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Frankreich-Jahrbuch 1990: Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Geschichte, Kultur PDF

264 Pages·1990·9.16 MB·German
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Frankreich-lahrbuch 1990 Frankreich-lahrbuch 1990 Politik, Wirtschaft, Gesellschaft Geschichte, Kultur Herausgeber: Deutsch-Franzosisches Institut in Verbindung mit Lothar Albertin . Marieluise Christadler Gerhard Kiersch . Ingo Kolboom Adolf Kimmel . Robert Picht Redaktion: Henrik Uterwedde Leske + Budrich, Opladen 1990 ISBN 978-3-8100-0863-3 ISBN 978-3-322-95924-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-95924-9 © 1990 by Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschlieBlich aIler seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung au8er halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulissig und strafbar. Das gilt insbesondere flir Vervielfiiltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Leske + Budrich Vorwort Der dritte Band des Frankreich-Jahrbuches, den wir hier vorlegen, bildet die Fortsetzung einer Initiative des "Arbeitskreises sozialwissenschaftliche deutsche Frankreichforschung" beim Deutsch-FraOlosischen Institut. Das Jahrbuch versteht sich als Beitrag der Wissenschaft zu besserer Frankreichkenntnis flir eine gro6ere Offentlichkeit. Es ist also nicht als Sam melband flir Spezialstudien angelegt. Diese soIlen weiterhin dort erscheinen, wo sie hingehoren: in den Zeitschriften der eiOlelnen Fachdisziplinen. Das Frankreich-Jahrbuch geht weiter. Es versucht, Zusammenhange zu erschlie Ben und sie so darzusteIlen, daB sie flir aIle diejenigen aufschlu6reich sind, die sich in Politik, Wirtschaft, Kultur und Bildung mit fraOlosischen Fragen be fassen oder sich gaOl aIlgemein flir unseren wichtigsten Nachbam interessie ren. Mit anderen Worten: es will jenes Hintergrundwissen vermitteln, das zum Verstandnis der Berichterstattung in den Medien, aber auch zur Erarbei tung eigener SteIlungnahmen erforderlich ist. Daher wird das Jahrbuch kon troverse Meinungen, wie sie selbstverstandlich auch unter Frankreich Forschem bestehen, dokumentieren. Die Erschlie6ung von Zusammenhangen ist nur unter zwei Voraussetzun gen moglich. Zum einen erfordert sie einen multidisziplinaren Ansatz. Wir verstehen Frankreich-Forschung nicht sozialwissenschaftlich im engeren Sinn. Ohne Beitrage zu Geschichte, Philosophie, Literatur, Kunst und AIltags kultur ist die Entwicklung der fraOlosischen GeseIlschaft nicht zu verstehen. Zum anderen wird es darum gehen, Frankreich nicht als freischwebende Mo nade (etwa aus der Sicht der sogenannten "Landeskunde"), sondem als inte gralen Bestandteil Westeuropas zu begreifen. Das bedeutet, neben den Eigen arten der fraOlosischen Problematik auch die Tendenzen zu untersuchen, die aIlgemeinerer Natur sind: Dies wirft Licht auf die Strukturen, die der Alte Kontinent als Grundlage einer gemeinsamen Zukunft herauszubilden beginnt. Unser Dank gilt in diesem Jahr in besonderem Ma6e der Fritz Thyssen Stiftung, die durch die FinaOlierung der Frankreichforscher-KonfereOl 1989 wichtige Vorarbeiten zum vorliegenden Jahrbuch ermoglichte. 