Top im Gesundheitsjob Alexander Seidl Freundlich, aber bestimmt – Die richtigen Worte finden in Gesundheitsberufen Mit 9 Abbildungen 123 Alexander Seidl health care communication Wien, Österreich ISBN-13 978-3-642-41803-7 ISBN 978-3-642-41804-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-41804-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Medizin © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungs- anlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vor behalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwider handlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikations- formen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Planung: Susanne Moritz, Berlin Projektmanagement: Ulrike Niesel, Heidelberg Lektorat: Ute Villwock, Heidelberg Projektkoordination: Heidemarie Wolter, Heidelberg Umschlaggestaltung: deblik Berlin Fotonachweis Umschlag: © www.gettyimages.com, Anatoly Maslennikov Zeichnungen: Claudia Styrsky, München Herstellung: Fotosatz-Service Köhler GmbH – Reinhold Schöberl, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Medizin ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer.com V A n Stelle eines Vorwortes Noch gibt es Menschen Gott sei Dank, die andern helfen, welche krank und hilfreich ihre Hände reichen, damit die Angst und Schmerzen weichen. Vom Drang zu helfen mild geleitet passiert es dennoch, dass man streitet, weil man gestresst und überhaupt sich nicht gerecht behandelt glaubt. Und statt als Helfer aufzutreten steckt selber man bereits in Nöten. Nicht nur, dass der, der Hilfe sucht verbittert ist und sogar flucht, man zweifelt an sich selbst frustriert weil man nicht richtig reagiert. Wie man sich besser da verhält? Es wird in diesem Buch erzählt von Menschen mit sehr viel Erfahrung, es ist wie eine Offenbarung: Um Spannungen schnell zu entschärfen, Sei freundlich und behalt die Nerven! P.H. Über den Autor Alexander Seidl ist ON zertifizierter Organisa- tionsberater und -trainer für das Gesundheits- wesen, NLP Lehrtrainer, systemischer Coach. Er begleitet seit 2000 Organisationen und Menschen im Gesundheitswesen im Zuge von Veränderungsprozessen und gestaltet ge- meinsam mit den Institutionen Prozesse auf eine Art, dass sie nicht nur effizient sind, sondern auch für alle beteiligten Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter so gut wie möglich passen. Aus dem NLP kommt der Ansatz des Model- ling: „Schau dorthin, wo etwas besonders gut funktioniert, erkenne die Strukturen und mache sie für dich und andere nutzbar.“ Viele der Strategien in diesem Buch beruhen auf Beobachtungen aus der Praxis. Gemeinsam mit Mag. Dr. Annelies Fitzgerald, DGKS, betreibt er die Firma health care communication (www.healthcc.at), welche sich mit einem kompetenten Team von Trainern und Beratern auf Schulungen, Be- ratungen und die Organisation von Kon- gressen und Veranstaltungen im Gesundheits- wesen spezialisiert hat. VII Inhaltsverzeichnis 1 Freundlich, aber bestimmt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Alexander Seidl 1.1 Freundlich, aber bestimmt – zu viel verlangt? . . . . . . . 2 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2 Die drei Rahmen gelungener Kommunikation . . . . . 4 Alexander Seidl 2.1 Wahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2 Kontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.3 Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3 Jeder Mensch tickt anders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Alexander Seidl 3.1 Ein Wald oder viele Bäume? – Von Überblick- und Detaildenkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.2 Glaube ich mir oder glaube ich dir? – Interne und externe Referenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.3 Alles zugleich oder eines nach dem anderen? – Möglichkeiten und Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.4 Zuckerbrot und Peitsche – »Hin zu« oder »weg von« . . . 27 3.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 4 Beschwerde als Chance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Alexander Seidl 4.1 Wieso sind Beschwerden wichtig? . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.2 Ungerechtfertigte Beschwerden? . . . . . . . . . . . . . . . 37 4.3 Die Inhaltsfalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4.4 Aus der Schusslinie gehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4.5 Was sage ich jetzt am besten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 VIII Inhaltsverzeichnis 5 Dein Wunsch geht in Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Alexander Seidl 5.1 Stolpersteine am Weg zur »Wunscherfüllung« . . . . . . . 53 5.2 Die unwiderstehliche Bitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 5.3 Was mache ich, wenn der andere »Nein« sagt? . . . . . . . 59 5.4 Hartnäckigkeitsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 5.5 Feedback und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 5.5.1 Bitte statt Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 5.5.2 Das »Sandwich-Feedback« für Lernsituationen . . . . . . . . 