Jü rgen Zierep Grundzüge der Strömungslehre Springer Berlin Heidelberg New York Barcelona Budapest Hongkong London Mailand Paris Santa Clara Singapur Tokio Jü rgen Zierep Grundzüge der Strömungslehre Sechste, neubearbeitete Auflage Mit 180 Abbildungen , Springer em. Professor Dr.-Ing. Dr. techno B.h. Jürgen Zierep Institut für Strömungslehre und Strömungsmaschinen Universität Karlsruhe Kaiserstr. 12 D -76131 Karlsruhe ISBN 978-3-540-61615-3 t>-ISBN-13: 978-3-642-60528-4 001:10.1007/978-3-642-60528-4 Die Deutsche Bibliothek -CIP Einheitsaufnahme Zierep, Jürgen: Grundzüge der Strömungslehre / Jürgen Zierep. -6., neubearb. Aufl. -Berlin; Heidelberg; New York; Barcelona; Budapest; Hongkong; London; Mailancl; Paris; Santa Clara; Singapur; Tokio: Springer, 1997 ISBN: 978-3-540-61615-3 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder Vervielfaltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutsch land vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts gesetzes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1997 Reprint ofthe original edition 1997 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z.B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. Einbandentwurf: Struve & Partner, Heidelberg Satz: Camera ready Vorlage durch Autor SPIN: 10546799 60/3020 -5 4 3 21 0 -Gedruckt auf säurefreiem Papier Vorwort zur 6. Auflage DieS. Auflage der "GrundzügederStrömungslehre" ,seinerzeitübernommendurchden Springer Verlag, fand wie alle vorangegangenen Auflagen ein überaus positives Echo im Kreis der Lernenden und Lehrenden und war bald vergriffen. Eine Neuauflage wurde erforderlich. Das vorliegende Buch ist im Laufe derZeit an mehreren Universitäten des In-und Auslandes als begleitendes Textbuch zu Vorlesungen eingeführt worden. In der 6. Auflage wurden erneut fachliche Ergänzungen vorgenommen, so in der Gasdynamik die Behandlung des Verdichtungsstoßes, bei den verlustbehafteten Strömungen und schlußendlich wurde der allgemeine Energiesatz aufgenommen. Ich habe mich bemüht, alles aufd en neuesten Stand zu bringen. Das vorliegende Taschenbuch der Grundzüge ist nach wie vor ein knapp gehaltenes Textbuch, das von Studierenden und Lehrenden neben einer einführenden Vorlesung benutzt werden kann. Die beiden Taschenbücher meines Amtsnachfolgers Professor H. Oertel jr., das "Übungsbuch" sowie die "Methoden und Phänomene der Strämungsmechanik", schließen nahtlos an. Ich danke Herrn Dr.-Ing. van Raay für viele Verbesserungsvorschläge und Frau Rink für die bewährte Anfertigung der druckfertigen Vorlage. Dem Springer-Verlag danke ich für das vielfach entgegengebrachte Vertrauen bei der Herausgabe meiner Bücher und für die hocherfreuliche Zusammenarbeit. Karlsruhe, Januar 1997 JürgenZierep Aus dem Vorwort der 1. Auflage Das vorliegende Buch "Grundzüge der Strömungslehre" ist aus einführenden Vorlesungen hervorgegangen, die ich seit etwa 20 Jahren an der Universtät Karlsruhe (lli) halte. Es stellte sich mir hier die interessante Aufgabe, in einer vierstündigen einsemestrigen Vorlesung Studenten nach dem Vorexamen die Strömungslehre nahezubringen. Das Spektrum der Hörer war breit gestreut. Es reichte von Maschinenbauern und Chemieingenieuren bis zu Physikern, Meteorologen und Mathematikern. Diese Tatsache sowie die zur Verfügung stehende Zeit bestimmten Inhalt und Umfang des vorgetragenen Stoffes. Es ging also nicht darum, alles darzustellen (das kann man in Spezialvorlesungen tun), sondern eine möglichst interessante, für die Studenten leicht faßliche und anwendbare Darstellung zu wählen. Einige Worte zum Aufbau. Im Unterschied zu den meisten Darstellungen der Strömungslehre wird der Impulssatz erst spät behandelt. Das hat gute Gründe. Trotz seiner einfachen Formulierung ist und bleibt erder schwerste Satz der Strömungslehre. Die Schwierigkeit liegt in der