Fabian Scheidler Das Ende der Megamaschine © 2015 Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Wien ISBN: 978-3-85371-826-1 (ISBN der gedruckten Ausgabe: 978-3-85371-384-6) Fordern Sie unsere Kataloge an: Promedia Verlag Wickenburggasse 5/12 A-1080 Wien E-Mail: [email protected] Internet: www.mediashop.at www.verlag-promedia.de Über den Autor Fabian Scheidler, Jahrgang 1971, geboren 1968, studierte Geschichte und Philosophie an der Freien Universität Berlin und Theaterregie an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt/M. Seit 2001 arbeitet er als freischa(cid:643)ender Autor für Printmedien, Fernsehen, Theater und Oper. 2009 gründete er mit David Goeßmann das unabhängige Fernsehmagazin Kontext TV, das regelmäßig Sendungen zu Fragen globaler Gerechtigkeit produziert. Zahlreiche Vorträge zu Globalisierungsthemen bei Kongressen von Attac, Deutsche Welle, Greenpeace, Evangelische Akademie u. a. Otto- Brenner-Medienpreis für kritischen Journalismus (2009). Programmkoordinator für das Attac-Bankentribunal in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz (2010). Als Dramaturg und Theaterautor arbeitete er viele Jahre für das Berliner Grips Theater. 2013 wurde seine Oper „Tod eines Bankers“ (Musik: Andreas Kersting) am Gerhart- Hauptmann-Theater in Görlitz uraufgeführt. Inhaltsverzeichnis Über den Autor Einleitung Teil I: Die vier Tyranneien 1. Kapitel: Macht 2. Kapitel: Metall 3. Kapitel: Markt 4. Kapitel: Ohnmacht 5. Kapitel: Mission Teil II: Die Megamaschine 6. Kapitel: Monster 7. Kapitel: Maschine 8. Kapitel: Moloch 9. Kapitel: Masken 10. Kapitel: Metamorphosen 11. Kapitel: Möglichkeiten Ausgewählte Literatur Zeittafel A: Die vier Tyranneien (Kapitel 1–5) Zeittafel B: Formation der globalen Megamaschine (Kapitel 6) Zeittafel C: Konsolidierung, Expansion und Krisen (Kapitel 7–9) Zeittafel D: Boom und Grenzen der Megamaschine (Kapitel 10–11) Anmerkungen Weitere E-Books von Promedia Einleitung »Sie machen alles kaputt, es ist unfasslich«, sagte kürzlich eine betagte Nachbarin zu mir, nachdem sie einen Dokumentar(cid:633)lm mit dem harmlos erscheinenden Titel Sand gesehen hatte. Der Film zeigt, wie der sprichwörtliche Sand am Meer inzwischen knapp wird, weil weltweit Strände, Flussbetten und Meeresgründe abgebaggert werden, um in den Hochhäusern von Dubai oder Shenzhen zu verschwinden. »Gibt es denn gar kein Ende, hören sie denn nie auf?«, fragte sie. Wir sind augenblicklich Zeugen, wie ein ganzer Planet, der vier Milliarden Jahre für seine Entwicklung brauchte, in einer globalen Wirtschaftsmaschinerie verheizt wird, die Unmengen von Gütern und zugleich Unmengen von Müll produziert, irrsinnigen Reichtum und massenhaftes Elend, permanente Überarbeitung und sinnlosen Leerlauf. Ein Außerirdischer, der uns besuchen würde, könnte dieses System nur für verrückt halten. Und doch entbehrt es nicht einer gewissen Rationalität. Der harte Kern dieser Rationalität besteht in der unendlichen Vermehrung von Zahlenkolonnen auf den Konten einer relativ überschaubaren Zahl von Menschen.1 Diese Zahlenkolonnen länger zu machen scheint letztlich das einzig verbliebene Ziel der globalen Megamaschine zu sein. Die Erde wird für eine endlos wachsende Zahl von Nullen verbrannt. Im Grunde wissen alle, wie zerstörerisch dieses System agiert, dass es krank ist und krank macht. 