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Für Anna Kristina PDF

218 Pages·2015·1.28 MB·German
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Für Anna Kristina Vorwort Inhalt Vorwort Einleitung I. Kapitel 1. Idealismus und Egoismus in der Schulphilosophie II. Kapitel 2. Der vierte Paralogismus der Idealität 2.1. Die Struktur des vierten Paralogismus 2.2. Kants Kritik der rationalen Psychologie 2.2.1. Die unmittelbare Wahrnehmung in mir 2.2.2. Transzendentaler Idealismus und empirischer Realismus III. Kapitel 3. Die Widerlegung des Idealismus in der zweiten Auflage der Kritik der reinen Vernunft 3.1. Historische Hintergründe 3.2. Das Postulat der Wirklichkeit als systematische Stelle der Widerlegung des Idealismus 3.3. Der materiale Idealismus 3.3.1. Der materiale als problematischer Idealismus 3.3.2. Der materiale als dogmatischer Idealismus 3.4. Lehrsatz und Beweisstruktur der Widerlegung des Idealismus 3.5. Die Beweisgründe der Widerlegung des Idealismus 3.5.1. Selbstbewußtsein und Zeitbestimmung 3.5.2. Anschauung und Beharrlichkeit 3.5.3. Daseins-Bewußtsein und Unmittelbarkeit der äußeren Anschauung 3.5.4. Materie als notwendige Bedingung a priori aller realen Zeitbestimmung IV. Kapitel 4. Kants Kritik des metaphysischen Idealismus in den Reflexionen 4.1. Die Veranlassung der neuerlichen Auseinandersetzung Kants mit dem metaphysischen Idealismus 4.2. Kants Entwürfe von Idealismus-Widerlegungen in den Reflexionen 4.2.1. Das Bewußtsein meiner “ursprünglichen Passivität” 4.2.2. Das Bewußtsein meines Daseins in der Zeit 4.2.3. Zugleichsein und Beharrlichkeit 4.2.4. Der Realismus des äußeren Sinnes 4.2.5. Innerer und äußerer Sinn Schlußbetrachtung und Ausblick Literaturverzeichnis Register Einleitung Kaum ein Problem bewegt die Philosophie so sehr wie der Idealismus - das gilt für die philosophische Diskussion der Vergangenheit ebenso wie der Gegenwart. Betrachtet man dabei allein den platonischen “Idealismus”, der von ewigen Ideen als den Seins- und Erkenntnisgründen der Sinnendinge ausgeht, den Kantischen transzendentalen Idealismus, der zwischen Erscheinung und Ding an sich unterscheidet, oder Hegels spekulativen Idealismus, der in einer Theorie der Subjektivität das Absolute zu bestimmen sucht, so wird unmittelbar deutlich, daß ein in der Philosophiegeschichte einheitlich und durchgängig anzutreffendes Verständnis von Idealismus kaum festzumachen ist. Diese Palette divergierender Idealismus-Begriffe läßt sich erweitern um die bedeutenden Theorien des von Kant kritisierten Cartesischen und Berkeleyschen Idealismus, in denen die Frage nach der Existenz der Außenwelt auf einflußreiche Weise zu einem systematischen Problem der Philosophie der Neuzeit entwickelt wurde. Auf diese Frage, ob etwas außer mir existiere, lassen sich zunächst grundsätzlich vier verschiedene Antworten geben. Erstens: Es existiert etwas außer mir. Zweitens: Es existiert nichts außer mir. Drittens: Ob etwas außer mir existiert, ist zweifelhaft. Viertens: Die Frage nach der Existenz der Außenwelt ist sinnlos. Anders als man in der gegenwärtigen Diskussion um den Idealismus und Realismus in der Philosophie meint, verbindet sich mit der ersten Antwort aber nicht notwendigerweise die Position des Realismus, der die Existenz der Außenwelt für unbezweifelbar hält. Es ist Kant, der zeigt, daß der Erkenntnis der Realität der Außenwelt auch eine idealistische Theorie, nämlich die des transzendentalen Idealismus zugrunde gelegt werden kann. So ordnet Kant der ersten, positiven Antwort auf die Frage nach der Außenweltrealität seine eigene Theorie, der zweiten, negativen Antwort den berkeleyschen Idealismus und der dritten, skeptischen Antwort den cartesischen Idealismus zu. Die “Sinnlosigkeit” der Frage nach der Existenz der Außenwelt, wie sie in der vierten Antwortmöglichkeit behauptet wird, hat Kant nicht in Erwägung gezogen. Diese Beurteilung des Idealismus-Themas geht zurück auf den logischen