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Funktionelle Morphologie und Anatomie der Flußkrebse PDF

12 Pages·1998·1.2 MB·German
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© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Funktionelle Morphologie und Anatomie der Flußkrebse M. PÖCKL Abstract anatomy (internals). This should provide useful information for the non-specialist Functional Morphology and Anatomy and specialist alike. However, space does of Crayfish. not permit more than a precis of the vast amount of information available. Where The aim of this chapter is to bring appropriate, details relevant to crustaceans together details on crayfish functional i general are given as a lead into the n morphology (externals) and functional various sections. Stapfia 58, zugleich Kataloge des OÖ. Landesmuseums, Neue Folge Nr. 137 (1998), 131-142 131 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at „Und die Wissenschaft ist im uicklung :u einer konstanten Anzahl von 19 Körpersegmenten plus einem bei den Erwach- Qrunde nichts als gesunder Men- senen verkümmerten (= rudimentären) schenverstand, nämlich peinlich Emhryonalsegment. Von diesem ursprüngli- genau in der Beobachtung und chen Muster haben viele Evolutionslinien unerbittlich streng in jedem Ver- ihren Ausgangspunkt genommen. Eine der erfolgreichsten >ind die Malaco-traca („Höhe- stoss gegen die Logik" iHmu-y IHHO). re Krebse"). Die Unterteilung der ursprüng- lich gleichförmigen Segmente in tunktionelle Einheiten (Tagmata) mit spezialisierten Funktionelle Morphologie Anhängen hat zu deutlichen Vorteilen gegenüber der Stammform geführt (HESSLER Die überwiegende Mehnahl der Naturwis- et al. 1982): Die Anhänge des Thorax stehen senschaftler vertritt heute die Meinung, daß im Dienst der Nahrungsaufnahme, der Fortbe- die Stammform der Crustaceen einen Korper wegung und der Atmung, während sich die hatte, der aus einer Vielzahl gleichartiger Seg- Abdominalanhänge aufs Schwimmen speziali- mente zusammengesetzt war. Eine deutliche siert haben. Unterteilung in Kopf (Cephalon), Brust (Thorax) und Hinterleih (Abdomen) scheint Als Embryo besitzen alle Malacostraca 20 es nicht gegeben :u haben (ClSNE 1982). Eini- Korpersegmente. Einige Forscher sind der Abb. 1: Dorsalansicht eines weiblichen (links) und Ventralansicht eines männlichen (rechts) Edelkrebses Astacus astacus. Foto: E. EDER & M. PÖCKL. ge ursprüngliche Crustaceen besitzen bis zu 50 Meinung, daß sich die Ordnungen der Haupt- mehr oder weniger gleichartige Segmente, unterklasse der Malacostraca, die Eumalaco- während es bei den fortgeschrittenen Typen zu straca, von einem ursprünglichen Organisati- einer Verringerung der Segmentzahl und zu onsplan ableiten lassen, die als „caridoide einer Ausbildung einer effizienten „Komman- Facies" (gamelenartige Erscheinung) bezeich- dozentrale" im Kopfhereich gekommen ist net wird. Andere Wissenschaftler sind davon (Cephalisation). Schließlich führte diese Ent- überzeugt, daß die Eumalacostraca mehrere 132 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Ursprünge haben und somit eine künstliche grund entwickelt haben. Jedoch scheint es in Gruppe sind (DAHL 1976; HESSLER et al. 1982; der Friihzeit der Malakostrakenentwicklung SCHRÄM 1982). bereits Formen, die am Gewässergrund lebten, Eigenschaften der „caridoiden Facies" als auch im Freiwasser schwebende Formen sind folgende: (a) Carapaxschild, das dem gegeben zu haben. Typische Beispiele der Segment der zweiten Maxille zuzurechnen ist Caridoiden sind nämlich zusammen mit Ver- und nach hinten auswächst, um