E G E B E N VOM H A N S I S C H E N G E S C H I C H T S V E R E I N 114. JAHRGANG 1996 Zuschriften, die den Aufsatzteil betreffen, sind zu richten an Herrn Dr. Rolf Hammel-Kiesow, Forschungsstelle für die Geschichte der Hanse und des Ostsee raums, Burgkloster, Hinter der Burg 2-4, 23539 Lübeck; Besprechungsexemplare und sonstige Zuschriften wegen der Hansischen Umschau an Herrn Dr. Volker H enn, Universität Trier, Fachbereich III, Postfach 3825, 54286 Trier. Manuskripte werden in Maschinenschrift (und ggf. auf Diskette) erbeten. Korrek turänderungen, die einen Neusatz von mehr als einem Zehntel des Beitragsumfanges verursachen, werden dem Verfasser berechnet. Die Verfasser erhalten von Aufsätzen und Miszellen 20, von Beiträgen zur Hansischen Umschau 2 Sonderdrucke unent geltlich, weitere gegen Erstattung der Unkosten. Die Lieferung der Hansischen Geschichtsblätter erfolgt auf Gefahr der Empfänger. Kostenlose Nachlieferung in Verlust geratener Sendungen erfolgt nicht. Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Eintritt in den Hansischen Geschichtsverein ist jederzeit möglich. Der Jahresbeitrag beläuft sich z. Zt. auf DM 40 (für in der Ausbildung Begriffene auf DM 20). Er berechtigt zum kostenlosen Bezug der Hansischen Geschichtsblätter. - Weitere Informationen gibt die Geschäftsstelle im Archiv der Hansestadt Lübeck, Mühlcn- damm 1-3, 23552 Lübeck. HANSISCHE GESCHICHTSBLÄTTER H E R A U S G E G E B E N V O M H A N S I S C H E N G E S C H I C H T S V E R E I N 114. JAHRGANG 1996 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN REDAKTION Aufsatzteil: Dr. Rolf Hammel-Kiesow, Lübeck Umschau: Dr. Volker Herrn, Trier Für besondere Zuwendungen und erhöhte Jahresbeiträge, ohne die dieser Band nicht hätte erscheinen können, hat der Hansische Geschichtsverein folgenden Stiftungen, Verbänden und Städten zu danken: POSSEH L-S'HFTUNG ZU LÜBECK Freie und H ansestadt H amburg Freie H ansestadt Bremen H ansestadt Lübeck Stadt K öln Stadt Braunschweig Landschaftsverband W f.stfalen-Lippe L andschaftsverband R heinland ISSN 0073-0327 Inhalt Redaktionelles Vorwort....................................................................... 1 Aufsätze Stuart Jenks Zum hansischen Gästerecht............................................................... 3 Karl-Ludwig Wetzig Jön Gerrekssons Ende oder Wie Island beinahe englisch gewor den wäre.................................................................................................. 61 Rainer Postei Grundlegungen und Anstösse für die Hanseforschung-Johann Martin Lappenberg und Kurd von Schlözer.................................. 105 Joachim Deeters Hanseforschung in Köln von Höhlbaum bis Winterfeld 123 Ernst Pitz Dietrich Schäfer als Hanseforscher ................................................. 141 Bericht Hansekaufleute in Brügge. Kolloquium in Brügge, Tagungszen trum Oud Sint Jan, 25. - 28. April 1996. von Detlef Kattinger............................................................................ 167 Hansische Umschau In Verbindung mit Norbert Angermann, Roman Czaja, Detlev Ellmers, Antjekathrin Graßmann, Elisabeth Harder-Gersdorff, Thomas Hill, Stuart Jenks, Petrus H.J. van der Laan, Herbert Schwarzwälder, Hugo Weczerka und anderen, bearbeitet von Volker Henn Allgemeines............................................................................................. 173 Schiffahrt und Schiffbau ..................................................................... 190 Vorhansische Zeit ................................................................................. 210 Zur Geschichte der niederdeutschen Landschaften und der benachbarten Regionen....................................................................... 211 Westeuropa............................................................................................. 262 Skandinavien........................................................................................... 282 Osteuropa................................................................................................ 