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Genossenschaften in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft PDF

301 Pages·2022·2.849 MB·German
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Die Entstehung des europäischen Bürgertums ist ohne Zünf- N Georg Kamphausen (Hg.) te und Gilden nicht denkbar. Auch innerhalb jener sozia- E listischen Bewegungen, die sich nicht auf Marx beriefen, T F haben diese frühen Formen genossenschaftlicher Selbstor- A ganisation eine weithin unterschätzte Rolle gespielt. Noch GENOSSENSCHAFTEN H heute werden die Genossenschaften oftmals als eine Or- ganisationsform romantisiert, die auf Gleichheit und Brüder- C lichkeit basiert. Eignen sie sich in Zeiten so unsicherer wie S angeblich alternativloser Lebensverhältnisse dafür, Antwor- N in ten auf die Frage nach der ›Zukunft des Kapitalismus‹ zu ge- E ben? S Vergangenheit, S Der vorliegende Band nimmt das bemerkenswerte Interes- O se vieler Soziolog:innen an genossenschaftlichen Modellen Gegenwart N zum Anlass für Reflexionen über deren Geschichte, Theorie und gegenwärtige soziale Leistungsfähigkeit. Die Beiträ- E G und Zukunft ge verbinden hierfür Zugänge der Mediävistik, Soziologie- geschichte und einer gegenwartsbezogenen Genossen- • schaftsforschung. ) Mit Beiträgen von Susanne Elsen, Thomas Horn, Jerzy Kacz­ . g marek, Oscar Kiesewetter, Arnd Kluge, Niklas Luhmann, Chris­ H tiane Mossin, Otto Gerhard Oexle, Markus Römer, Michael ( Schmid, Knut Schulz, Julian Voth, Johannes Weiß und Silvia n Wiegel. e s u Georg Kamphausen ist apl. Professor (i.R.) für Soziologie an der a Universität Bayreuth. Bereits bei Velbrück Wissenschaft erschie- nen: Die Erfindung Amerikas in der Kulturkritik der Generation von h 1890 (2002). p m a K T www.velbrueck-wissenschaft.de F KA CH ISBN 978-3-95832-246-2 ÜC RS BN VELBRÜCK LE ES VWIS WISSENSCHAFT Georg Kamphausen (Hg.) Genossenschaften Unserem Kollegen und Freund Jerzy Kaczmarek (13.12.1964–7.4.2021) in dankbarer Erinnerung gewidmet Genossenschaften in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Herausgegeben von Georg Kamphausen VELBRÜCK WISSENSCHAFT Erste Auflage 2022 © Velbrück Wissenschaft, Weilerswist 2022 www.velbrueck-wissenschaft.de Printed in Germany ISBN 978-3-95832-246-2 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Inhalt Georg Kamphausen Vorwort: Bindung und Freiheit . . . . . . . . . . . . 9 I Gilden und Zünfte im Hohen Mittelalter und das Ende der Zünfte in Europa Knut Schulz Kommune, Gilden und Zünfte im Mittelalter: die Gegenwart der Vergangenheit? . . . . . . . . . . 15 Arnd Kluge Sind die historischen Handwerkszünfte Vorbilder für das moderne Genossenschaftswesen in Deutschland? . . . 37 Otto Gerhard Oexle Kulturwissenschaftliche Reflexionen über soziale Gruppen in der mittelalterlichen Gesellschaft: Tönnies, Simmel, Durkheim und Max Weber . . . . . . 48 II Gründer»väter« der Soziologie über Solidarismus, Berufsmoral und Genossenschaften, oder: die Wiederentdeckung des Mittelalters Johannes Weiß Wesenwille. Über eine soziologische Aporie bei Ferdinand Tönnies und Max Weber . . . . . . . . 97 Michael Schmid Émile Durkheim: Berufsmoral, Solidarismus und Gilden. Ein Rekonstruktionsversuch . . . . . . . . . . . . . 105 Christiane Mossin Dear Beatrice. The never written memoir of a guild socialist . . . . . . . 145 Julian Voth Drei Morgen Land und eine Gilde: Der berufsständige Gedanke im Distributismus Chestertons und Bellocs. Ein Essay . . . . . . . . . . 175 Otto Gerhard Oexle Luhmanns Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . 185 Niklas Luhmann Mein »Mittelalter« . . . . . . . . . . . . . . . . 198 III Genossenschaften in Gegenwart und Zukunft Oscar Kiesswetter Merkmale und Besonderheiten der italienischen Genossenschaften . . . . . . . . . . 205 Susanne Elsen Genossenschaften als Organisationen sozialer Transformation und Entwicklung. Von Italien lernen . . . 