den Thorax tretern der schwebenden Euphausiiden und einzukapseln; (b) bewegliche Augenstiele; ( c) Mysiden gefunden worden. zweiästige Antennulae (1. Antennen); (d) Flußkrebse haben einen für höhere Cnista- schuppenförmiger Außenast der Antenne; (e) ceen typischen Bauplan und teilen mit ande- Schreitbeine (= Pereiopoden) mit gut ent- ren Süßwassermalakostraken die direkte Ent- wickelten stahfürmigen Innenästen; (0 gut wicklung ohne freie Larvenstadien. Die Kör- entwickeltes Abdomen mit einer massiven pergröße, die erwachsene Krebse erreichen Muskulatur, die ein Einklappen des Schwanz- können, ist artsperifisch stark verschieden und fächers unter den Schild erlaubt; (g) paddelar- reicht von wenigen Zentimetern bis zum riesi- tige Flossen (= Uropoden), die mit dem abge- gen Astücopsis gouldi auf Tasmanien, der ein flachten Schwanz (= Telson) den Schwanz- Gewicht von bis zu 4,5 kg erreichen kann Abb. 2: Propodus Dactylus Morphologische Situation im Bereich der Mundwerkzeuge und Kaubeine (C). Zeichnung: M. MIZZARO-WIMMER Rostrum Antennula Antenne mit Scaphocerit Komplexauge Grüne Drüse" Epistom Mandibel . 1. Maxille . 2. Maxille Scaphognathit Carapax Maxilliped 2. 3. 1. Pereiopod Mundöffnung (= Scherenbein) fächer bilden; (h) Schwimmbeinchen (Pleo- (OLSZEWSKI 1980, nach unbestätigten Anga- poden) l bis 5 sind gleichartig und haben zwei ben bis zu 6 kg), und somit der weltweit größte stabförmige Äste; (i) im allgemeinen enthält wirbellose Süßwasserbewohner sein dürfte. das Abdomen keine inneren Organe mit Aus- Flußkrebse haben ein relativ dickes, flexibles nahme des Enddartnes (CALMAN 1904; HES- Außenskelett (= Exoskelett), welches von Zeit SLER et al. 1982). Der Ursprung der „caridoi- zu Zeit gewechselt werden muß, damit die Tie- den Facies" ist unbekannt, dürfte sich aber als re wachsen können (siehe Beitrag PöCKL Anpassung an eine Lebensweise am Gewässer- „Häutung und Wachstum" in diesem Band). 133 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Der Körper der Flußkrebse erscheint von oder Herzregion, wird von den Branchio-Kar- oben betrachtet (Abb. 1) deutlich in zwei dialgruben begrenzt. Der Vorderteil des Cara- Abschnitte gegliedert, in das vordere, unge- pax ist häufig mit einem oder 2 Paar Hinter- gliederte Kopfbruststück (Cephalothorax) und augenleisten (Postorbitalknoten) ausgestattet, in den gegliederten Hinterleib (Abdomen). die Mitte läuft in eine „Nase" (Rostrum) aus, Der Cephalothorax besteht aus dem 5-seg- die sich zu einer spitzen oder dreieckigen Spit- mentigen Kopf (Cephalon) und dem 8-seg- ze (Apex) verjüngt. mentigen Brustabschnitt (Thorax). Die Lage Die 5 Segmente des Kopfes umfassen 2 der einzelnen Segmente kann durch den präorale Segmente, die Antennulae und die jeweiligen Ursprung der Mundwerkzeuge und Antennen und 3 postorale Segmente, jene der Beine eindeutig zugeordnet werden. Das sieht B Coxa p Epipodit rotopodjt Protopodit Exite N Endite _j \. Coxa (Epipodite) Basis —i X Endite Endopodit Exopodit Carpus^^propodus Endopodit Mandibeln, der blattartigen Maxillulae und Abb. 3: man am besten, wenn man den Krebs umdreht die Maxillen. Die 8 Segmente des Thorax Verschiedene Typen eines Krebsbeines. (Abb. 1), weil sie am Rücken und seitlich vom (A) zweiästiges Bein eines primitiven samt seinen Extremitäten (= Thorakopoden) Carapaxschild verborgen werden, der vom Krebses (hypothetische Ausgangssi- setzen sich aus den 3 Paar Kieferbeinen oder hinteren Rand des zweiten Maxillarsegmentes tuation), (B) zweiästiges Bein eines Maxillipeden zusammen, die dem Nahrungs- Phyllopoden (Blattfußkrebses), (C) als