290 IV Für die Hanseforschung wichtige Zeitschriften........................... 337 Hansischer Geschichtsverein Jahresbericht 1995 ................................................................................. 341 Liste der Vorstandsmitglieder ........................................................... 345 R E D A K T I O N E L L E S V O R W O R T Die 111. Jahresversammlung des Hansischen Geschichtsvereins in Lipp- stadt (5. - 8. Juni 1995) stand unter dem Thema „Entwicklung der Han seforschung von Sartorius bis Rörig“. Von den dort gehaltenen Vorträgen (siehe dazu den Geschäftsbericht am Ende des vorliegenden Bandes) wer den im vorliegenden Band die Ausführungen von Rainer Postei, Joachim Deeters und Ernst Pitz in zum Druck überarbeiteter Form veröffentlicht. Der Vortrag von Joist Grolle, Von der Verfügbarkeit des Historikers - Heinrich Reineke und die Hanse-Geschichtsschreibung in der NS-Zeit ist, leicht modifiziert, unter dem Titel Von der Verfügbarkeit des Historikers - Heinrich Reineke und die Hamburg-Geschichtsschreibung in der NS-Zeit veröffentlicht worden in: Bajohr, Frank; Szodrzynski, Joachim (Hgg.), Hamburg in der NS-Zeit, Ergebnisse neuerer Forschungen, Hamburg 1995, S. 25-57. Er kommt daher - auch auf Wunsch des Autors - in den Hansischen Geschichtsblättern nicht zum Druck. Da die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland auch Rückwirkungen auf die Mittel haben, die der Geschichtswissenschaft zur Verfügung stehen, kann der Hansische Geschichtsverein nicht alle Vorträge der Jahresversammlung zum Druck bringen, nicht zuletzt weil die Hansischen Geschichtsblätter auch ein Forum der hansischen Geschichts forschung außerhalb der in den Jahresversammlungen dargebotenen The men bleiben sollen. Damit ist die Beschäftigung mit der Geschichte der hansischen Geschichtsschreibung innerhalb unseres Periodikums auf der Grundlage der 111. Jahresversammlung jedoch nicht abgeschlossen. Einige der in Lippstadt Vortragenden haben die Absicht geäußert, die von ihnen behandelten Themen noch zu vertiefen und in einem der kommenden Bände zum Druck zu bringen. Rolf Hammel-Kiesow Z U M H A N S I S C H E N G Ä S T E R E C H T von Stuart Jenks Vor einigen Jahren hat Rolf Sprandel1 das „innere Präferenzsystem“ als eine der drei tragenden Säulen der wirtschaftlichen Stärke der hansischen Fernhändler gegenüber der ausländischen Konkurrenz identifiziert. Zu den Instrumenten dieser innerhansischen Präferenz gehörte seiner Ansicht nach das Gästerecht, das sich in zahlreichen Geboten und Verboten der Hansetage des 15. Jahrhunderts niederschlug. Allerdings erweist sich die Bevorzugung der Mithansen bei näherer Betrachtung als begrenzt: Das Brügger Kontor konnte z.B. im Jahre 1425 seinen Wunsch, englische und holländische Lieger in den Hansestädten nicht zu dulden, beim Hansetag nicht durchsetzen, und 1442 beklagte sich Lübeck, daß seine Kaufleute in Reval im Vergleich zu den russischen Gästen benachteiligt würden. Die mangelnde Konsequenz bei der innerhansischen Präferenz sei nach Spran del darauf zurückzuführen, daß jede Hansestadt in „eine mehr hansische und eine mehr regional interessierte Bürgerschaft“ gespalten und der von der Hanse abgewandte Teil in zunehmendem Maße willens und fähig war, seine regionalen Interessen zu vertreten. Einzelne Berufsgruppen innerhalb einer Hansestadt haben diesen und jenen Rezeß erfolgreich bekämpft, so beispielsweise die Danziger Schiffbauer das 1412 beschlossene hansische Verbot des Schiffbaus für Fremde. Das - so Sprandel weiter - „antihansi sche Stapelrecht“ war im späten 14. und im 15. Jahrhundert überall im hansischen Raum im Vormarsch, und nicht nur die Butenhansen litten darunter. Die einzelnen Hansestädte ergriffen Maßnahmen, um den Vorteil ihrer Bürger zu wahren, auch auf Kosten der hansischen Beziehungen. Das im 15. Jahrhundert unter Beschuß geratene, „innerhansische Präferenzsy stem“ konnte allerdings gerettet werden: Man handelte einfach mit dem Gut eines Auswärtigen und auf dessen Rechnung, aber im eigenen Namen. Nach außen hin hatte es also den Anschein, als ob der Hansekaufmann stets mit Propergut handelte, obwohl er in Wirklichkeit das Eigentum anderer veräußerte. Daß die Hansetage wiederholt Handelsgesellschaften mit Butenhansen verboten, verstärkte die innerhansische Präferenz. 