229 Jerzy Kaczmarek Sozialgenossenschaften in Polen . . . . . . . . . . . 240 Thomas Horn Bürgerstiftungen. Das genossenschaftliche Prinzip der Selbsthilfe . . . . . . 250 Silvia Wiegel Warum sich Seniorengenossenschaften gründen . . . . . 257 Markus Römer »Die waren völlig überrascht, dass da plötzlich wieder ein Bäcker kommt« – Von der gegenwärtigen Dynamik traditionellen Gesellenwanderns . . . . . . . 271 Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . 295 »Alle Erkenntnis der Kulturwirklichkeit ist (…) stets eine Erkenntnis unter spezifisch gesonderten Gesichts- punkten. Wenn wir von dem Historiker und Sozial- forscher als elementare Voraussetzung verlangen, dass er Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden könne, und dass er für diese Unterscheidung die erforderli- chen »Gesichtspunkte« habe, so heißt das lediglich, dass er verstehen müsse, die Vorgänge der Wirklich- keit – bewusst oder unbewusst – auf universelle ›Kul- turwerte‹ zu beziehen und danach die Zusammenhän- ge herauszuheben, welche für uns bedeutsam sind. Wenn immer wieder die Meinung auftritt, jene Ge- sichtspunkte könnten dem ›Stoff selbst entnommen‹ werden, so entspringt das der naiven Selbsttäuschung des Fachgelehrten, der nicht beachtet, dass er von vornherein kraft der Wertideen, mit denen er unbe- wusst an den Stoff herangegangen ist, aus einer ab- soluten Unendlichkeit einen winzigen Bestandteil als das herausgehoben hat, auf dessen Betrachtung es ihm allein ankommt.« Max Weber 8 Georg Kamphausen Vorwort Bindung und Freiheit Wie ist gesellschaftliche Ordnung in einer Struktur relativer Struk- turlosigkeit möglich? Gibt es neben der öffentlichen (staatlichen, ökonomischen) Ordnung auch eine Ordnung des privaten Lebens? Was bedeutet bürgerliche Selbständigkeit im Kontext eines Wohl- fahrtstaates, der heute an seine Grenzen stößt? Welche Konsequen- zen ergeben sich aus der Individualisierung für die Flexibilisierung sozialer Zugehörigkeiten? Immer lauter wird die Frage, was moder- ne Gesellschaften überhaupt noch zusammenhält, welche »Ligatu- ren« (Dahrendorf) und »liens« (Tocqueville) zwischen den Menschen bestehen. Angesichts knapper öffentlicher Kassen sind es vor allem die Genossenschaften des »Dritten Sektors«, die besondere Potentiale bei der Übernahme und Absicherung bestimmter kommunaler Aufgaben zu bieten scheinen. Ob ein solches bürgerschaftliches Engagement nur Lückenbüßer, Platzhalter oder Ersatz staatlichen Handelns sein kann, ist deshalb fraglich, weil die Rolle des Bürgers als politisches Subjekt ungeklärt bleibt. Heute ist der Begriff der Genossenschaft vor allem ein Sehnsuchtsbegriff, ein Hinweis auf enttäuschte Hoffnungen, auf romantische Reminiszenzen. Der Begriff bezeichnet nicht nur eine rechtlich geregelte Wirtschaftsorganisation, er lässt immer noch den emotionalen Mehrwert durchhören, dem man heute eher skeptisch ge- genübersteht. Dass sich nahezu alle europäischen Soziologen des 19. Jahrhunderts mit den Themen Gilde und Zunft befassten, führt zu der überraschen- den Einsicht, dass sich hinter der historischen Variabilität des Genossen- schaftsbegriffs eine anthropologische Konstante verbirgt, die beinahe bei allen Gründern der Soziologie, wie auch bei den englischen Gilden- sozialisten, zu einem bestimmenden Thema wurde. Denn wer von Ge- nossenschaften spricht, darf von Zünften und Gilden nicht schweigen. Es geht aber im vorliegenden Tagungsband nicht um eine romantische Verklärung des Mittelalters, sondern um einen Sachverhalt, dem be- reits Émile Durkheim mit großem Nachdruck Ausdruck verliehen hat: Im Alter und der Beständigkeit der Zünfte und Korporationen sah er den Beweis, dass sie ihre Existenz nicht etwa zufälligen, akzidentiellen Eigenheiten einer bestimmten Staatsform verdankten, sondern auf Ur- sachen von allgemeiner und fundamentaler Bedeutung zurückgehen. 9

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