Hautduplikatur auswächst. Funktioneil einästiger Pereiopode (Schreitbein) sind der Kopfabschnitt (Protocephalon, mit erwerb und der Nahrungszerkleinerung die- eines Dekapoden. Nach BRUSCA & BRUS- nen, und den restlichen 5 Paar Thorakopo- den beiden Antennenpaaren, Augenstielen CA (1990). den. Letzere sind einästige, röhrenartige und Oberlippe), der Gnathothorax (mit Pereiopoden (1-5) mit einem Paar Scheren- Mundgliedmaßen und Kieferbeinen, Abb. 2) (Nr. 1) und 4 Paar Schreitbeinen (2-5). Diese und das Pereion (mit den 10 Schreitbeinen) 5 Paar Thorakopoden, die auch von dorsal unterscheidbar. Der Rückenschild (Carapax) deutlich sichtbar sind, haben den Tieren ihren ist mit dem dorsalen Teil des Thorax ver- Namen gegeben: (Deka-Poda = Zehnfuß schmolzen und verdeckt seitlich als Branchio- [krebse]). stegit die Kiemenregion. Das Abdomen ist deutlich segmentiert Auf der Oberfläche des Carapax können und besteht aus 6 verkalkten Röhren, die Gruben, Furchen, Höcker, Stacheln und Dor- untereinander durch nicht verkalkte, biegsa- nen vorhanden sein, die teilweise wichtige me Gelenkmembranen verbunden sind. Jeder Arterkennungsmerkmale sind (siehe Beitrag Ring besteht jeweils aus vier Skleriten: einem PöCKL & EDER in diesem Band). Die transver- dorsalen Tergum, einem schmäleren ventralen sal verlaufende Nackenfurche (Cervicalfur- Sternum und den beiden lateralen Pleuren. che) stellt die Trennungslinie zwischen Das erste Abdominalsegment ist gelenkig mit Cephalon und Thorax dar. Die Region des dem letzten Cephalothoraxsegment verbun- Carapax, unter dem das Herz liegt, die Areola den, das ebenfalls etwas biegsam ist. Es sind 134 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at nämlich seine Pleuren reduziert, sodaß das Extremitäten geben Abb. 4 und Tab. 1. Abdomen gegen den Cephalothorax abgebo- Wie bei anderen Dekapoden ist bei den gen werden kann. Die Pleuren des zweiten Flußkrebsen auch die Autotomie verbreitet. Abdominalsegmentes sind die größten. Darunter versteht man die Abtrennung von Das Abdomen kann unter den Cephalo- Extremitäten, um Feinden zu entkommen thorax eingeklappt oder gerade nach rück- (MCVEAN 1982). Die Autotomie wird durch wärts ausgestreckt werden, aber die hakenarti- einen speziellen Muskel bewerkstelligt, der das gen Schaniere jeder Tergum-Pleurum-Verbin- Ischium heftig gegen die Coxa überdehnt. Die dung verhindern eine seitliche Verbiegung. Abtrennung erfolgt an einer Sollbruchstelle Beim Weibchen tragen die Abdominalseg- der Gelenkshaut des Ischiums, wo das mente 2-5 je ein Paar Schwimmpleopoden, Außenskelett dünn und zurückgezogen ist und die dicht mit Borstenhaaren besetzt sind. eine Membran sich schnell über das Gelenk Beim Männchen sind die Pleopoden zum spannt um den Bruch zu versiegeln und den Zwecke der Fortpflanzung zu Begattungsgrif- Austritt von Blut (Haemolymphe) zu verhin- feln (Gonopoden) oder stark skierotisierten dern. Die Extremität wird allmählich im Ver- Stiletten modifiziert. Das Abdomen endet im lauf mehrer aufeianderfolgender Häutungen abgeflachten Telson, das eine Quernaht auf- ersetzt. Bei der darauffolgenden Häutung weist und auf dessen Unterseite sich der Anus erscheint an der besagten Stelle ein kleiner befindet. Die Anhänge des sechsten Abdomi- Stumpf, und schließlich erreicht die Extre- nalsegments sind zu flachen, zweiästigen Flos- mität wieder ihre Funktion, wenn nicht sogar sen (Uropoden) umgebildet, die zusammen ihre vollständige Größe (Abb. 5). mit dem Telson den Schwanzfächer bilden, der aufgrund seiner großen Oberfläche rasche „Bei den heftigen Anstrengungen, Fluchtbewegungen