1 Rolf SPRANDEL, Die Konkurrenzfähigkeit der Hanse im Spätmittelalter, in: HGbll. 102, 1984, S. 21-38, hier 26-33. Zusätzliche Abkürzungen: ASP = Max ToEPPEN (Hg.), Acten der Ständetage Preußens unter der Herrschaft des Deutschen Ordens (Acten der Ständetage Ost- und Westprcussens 1-5), 5 Bde, Leipzig 1874-86. 4 Stuart Jenks Man gewinnt den Eindruck, daß Sprandel das hansische Gästerecht zwar als einen signifikanten Faktor des hansischen Erfolgs betrachtet, die auswärtigen Privilegien und das kartellartige Verhalten der Hanse aber weitaus höher einstuft. Der Literaturbefund ist ansonsten enttäuschend. Seit Anfang unse res Jahrhunderts werden rechtsgeschichtliche Untersuchungen des Gäste- rcchts2 vorgelegt, die jedoch die germanische Vorzeit (bis hin zu den Karolingern) in den Vordergrund stellen. Weil der Gast ursprünglich völlig rechtlos war - es sei denn, er begab sich in den Munt eines Einheimi schen und gelangte dadurch in den Schutz des germanischen Gastrechts-, betrachten die Rechtshistoriker alle gastrechtlichen Bestimmungen als ei ne kontinuierliche Verbesserung des ursprünglich rechtlosen Status der Fremdlinge. Nur Schultze3 geht auf die rechtlichen Beschränkungen ein, die die mittelalterliche Stadt den Auswärtigen in Handel und Gewerbe auf erlegte, und konstatiert einen Bruch zwischen dem germanischen Fremd lingsrecht und dem städtischen Gastrecht des Hoch- und Spätmittelalters4. Ansonsten befassen sich die Untersuchungen in erster Linie mit den recht lichen Beschränkungen, denen die Auswärtigen in den Bereichen des Straf- und Verfahrensrechts (verminderte Zeugnis- und Zweikampffähigkeit, Ar restrecht, Gastgerichte) sowie des Schulden- und Privatrechts (verminderte Erb- und Grundeigentumserwerbsfähigkeit) unterworfen waren. So fehlt diesen Untersuchungen ein spezifisch hansischer Zugriff. Die Handbücher zur deutschen Rechtsgeschichte schließlich spiegeln die Schwerpunktset zung der rechtshistorischen Untersuchungen lediglich wider und bringen somit für unsere Thematik nichts5. 1 Hermann Rudorff, Zur Rechtsstellung der Gäste im mittelalterlichen städtischen Prozess vorzugsweise nach norddeutschen Quellen (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte 88), Breslau 1907; Hans Planitz, Studien zur Geschichte des deutschen Arrestprozesses. Der Fremdenarrest, in: ZRG GA 39, 1918, S. 223-308, 40, 1919, S. 87-198; DERS., Über hansisches Handels- und Verkehrsrecht, in: HGbll. 51, 1926, S. 1-27, bes. S. 21-4; Hans Thieme, Die Rechtsstellung der Fremden in Deutschland vom 11. bis zum 18. Jahrhundert, in: L’etranger. Foreigner (Recueils de la Societe Jean Bodin pour l’histoire comparative des institutions 10), 2. Teil, Paris 1984, S. 201-16; DERS., Art. Fremdenrecht, in: HRG Bd. I (1971), Sp. 1270-2. 3 Alfred SCHULTZE, Über Gästerecht und Gastgerichte in den deutschen Städten des Mittelalters, in: HZ 101, 1908, S. 473-528. Allerdings geht Schultze nur kurz auf die Einschränkungen der Beteiligung des Gastes in Handel und Gewerbe ein (S. 498-503) und leitet sofort zur Entstehung der Gastgerichte über. 4 Alfred SCHULTZE, Rez. von Otto STOLZ, Die tirolischen Geleits- und Rechtshilfever träge (1909), in: VSWG 9, 1911, S. 229-37, hier S. 235. 5 Andreas Heuslf.r, Institutionen des Deutschen Privatrechts (Systematisches Hand buch der Deutschen Rechtswissenschaft, 2. Abt., 2. Teil, Bd. 1), Leipzig 1885, S. 144-7; Otto von GlERKE, Deutsches Privatrecht, Bd. 1: Allgemeiner Teil und Personenrecht (Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, 2. Abt., 3. Teil, Bd. 1), Leipzig 1895, S. 443-9; Heinrich BRUNNER, Deutsche Rechtsgeschichte (Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, 2. Abt., 1. Teil, Bd. 1), Bd. 1, Berlin 21906,