5 In diesem Jahr ist Gilbert Ziebura aus dem Kreis der Jahrbuch Herausgeber ausgeschieden. Seinen Platz nimmt Ingo Kolboom ein. Die berausragende Bedeutung Gilbert Zieburas fUr die sozialwissen schaftliche Frankreichforschung wird im Beitrag von Hans Manfred Bock ge wiirdigt. Aber auch Arbeitskreis, Frankreichforscher-Konferenz und Jahr buch sind zu einem guten Teil aus seinen Anregungen hervorgegangen. Wir danken Gilbert Ziebura fUr sein leidenschaftliches Engagement und fUr eine Zusammenarbeit, die auch in Zuktmft andauem soli. Die Herausgeber: Lothar Albettin Marieluise Christadler Gerhard Kiersch Ingo Kolboom Adolf Kimmel Robert Picht 6 Inhalt Vorwort ........................................................................... 5 Lothar Albenin Frankreich 1989/90. Frankreich verlii6t die Nachkriegsgeschichte ..... 9 Themenschwerpunkt: Identitatsprobleme und Identitatsdebatten in Frankreich Marieluise Christadler Die franzosische Identitiit - eine Frage und viele Antworten ........... 33 Sabine von Oppeln und Robert Picht Jahrbuch kontrovers: Thesen zur nationalen Identitiit .,. ... ..... ...... .... 51 Rudolf von Thadden Identitiit im Widerstreit. Deutsche und franz6sische Wege aneinander vorbei .............................................................................. 61 Klaus Schubert "Banalisation" - auch der My then? Wandlungen im politischen Selbstverstiindnis der Franzosen seit 1789 ................................... 73 Rolf Wittenbrock Auch 1992 bleibt Frankreich franzosisch. Die identitiitsstiftende Funk- tion des Geschichtsunterrichts ................................................. 91 Marieluise Christadler Vichy-Syndrom und nationale Identitiit. Ein Interview mit Henry Rousso 105 Gunther Ammon Wirtschaftsstil und Identitiit .................................................... 117 Claus Leggewie SOS France: Ein Einwanderungsland kommt in die Jahre ................ 131 Dietmar Loch Marseille - eine Hochburg des Front national. Erkliirungsansiitze flir den Erfolg des Rechtsextremismus in Frankreich .......................... 157 7 Beitrage Ganter Liehr Die franzosische Presselandschaft ............................................ 173 Peter Hoizie Zwischen Profit und Profil. Verlagswesen in Frankreich ................. 193 Edward Reichel Zum literarischen Jahrgang 1989 und zur gegenwiirtigen Literatur in Frankreich ........................................................................ 207 Rezensionen Hans Manfred Bock Zur Konstituierung der sozialwissenschaftlichen Frankreichforschung in Deutschland. Anmerkungen aus Anlafi der Festschrift zu Gilbert Zieburas 65. Geburtstag ........................................... 223 Michael Jeismann Zwei Wege in die Modeme. Ansiitze zum sozialhistorischen Vergleich. (H. Berding/E. Fran~ois/H.-P. Ullmann: Deutschland und Frankreich im Zeitalter der franzosischen Revolution) .................................. 235 Hartmut Kaelble Franzosische Gesellschaftsentwicklung: Riickstiindigkeit oder eigener Weg? (H.-G. Haupt: Sozialgeschichte Frankreichs) ........................ 241 Dokumentation Chronik August 1989-Juli 1990 ............................................... 247 Okonomische und gesellschaftliche Basisdaten ............................. 255 Senatswahlen am 24.9. 1989 ................................................... 257 Erste Ergebnisse der Volksziihlung 1990 ..................................... 258 Deutschsprachige Neuerscheinungen zu Frankreich 1989/90 ............ 259 Abkiirzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 263 Personenregister .......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 265 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 269 Zu den Autoren .................................................................. 271 8 Lothar Albertin Frankreich verHiBt die Nachkriegsgeschichte 1. 