nach hinten ermöglicht. die Qliedmaassen [nach der Häu- tung, Anm.J aus dem abgeworfe- Das ursprüngliche zweiästige Krebsbein nen Skelet freizumachen, kommt (Abb. 3) setzt sich aus einem basalen, es ... zuweilen vor, dass der Krebs zweigliedrigen Protopoden zusammen (Coxa das eine oder andere Qlied ver- & Basis), von dem Y-förmig zwei Äste ent- liert, indem dasselbe abreisst und springen: der äußere Exopodit und der innere der grössere Theil oder das ganze Endopodit (MCLAUGHLIN 1980, 1982). Qlied in der Haut zurückbleibt. AHein nicht nur auf diese Weise Zusätzliche Strukturen können vom Protopo- kommen die Krebse um ihre den entweder außen (allgemein als Exite Qliedmaassen. Wird das Thier an bezeichnet) oder innen (allgemein als Endite einer seiner Scheren festgehalten, bezeichnet) abzweigen. Manche Forscher deu- sodass es sich nicht losmachen ten die Epipodite (Exite) als dritten Ast des kann, so vermag es jederzeit sich Protopoditen (ClSNE 1982). Epipodite erfüllen aus seiner schwierigen Lage zu oft die Funktion von Kiemen oder Kiemen- ziehen, indem es die Qliedmaas- putzwerkzeugen, während die coxalen Endite sen abwirft, die der Feind in der der Mundwerkzeuge häufig die Funktion des Hand behält, während der Krebs Nahrungstransportes oder der Nahrungszer- das Weite sucht. Diese freiwillige kleinerung übernehmen. Endite können sich Amputation erfolgt immer an der- auch auf Endopoditen bilden. Bei den Schreit- selben Stelle, nämlich dort, wo die Qliedmaasse am dünnsten ist, beinen eines Malacostracen besteht der Endo- gerade jenseits des Qelenkes zwi- podit gewöhnlich aus 5 Teilen: Ischium, schen dem Basalgliede und dem Merus, Carpus, Propodus und Daktylus. Der nächsten. Auch die übrigen Exopodit ist reduziert. Drei primitive einästige Qliedmaassen trennen sich leicht Strukturen kommen auch bei Crustaceen vor: an den Qelenken ab. Man trifft die Oberlippe (Labrum), die Unterlippe Krebse, welche solche Verstüm- (Labium) und das Telson. Das Labium besteht melungen erlitten haben, sehr aus zwei Lappen, den Paragnathen. Einen häufig. Allein der so erlittene Überblick über Form und Funktion sämtlicher Schaden ist nicht dauernd, da 135 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at — Erste Antenne — Zweite Antenne ^— Mandibel -Erste Maxille '-Zweite Maxille Scaphognathit - Erster Kieferfuß Endopodit Zweiter Kieferfuß Exopodit Cephalothorax $— Dritter Kieferfuß Exopodit Schreitfuß (Pereiopod) Pleopod Abdomen (Pleon) 136 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Tab. 1: Extremität Form und Funktionen Form und Funk- Antennulae Pedunculus aus 3 Segmenten mit 2 vielsegmentigen Ästen (Flagellum). Die Öffnung der Statozyste mündet am Protopo- tionen von dit. Auf den Ästen befinden sich chemo- und mechanorezeptive Borsten Extremitäten Antenna Zweiästig mit einem einzigen, vielsegmentigen Ast (en), der beinahe Körperlänge erreicht und mechanorezeptive Bor- der Astacidae. sten trägt. Pedunculus mit großem, stabilisierendem Scaphozerit (ex). Die Öffnung des Exkretionsorganes befindet sich Zahl links = an der Coxa Körpersegment- Labrum (Obertippe) Unpaar, auf dem Mittelteil des Epistoms. Beinhaltet Hautdrüsen, die ölige Flüssigkeit während des Fressens sezernieren nummer. Mandibel Asymmetrisch. Protopodit vergrößert und bildet die stark verkalkte Kaulade. Kein Exopodit. Dreisegmentiger Palpus, der 1. Segment = die Kaulade von Speisepartikeln reinigt embryonal; Metasoma (Labium, Unterlippe) Augenstiel = Paarig, spatelartige Paragnathen. Beinhaltet Hautdrüsen, die ölige Flüssigkeit während des Fressens sezernieren