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Geometrie [Lecture notes] PDF

106 Pages·2016·1.239 MB·German
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Inkrementelles Skript Version 11. Juli 2016 Geometrie Goethe–Universität Frankfurt — Sommersemester 2016 für Bachelor und L3 JAKOB STIX Zusammenfassung. — Die Vorlesung behandelt die Theorie der Bilinearformen auf Vektor- räumen.ThemasindinsbesondereeuklidischeVektorräume,IsometrienundBewegungen,affine und projektive Geometrie. Als Anwendung klassifizieren wir Quadriken. DasSkriptwirdfortlaufendaktualisiertundeswerdenweiterhinFehlerkorrigiert.Sielesen daherdasSkriptauf eigene Gefahr!BitteteilenSiemirKorrekturvorschlägeperEmailmit. Inhaltsverzeichnis Einführung 3 Literatur 4 Teil 1. Affine und projektive Geometrie 5 1. EbeneInzidenz-Geometrie 5 1.1. DieFano-Ebene 5 2. ProjektiveGeometrie 6 2.1. DerprojektiveRaum 7 2.2. DieprojektivlineareGruppe 9 2.3. DerSatzvonDesarguesundderSatzvonPappos 10 3. AffineGeometrie 14 3.1. AffineRäumeunddieaffineEbene 14 3.2. UnendlichfernePunkte 16 3.3. BewegungendesaffinenRaumes 17 Teil 2. Bilinearformen 19 4. PaarungenvonVektorräumen 19 4.1. DasTensorprodukt 19 4.2. Paarungen 22 4.3. Matrixbeschreibung 23 4.4. PaarungenundderDualraum 26 5. PerfektePaarungen 27 5.1. NichtausgearteteundperfektePaarungen 27 5.2. SymmetrischeBilinearformen 30 5.3. DualeBasis—einzweitesMal 32 5.4. AdjungierteAbbildungen 32 6. Orthogonalität 35 6.1. Orthogonalität 35 6.2. OrthogonalbasenundDiagonalform 37 6.3. AnisotropieunddasGram-Schmidt’scheVerfahren 40 6.4. OrthogonaleSumme 42 6.5. OrthonormalbasenundorthogonaleMatrizen 46 Teil 3. Euklidische Vektorräume 50 7. Skalarprodukte 50 1 2 JAKOBSTIX 7.1. DefinitheitsymmetrischerBilinearformen 50 7.2. Signatur 53 8. MetrischeEigenschaftenineuklidischenRäumen 56 8.1. DieeuklidischeNorm 57 8.2. WinkelundOrthogonalität 60 8.3. RechtwinkligeKoordinatensysteme 63 8.4. DieMethodederkleinstenQuadrate 65 8.5. Orientierung 69 8.6. DasVolumeneinesParallelotops 71 9. BewegungenundIsometrien 75 9.1. SpiegelungenundDrehungen 75 9.2. Bewegungen 78 9.3. Isometrien 81 Teil 4. Spektraltheorie 85 10. SpektraltheorieselbstadjungierterEndomorphismen 85 10.1. NormaleAbbildungen 85 10.2. EigenwerteundadjungierteAbbildungen 86 11. DieIsometrie-Normalform 89 11.1. KomplexifizierungreellerVektorräume 89 11.2. DerSpektralsatzfürIsometrien 90 12. QuadrikenunddieHauptachsentransformation 93 12.1. DieHauptachsentransformation 93 12.2. BeweisderHauptachsentransformation 95 12.3. QuadratischeFormen 96 12.4. DiagonalgestaltfürquadratischeFormen 98 12.5. AnwendungderHauptachsentransformationaufQuadriken 99 12.6. AffinequadratischeFormen 103 Danksagung. Ich möchte mich gerne bei allen bedanken, insbesondere