1hemen: Die deutsche Frage und Frankreichs eigene Probleme Im Juni 1990 hielt ich vor Studenten und Kollegen einer Pariser Universi tat einen Vortrag zu dem von ihnen vorgeschlagenen Thema: Mu6 man Furcht haben vor Deutschland? Ich zitierte den Kommentar eines franzOsischen Ge nerals zum Tempo der deutschen Einigung: "Der ,Blitzkrieg' hat begonnen ... Sie werden die Bombe vor Ende des Jahrhunderts haben. Gliicklicherweise haben wir die unsere" (L'Express 16.3.1990, 41). Das Auditorium reagierte mit schallendem Geliichter. Im August brachte "Le Monde Diplomatique" ei nen ausfiihrlichen Beitrag aus wissenschaftlich kompetenter Feder: "Das er obernde Deutschland. Geburt einer neuen Hegemonie?" Deutschland sei da bei, seine okonomische Vormacht in der EG, der europiiischen Freihandels zone und im auseinanderbrechenden Comecon zu etablieren. Zwischen diesen Deutungen der deutschen Frage artikulierte sich in Frankreich seit Herbst 1989 ein breites Spektrum von Meinungen. Sie wurden zu einem Test auf die Verlii6lichkeit der deutsch-franzosischen Beziehungen. Es ist an der Zeit, zu fragen, was seine Resultate sind. Sie konnen vom inneren Zustand Frankreichs nicht getrennt werden. Es setzt einerseits seinen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung fort und sieht sich andererseits einer neuen Diskussion iiber soziale Ungleichheiten ausge setzt. Wiihrend seine Wiihler klare politische Perspektiven erwarten, haIt sich seine politische Elite bei selbstgeniigsamen Querelen iiber Personen und Ant ter auf. Der Streit urn Frankreichs kiinftige Rolle in der Welt zerrei6t die Na tion, der Rechtsextremismus profitiert davon. Hat das Entsetzen iiber die Schiindung des jiidischen Friedhofs in Carpentras, Gipfel einer langen Reihe rassistischer und antisemitischer Exzesse, in der Nation eine neue Solidaritat geweckt? 2. Die deutsche Frage - das1hema der offentlichen Meinung Nirgends im westlichen Ausland wurde die Diskussion iiber die deutsche Frage seit 1989 so lebhaft gefiihrt wie in Frankreich. Sie war auch nirgends so 9 Le Monde, 26. Juni 1990 kontrovers. Die Grundpositionen hatten die Kommentatoren der deutschen Ostpolitik seit Anfimg der siebziger Jahre vorgegeben. Waren sie argwoh nisch, so schloJl der gewohnte Rtickgriff auf den Rapallovertrag von 1922 die Liicken der Argumentation. BegrtiJ3ten sie die behutsame und beharrliche Offnung zum Osten, so unterstellten sie ihr den realistischen Verzicht auf eine Wiedervereinigung in absehbarer Zeit. Die wechselseitigen deutsch-sowjetischen Staatsbesuche mit groJ3em An hang aus Wirtschaft und Kultur, die Bonner Erklarung tiber das "gemeinsame Haus" - in dem das Selbstbestimmungsrecht der Volker gelten solle - ka men den Wiinschen der meisten Franzosen flir die Perestroika Gorbatschows gelegen. Sind sein "gemeinsames Haus" und die Europaische Gemeinschaft komplementiire oder alternative Konzepte? So fragte ein vom "Express" orga nisiertes Kolloquium im Juli 1989. Gorbatschows Idee habe nur dann einen konkreten Sion, meinte Jean Franc;:ois-Poncet, weon die Barrieren fallen, die - ,,00 Augenblick" - Deutschland teilen. Er erwiihnte ausdrticklich die Grenzen zwischen beiden Deutschland: Die Mauer gebe eher das Geflihl ei nes Gefiingnisses als eines gemeinsamen Hauses (L'Express 7. 7. 