80 Prozent der Deutschen wünschen sich laut Umfragen ein anderes Wirtschaftssystem.2 Lange vorbei sind die Zeiten von Fortschrittsbegeisterung und Markteuphorie. Fast alle Menschen, mit denen ich in den letzten zehn Jahren gesprochen habe – ob konservative, linke, öko-bewegte, junge oder alte –, glauben nicht mehr an die Zukunft des Systems, wenn sie ehrlich sind und ihre professionellen Masken ablegen. Doch zugleich herrscht eine beklemmende Ratlosigkeit. Das Räderwerk scheint, obwohl o(cid:643)ensichtlich sinnlos und zerstörerisch, nicht zu stoppen. Nach dem Fiasko von jahrzehntelangen Klimaverhandlungen, die mehr CO₂ verbraucht als eingespart haben, ergebnislosen Welthungerkonferenzen und bestenfalls kosmetischen Reparaturen an einem gemeingefährlichen Welt(cid:633)nanzsystem erwartet heute kaum noch jemand ernsthaft, dass von Regierungen eine globale Trendwende zu erwarten ist. Obwohl das Wissen über die verhängnisvollen Folgen eines Weiter-so mit jedem Tag wächst, halten die Kapitäne der Großen Maschine unbeirrt Kurs in Richtung einer todsicheren Havarie. Das ist umso seltsamer, als es nicht, wie oft behauptet wird, an Alternativen fehlt. Fast jeder Bereich unserer Gesellschaft und Wirtschaft ließe sich vollkommen anders organisieren: In wenigen Jahren etwa könnte die gesamte Landwirtschaft der Erde zu ökologischem Landbau konvertieren und damit 40 Prozent aller Treibhausgasemissionen einsparen;3 ein gemeinwohlorientiertes Geldsystem könnte das gegenwärtige Finanzcasino ersetzen und seit Jahrzehnten gibt es Konzepte für dezentrale erneuerbare Energien, intelligente ö(cid:643)entliche Verkehrssysteme, faire Arbeitsteilung und regionale Wirtschaftskreisläufe.4 All das wäre möglich, wenn – ja, wenn was? Wer oder was blockiert diese Möglichkeiten eigentlich, und warum? Warum ist eine Zivilisation, die sich weltweit als Trägerin von Vernunft und Fortschritt inszeniert, unfähig, einen offensichtlich selbstmörderischen Pfad zu verlassen und die Richtung zu ändern? Dieses Buch versucht auf diese Fragen Antworten zu geben, indem es eine Geschichte erzählt. Wenn wir uns das Verhalten eines Menschen nicht erklären können, wenn wir ihn für verrückt halten, dann hilft es manchmal, seine Geschichte zu erzählen. Menschen tun selten etwas ohne Gründe. Aber diese Gründe sind oft nicht in der unmittelbaren Gegenwart zu (cid:633)nden, sondern in der Vergangenheit, wo sich die Muster dieses Verhaltens gebildet haben. Nur wer die eigene Geschichte kennt, kann sie ändern. Und für soziale Systeme – die ja aus Menschen bestehen – gilt das Gleiche. Die Mythen der Moderne Die Schuld daran, dass wir auf einen tödlichen Irrweg geraten sind, wird oft dem Siegeszug neoliberaler Politik zugeschrieben, die in den letzten Jahrzehnten zu einer Zuspitzung von sozialer Ungleichheit und Umweltverwüstungen geführt hat. Doch die Ursachen liegen, so die These dieses Buches, wesentlich tiefer; der Neoliberalismus ist nur die jüngste Phase eines wesentlich älteren Systems, das von Anfang an, seit seiner Entstehung vor etwa 500 Jahren, auf Raubbau gründete. Von der Geschichte und Vorgeschichte dieses Systems, das sich in einer beispiellosen Expansionsbewegung um den gesamten Erdball verbreitet hat und mittlerweile seine Grenzen erreicht, handelt dieses Buch. Man kann diese Geschichte auf sehr unterschiedliche Weisen betrachten. Die Standardversion – der Mythos der westlichen Zivilisation – erzählt von einem Prozess mühsam errungenen Fortschritts, der trotz aller Widrigkeiten und Rückschläge im Endergebnis zu mehr Wohlstand, mehr Frieden, mehr Wissen, mehr Kultur und mehr Freiheit geführt hat. Kriege, Umweltverwüstungen und Völkermorde sind in dieser Version Ausrutscher, Rückfälle, Rückschläge oder unerwünschte Nebenwirkungen eines im Großen und Ganzen segensreichen Prozesses zunehmender Zivilisierung. Jede Gesellschaft p(cid:635)egt ihren Mythos, der ihre spezi(cid:633)sche Ordnung begründet und rechtfertigt. Das Problem von solchen Mythen ist allerdings, dass