Positivismus, der den Idealismus generell als ein “Scheinproblem” abtut. In den gegenwärtigen Debatten der analytischen Philosophie, die noch in logisch- positivistischer Tradition steht, hat man aber unter spezifischen sprachphilosophischen Prämissen dem Problem der Außenweltexistenz wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Sogar Kants Lösung des Idealismus-Problems wird hierbei neuerdings als sinnvolle Alternative eines reinen Realismus diskutiert. Eine Begründung der Erkenntnis der Außenwelt durch die “erste Person” oder das selbstbewußte Subjekt wird dabei aber zugunsten einer naturalisierten Erkenntnistheorie zumeist abgelehnt. Von der analytischen Sprachphilosophie erwartet man bisweilen sogar mehr noch, daß sie die Erkenntnistheorie und ihr “mentalistisches Paradigma” überhaupt ablöse; der “philosophische Idealismus von Plato über Kant bis Heidegger” müsse durch eine “sprachpragmatische Wende” ersetzt werden. Vor diesem aktuellen Hintergrund der Idealismus-Realismus-Debatte liegt es nicht fern, die berühmte Auseinandersetzung Kants mit dem Idealismus-Problem der Außenweltexistenz näher in den Blick zu nehmen; zunächst aber scheint nicht klar zu sein, was mit dem Terminus technicus “Idealismus” überhaupt bezeichnet wird. Trotz der vielfältigen Verwendung dieses Begriffs, der, wie zu sehen, nicht nur Charakteristikum der Kantischen, sondern auch - ohne zu differenzieren - der Lehren Platons und Heideggers sei, wird man wohl diejenigen philosophischen Theorien allgemein Idealismus nennen können, die dem Bewußtsein oder Idealen gegenüber dem Objektiven oder Realen eine prinzipielle - ontologische oder erkenntnistheoretische - Begründungsfunktion zuschreiben. Auch in Kants Erkenntnistheorie ist das Bewußtsein oder das Ich Grund objektiver Erkenntnis. Obwohl auch Kant seine Theorie deshalb Idealismus nennt, grenzt er doch seine Konzeption des transzendentalen Idealismus von konkurrierenden Idealismus- Begriffen scharf ab und sucht sie zu widerlegen. Zu solchen Idealismus-Begriffen zählt er in erster Linie den, wie man ihn nennen kann, metaphysischen Idealismus. Dieser Idealismus ist für Kant ein krankhafter Auswuchs der Philosophie, der nur scheinbar nicht geheilt werden kann: “Der Idealism ist eine Art von Krebs in der Metaphysik, den man bisher für unheilbar hielt.” Den hier als “Krebs” diagnostizierten metaphysischen Idealismus unterteilt Kant in den skeptischen oder problematischen Idealismus Descartes’ einerseits und in den dogmatischen Idealismus Berkeleys andererseits: ersterer bezweifle die Existenz der Außenwelt nur, letzterer leugne oder bestreite sie. Anders als der transzendentale Idealismus, für den die Außenwelt empirisch-real ist, stehe der Idealismus Descartes’ und Berkeleys, so Kants Deutung in den Prolegomena, in der Tradition des “eigentlichen” Idealismus “der eleatischen Schule”. Zu diesem “echten” Idealismus zählt Kant auch die Lehre Platons, wonach die Sinnenwelt nichts als “Schein” sei (AA IV374). Solche Bestimmung antiker Lehren als “Idealismus” ist allerdings problematisch, da der neuzeitliche Begriff “Idealismus”, wie noch zu sehen sein wird, erst im 17./18. Jahrhundert im Zuge der Begründung der Bewußtseinsphilosophie durch Descartes in den akademischen Sprachgebrauch eingeht. Eine egologische oder subjektivitätstheoretische Fundierung der Philosophie aber hat die Antike nicht verfolgt. Gleichwohl hat die Antike das Problem des metaphysischen Idealismus als die Frage nach der Existenz der Außenwelt durchaus erkannt. So läßt zum Beispiel Platon den Sokrates im Theaitetos sagen: Du hast doch wohl oftmals fragen hören, mit welchem Beweise man sich gegen einen helfen könnte, der uns fragte, ob wir jetzt in diesem Augenblicke schlafen und ob wir alle unsere Erinnerungen nur träumen (êár ðÜíôá S äéáíïïýìåèá ”íåéñþôôïìåí), oder ob wir wachen und uns wachend unterhalten. Theaitetos: In der Tat, mein Sokrates, fällt es schwer, den erforderlichen Beweis zu führen. Denn alles entspricht sich beiderseits ganz genau. Nichts nämlich hindert, unsere jetzige Unterhaltung als im Schlafe geführt zu betrachten; und wenn wir vollends im Traum Träume zu erzählen scheinen, so grenzt die Ähnlichkeit beider Fälle ans Wunderbare (..