praesegmental. Maxillulae Protopodit plus reduzierter Endopodit. Kein Epipodit und Exopodit Abschabung und Manipulation der Nahrung und Endopodit (en), Zusammenkleben von Filterpartikeln. Bildet Schutzklappe für Kiemenkammer Exopodit (ex), Coxa (c), Basis Maxilla Deutlicher Exopodit und Epipodit. Epipodit bildet Scaphognathit, der die Respirationsströmung erzeugt. Coxa und Basis bilden 4 blattförmige, beborstete Lappen, die die Nahrung abschaben und manipulieren und Partikel mit einem Filter (b), Merus (m), einfangen. Bildet Schutzklappe für Kiemenkammer Propodus (pr), Dactylus (d). 7 Maxilliped 1(= Thorakopod 1) Zweiästig. Coxa und Basis (Protopodit) bilden blattförmige, beborstete Lappen. Basis mit vielsegmentigem Exopoditen. Nach HOLDICH & Endopodit reduziert. Epipodit vergrößert, unterstützt die Tätigkeit des Scaphognathiten. Manipuliert und knetet Nah- REEVE (1988). rungspartikel (b), sammelt Nahrungspartikel durch einen groben Filter (c), bildet Schutzklappe für Kiemenkammer (ex, en), erzeugt Nahrungsströmung 8 Maxilliped 2 (= Thorakopod 2) Protopodit nicht blattartig. Gut entwickelter 5-segmentiger Endopodit. Exopodit vielsegmentig. Epipodit bildet Platte, die die Respirationsströmung kanalisiert. 2 Kiemen. Qualitative Selektion von Nahrungspartikel (?) (c, b). Schneidet und schabt Nahrung ab (pr), schaufelt und schürft Nahrung ab (d), kämmt Filter und kompakte Nahrung (distaler Abschnitt), Borsten bilden einen groben Filter (m), erzeugt Nahrungsströmung (ex) Maxilliped 3 (= Thorakopod 3) Wie Maxilliped 2, nur viel größer. Bedeckt und schützt andere Mundgliedmaßen. Die distalen Segmente des Endopoditen können rund um das Ischium gebeugt werden, um einen Haken zu bilden. 3 Kiemen. Crista dentata (bezahnter Kamm) vor- handen. Festhalten, Zerreißen und Abschaben großer Nahrungsbrocken (distale Segmente), Abseihung fester Stoffe des Substrates, Reinigung anderer Exremitäten, grobes Filter am Merus (en), Erzeugung einer Nahrungsströmung (ex) 10 Scherenbein (= Thorakopod 4, = Pereiopod 1) 5-gliedriger Endopodit, kein Exopodit. Große Schere. Epipodit und Kiemen wie oben. Scheren werden beim Angriffs- und Verteidigungsverhalten, sowie bei der Werbung und Paarung (besonders beim Männchen) verwendet. Festhalten der Jungen an der Mutter mittels Haken. An der Schere befinden sich chemorezeptive Sensillen. Austarieren bzw. Ausglei- chen des Gewichtes des Abdomens. Halten der Position in reißenden Wasserströmungen. Grabwekzeug. Rollen und Umdrehen des Körpers während der Eiablage bei den Weibchen. 11 Schreitbein 1 (= Thorakopod 5, = Pereiopod 2) Wie für Scherenbein, nur Schere viel kleiner. Epipodit und Kiemen wie oben. Als Schreitbein beim Gehen verwendet. Rol- len der Eier bei der Eiablage. Aufsammlung der Nahrung durch die kleinen Scheren. Chemorezeption. Streicheln des Weibchens. Reinigung der Körperoberfläche und anderer Extremitäten 12 Schreitbein 2 (= Thorakopod 6, = Pereiopod 3) Wie oben. Geschlechtsöffnung des Weibchens an der Coxa. Epipodit und Kiemen wie oben. Überflüssig beim normalen Gehen, wird aber auf schwierigen Oberflächen eingesetzt. Dient auch zum Stabilisieren des Körpers. Andere Funktionen wie oben. Reinigung vor und nach der Eiablege 13 Schreitbein 3 (= Thorakopod 7, = Pereiopod 4) Wie oben, trägt jedoch keine Scheren und keine Geschlechtsöffnungen. Epipodit und Kiemen wie oben. Verwendung als Schreitbein. Ergreifen des Weibchens während der Paarung. Vorwärts- und Rückwärtsrollen während der Eiablage 14 Schreitbein 4 (= Thorakopod 8, = Pereiopod 5) Wie oben. Geschlechtsöffnung des Männchens an der Coxa. 1 