sie uns nicht nur ein verzerrtes Bild der Vergangenheit liefern, sondern auch unsere Fähigkeit vermindern, die richtigen Entscheidungen für die Zukunft zu tre(cid:643)en. Wenn ich glaube, dass ich schon sehr lange auf der richtigen Straße gehe, die mich irgendwann in blühende Landschaften führen wird, dann werde ich sie weiter gehen, auch wenn die Straße immer holpriger wird, die Verwüstungen um mich herum zunehmen und meine Wasservorräte zur Neige gehen. Doch irgendwann kommt unweigerlich der Punkt, an dem ich mich frage, ob meine Karten richtig sind, ob ich sie richtig interpretiert habe und ob dies die richtige Straße sein kann. An diesem Punkt be(cid:633)nden wir uns wir heute. Die allgemeine Ratlosigkeit kann zu einem entscheidenden Moment des Innehaltens führen, um einen kritischen Blick auf die Karten zu werfen, sie dort, wo sie o(cid:643)ensichtlich irreführend waren, neu zu zeichnen und die eigene Lage neu zu bestimmen. Dazu will dieses Buch einen Beitrag leisten. Eine Neuorientierung fängt damit an, den Standpunkt der Betrachtung zu verändern. Die Saga vom Fortschritt macht aus der Sicht der Sieger der Geschichte – zu denen in der Regel auch Menschen gehören, die Geschichtsbücher schreiben – durchaus Sinn. Während ich beispielsweise dieses Buch schreibe, sitze ich in einem beheizten Raum, trinke Ka(cid:643)ee, schaue aus dem Fenster und sehe das Herbstlaub fallen, während meine Tochter in einem hübschen Kindergarten um die Ecke spielt. Die Welt erscheint in Ordnung. Jedenfalls in dem kleinen Ausschnitt von Zeit und Raum, den ich gerade überblicke. Sobald ich den Ausschnitt aber vergrößere und den Standpunkt der Betrachtung verändere, bietet sich mir ein vollkommen anderes Bild. Der Sicherheitsmann im Irak etwa, der die Pipeline, durch die mein Heizöl (cid:635)ießt, bewacht und seine halbe Familie im Krieg verloren hat, sieht einen anderen Teil der Welt, er hat eine andere Geschichte erlebt; und der Siegeszug des Systems, von dem dieses Buch handelt, hat für ihn eine andere Bedeutung. Das Gleiche gilt für die Ka(cid:643)eebäuerin in Guatemala oder den Arbeiter in einer Coltanmine im Kongo, der die Mineralien aus der Erde holt, ohne die mein Computer nicht funktionieren würde. Mit all diesen Menschen bin ich, obwohl ich sie nicht kenne, verbunden; und wenn ich eine realistische Geschichte des Systems, in dem ich lebe, erzählen will, dann muss ich auch ihre Geschichten und die Geschichte ihrer Vorfahren erzählen. Ich muss, mit anderen Worten, meinen Kokon verlassen und die Welt durch die Augen von Menschen betrachten, deren Stimmen in der Regel von den Megaphonen der Macht übertönt werden. In einer derart veränderten Perspektive zeigt sich die von Europa ausgehende Expansion der letzten 500 Jahre als eine Geschichte, die für den größten Teil der Menschheit von Anfang an mit Vertreibung, Verelendung, massiver Gewalt – bis hin zum Völkermord – und der Zerstörung ihres Umweltraumes verbunden war. Diese Gewalt ist keine Sache der Vergangenheit, keine »Kinderkrankheit« des Systems, sondern eine seiner dauerhaften strukturellen Komponenten. Die sich abzeichnende Zerstörung der Lebensgrundlagen von Hunderten Millionen von Menschen durch den Klimawandel legt dafür aktuell Zeugnis ab. Die Megamaschine Mit welchem Recht aber kann man überhaupt sagen, dass wir es mit einem globalen System zu tun haben und nicht mit einer bloßen Ansammlung von Institutionen, Ideologien und Praktiken? Ein System ist mehr als die Summe seiner Teile, es ist ein Funktionsgefüge, in dem alle Bestandteile aufeinander angewiesen sind und nicht unabhängig voneinander existieren können. Es ist o(cid:643)ensichtlich, dass es