bei den Studierenden Adrian Baumann, Theresa Kumpitsch, Denise Melchin, und Julia Weber, die dazu beigetragen haben, das Skript von kleineren und größeren Eseleien zu befreien, auch wenn dies ein Kampf gegen die Windmühlen und die Rechtschreibreform ist. So mag ich beispielsweise beim besten Willen manches Mal nicht auf das “ß” verzichten. Geometrie 3 Einführung In der Linearen Algebra 1 entwickelt man die algebraische Theorie, um lineare (homogene) Polynome, wie zum Beispiel 3x+5y, und die daraus resultierenden Gleichungssysteme zu stu- dieren. Dies ist die Theorie der Vektorräume und der linearen Abbildungen, in expliziter Form durch Matrizen gegeben. In der Geometrie werden Vektorräume mit Begriffen für Abstand und Winkel versehen. Es stellt sich heraus, daß dazu bilineare Abbildungen nötig sind: in Koordinaten durch (homogene) quadratischePolynome,wiezumBeispiel3x2−7xy+19y2.WirillustrierendenZusammenhang mit Matrizen durch die folgende Beispielrechnung. Eine quadratische Form, also homogen vom Grad 2, kann durch eine symmetrische Matrix beschrieben werden: (cid:18) (cid:19)(cid:18) (cid:19) 19 −2 x q(x,y) = 19x2−4xy+16y2 = (x,y) −2 16 y Die Matrix ist symmetrisch gewählt, aber die Nichtdiagonaleinträge tragen beide zum Monom xy bei.DiesesymmetrischeAufteilungistwillkürlich,abersymmetrischeMatrizenhabenbesondere Eigenschaften, die es hier auszunutzen gilt. Die quadratische Ergänzung 19x2−4xy+16y2 = 3(x+2y)2+4(y−2x)2 zeigt, daß nach Koordinatenwechsel u = x+2y und v = y−2x, also (cid:0)u(cid:1) = S(cid:0)x(cid:1) mit v y (cid:18) (cid:19) 1 2 S = , −2 1 die quadratisch Form einfacher wird: q(u,v) = 3u2+4v2. In den neuen Koordinaten ist für r > 0 die Menge (cid:26)(cid:18) (cid:19) (cid:27) u E := ∈ R2 ; q(u,v) = r r v eine Ellipse. Die Achsen des neuen Koordinatensystems liegen in Richtung der Spalten von (cid:18) (cid:19) 1 1 −2 S−1 = 5 2 1 und diese enthalten gerade die Eigenvektoren (nachrechnen!) der symmetrischen Matrix (cid:18) (cid:19) 19 −2 , −2 16 welche für die quadratische Form verantwortlich ist. Die entsprechenden Eigenwerte 3 und 4 treten als Koeffizienten in q(u,v) auf. Der Satz über die Hauptachsentransformation besagt insbesondere, daß die neuen Achsen wieder senkrecht aufeinander stehen und die Koordinaten- transformation so gewählt werden kann, daß sie Winkel und Abstände erhält. Die Mengen E r sind also auch in alten Koordinaten Ellipsen. 