1989). Sein sowjetrussischer Gespriichspartner leugnete nicht die politischen Probleme der DDR, aber von ihrer Preisgabe zugunsten einer deutschen Einheit war noch nicht die Rede. Die Bundesrepublik sei dem Charme Gorbatschows ver fallen, der ihr eine Schliisselrolle 00 Dialog zwischen beiden Europa anbiete, hieJ3 es zwar nach dessen Besuch in Boon. Franzosen mokierten sich iiber die "Gorbymanie" jenseits des Rheins. Nach seinem Paris-Besuch setzten sie gleichwohl mit starken Mehrheiten (von 60 bis 65 %) Vertrauen in Mitterrand, 10 Kohl und Gorbatschow. Noch erschienen aIle drei als Garanten fUr die Stabili tiit der Grenzen und damit eines fUr Frankreich gunstigen Gleichgewichts in Europa. Seit der Exodus der Deutschen uber die ausliindischen Botschaften ein setzte, der Fall der Mauer die tiigliche Massenmigration ermoglichte und in den Stiidten der DDR die Vereinigung der Deutschen ein Thema der friedli chen Massenkundgebungen wurde, verlor das gewohnte Orientierungsmuster an Wert. Zeitungen und Zeitschriften samt Sondemummem, die sonstigen Medien, Symposien und Diskussionsforen bemuhten sich, die historische Tragweite der Ereignisse zu erkennen. Noch war das 200jiibrige Jubiliium der Revolution mit seinen Kontroversen uber ihre Leistungen und ihren Verfall zum Terror nicht abgeklungen, da wurde der Geschichte der Revolutionen ein neuer Typ, die erfolgreiche "friedliche Revolution", hinzugefUgt. Und sie ge lang ausgerechnet den Deutschen, die Lenin nicht mochte, weil er ihnen zu traute, sich zuerst eine Bahnsteigkarte zu losen, bevor sie einen Bahnhof sturmten (L'Express 17.9.1989). Die franzosische Fuhrung erschien zuniichst paralysiert wie die anderen Regierungen der EG. Mitterrand hatte zwar schon im Sommer erkliirt, eine deutsche Wiedervereinigung nicht zu fUrchten; uber den zeitraffenden Ablauf der Vorgiinge tiiuschte er sich wie andere Spitzenpolitiker. Seine intemationa len Sondierungen und sein Besuch in der DDR wurden von einigen Bliittem als "Zickzack'~Kurs kritisiert und von Bonner Seite, die eine rasche Unbe denklichkeitserkliirung erwartete, mit Befremden aufgenommen. Sie trug aber selbst zu den Irritationen bei. Die EG fUhlte sich zeitweilig nicht genu I gend konsultiert. Der Kanzler muBte gedriingt werden, seine Sprachregelung in der Oder-NeiBe-Frage zu priizisieren. Er kUndigte mit rascher Hand die in nerdeutsche Wiihrungsunion an, bewahrte aber - bis zum StraBburger Gipfel - die bekannte ZUrUckhaltung zum Terminplan fUr die Wirtschafts-und Wiib rungsunion der EG. War seine Politik fUr die westeuropiiischen Partner unzu verliissig geworden? Und was bedeutete dies fUr Frankreich? Drohte es durch die Verschiebung des europiiischen Machtzentrums nach Osten in eine Rand lage zu geraten? Mit den klaren Resultaten der Volkskammerwahlen und den Femsehin terviews Mitterrands und Kohls fUr die franzosische Offentlichkeit im Marz ging die Phase der Verstimmungen und Spannungen zu Ende. Die Wahlen wurden als Plebiszit fUr die Politik des Kanzlers gedeutet. Mitterrand schloB jeden Zweifel an dessen europaischer Loyalitiit aus. Und "Kohl, der Euro piier", fand in den Medien eine ungewohnlich gunstige Resonanz. Wortlich hielten viele Zeitungen seinen Satz fest: "Die franzosisch-deutsche Freund schaft steht im Zentrum der kunftigen europaischen Entwicklung" (Figaro 30.3.1990). Bald darauf warben beide Politiker auf dem Sondergipfel der Zwolf in Dublin fUr die Beschleunigung der Politischen Union, die diesmal konkreter gefaBt war, und intervenierten gemeinsam in der Litauenfrage. Auf der "Zwei plus vier" -Konferenz in Bonn Anfang Mai war die franzosisch- 11

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