zweckmäßigen Wahl des Kontrollraumes und der benutzten Strömungsdaten auf dem Rand. Hier gehen viele Kenntnisse ein, die man vorher bei der Beschäftigung mit Beispielen der Strömungslehre sammeln muß. Diese Erfahrung haben wir immer wieder gemacht. Ich habe mich um einen systematischen Aufbau bemüht. Dabei wird mit dem Einfachsten begonnen und bis zu den Fragen vorgedrungen, die in den zahlreichen Anwendungen auftreten und heute von großem Interesse sind. Es ist dabei z.B. wichtig, daß man von Anfang an weiß, welche und wieviele Gleichungen für die Strömungsgrößen zur Verfügung stehen. Bei einigen behandelten Fragen wird man eine gewisse Liebe zum Detail spüren. Dies scheint mir dort gerechtfertigt, wo die Studenten aus anderen Vorlesungen wenig Information mitbringen. Andrerseits ist es notwendig, daß der Anfanger die wichtigsten Hilfsmittel gründlich und ausführlich vorgeführt bekommt. Daß sich dabei Kompromisse ergeben, ist jedem Vortragen den klar. Parallel zu den Vorlesungen werden zweistündige Übungen veranstaltet. Ohne dieses eigene Engagement der Hörer kann man den Stoffn icht bewältigen. Einige der Aufgaben sind im Text berücksichtigt. Hier wie auch beim Vorlesungsgegenstand wird der Leser zu Papier und Bleistift greifen müssen, um den Inhalt aufzunehmen, zu verarbeiten und anschließend anwenden zu können. Diese Mühe lohnt sich! Ich wäre mit dem Erfolg meiner langjährigen Tätigkeit zufrieden, wenn der Leser dies bestätigen könnte. Jürgen Zierep Inhaltsverzeichnis Einleitung, Überblick und Grundlagen ....................................................................... . 1. Eigenschaften von Fluiden ... ............. ................. ........... ............. ..... ....... ....... ....... 4 1.1 Molekularer Aufbau -Mikrostruktur ............................................................ 4 1.2 Widerstand gegen Formänderungen (Elastizität, Viskosität) ......................... 5 1.3 Gaskinetische Erklärung der inneren Reibung .............................................. 11 1.4 Volumenänderung und Zustandsgleichung für Gase ..................................... 13 1.5 Oberflächen-oder Grenzflächenspannung und Kapillarität .......................... 15 2. Hydro-und Aerostatik ......................................................................................... 27 2.1 Flüssigkeitsdruck p ..................................................................................... 27 2.2 Flüssigkeitsdruck in Kraftfeldern ............ .......... ........ ...... ...... .............. ........ 28 2.3 Druckkraft auf ebene Behälterwände ...... .................. ...... ...... ........ ...... ......... 34 2.4 Hydrostatischer Auftrieb. Druckkraft auf gekrümmte Flächen ....................... 36 3. Hydro-und Aerodynamik ..................................................................................... 40 3.1 Stromfadentheorie ....................................................................................... 40 3.1.1 Grundbegriffe .................................................................................. 40 3.1.2 GrundgleichungenderStromfadentheorie ......................................... 45 3.1.3 StromfadentheorieinEinzelausführungen ......................................... 51 Bewegung auf konzentrischen Kreisbahnen (Wirbel) ............ ............ 51 Wirbelquell-oder Wirbelsenkenströmung ........................................ 54 Drehbewegung unter Berücksichtigung der Schwere ......................... 55 Die verschiedenen Druckbegriffe und die Messung .......................... 56 Ausströmen aus einem Behälter ....................................................... 60 Gasdynamische Betrachtungen. Die Strömung in der Laval-Düse. Der senkrechte Verdichtungsstoß ..................................................... 