Gleisberechnungen mit Tabellen und aus der Praxis entnommenen zahlreichen Beispielen bearbeitet von A. J. Susemihl, Betriebsinspector, z. Z. Vorsteher der Bauinspection der Hinterpommersehen Bahn zu Stargard. ~it 57 Figuren auf 5 lithogrnphirten Tafeln. Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1879 Additional material to this book can be downloaded from http:f/extras.springer.com ISBN 978-3-662-39103-7 ISBN 978-3-662-40086-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-40086-9 Vorwort. Das vorliegende Handbuch ist in erster Linie fiir den praktischen Gebrauch geschrieben und enthält aus diesem Grunde nur solche Gleisberechnungen, welche in der Praxis verwerthet werden können. Bei der Behandlung des Stoffes ist der Verfasser bemüht gewesen, den Umfang des Buches so viel als möglich einzuschränken, damit die für den praktischen Gebrauch erforderliche U ebersichtlichkeit gewahrt würde. Es ist ferner eine ganz besondere Rücksicht darauf genommen, dass das Werk auch Technikern, welche nur geringe mathematische Kenntnisse besitzen oder der mathematischen Wissenschaft während ihrer praktischen Thätigkeit entfremdet sind, leicht verständlich ist. Aus diesem Grunde sind den entwickelten Gleichungen stets aus der Praxis entnommene bestimmte Aufgaben beigefügt. Da es mit Rücksicht auf den Zweck des Buches darauf ankam, möglichst einfache Gleichungen zu entwickeln, so sind, so oft es angänglich erschien , Näherungswerthe eingeführt; es hat hierdurch namentlich die Berechnung der Curven-Ausweichungen, welche sonst äusserst complicirt ist, auf einfache Weise gelöst werden können. - Im Speciellen sei noch auf die Berechnung der Ausweichungen hingewiesen. Die meisten Handbücher, welche diesen Gegenstand behandeln, nehmen entweder gar keine oder nur geringe Rück- sicht darauf, dass die berechneten Ausweichungen ohne Anwendung von Hauschienen construirt werden können, es pflegt gewöhnlich der Radius der W eichencurve gegeben und die Länge der Aus- weichung berechnet zu werden. Die vom Verfasser aufgestellten VI Berechnungen gehen in erster Linie davon aus, dass die Länge der Ausweichung auf Grund leicht aufzustellender Tabellen den zur Verfügung stehenden Schienenlängen und den übrigen Be- dingungen entsprechend als bekannt angenommen und der Radius der W eichencurve berechnet wird. Man erreicht hierdurch noch den Vortheil, dass die Anwendung von Näherungsgleichungen gar keine Bedenken hat, denn wenn beispielsweise die Näherungs- gleichung einen Radius von 203 m., die mathematisch genaue Gleichung dagegen einen Radius von 204 m. ergeben würde, so hätte diese Differenz für die Praxis gar keine Bedeutung, da die nach beiden verschiedenen Radien abgesteckten Cnrven in der Ausführung zusammenfallen werden. Auch darauf glaubt der Verfasser hinweisen zu müssen, dass die Berechnung der Gleise in Form von Contrecurven eingehend behandelt ist, während dieser Theil in ähnlichen Werken meistens ganz unberücksichtigt geblieben ist. Der Verfasser spricht schliesslich allen Eisenbahn-V erwal- tungen, welche ihm zu der Tabelle über Maasse ausgefiihrter Aus- weichungen, die ein besonderes Interesse bieten dürfte, die erforderlichen Angaben gemacht haben, seinen verbindlichsten Dank aus. Star gard in Pommern im September 1878. A. J. Susemihl. In h a I t. Seite Einleitung . . . . 1 ERSTES KAPITEL. G I e i s k r ü m m u n g e n. I. Einfache Curven . . 2 II. Contrecurven . . . 4 a) Zwischen parallelen Gleisen 5 b) Zwischen nicht parallelen Gleisen . 9 III. Einschaltung gerader Gleisstücke in eine Curve 15 a) Einschaltung gerader Gleisstücke als Theile einer Sehne 16 b) Einschaltung gerader Gleisstücke als Tangenten . . 18 ZWEITES KAPITEL. A. n s w e i c h n n g e n. I. Allgemeines . 21 II. Gerade Ausweichungen . 25 III. Symmetrische Ausweichungen 36 IV. Curvenausweichungen 40 V. Englische Ausweichungen . . 51 DRITTES KAPITEL. Verbindungsgleise der A.usweicbnngen. I. Allgemeines . . . . 56 II. Verbindungsgleise bei Endausweichnngen . . 57 A. Beide zu verbindende Gleise seien gerade . 57 1. Gerade Verbindungsgleise . . . . . 57 2. Einfach gekrümmte Verbindungsgleise 57 VIII Seite a) Beide zu verbindende Gleise seien parallel . 57 b) Beide zu verbindende Gleise seien nicht pa- rallel . . . . 58 3. Verbindungsg-leise in Form einer Contrecurve 59 B. Beide zu verbindende Gleise seien concentrisch g-e- krümmt . . . . . . . . 61 1. Das innere Gleis sei das durchgehende . 61 2. Das äussere Gleis sei das durchgehende 63 a) Gerade Verbindungsgleise . . 63 b) Gekrümmte Verbindungsgleise 63 III. Verbindungsgleise bei Zwischenausweichungen 65 A. Beide zu verbindende Gleise seien gerade . 