4 JAKOBSTIX Die folgenden Lehrbücher werden für die Vorlesung empfohlen. Literatur [Ar93] Michael Artin, Algebra, Übersetzung des englischen Originals von 1991 durch Annette A’Campo, Birkhäuser Advanced Texts: Basler Lehrbücher, Birkhäuser Verlag, Basel, 1993, xiv+705 Seiten. [Bo08] Siegfried Bosch, Lineare Algebra, Springer-Lehrbuch, 4. überarbeitete Auflage, 2008, x+297 Seiten. [Br03] Theodor Bröcker, Lineare Algebra und analytische Geometrie, Birkhäuser, 2003, x+266 Seiten. [Ko83] Max Koecher, Lineare Algebra und analytische Geometrie, Springer, 1983, xi+286 Seiten. [Wo08] Jürgen Wolfart, Geometrie, Vorlesungsskript aus dem Sommersemester 2008, GU Frankfurt. Geometrie 5 Teil 1. Affine und projektive Geometrie Affine Geometrie und projektive Geometrie kommen noch ohne Längen und Winkel aus. Dies macht diese Geometrien flexibler, aber auch weniger geometrisch. 1. Ebene Inzidenz-Geometrie 1.1. Die Fano-Ebene. Zweidimensionale Geometrie, man spricht auch von der Geometrie der Ebene, besteht aus Punkten, Geraden und einer Inzidenzrelation, so daß die Axiome der ebenen Inzidenz-Geometrie gelten. Beispiel 1.1. Wir beginnen mit dem Bild einer Ebene bestehend aus 7 Punkten und 7 Geraden. Da eine „Gerade“ die Form eines Kreises hat, ist bereits klar, daß wir die Begriffe Punkt und Gerade abstrahieren wollen. Abbildung 1. Die Fano-Ebene. Die Punkte der Fano-Ebene sind die 7 Punkte des Bildes. Die Geraden sind symbolisiert durchdieDreiecksseiten,dieSeitenhalbierendenunddurchden(roten)Inkreis.JedederGeraden enthält 3 Punkte. Mit einem Blick auf die Skizze erkennen wir die Fano-Ebene als ein Beispiel für eine ebene Inzidenz-Geometrie, die wie folgt definiert ist. Definition 1.2 (Ebene Inzidenz-Geometrie). Eine ebene Inzidenz-Geometrie besteht aus einer Menge P, einer Menge G und einer Inzidenzrelation genannte Teilmenge I ⊆ P ×G. Ein P ∈ P heißt Punkt, ein g ∈ G heißt Gerade. Wir schreiben P ∈ g : ⇐⇒ (P,g) ∈ I und sagen „P liegt auf g“ oder „g geht durch P“. Ansonsten schreiben wir P ∈/ g, wenn (P,g) ∈/ I. In einer ebenen Inzidenz-Geometrie gelten die folgenden Axiome: (I1) DurchzweiPunktegehtgenaueineGerade:zuP,Q ∈ P,P (cid:54)= Qgibtesgenaueing ∈ G mit P ∈ g und Q ∈ g. (I2) Auf jeder Geraden g ∈ G liegen mindestens 2 Punkte. (I3) Es gibt P ∈ P und g ∈ G mit P ∈/ g. Notation 1.3. In einer Inzidenz-Geometrie bezeichne (AB) die nach Axiom (I1) eindeutige Ge- rade durch die Punkte A (cid:54)= B. Eine Gerade wird durch die Menge der auf ihr liegenden Punkte eindeutig festgelegt. Lemma 1.4. Die Zuordnung π : G → {X ; X ⊆ P}, π(g) = {P ; P ∈ g} ist injektiv. Es gilt sogar für g,h ∈ G π(g) ⊆ π(h) =⇒ g = h. 6 JAKOBSTIX Beweis. Angenommen die Geraden g und h haben π(g) ⊆ π(h). Nach Axiom (I2) gibt es P,Q ∈ g, P (cid:54)= Q. Dann gilt aber auch P,Q ∈ h. Axiom (I1) zeigt g = h. (cid:3) Lemma 1.4 besagt, daß man in der Definition einer ebenen Inzidenz-Geometrie die Geraden G durch eine Menge von Teilmengen von P ersetzen könnte, so daß (P,g) ∈ I ⇐⇒ P ∈ g. Daher auch unsere Notation. Ab jetzt betrachten wir eine Gerade