63 3.2 Reibungsfreie, ebene und räumliche Strömungen .......................................... 78 3.2.1 Kontinuität(=Massenerhaltung) ...................................................... 78 3.2.2 EulerscheBewegungsgleichungen .................................................... 79 3.2.3 Ebene, stationäre, inkompressible Potentialströmung ........................ 80 3.2.4 Beispiele für elementare und zusammengesetzte Potentialströmungen 86 3.2.5 Potential strömungen um vorgegebene Körper ................................... 95 3.3 Strömung mit Reibung ................................................................................. 101 3.3.1 ImpulssatzmitAnwendungen ........................................................... 102 Durchströmen eines Krümmers ........................................................ 104 Düse und Diffusor frei ausblasend ................................................... 107 CarnotscherStoßdiffusor ................................................................. 108 Borda-Mündung .............................................................................. 110 VIII Inhaltsverzeichnis Schub eines luftatmenden Triebwerkes ............................................ 111 Widerstand eines Halbkörpers im Kanal .......................................... 112 3.3.2 Drehimpulssatz mit Anwendung ....................................................... 114 Durchströmen eines radialen Laufrades ............................................ 115 3.3.3 Grundsätzliches zum Reibungseinfluß -Kennzahlen .......................... 117 3.3.4 LaminareundturbulenteStrömung ................................................... 121 3.3.5 Geschwindigkeitsverteilung und Druckabfall in Kreisrohren bei laminarer und turbulenter Strömung .................................................. 123 3.3.6 Laminare und turbulente Strömung durch rau he Rohre (Nikuradse-Diagramm) ................................................................... 129 3.3.7 Strömung in der Einlaufstrecke ........................................................ 132 3.3.8 Geschwindigkeitsschwankungen und scheinbare Schubspannungen .. , 135 3.3.9 Prandtlscher Mischungswegansatz für die Schwankungs- geschwindigkeiten ........................................................................... 137 3.3.10 Allgemeine Form der Navier-Stokes-Gleichungen ........................... 141 3.3.11 Spezielle Lösungen der Navier-Stokes-Gleichungen ......................... 143 3.3.12 Einführung in die Grenzschichttheorie .............................................. 148 3.3.13 Energiesatz ...................................................................................... 157 3.3.14 WiderstandundDruckverlust ........................................................... 159 3.3.15 Ähnlichkeitsbetrachtungen ............................................................... 165 Tabelle ....................................................................................................................... 169 Ausgewählte Literatur ................................................................................................ 170 Namen-und Sachverzeichnis ...................................................................................... 171 Einleitung, Überblick und Grundlagen In der Strömungslehre werden die Bewegungsvorgänge in Flüssigkeiten und Gasen (sogenannten Fluiden) behandelt. Anstelle der Bezeichnung Strömungslehre trifft man häufig auch die Begriffe Strömungsmechanik, Fluiddynamik, Aerodynamik u.a. Die Strömungslehre spielt in Naturwissenschaft und Technik eine große Rolle. Die Anwen dungen lassen sich, grob gesprochen, in zwei verschiedene Gruppen einteilen. 1. Umströmung von Körpern, z.B. Kraftfahrzeugen, Flugzeugen, Gebäuden. Hierinteres siertdas Stromfeld im Außenraum, d.h. Geschwindigkeit, Druck, Dichte und Temperatur in Körpernähe und -feme. Daraus resul tiert z.B. die Kraftwirkung aufd en umströmten Körper. 