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Grenzfallgedichte. Eine deutsche Anthologie PDF

136 Pages·1991·10.467 MB·German
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GRENZFALLfiEDICHTE EINE DEUTSCHE ANTHOLOGIE AUFBAU \T Man könnte Verse aus dieser Sammlung zitieren, um zu erzählen, wie sie entstand: „Im Vordergrund meines Interesses taucht der Deut- sche auf, / eine Begegnung, die mich freut..." Wie schreiben deut- sche Dichter im Osten und Westen über ihr nun endlich nicht mehr vom - Stacheldraht zerrissenes Land? fragten wir uns. Kern des Buches sind unveröffent- - lichte Gedichte im persönlichen Kontakt mit den Autoren gesam- melt -, die mit dem Fall der Mauer entstanden: ein vielstimmiges lyri- sches Nachdenken über die deut- sche Wende. Es wird Bilanz gezo- gen, Hoffnungen und verlorene Träume werden wach. Die Sammlung enthält auch bereits veröffentlichte, gewissermaßen hi- storische Texte über Deutschland, Verse, die die Mauer durchdrangen, in denen die Zunge das Wort Vater- land wie eine fremde Frucht pro- bierte, ferne Stimmen, durch den Tunnel der Zeit immer noch ver- nehmbar. Ein Riß schließt sich, andere Wun- den bleiben. Eine tastende Suche nach Zukunft hat angefangen. Ein „versteinerter Fuß" tritt langsam aus seinem Schatten. UmschlagentwurfKristina Nikiaus Foto HaraldGrohrock Grenzfallgedichte Eine deutsche Anthologie Digitized by the Internet Archive 2010 in http://www.archive.org/details/grenzfallgedichtOOchia GRENZFALLGEDICHTE EINE DEUTSCHE ANTHOLOGIE AUFBAU-VERLAG Herausgegeben von Anna Chiarloni und Helga Pankoke BERND JENTZSCH VERBOTENES LIED O Vaterland, o Vaterland. Laß uns dir zum Guten dienen. Einigkeit und Recht und Freiheit. Brüderlich mit Herz und Hand. Und das liebste mags uns scheinen, So wie andern Völkern ihrs. Und der Zukunft zugewandt. ^ GÜNTER GRASS ES WAR EINMAL EIN LAND Es war einmal ein Land, das hieß Deutsch. Schön war es, gehügelt und flach und wußte nicht, wohin mit sich. Da machte es einen Krieg, weil es überall auf derWelt sein wollte und wurzle klein davon. Nun gab es sich eine Idee, die Stiefel trug, gestiefelt als Krieg ausging, um die Welt zu sehen, als Krieg heimkam, harmlos tat und schwieg, als habe sie Filzpantoffeln getragen, als habe es auswärts nichts Böses zu sehen gegeben. Doch rückläufig gelesen, konnte die gestiefelte Idee als Verbrechen erkannt werden so vieleTote. : Da wurde das Land, das Deutsch hieß, geteilt. Nun hieß es zweimal und wußte, so schön gehügelt und flach es war, immer noch nicht, wohin mit sich. Nach kurzem Bedenken bot es für einen dritten Krieg sich beiderseits an. Seitdem kein Sterbenswort mehr, Friede auf Erden. EVASTRIHMAnER MEIN LAND Ich bin so ratlos, was ich lieben soll: Das Land, in dem ich lebe, macht mir Schmerzen. Dieses zerrißne Land. Voll Traumtänzern und toll. Ein Organismus mit zwei Herzen. Wie Siamesenzwillinge: Jede Bewegung spürt das andre mit. Kein Leiden, das nur eines Und nicht das zweite litt. Sie können sich nicht trennen. Und wolln doch fürsich gehn. Sie müssen sich verbrennen Oder im Haß bestehn ... Und Ihr verlangt, daß ich es lieben soll. Dieses verfluchte Land, in dem ich lebe, Mein Land wunder- und wundenvoll. dem Mit ich falle Oder mich erhebe. 20./21.10.1971 HILDE DOMIN DIE BOTSCHAFTER Die Botschafter kommen von weither von jenseits der Mauer barfuß kommen sie den weiten Weg um dies Wort abzugeben. Einer steht vor dir in fernen Kleidern er bringt das Wort Ich er breitet die Arme aus er sagt das Wort Ich mit diesem trennenden Wort eben saht ihr euch an ist er nicht mehr geht In dir weiter. 8

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