so etwas wie ein Welt(cid:633)nanzsystem, ein globales Energiesystem und ein System internationaler Arbeitsteilung gibt und dass diese Systeme wiederum eng verzahnt sind. Diese ökonomischen Strukturen können jedoch unmöglich selbstständig funktionieren. Sie sind auf die Existenz von Staaten angewiesen, die in der Lage sind, bestimmte Eigentumsrechte durchzusetzen, Infrastrukturen bereitzustellen, Handelsrouten militärisch zu verteidigen, ökonomische Verluste aufzufangen und Widerstand gegen die Zumutungen und Ungerechtigkeiten des Systems unter Kontrolle zu halten. Militarisierte Staaten und Märkte sind, wie wir im Laufe des Buches sehen werden, kein Gegensatzpaar, sondern haben sich co-evolutionär entwickelt und bleiben bis heute untrennbar miteinander ver(cid:635)ochten. Die beliebte Gegenüberstellung von Staat und »freiem Markt« ist eine Fiktion, die mit der geschichtlichen Wirklichkeit nichts zu tun hat. Die dritte tragende Säule – neben den ökonomischen und staatlichen Strukturen – ist ideologischer Art. Die gewaltsame Expansion des Systems und die Ungerechtigkeiten, die es unweigerlich hervorbringt, wurden von Anfang an damit gerechtfertigt, dass der »Westen« Träger einer heilbringenden weltgeschichtlichen Mission sei.5 War es zunächst die christliche Religion, die diesen Anspruch begründete, so traten später die vermeintlich überlegene »Vernunft« und »Zivilisation«, die »Entwicklung« oder auch der »freie Markt« an diese Stelle. Schulen, Universitäten, Medien und andere weltanschaulich prägende Institutionen, die sich im Laufe der Neuzeit in enger Verbindung mit den militärischen und ökonomischen Machtapparaten herausbildeten, haben eine entscheidende Rolle bei der Ausarbeitung und Verbreitung dieser Mythologie gespielt – auch wenn es in ihnen immer wieder wichtige Emanzipationsbewegungen gab. Das Zusammenwirken dieser drei Machtsphären als Teil eines globalen sozialen Systems ist seit den 1970er-Jahren unter anderem von dem amerikanischen Sozialwissenschaftler Immanuel Wallerstein umfassend analysiert worden. Wallerstein nennt dieses Funktionsgefüge das »moderne Weltsystem«. Ich benutze dafür den metaphorischen Begri(cid:643) der »Megamaschine«, der auf den Historiker Lewis Mumford (1895–1990) zurückgeht.6 »Maschine« meint hier keine technische Apparatur, sondern eine gesellschaftliche Organisationsform, die wie eine Maschine zu funktionieren scheint. Ich sage ausdrücklich »scheint«, denn bei allen systemischen Zwängen besteht die Maschinerie letztlich aus Menschen, die sie täglich neu erscha(cid:643)en und damit – zumindest unter bestimmten Bedingungen – auch aufhören könnten. Die Grenzen des Systems Die Megamaschine stößt, so eine der zentralen Thesen dieses Buches, im 21. Jahrhundert an zwei Grenzen, die in ihrer Kombination letztlich unüberwindlich sind. Die erste Grenze ist systemimmanent: Seit etwa vier Jahrzehnten steuert die globale Ökonomie in eine strukturelle Krise hinein, die nicht mehr mit den üblichen Konjunkturzyklen zu erklären ist. Diese Krise wird nur durch eine stetig wachsende Verschuldung aller Akteure kaschiert, durch Finanzblasen, die sich in immer tieferen Wirtschaftscrashs entladen (vgl. Kapitel 10). Das System bietet zugleich immer weniger Menschen einen sicheren Lebensunterhalt. Die 200 größten Unternehmen der Welt vereinen zwar 25 Prozent des Weltsozialproduktes auf sich, beschäftigen aber nur noch 0,75 Prozent der Weltbevölkerung.7 Ein immer größerer Teil der Menschheit fällt aus dem ökonomischen System heraus, und das nicht allein an der Peripherie, sondern auch in den Zentren der Akkumulation und in der Mittelschicht; der Ruin der südeuropäischen Länder ist