Kieme mit der Funktion des Gasaustausches. Über die Geschlechtsöffnung wird eine Spermatophore ausgestoßen. Schreitbein, aber nicht phasengleich mit den anderen Schreitbeinen, die nach hinten gerichtet sind. Gewichtstragende Gliedmaße. Die Beine werden beim Männchen während der Paarung überschlagen, um die Gonopoden aufrechtzuhalten 15 Pleopod 1 Geschlechtsdimorphismus. Beim Weibchen verkümmert. Beim Männchen ist der Endopodit und Exopodit in halbröhren- förmige Kopulationsorgane umgebildet und dient in Zusammenarbeit mit Pleopod 2 zur Übertragung von Spermato- phoren auf das Weibchen (Gonopode 1) 16 Pleopod 2 Geschlechtsdimorphismus. Beim Männchen Endopodit und Exopodit mit vielsegmentigen, beborsteten Ästen. Befestigung der Eier mittels Oosetae. Eiweißdrüsen aktiv zur Brutsaison. Ständige Befächelung der Embryonen und der Brut. Beim Männ- chen ähnelt der Protopodit und Exopodit denjenigen des Weibchens. Der Endopodit ist jedoch modifiziert und wird wie ein Schlagbolzen in die Röhre des ersten Pleopoden gestoßen, um kurze Spermatophoren zu produzieren (Gonopode 2) 17 Pleopod 3 Zweiästig bei beiden Geschlechtern mit beborsteten Ästen. Beim Männchen kleiner. Können zur Unterstützung der Vor-1 wärtsbewegung, der Haltung der Position in starker Strömung und der Strömungserzeugung im Bau assistieren I 18 Pleopod 4 Wie für Pleopod 3 19 Pleopod 5 Wie für Pleopod 3 und 4 20 Uropod Zweiästig mit abgeflachtem Exopodit (zusammenklappbar) und Endopodit. Eiweißdrüsen beim Weibchen. Werden als Stabilisatoren und beim Weibchen als Schutzschild für die Brutkammer verwendet. Bildet gemeinsam mit dem Telson den Schwanzfächer zur schnellen Flucht Telson (postsegmental) Einzelstruktur, bildet gemeinsam mit Uropoden Schwanzfächer. Hilft den Uropoden beim Rückwärtsgraben 137 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 5: Autotomie: Männchen des Sumpf- krebses Astacus leptodactylus. Abge- trenntes Scherenbein (links), regene- riertes Scherenbein (rechts). Foto: E. EDER & M. PÖCKL. diese Thiere in wunderbarem (SCHMIDT 1915); ebenso der Bau des Exo- Masse die Fähigkeit besitzen, ver- skeletts und der Körpermuskulatur von lorene Theile wieder neu zu bil- Procambarm clarkii (PlUiRIM & WlERSMA den, sei es, dass der Verlust durch 1963). Die auffälligsten Extremitäten eines eine künstliche Amputation, sei Flußkrebses sind die großen Scheren es, dass er freiwillig herbeigeführt (Chelae). Der Propodus läuft in einen unbe- ist" (Hncu-x WHO). weglichen Finger aus, gegen den der Dactylus als beweglicher Finger durch Kontraktion des Flußkrehse bewegen sich hauptsachlich massiven Fingerbeugers bewegt wird. Eine auf zwei Arten - ein Schreiten mit den schwache Kontraktion dieses Muskels bewirkt Schreitheinen nach allen Richtungen (vor- bereits das Schließen der Schere, während ein wärts, rückwärts, seitwärts) und ein rasches weiteres Zusammenziehen der Muskelfasern Rückwärtsschnellen mit dem Schwanzfächer ein kräftiges Zupacken ermöglicht (WlERSMA als Fluchtreaktion. Wenn die Flußkrebse in 1961). Strömungsrichtung marschieren, können sie sich mit ihren Scheren und Klauen am Sub- „Diese Scheren sind die Haupt- strat festhalten, um nicht von der Strömung Angriffs- und Verteidigungswaffen fortgerissen zu werden (MAUDE & WILLIAMS des Krebses, und wer unvorsichtig 1983). Die Pleopoden werden für die Fortbe- damit umgeht, wird sich überzeu- wegung kaum eingesetzt und stehen heim gen, dass ihre Wirkung keines- Männchen hauptsächlich im Dienste der wegs zu verachten ist und auf Spermienühertragung, beim Weibchen dienen einen guten Theil verfügbarer sie