g als eine Teilmenge g ⊆ P der Menge der Punkte. Definition 1.5. Wir legen weiter die folgende Terminologie fest: (1) Wenn für P ∈ P und g,h ∈ G gilt P ∈ g und P ∈ h, dann sagen wir, g und h schneiden sich im Schnittpunkt P. (2) Eine Menge von Punkten M ⊆ P mit |M| ≥ 3 heißt kollinear, wenn es eine Gerade g gibt mit P ∈ g für alle P ∈ M. Lemma 1.6. Zwei Geraden schneiden sich in höchstens einem Punkt: zu g (cid:54)= h ∈ G ist |{P ∈ P ; P ∈ g und P ∈ h}| ≤ 1. Beweis. Das ist eine unmittelbare Konsequenz von Axiom (I1). (cid:3) Das Axiom (I3) verhindert, daß alle Punkte kollinear sind. Proposition 1.7. Die Menge aller Punkte P ist nicht kollinear und |P| ≥ 3. Beweis. Nach Axiom (I3) gibt es P und g mit P ∈/ g. Da g nach Axiom (I2) mindestens zwei weitere Punkte hat, folgt |P| ≥ 3. WennP kollinearist,gibtesdemnacheineGeradeg,dieallePunkteenthält.NachLemma1.4 gibt es dann überhaupt nur die eine Gerade g. Dies ist ein Widerspruch zu Axiom (I3). (cid:3) 2. Projektive Geometrie Historisch gesehen spielt die Frage nach parallelen Geraden eine gewisse Rolle in der Frage der Axiomatisierung von Geometrie. Definition 2.1. Zwei Geraden g,h sind parallel, wenn entweder g = h oder wenn g und h keinen Schnittpunkt haben. Wir notieren g,h parallel als g (cid:107) h. In der projektiven Ebene gibt es keine parallelen Geraden. Definition 2.2. Eine projektive Ebene ist eine ebene Inzidenz-Geometrie mit Punkten P und Geraden G, für die neben den Axiomen (I1)–(I3) die folgenden Eigenschaften gelten: (P1) Je zwei Geraden schneiden sich. (P2) Auf jeder Geraden liegen mindestens 3 Punkte. Beispiel 2.3. Mit einem Blick auf Abbildung 1 erkennen wir die Fano-Ebene als ein Beispiel für eine projektive Ebene. Lemma 2.4. In einer projektiven Ebene schneiden sich zwei verschiedene Geraden in genau einem Punkt. Beweis. Nach Axiom (P1) schneiden sich die Geraden g,h in mindestens einem Punkt. Wenn es mehr als einer wäre, dann ist g = h nach dem ersten Axiom bzw. nach Lemma 1.6. (cid:3) Geometrie 7 2.1. Der projektive Raum. Sei K ein Körper. Der projektive Raum Pn(K) der Dimension n ist die Menge Pn(K) = {P ⊆ Kn+1 ; P ist K-Unterraum der dim (P) = 1} K der Ursprungsgeraden in Kn+1 und kann durch homogene Koordinaten (cid:0)Kn+1\{0}(cid:1)/K× −→∼ Pn(K), [x : ... : x ] (cid:55)→ (cid:104)x(cid:105) = K ·x 0 n K mit x = (x ,...,x )t beschrieben werden. Hier ist [x : ... : x ] = [λx : ... : λx ], für alle 0 n 0 n 0 n λ ∈ K× die Restklasse des Spaltenvektors mit den Koordinaten x ,...,x . 