2. Durchströmen von Leitungen, Kanälen, Maschinen und ganzen Anlagen. Jetztinteres siertdie Strömung im Innenraum, z.B. von Krümmern, Diffusoren undDüsen. Von Wichtig keit sind hier Reibungseinflüsse, die sich durch Druckverluste bemerkbar machen. Bei aktuellen technischen Problemen können die beiden soeben behandelten Teilaufgaben natürlich auch kombiniert auftreten. Zahlreiche Anwendungen trifft man in den Gebieten Strömungsmaschinenbau, Chemieingenieurtechnik, Flugzeugbau, Kraftfahrzeugbau, Gebäudeaerodynamik, Meteorologie, Geophysik etc. Die quantitative Beschreibung einer Strömung erfolgt in jedem Punkt (x,y,z) des betrachteten Feldes zu jeder Zeit (t) durch die Größen: Geschwindigkeit VI = (u, v , w) , Druck p , Dichte p , Temperatur T. Wir nehmen die Existenz dieser Zustandsgrößen als Funktion von (x,y,z; t) an. Wir bewegen uns damit im Bereich der Kontinuumsmechanik. Insgesamt handel tes sich also um 6 abhängige und 4 unabhängige Variablen. Zur Bestimmung der ersteren sind 6 Gleichungen, die physika lischen Grundgesetze der Strömungslehre, erforderlich. Sie werden in Form von Erhaltungssätzen formuliert und sind in der folgenden Tabelle skizziert. Zahl der Art der Physikalische Aussage Gleichungen Gleichungen Kontinuität (Massenerhaltung) 1 skalar Erhaltungssätze Kräftegleichgewicht (Impulssatz) 3 vektoriell _. Energiesatz (z.B. l.Hauptsatz. Fourier- 1 skalar sehe WärmcleitungsgIeichung etc.) Zustandsgleichung (thennodynami- Fluid 1 skalar sehe Verknüpfung von p, P. T) J. Zierep, Grundzüge der Strömungslehre © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1997 2 Einleitung, Überblick und Grundlagen Gegenüber der Massenpunktmechanik, die mit 3 Gleichungen für 3 Geschwin digkeitskomponenten auskommt, sind hier also 6 Gleichungen erforderlich. Zu diesen Differential- oder Integralbeziehungen treten Anfangsbedingungen (t) und/oder Rand bedingungen (x,y,z) hinzu, um aus der Mannigfaltigkeit der möglichen Lösungen die, gegebenenfalls eindeutig bestimmte, Lösung des gestellten Problems zu ermitteln. Für die oben angeführten Um- und Durchströmungsaufgaben kann man diese Bedingungen leicht diskutieren. Eine allgemeine Lösung der Grundgleichungen der Strömungslehre stößt auf größte Schwierigkeiten, da die zugehörigen Differentialgleichungen nichtlinear sind. Häufig beschränkt man sich daher auf sogenannte Ähnlichkeitsaussagen, mit denen es möglich ist, die Strömungsdaten von einem Stromfeld auf ein anderes zu übertragen. Dies führt zu den wichtigen Modellgesetzen, die es z.B. gestatten, Windkanalversuche aufd ie Großausführung umzurechnen. Im Rahmen dieser Darstellung werden wirmit demEinfachsten (Hydrostatik) beginnen. Durch Zunahme der Zahl der unabhängigen und der abhängigen Veränderlichen werden wir bis zu den Fragestellungen vorstoßen, die in den Anwendungen von Interesse sind. Das folgende Schema erläutert von links nach rechts unsere Vorgehensweise. Hydrostatik Aerostatik Hydrodynamik Aerodynamik p p iN = Cu, v, w) ruhende Flüssig- ruhende bewegte Beispiele bewegtes Gas keit im Gefaß Atmosphäre Flüssigkeit Die Temperatur T kann hier fortgelassen werden, da sie durch die Zustandsgleichung aus p und p zu ermitteln ist. Die historische Entwicklung der Strömungslehre zeigt bis etwa 1900 zwei unterschiedliche Arbeitsrichtungen. 1. Theoretische, vorwiegend mathematische Strömungslehre. Sie ist mit den Namen Newton, Euler, Bernoulli, D'Alembert, Kirchhoff, Heimholtz, Rayleigh verknüpft. Hierbei handelt es sich vornehmlich um die theoretische Behandlung reibungsfreier IB.J. Fourier, 1768 - 1830 J. D'Alembert, 1717 - 1783 I. Newton, 1643 - 1727 G. Kirchhoff, 1824 -1887 L. Euler, 1707 -1783 H.v.Helmholtz, 1821 -1894 D. Bernoulli, 1700 - 1782 IW. Rayleigh, 1842 - 1919