dafür eines der aktuellsten Beispiele. Diese Strukturkrise ist nicht allein einer verfehlten Wirtschaftspolitik geschuldet, sondern die Folge von Widersprüchen innerhalb des Gesamtsystems, die kaum aufzulösen sind. Damit einher geht eine Transformation vieler Staaten, die sich nach einem relativ kurzen wohlfahrtsstaatlichen Intermezzo tendenziell wieder zu den repressiven Militär- und Polizeiorganisationen zurückentwickeln, die sie in früheren Phasen des Systems waren. Mit der schwindenden Fähigkeit der Megamaschine, den Menschen eine Zukunftsperspektive zu bieten, zerfällt außerdem der Glaube an ihren Mythos. Der ideologische Zusammenhalt – das, was der italienische Philosoph Antonio Gramsci die »kulturelle Hegemonie« nannte – bekommt immer deutlichere Risse. Die zweite und noch wichtigere Grenze liegt darin begründet, dass die Megamaschine Teil eines größeren, umfassenden Systems ist, von dem sie abhängt: der Biosphäre des Planeten Erde. Wir sind bereits jetzt Zeugen, wie das geradezu explosive Wachstum der Großen Maschine auf die Grenzen dieses übergeordneten Systems stößt, Grenzen, die zwar bis zu einem bestimmten Punkt dehnbar sind, aber nicht unendlich. Die Kombination der ökologischen und sozialen Verwerfungen bringt eine extrem komplexe, chaotische Dynamik mit sich, und es ist prinzipiell unmöglich vorherzusagen, wohin dieser Prozess führen wird. Klar ist aber, dass ein tiefgreifender, systemischer Umbruch unausweichlich ist – und teilweise schon begonnen hat. Dabei geht es um weit mehr als um eine Überwindung des Neoliberalismus oder den Austausch bestimmter Technologien (auch wenn beides notwendig ist); es geht um eine Transformation, die bis in die Fundamente unserer Zivilisation reicht. Die Frage ist nicht, ob eine solche Transformation statt(cid:633)nden wird – das wird sie auf jeden Fall, ob wir wollen oder nicht –, sondern wie sie verläuft und in welche Richtung sie sich entwickelt. Die Megamaschine ist nicht das erste System in der menschlichen Geschichte, das scheitert, aber das mit Abstand größte, komplexeste – und gefährlichste. Es hat ein Arsenal von Wa(cid:643)en mit bis dahin unbekannter Vernichtungskraft gescha(cid:643)en und ist dabei, die großen lebenserhaltenden Systeme der Erde, das Klimasystem, die P(cid:635)anzen- und Tierwelt, die Böden, Wälder, Meere, Flüsse und Aquifere, auf existenzbedrohende Weise zu schädigen. Die Frage des Wie und Wohin der Transformation ist daher eine Frage von Leben oder Tod für große Teile der Weltbevölkerung. Art und Richtung des systemischen Umbruchs werden darüber entscheiden, in was für einer Welt wir und unsere Nachkommen in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts leben: in einer Welt, die mehr noch als die jetzige von Elend und Gewalt geprägt ist; oder in einer Welt, die lebensfreundlicher und freier ist als die derzeitige. Die zunehmende Instabilität des globalen Systems bringt dabei eine außerordentliche Situation hervor, in der auch relativ kleine Bewegungen großen Ein(cid:635)uss auf den Gesamtprozess und seine Ergebnisse nehmen können. Das kann sowohl eine gute als auch eine schlechte Nachricht sein. Der rasche Aufstieg rechtsextremer und fundamentalistischer Bewegungen sowie zunehmende polizeistaatliche Tendenzen zeigen, dass sich auch totalitäre Kräfte der zerbröckelnden ökonomischen und politischen Strukturen bemächtigen können. In dieser Lage kommt es auf uns alle an. Zuschauer des Spektakels zu bleiben, ist keine Option, denn auch Nicht-Handeln, auch Passivität ist eine Entscheidung, die mit über den Ausgang der Geschichte bestimmen wird. Aufbau des Buches
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