0 n Definition 2.5. Die projektive Ebene mit Koordinaten aus dem Körper K besteht aus der Menge von Punkten P2(K) ausgestattet mit den folgenden Geraden. Zu jedem Unterraum V ⊆ K3 der Dimension dim (V) = 2 gehört die Gerade K P(V) = {P ∈ P2(K) ; P ∈ V} bestehend aus den Ursprungsgeraden in V. Proposition 2.6. Zu jeder Gerade P(V) ⊆ P2(K) gibt es a,b,c ∈ K nicht alle 0 mit [x : y : z] ∈ P(V) ⇐⇒ ax+by+cz = 0. Die Koeffizienten der linearen Gleichung sind eindeutig bis auf Skalieren: a,b,c und a(cid:48),b(cid:48),c(cid:48) beschreiben die gleiche Gerade genau dann, wenn es ein λ ∈ K× gibt mit (a,b,c) = λ(a(cid:48),b(cid:48),c(cid:48)) ∈ M (K). 1×3 Beweis. Es ist   x [x : y : z] ∈ P(V) ⇐⇒  y  ∈ V. z Jeder 2-dimensionale Unterraum V ⊆ K3 ist Kern einer surjektiven linearen Abbildung π : K3 (cid:16) K3/V (cid:39) K, V in Matrixschreibweise     x x (cid:0) (cid:1) πV( y ) = a b c  y  = ax+by+cz z z für a,b,c ∈ K3. Die Abbildung π ist surjektiv, wenn die Matrix (a,b,c) (cid:54)= 0 ist. V Zwei homogene nichttriviale lineare Gleichungen ax+by +cz = 0 und a(cid:48)x+b(cid:48)y +c(cid:48)z = 0 haben denselben Kern, wenn die Matrix beider Gleichungen zusammen (cid:18) (cid:19) a b c a(cid:48) b(cid:48) c(cid:48) immer noch den Rang 1 hat, d.h. die Zeilen linear abhängig sind. (cid:3) Proposition 2.7. Mit dieser Struktur von Geraden ist P2(K) eine projektive Ebene. Beweis. (i)SeienP,Q ∈ P2(K),P (cid:54)= QzweiPunkte.Dannsinddiezugehörigen1-dimensionalen Unterräume P,Q ⊆ K3 linear unabhängig. Eine Gerade zu V ⊆ K3 enthält P und Q genau dann, wenn P +Q ⊆ V. Aus Dimensionsgründen erfüllt dies nur die Gerade zum Unterraum V = P ⊕Q. (ii) Seien V,W ⊆ K3 zwei Unterräume der Dimension 2. Die zugehörigen Geraden schneiden sich, wenn es einen 1-dimensionalen Unterraum P ⊆ V ∩W gibt. Die Dimensionsformel zeigt dim (V ∩W) = dim (V)+dim (W)−dim (V +W) ≥ 4−dim (K3) = 1. K K K K K Eine solche Ursprungsgerade gibt es also. 8 JAKOBSTIX (iii) Die Anzahl der Punkte P auf der Geraden P(V) (cid:39) P1(K) ist |K|+1, denn V (cid:39) K2 und damit P(V) (cid:39) P(K2) = P1(K), was durch die disjunkte Vereinigung P1(K) = {[x : 1] ; x ∈ K}∪{[1 : 0]} beschrieben wird. Weil jeder Körper |K| ≥ 2 Elemente hat, gibt es mindestens 3 Punkte auf jeder Geraden. (iv) Die Punkte mit den homogenen Koordinaten [1 : 0 : 0], [0 : 1 : 0], [0 : 0 : 1] liegen nicht auf einer Geraden von P2(K). (cid:3) Beispiel 2.8. Die Fano-Ebene aus Abbildung 1 ist isomorph zu P2(F ). Die Fano-Ebene ist die 2 projektive Ebene der Form P2(K) mit der kleinsten Anzahl von Punkten. [0:0:1] y=0 x+y+z=0 [1:0:1] [0:1:1] [1:1:1] x=0 x+y=0 y+z=0 x+z=0 [1:0:0] [1:1:0] [0:1:0] z=0 Abbildung 2. Die projektive Ebene P2(F ). 