hauptsächlich dem Zweck, die Eier daran Energie hindeutet" (Hmin 1880). zu befestigen und diese mit sich herumzutra- gen. Bewegung wird durch die Tätigkeit anta- Bei den Dekapoden beträgt die Anzahl der gonistischer quergestreifter Muskeln ermög- Kiemen pro Thoraxsegment gewöhnlich 4, licht, die an erhabenen Stellen an der inneren obwohl sie artspezitisch variabel ist (MCLAUÜ- Oberfläche des Exoskeletts ansetzen. Die Kon- HLIN 1980). Flußkrebskiemen sind sowohl traktion des Beugers und die Erschlaffung des vom strukturellen als auch vom funktionellen Streckers führt zum Anziehen eines Beinab- Gesichtspunkt intensiv erforscht worden schnittes. Die Muskulatur von Astacm ,,/Iuvia- (BOCK 1925; FISHER 1972; HUXLEY 1878, tilis" ist detailliert untersucht worden 1880; LARIMER 1961; MCMAHON 1986; 138 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at McMAHON & WlLKENS 1983). Die Kiemen die Form der Pleopoden und zweitens die Lage haben eine große Oberfläche, ein dünnes Exo- der Geschlechtsöffnungen. Beim Männchen skelett und eine effiziente Blutversorgung. münden die Gonoporen an den Coxen der Einfache Kiemen (Pleurobranchien) setzen an fünften Pereiopoden, bei den Weibchen an der lateralen Körperwand oberhalb einiger denen der dritten. Bei Jungtieren im Alter von Extremitäten an und ein Kiemenpaar wenigen Wochen können die Geschlechter (Arthrobranchien) kann an der Gelenkmem- durch das Vorhandensein oder Fehlen einer bran zwischen Coxa und der Körperwand bläulichen Papille auf dem ersten Abdominal- ansetzen. Einfache Kiemen an den Coxae wer- sternum unterschieden werden und bei ein- den Podobranchien genannt. Der Carapax jährigen Männchen ist der Endopodit des erstreckt sich auf beiden Seiten nach unten zweiten Pleopoden verdickt. Männchen und schützt auf diese Weise dachförmig als haben mächtigere Scheren, aber ein schmäle- sogenanntes „Branchiostegit" die Kiemen. Die res Abdomen als Weibchen. Kiemenkammer (Branchialkammer) liegt somit zwischen der eigentlichen Körperwand Einige Abschnitte dieses Kapitels stam- und der Innenwand des seitlichen Carapax, men aus HOLDICH &. REEVE (1988). wobei vorn und hinten eine kleine Öffnung bleibt. Über die Kiemen muß ständig eine Wasserströmung streichen. Das Atemwasser Funktionelle Anatomie wird erneuert, indem es aus den Kiemen- höhlen herausgestrudelt wird, was durch stän- Abbildung 6 veranschaulicht durch einen dige Bewegung der Exopoditen der Maxillen schematischen medianen Längsschnitt die bewerkstelligt wird. Man kann diesen Vorgang interne Anatomie eines Flußkrebses. Nach daran erkennen, daß sich Blasen an den Öff- einer kurzen Schlundröhre (Oesophagus) folgt nungen der Kiemenhöhlen zeigen, wenn man der Magen, der aus einer großen Cardialkam- den Krebs aus dem Wasser nimmt. Die mei- mer und einer kleinen Pyloruskammer sten Flußkrebsarten können - im Gegensatz zu besteht. Die erste ist zu einem charakteristi- den meisten Fischen - lange Zeit außerhalb schen Kaumagen mit seinen massiven Wül- des Wassers überleben. Solange die Luft inner- sten, Leisten und Zähnen und einem Filterap- halb der Kiemenkammern feucht bleibt, wer- parat umgebildet (Abb. 7). Nur die völlig zer- den die Tiere mit genügend Sauerstoff ver- riebenen Teile der Nahrung werden in die sorgt. Die federförmigen Kiemen der Fluß- zweite Magenkammer weitergegeben; die krebse legen sich nämlich an der Luft nicht unverdaulichen Partikel werden wieder ausge- wie die feinen Kiemenblättchen der Fische spieen. dicht aneinander, klatschen also nicht zusam- men und reduzieren somit nicht ihre Ober- „..., so ist auch die Cuticula