êár ”ôáí äx —íáñ ”íåßñáôá äïê§ìåí äéçãåsóèáé, Tôïðïò ½ ¿ìïéüôçò ôïýôùí dêåßíïò). Sokrates: Du siehst also, daß es hier reichliche Gelegenheit zum Zweifeln gibt, wenn sogar über das Verhältnis von Wachen und Schlafen Zweifel besteht; (Theait. 158b-d). Schon Platon weist also auf das idealistische Problem der Unterscheidung des Wach-Zustandes vom Traum hin; dieses erkenntnistheoretische Problem wird später Descartes in den “Meditationen” systematisch entwickeln. Da Platon Sokrates sagen läßt, nach dem “Beweis” (ôåêìÞñéïí) des Unterschiedes zwischen Wachen und Träumen werde “oft(mals)” (ðïëëÜêéò) gefragt, mag dies sogar ein Hinweis darauf sein, daß dieses Thema in der klassischen griechischen Philosophie kein abseitiger Gegenstand philosophischer Diskussion war. Denn auch Aristoteles erachtet die Frage, “ob wir jetzt schlafen oder wachen” (Met. 1011a7), als problemreich. Seiner Auffassung nach kann dabei ein Prinzip der Unterscheidbarkeit des Wachens vom Schlafen nicht bewiesen werden. Doch ist für Aristoteles klar, daß die Außenwelt unbezweifelbar existiert: ... die Sinneswahrnehmung ist ja doch nicht Wahrnehmung ihrer selbst; sondern es muß etwas davon Verschiedenes außer der Sinneswahrnehmung existieren (..PëëE hóôé ôé êár fôåñïí ðáñN ôxí ánóèçóéí..), was dieser notwendig vorausgehen muß. (Met. 1010b35-37). Wie für Platon und Aristoteles, so ist der Beweis des Unterschiedes zwischen Wachen und Träumen noch für Kant als die Infragestellung der Existenz der Gegenstände des äußeren Sinnes durch den metaphysischen Idealismus ein philosophisches Problem grundsätzlicher Art. Im berühmten Diktum vom “Skandal der Philosophie” (BXXXIX) kritisiert er bekanntlich, daß dem “Glauben” an die Existenz der Außenwelt kein “genugtuende[r] Beweis” entgegengestellt worden sei. Dabei nimmt Kant das Idealismus-Problem als solches ernst und macht es zu einem bestimmenden Thema in seiner kritischen Philosophie. Sowohl in den beiden Auflagen der Kritik der reinen Vernunft als auch in den Prolegomena sowie in den Briefen und Reflexionen finden sich eingehende Auseinandersetzungen Kants mit dem cartesischen und berkeleyschen Idealismus. In der ersten Auflage der Kritik der reinen Vernunft führt Kant eine Idealismus- Kritik im vierten Paralogismus durch. Gegenstand dieser Kritik ist zunächst der Außenweltskeptizismus Descartes’, den Kant im Zusammenhang seiner Kritik der rationalen Seelenmetaphysik zu widerlegen sucht. So sei Descartes’ Zweifel an der Existenz der Außenwelt falsch, weil wir die Gegenstände des äußeren Sinnes unmittelbar wahrnehmen. In den Prolegomena reagiert Kant auf die Behauptung der Rezensenten der ersten Auflage seines Hauptwerkes, der transzendentale Idealismus lehre nichts anderes als der Berkeleysche. Dies führt ihn in der zweiten Auflage der Kritik der reinen Vernunft zur Umarbeitung seiner Idealismus-Kritik in der Widerlegung des Idealismus, in der ein neues Argument gegen den metaphysischen Idealismus vorgetragen wird. Demnach beweise das empirische Bewußtsein unseres Daseins in der Zeit die Existenz äußerer Gegenstände. Erneute Kritiken am Kantischen Idealismus-Verständnis sowie an der Idealismus- Widerlegung von 1787 veranlassen Kant schließlich, in einer Reihe längerer Notizen neue Beweise gegen den metaphysischen Idealismus zu entwerfen. Diese kurze Skizze der Beschäftigung Kants mit dem Problem des metaphysischen Idealismus unterstreicht die Bedeutsamkeit, die Kant der Idealismus-Frage beimißt. In seiner kritischen Philosophie konzipiert er dabei ganz unterschiedliche Argumente gegen den cartesischen und berkeleyschen Idealismus, denen, wie in dieser Untersuchung gezeigt wird, eine innere Entwicklung