2 Die drei Geraden, welche als Dreiecksseiten erscheinen, haben die Gleichungen x = 0, sowie y = 0 bzw. z = 0 für P = [x : y : z]. Die drei Geraden, welche als Ecktransversalen1 auftreten, haben die Gleichungen x+y = 0, sowie y+z = 0 bzw. z+x = 0. Schließlich hat der Kreis die Geradengleichung x+y +z = 0. Die Gleichungen sind jeweils als Linearformen auf (F )3 ge- 2 dacht, die einen 2-dimensionalen Unterraum ausschneiden, der seinerseits in P2(F ) eine Gerade 2 definiert. Für allgemeines n ist Pn(K) eine n-dimensionale Geometrie. Hier gibt es ausgezeichnete lineare Teilräume von jeder Dimension 0 ≤ d ≤ n. Die d-dimensionalen linearen Unter- räume sind zu einem Unterraum V ⊆ Kn+1 mit dim (V) = d+1 definiert als die Menge der K Punkte P(V) = {P ∈ Pn(K) ; P ⊆ V}. 1Eine Ecktransversale ist in einem Dreieck eine Gerade durch eine Ecken und einen Punkt der gegenüberlie- genden Seite. Geometrie 9 2.2. Die projektiv lineare Gruppe. ManverstehteineGeometriebesser2,wennmandiegeo- metrieerhaltenden Abbildungen versteht. Auf dem Pn(K) operiert die projektiv lineare Gruppe PGL (K) = GL (K)/K× n+1 n+1 durch P (cid:55)→ A(P) für A ∈ GL (K). Der Punkt P ist hier als Unterraum der Dimension 1 n+1 aufzufassen und für das Element in PGL (K) ist ein Vertreter aus GL (K) zu wählen. n+1 n+1 Dann ist A(P) das Bild von P unter der linearen Abbildung „Multiplikation mit A“ und auch vonDimension1,weilMultiplikationmitAeinK-linearerIsomorphismusist.DasBildA(P)von P als Gerade in Kn+1 ist unabhängig von der Wahl des Vertreters A. Offensichtlich werden d- dimensionale lineare Unterräume in ebensolche abgebildet. Und Inzidenzrelationen (ein linearer Raum ist in einem anderen enthalten) bleiben erhalten. Satz 2.9. Sei K ein Körper. Die Gruppe PGL (K) operiert exakt 3-fach transitiv auf den 2 Punkten von P1(K). Das bedeutet: für drei paarweise verschiedene Punkte P ,P ,P ∈ P1(K) 0 1 ∞ und drei weitere paarweise verschiedene Punkte P(cid:48),P(cid:48),P(cid:48) gibt es genau ein A ∈ PGL (K) mit 0 1 ∞ 2 A(P ) = P(cid:48) i i für alle i = 0,1,∞. Beweis. Seien 0 = [0 : 1], 1 = [1 : 1] und ∞ = [1 : 0]. Es reicht zu zeigen, daß man für drei paarweise verschiedene Punkte P ,P ,P ∈ P1(K) genau ein A ∈ PGL (K) findet mit 0 1 ∞ 2 A(i) = P für alle i = 0,1,∞. i Sei P = [b : d] und P = [a : c]. Dann sind wegen P (cid:54)= P die Repräsentanten (cid:0)a(cid:1) und λ(cid:0)b(cid:1) 0 ∞ 0 ∞ c d für alle λ ∈ K× eine Basis von K2 und (cid:18) (cid:19) a λb A = ∈ GL (K). c λd 2 Es gilt A(0) = P und A(∞) = P . Sei P = [x : y]. Wir müssen λ nun so wählen, daß 0 ∞ 1 [a+λb : c+λd] = [x : y]. Dies gelingt durch die Lösung der Gleichung (a+λb)y = (c+λd)x mittels ay−cx λ = . dx−by Weder Zähler noch Nenner sind 0, weil [x : y] = P (cid:54)= P = [a : c] und [b : d] = P (cid:54)= P = [x : y]. (cid:3) 1 ∞ 0 1 Definition 2.10. Punkte P ,...,P in Pn(K) heißen in allgemeiner Lage, wenn der von 0 d den entsprechenden Ursprungsgeraden in Kn+1 aufgespannte Raum die Dimension d+1 hat. Das bedeutet, daß jeder lineare Unterraum