65 1. Gerade Verbindung-sgleise . . . . . 65 2. Einfach gekrümmte VerLindungsgleise 66 3. Verbindungsg-leise in Form einer Contrecurve 68 a) Die Hauptg-leise der Weichen seien parallel 68 h) Die Hauptgleise der Weichen seien nicht pa- rallel. 70 B Beide zu verbindende Gleise seien concentrisch g-e- krümmt . . . 73 IV. Weichenstrassen . . 75 A. Gerade einfache Weichenstrasse 75 B. Verkürzte Weichenstrasse 75 C. Gekrümmte Weichenstrasse . . 79 VIERTES KAPITEL. Gleisanlagen bei Drehscheiben 82 Anhang-. Tabellen . . . 87 E i n 1 e i t u n g. Jn den allgemeinen Entwürfen für Gleisanlagen wird jed('s Gleis nur durch eine Linie dargestellt; für die Ausführung der einfachen Streckengleise genügt ein solches Projekt, da nach der Mittellinie die Gleise vollständig ausgerichtet werden können und die für die Krümmung der Gleise erforderlich werdenden Be- rechnungen sich nur auf die Mittellinie beziehen. Die Aufstellung von Bahnhofsprojecten erfordert ausserdem noch Detaillirungen, bei deren Berechnung ausser der Gleismittel- linie namentlich die durch die Schieneninnenkanten (Fahrkanten) bestimmten Linien berücksichtigt werden müssen. Die nachfolgenden Berechnungen, welche sich auf Gleis- krümmungen, Ausweichungen und Gleisanlagen bei Drehscheiben beziehen, gehen dem Vorstehenden nach theils von der Gleie- mittellinie theils von der Linie der Schieneninnenkanten aus. Von den Gleiskrümmungen sind vorzugsweise nur die Contrecurveu behandelt worden; über Abstecken von Curven und U ebergangs- curven s. Curveutabellen von Sarrazin und Overbeck *). *) Alle diejenigen, welche die Eisenbahntechnik ans der Praxis noch nicht kennen, verweise ich zunächst auf das von mir herausgegebene • Handbuch des Eisenbahnbauwesens.' Der Verfasser. Susemibl, Gleisbercchnungen. 1 ERSTES KAPITEL G I e i s k r ü m m n n g e n. I. Einfache Curven. §. 1. Die Trace einer Bahn besteht zunächst nur aus graden Linien, deren Verlängerungen sich in den Winkelpuncten schneiden. Die verschiedenen Richtungen dieser geraden Linien vermittelt man durch Kreisbögen, welche so eingelegt werden, dass die geraden Linien sie tangiren. Die Entfernung dieser Be- riihrungspuncte vom Winkelpunct (Tangente), welche auf beiden Schenkeln des Winkels gleich gross ist, ist abhängig von der Grösse des Winkels und von der Grösse des Radius der einzu- legenden Curve. Die gegenseitigen Beziehungen dieser 3 Grössen, Tangenten-Winkel, Tangente und Radius, zu einander ergeben sich aus Fig. 1; es ist danach ~ = tg ~. Aus dieser Gleichung ist, wenn 2 Grössen gegeben sind, die dritte Grösse zu berechnen. Gewöhnlich wählt man indessen eine Gleichung, in welcher nicht der von den Geraden eingeschlossene Winkel rJ, sonelern dessen Ergänzungswinkel E vorkommt, nämlich die Gleichung: T E (t) R=tg2. In dieser Gleichung ist meistens E und R gegeben also T=R. tg ; . Der "Winkel wird mit Hiilfe des Winkelmessinstruments entweder direct gemessen oder, wenn der \Vinkelpunct unzugänglich ist, nach Messung zweier Hülfswinkel (E und ~) an zugänglichen Puncten (Fig. 1) berechnet. 3 Ist ein Winkelmessinstrument nicht zur Hand, so kann man die Tangentenlänge mit Hülfe der Messkette auf folgende Weise bestimmen (Fig. 2): Man setze auf den Schenkeln des Ergänzungswinkels E eine beliebige Länge ac = bc ab und messe die Entfernung der Puncte a und b sowie c und d von einander, dann ist wegen Aehnlichkeit der bezüglichen Dreiecke T ad , ad (2) -R =-z also 7 =R.-l. er er Es sei z. B. ad = 4 m. und cd =20m. gemessen, so ist, wenn der Radius der einzulegenden Curve 200 m. betragen soll: T = 200 . :0 = 40 m. Nach Fig. 2 ist auch A E mit Hülfe der gemessenen Grössen einfach zu berechnen, nämlich ad . E (3) -;;; = SID 2' Die Tangentenpuncte der Curve sind dem Vorstehenden nach zu bestimmen, den Scheitelpunct e (Fig. 3) der Curve findet man durch die Gleichungen: E (4) ce= R (sec. 2 -1) oder (a) ad=af=R.sin; undde=ef=R(t- cos ;). Die speciellere Absteckung der Curven sowie der Uebergangs- curven s. Curventabellen von Sarrazin und Overbeck. §. 2. Statt des Radius ist häufig eine Bedingung für die Lage der Curve gestellt, durch welche die Krümmung der Curve bestimmt ist. Es werde beispielsweise verlangt, dass die Curve um ein bestimmtes Maass von einem Gebäude entfernt bleibe (Fig. 4). In diesem Fall sind die Coordinaten a und b des Punctes, durch welchen die Curve gehen soll, und der Tangentenwinkel gegeben, T und R dagegen zu berechnen. Es lassen sich zwei Bedingungsgleichungen aufstellen: T E R2 = (T- a)2 + (R- W und R = tg 2 . .Aus der ersten Gleichung erhält man T2 - 2 a T - 2 b R = - a2 - b2 1*