zugrunde liegt. Diese Entwicklung hat zum einen ihre Voraussetzung in der schulphilosophischen Auseinandersetzung mit dem Idealismus, die Kant beeinflußt haben dürfte; zum anderen wird sie durch äußere Kritik am Kantischen Idealismus selbst, vor allem von seiten Feders oder Eberhards, immer wieder neu angestoßen. Solche äußeren Einflußfaktoren werden begleitet, was sich als ebenso wichtig herausstellen wird, von der inneren Weiterentwicklung der kritischen Philosophie insbesondere seit der zweiten Auflage der Kritik der reinen Vernunft. Mit der Neubestimmung des Verhältnisses von innerem und äußerem Sinn ändert Kant dort seine Theorie der Erkenntnis in einem nicht nur für das Idealismus- Problem entscheidenden Punkt. Eine solche entwicklungsgeschichtliche Betrachtung der Kantischen Idealismus-Kritik hat die Forschung bisher nicht angestellt. Vor allem ist in der bald unüberschaubar werdenden Fülle an Literatur zum Thema der historische Hintergrund der Beschäftigung Kants mit dem metaphysischen Idealismus nicht hinreichend dargelegt worden. Die ausführlicheren und perspektivenreichen Einzeldarstellungen von Gersch, Rameil, Klotz, Hoyos Jaramillo oder Rosas konzentrieren sich dabei auf spezifische Aspekte der Idealismus-Kritik Kants wie die “transzendentale Wirklichkeitslehre”, die Theorie des Raumes, die Widerlegung des problematischen Idealismus, den vierten Paralogismus oder Kants eigene systematische Position des transzendentalen Idealismus. Obwohl die Interpretationen divers und zum Teil detailliert sind, wurde des weiteren insbesondere Kants neue Theorie des inneren und äußeren Sinnes nicht als entscheidendes Argument der Idealismus-Widerlegungen seit der zweiten Auflage der Kritik der reinen Vernunft erkannt und berücksichtigt. Auch wurden die Reflexionen zum Idealismus, in denen Kant völlig neue Argumente gegen den metaphysischen Idealismus entwirft, bisher nicht im Kontext ihrer Entstehungsgeschichte und im systematischen Zusammenhang untersucht. So meinen in der älteren Literatur zum Beispiel Erdmann, Fischer und Vaihinger, Kants Ziel der Auseinandersetzung mit dem metaphysischen Idealismus sei der Beweis der Existenz der Dinge an sich. Dieser Auffassung schließen sich in der neueren Literatur unter partieller Berücksichtigung der Reflexionen zum Idealismus besonders Guyer und Hoyos Jaramillo an. Es wird sich zeigen, daß diese Deutung nicht haltbar ist und in erster Linie auf dem Mißverständnis der Kantischen Rede von den Gegenständen des äußeren Sinnes als “Sachen an sich” - womit Erscheinungen und nicht Dinge an sich gemeint sind - beruht. Ein solches Mißverständnis läßt Kants Idealismus-Widerlegung im vierten Paralogismus, in dem ein eher repräsentationalistischer Sprachgebrauch vorherrscht, nicht zu. Detailliert interpretiert wird dieser Paralogismus sowohl in formaler als auch in historisch-systematischer Hinsicht von Kalter, der aber wie Bennett dessen Zugehörigkeit zur rationalen Psychologie bestreitet. Daß der vierte Paralogismus von Kant künstlich konstruiert sei und mit Descartes’ Lehre nichts gemein habe, kritisiert anhand einer Gegenüberstellung von Kantischen und Cartesischen Lehren Schütt. Erdmann zählt dabei nicht vier, sondern fünf Paralogismen, die Kant entwickle; diese Auffassung hat schon Gäbe in seiner aufschlußreichen Arbeit über Kants Paralogismen, die vor allem den historischen Hintergrund des vierten Paralogismus beleuchtet, widerlegt. Daß Kant im vierten Paralogismus zwar die Unmittelbarkeit der äußeren Wahrnehmung beweist, nicht aber den Idealismus widerlegt, meint in seiner noch immer überzeugenden Standarduntersuchung zur Idealismus-Frage bei Kant Müller-Lauter ebenso wie Agosta. Auf das apagogische Beweisverfahren der Widerlegung des metaphysischen Idealismus im vierten Paralogismus hat hierbei Allison aufmerksam gemacht. Ob neben dem skeptischen Idealismus Descartes’ auch der dogmatische Idealismus Gegenstand dieses Beweises ist und ob Kant