L ⊆ Pn(K), der alle P , i = 0,...,d enthält, selbst i mindestens die Dimension d haben muß. (Die Dimension als linearer Unterraum von Pn(K) ist definitionsgemäß um 1 kleiner als die des zugehörigen Untervektorraums von Kn+1.) Proposition 2.11. Die Gruppe PGL (K) operiert transitiv auf n+1 Punkten in allgemeiner n+1 Lage in Pn(K). Beweis. Sind P ,...,P in allgemeiner Lage, so gilt Kn+1 = P ⊕ ... ⊕ P . Sind Q ,...,Q 0 n 0 n 0 n weitere Punkte in allgemeiner Lage, so ist auch Kn+1 = Q ⊕...⊕Q , und es gibt eine lineare 0 n AbbildungA : Kn+1 → Kn+1,diedieSummandenP isomorphaufdieSummandenQ abbildet. i i Man wähle entsprechende Basen p ∈ P und q ∈ Q und definiere A durch A(p ) = q . (cid:3) i i i i i i Den folgenden Satz beweisen wir nicht. 2Das ist eine Doktrin, die im Wesentlichen auf Felix Klein zurückgeht 10 JAKOBSTIX Theorem 2.12 (Hauptsatz der projektiven Geometrie). Sei K ein Körper und n ∈ N, n ≥ 2. Jede bijektive Abbildung Pn(K) → Pn(K), die Geraden auf Geraden abbildet (eine Kolli- neation), wird von einem Körperautomorphismus σ : K → K und einer linearen Abbildung A ∈ PGL (K) induziert als n+1 [x : ... : x ] (cid:55)→ A([σ(x ) : ... : σ(x )]). 0 n 0 n 2.3. Der Satz von Desargues und der Satz von Pappos. Wir behandlen nun wichtige Sätze, die in der projektiven Ebene P2(K) gelten. Definition 2.13. Wirsagen,diePunkteA,B undC bildendieEckeneines(nichtdegenerierten) Dreiecks, wenn A, B und C paarweise verschieden und nicht kollinear sind. Wir schreiben für das Dreieck mit den Ecken A, B und C einfach ∆(ABC). Proposition 2.14. Seien A,B,C ∈ P2(K). Dann sind äquivalent: (a) A,B und C bilden ein Dreieck. (b) A,B und C sind in allgemeiner Lage. (c) Als Unterräume von K3 gilt A⊕B⊕C = K3. Beweis. Das ist eine Übungsaufgabe, weil es fast sofort aus der Definition folgt. (cid:3) P A’ A Q Z C’ C B R B’ Abbildung 3. Satz von Desargues. Satz 2.15 (Desargues). Gegeben seien zwei nichtdegenerierte Dreiecke ∆(ABC) und ∆(A(cid:48)B(cid:48)C(cid:48)) in P2(K). Ferner seien die Ecken A,B,C,A(cid:48),B(cid:48),C(cid:48) paarweise verschieden und die Geraden durch entsprechende Dreiecksseiten seien verschieden: (AB) (cid:54)= (A(cid:48)B(cid:48)), (BC) (cid:54)= (B(cid:48)C(cid:48)), und (AC) (cid:54)= (A(cid:48)C(cid:48)). Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent: (a) Die Dreiecke ABC und A(cid:48)B(cid:48)C(cid:48) haben bezüglich eines Punktes Z ∈ P2(K) perspektivische Lage: d.h. es gibt einen Punkt Z ∈ P2(K), der mit A,A(cid:48), mit B,B(cid:48) und mit C,C(cid:48) jeweils kollinear ist. (b) Die Schnittpunkte P = (AB)∩(A(cid:48)B(cid:48)), Q = (BC)∩(B(cid:48)C(cid:48)) und R = (AC)∩(A(cid:48)C(cid:48)) liegen auf einer Geraden.

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