des fläche. Sie nehmen nach dem Abfließen des Magens verkalkt oder auf andere Wassers ihre normale Stellung zueinander Weise erhärtet und erzeugt in wieder ein und bleiben dadurch in feuchter erster Linie den sehr merkwürdi- Umgebung tagelang funktionsfähig. Der Rote gen und complicirten Apparat, Amerikanische Sumpfkrebs Procambarns clar- den wir bereits als eine Art kii, der lange Gänge gräbt, kann einige Mona- Magenmühle oder Futtermahler erivähnt haben, und zweitens te bei niedrigen Sauerstoffkonzentrationen einen Filter oder Seiher, durch überleben, solange der Bau feucht bleibt. Bei den die Nahrungssäfte von den kritischen Konzentrationen gräbt sich der nicht nahrhaften harten Theilen Krebs aus und füllt seine Kiemenkammern mit des Futters getrennt werden, wel- Frischluft. Einige australische Flußkrebsarten che in den Darm passiren" können tatsächlich als Landbewohner (HUXLEY 1880). bezeichnet werden. Flußkrebse sind zweigeschlechtige Crusta- Auf den Magen folgt ein nur wenige Mil- ceen. Die äußeren Hauptunterschiede zwi- limeter langer Mitteldarmabschnitt, in denen schen Männchen und Weibchen sind erstens die beiden großen Mitteldarmdrüsen münden. 139 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Augen-Arterie Eierstöcke Enddarm Kaumagen x Magenmuskeln Osten Merz dorsale Abdominal-Artene Antennen-Artene \, abdominale Terga Komplexauge Rostrum — Ganglien abdominale Stema Basis Pleopod 5 Anus i- Telson Gehirn 4 Schreitbein zirkum-oesophageale Konnektive Eileiter Thorax-Artene rechter Lappen der Abb. 6: Sie liegen seitlich rechts und links nehen dem ausgeschieden. Sie öffnen sich mittels kleiner Medianer Längsschnitt durch einen Magen und dem vorderen Teil des Enddarmes. Poren an der Basis der zweiten Antennen. Der Flußkrebs zur Veranschaulichung der internen Anatomie. Die Mitteldarmdrüsen stellen ein weitver- Krebs trinkt nicht, aber große Mengen Wasser zweigtes System von Blindschläuchen dar, die dringen über die Kiemenoherfläche in den der Sekretion von Verdauungsenzymen und Krebskörper ein. Salze und Nährstoffe werden in das Blut (die Haemolymphe) aufgenom- der Resorption der verdauten Nahrung die- men, während die unbrauchbare Flüssigkeit nen. An den Mitteldarm schließt der lange wieder ausgeschieden wird. Auch die Kiemen Enddarm an, der durch den ganzen Krebs- helfen bei der Kontrolle der Körperflüssig- schwanz zieht und im Anus an der Unterseite keitskonzentration, beispielsweise des Natri- des Telsons endet. ums, mit. Die Exkretion und Osmose wird durch zwei kompakte, linsenförmige Körper, welche Der Flußkrebs hat ein muskulöses fünf- dicht unterhalb der Augen liegen, bewerkstel- eckiges Herz, das unter der Areola des Cara- ligt. Sie werden als Grüne Drüsen oder „Nie- pax liegt, besitzt aber keine Blutgefäße wie ren" bezeichnet. Ein stark verdünnter Harn höhere Tiere. Die Arterien sind nur kurz und wird über die Ausleitungsgänge dieser Drüsen münden in Hohlräume, von denen die Organe umspült werden. Dem Abb. 7: Endoskopisches Bild eines Flußkrebs- Herz wird das Blut über magens zur Veranschaulichung des den Pericardialsinus mit- Kauapparates. Nach BÖHM et al. (1997). tels drei Paar Ostien zugeführt. Es wird nach vorne, nach hinten und nach unten über kurze Arterien gepumpt, die in Hohlräume, das Haemo- coelsystem, übergehen. Dann zirkuliert das Blut zum Sternalsinus, von dort zu den Kiemen und schließlich zurück zum Pericardialsinus, wo sich der Kreislauf schließt. Das Blut ist fast farblos und beinhaltet Amoebo- zyten und gelöstes Hae- mocyanin. 140

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