schon im vierten Paralogismus Berkeley als einen weiteren Gegner im Auge hat, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. So sind unter anderem Heimsoeth, Smith und Turbayne der Meinung, Kant widerlege den dogmatischen Idealismus nicht im vierten Paralogismus, sondern in der zweiten Antinomie. Gegen eine solche Interpretation sprechen allerdings, wie diese Untersuchung erweist, Kants eigene Ausführungen. Ihr besonderes Interesse widmet die Forschung bei der Interpretation der Idealismus-Widerlegung in der ersten Auflage der Kritik der reinen Vernunft zudem der Frage nach Kants Berkeley-Kenntnissen im vierten Paralogismus. Hier ist man fast einhellig der Auffassung, daß Kant im vierten Paralogismus über solche verfügt. Vereinzelt wird auch gemutmaßt, nicht Berkeley, sondern Leibniz sei der dogmatische Idealist, gegen den Kant seine Argumentation richtet. Da die Interpretationen zum vierten Paralogismus schwerpunktmäßig solchen berechtigten historischen Fragen nachgehen, bleibt allerdings die Frage, ob Kants Widerlegung des skeptischen bzw. dogmatischen Idealismus überzeugt, nicht selten offen. Dies trifft zum Teil auch auf die Abhandlungen zur Widerlegung des Idealismus in der zweiten Auflage der Kritik der reinen Vernunft zu. Hier steht zunächst die Frage im Vordergrund, was Kant veranlaßt hat, eine neue Idealismus- Widerlegung durchzuführen. Neben der Rezension der ersten Auflage der Kritik der reinen Vernunft durch Feder und Garve werden häufig Jacobis Schrift “David Hume über den Glauben” (1787) und Ulrichs “Institutiones” (1785) als Grund der Neubeschäftigung Kants mit dem Idealismus genannt. Auch Humes “Enquiry” und Schultz’ Rezension des Ulrichschen Werks, wovon Kant Kenntnis nahm, sind diesbezüglich in die Diskussion gebracht worden. Es wird sich erweisen, daß der eigentliche Entstehungsgrund der Widerlegung des Idealismus (B) nicht in diesen Schriften, sondern wohl im Streit Kants mit Feder um die Gleichsetzung des transzendentalen mit dem Berkeleyschen Idealismus zu suchen ist. Die inhaltliche Deutung der Widerlegung des Idealismus ist so divers wie die des vierten Paralogismus. So meint Strawson in seiner analytischen Kant- Interpretation, Kants Psychologismus trete besonders in der Widerlegung des Idealismus in Erscheinung. Unter Einbeziehung der Theorien Carnaps und Quines sowie von G.E. Moores Kant-kritischem “Proof of an External World” fordert Zimmermann, die Kantische Argumentation semantisch zu transformieren, wobei er auf Wittgensteins sogenanntes Privatspracheargument zurückgreift. Solche Deutungen verfehlen den Beweis der Widerlegung des Idealismus aber insofern, als sie nicht die ihr zugrundeliegende Kantische Theorie des Selbstbewußtseins sowie die Lehre von der Zeit in den Blick nehmen. Daß Kants Beweis der Existenz der Außenwelt nicht vom reinen, sondern vom empirischen Selbstbewußtsein ausgeht, macht diesbezüglich Kaulbach gegen Lehmann deutlich. Dieses in der Zeit bestimmte Daseins-Bewußtsein ist dabei vielfältig interpretiert worden, beispielsweise als ein mit Identität verbundenes oder auch als ein bloß biographisches Selbstbewußtsein, von dem die Widerlegung des Idealismus ihren Ausgang nimmt; allerdings werden nicht, was aber erforderlich ist, die Kantische Egologie und die mit ihr verbundenen Probleme grundsätzlich betrachtet. Vor dem Hintergrund der transzendentalen Deduktion stellt sich hier die spezielle Frage, was Kant prinzipiell unter Daseins-Bewußtsein versteht und welche Rolle hier die Lehre von der Selbstaffektion spielt. Die diese Frage betreffenden Vorschläge etwa Klemmes, das Daseins-Bewußtsein vermittle zwischen dem reinen Ich und der Sinnenwelt, oder Kaulbachs, das Ich sei darin

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Paralogismus durch die Einführung des Lehrbegriffs des transzendentalen . Dem Lehrbegriff des transzendentalen Idealismus stellt Kant den.
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