68 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 6 Vorwürfe, Angriffe und Widerstände . . . . . . . . . . . 71 Alexander Seidl 6.1 Einwand als Anregung nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 6.2 Klartext sprechen und Spielregeln erklären . . . . . . . . . 72 6.3 Rekontextualisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 6.4 Argumente durch die Werte des anderen untermauern 76 6.5 Verständnis zeigen, aber beharrlich bleiben . . . . . . . . 77 6.6 Hinterfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 7 Was tu ich, wenn …? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Alexander Seidl 7.1 Beleidigungen und persönliche Angriffe . . . . . . . . . . 85 7.1.1 Mögliche Repliken zu den oben angeführten Vorwürfen . . 87 7.2 Vielredner unterbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 7.3 Achselschweiß und Mundgeruch . . . . . . . . . . . . . . . . 92 7.4 Sexuelle Belästigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 7.5 Rassismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 7.6 Trauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 8 In aller Kürze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Alexander Seidl Serviceteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 1 1 Freundlich, aber bestimmt? Alexander Seidl A. Seidl, Freundlich, aber bestimmt (Top im Gesundheitsjob), DOI 10.1007/978-3-642-41804-4_ 1 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 Kennen Sie das? Ein Montagmorgen in einer Ambulanz. Der Warteraum ist zum Bersten gefüllt. Noch dazu kommt es zu Verzögerungen, da sich zwei der diensthabenden Ärzte akut um einen Notfall kümmern müssen. Die Mitarbeiterin ist bemüht, einen Ersatz zu organisieren und telefoniert mit anderen Stationen – alles im Sinne der Patienten. Während sie da- mit beschäftigt ist, kommt ein Patient mit rotem Kopf und faucht sie an: »Das ist ja kein Wunder, dass da nichts weitergeht, wenn Sie die ganze Zeit nur telefonieren. Arbeiten Sie lieber was, damit wir endlich dran- kommen.« Später geht sie erschöpft in den Sozialraum und schenkt sich einen K affee ein. Sie nimmt den letzten aus der Kanne. Kaum hat sie den Kaffee eingeschenkt, hört sie von weiter hinten im Sozialraum, hinter einer Zeitung hervor, eine murmelnde Stimme: »Typisch! Den letzten Kaffee nehmen, aber keinen frischen aufsetzen. Ich frage mich, wozu man sich in dem Team überhaupt etwas ausmacht.« Sie schüttelt den Kopf, trinkt ihren Kaffee und beschließt, ihre Mittags- pause lieber in der Cafeteria zu verbringen. Dort trifft sie eine Kollegin von der Intensivstation. »Die Angehörigen sind so mühsam«, erzählt diese im Gespräch. »Egal, wie groß wir auf Zettel schreiben, wann die Besuchszeiten sind und was die maximale Anzahl an Angehörigen ist, die gleichzeitig ins Zimmer dürfen. Keiner kümmert sich darum. Da kannst du schimpfen, was du willst. Es ist jedem egal.« 6 A. Seidl, Freundlich, aber bestimmt DOI 10.1007/978-3-642-41804-4_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 2 Kapitel 1 · Freundlich, aber bestimmt? »Die Angehörigen gehen ja noch«, bringt sich eine andere Kollegin ins Gespräch ein. »Ich habe einen Chef, der sich nicht abgewöhnen lässt, dass er sich, wenn ich vorm Computer sitze, über mich beugt und seine Hände auf meine Schultern legt. Wisst ihr, wie unangenehm das ist?« Im Gesundheitswesen gibt es unzählige Situationen, wo Emotionen hoch kochen oder Menschen von einem etwas wollen, was man nicht leisten kann. In diesem Buch geht es darum, wie Sie in den zahlreichen Situationen, die jeden Tag vorkommen, die Oberhand behalten und nicht seufzend resignieren, sondern auf angemessene Art Ihren Stand- punkt durchsetzen. 1.1 F reundlich, aber bestimmt – zu viel verlangt? » Freundlich, aber bestimmt« hört sich für manche vermutlich nach dem größten Wunsch jeder Gesundheitseinrichtung an: » Alle Mitarbeiter sollen möglichst freundlich und patientenorien- tiert sein, auf die Bedürfnisse der Kunden, Klienten, Bewohner oder Patienten bedacht sein und dem gesamten multiprofessionellen und interdisziplinären Team positiv und kollegial gegenüber stehen. Auf der anderen Seite sollen sie ihr Ziel exakt kennen, klar sagen, was möglich ist und was nicht, Grenzen setzen und ihren Weg im Sinne der gesamten Organisation gehen. G anz schön viel verlangt, oder? B egriffe wie »freundlich« oder »Kundenorientierung« sind im Gesundheitswesen wichtig, doch in letzter Zeit ein wenig überstra- paziert. Es gab und gibt Schulungen, in denen Flugbegleitpersonal Pflegepersonen beibringt, wie sie möglichst freundlich sind, stets lächeln und auch in schwierigen Situationen eine professionelle Höflichkeit bewahren. Die Idee, darauf zu achten, ist eine sehr gute. Allerdings haben viele dieser Schulungen auch gezeigt, dass ein auf- gesetztes Lächeln, wenn es hinter der Fassade brodelt, ein großer Energiefresser ist. U nsere Erfahrung hat gezeigt, dass »Freundlichkeit« und »Be- stimmtheit« mit »Sicherheit« zusammenhängt: Je mehr Strategien jemand für schwierige Situationen auf Lager hat, umso ruhiger kann