dtv »In uns selbst liegt beides, Untergang und Rettung.« So lautet eine der lebensphilosophischen Einsichten des berühmten Sto ikers Epiktet. Ähnlich wie bei Sokrates sind dessen Lehren uns nur durch Arrian, einen seiner zahlreichen Schüler überliefert. Um 50 n. Chr. in Phrygien als Sohn einer Sklavin geboren, wuchs Epiktet in Rom auf. Sein Herr, selbst ein Freigelassener Neros, ermöglichte ihm eine Ausbildung bei dem Stoiker Mu sonius Rufus und schenkte ihm die Freiheit. Daraufhin grün dete Epiktet seinerseits eine philosophische Schule, wurde im Jahr 94 aber aus Rom vertrieben und ließ sich im westgrie chischen Nikopolis nieder, wo er etwa 135 n. Chr. starb − verehrt und bewundert von seinen zahlreichen Schülern. Seine ›Gespräche‹ (Diatriben) und sein ›Handbüchlein der Moral‹ (Encheiridion) wurden immer wieder gelesen und zählen zu den Grundtexten philosophischen Bemühens um ein ethisch fundiertes, würdevolles Dasein. Der vorliegende Band führt in diese bis heute wirkungsmächtige Lebenskunst ein. Georg Wöhrle ist Professor für Gräzistik an der Universität Trier. Die Textauszüge, die er aus den Schriften Epiktets vor stellt, hat er eigens für diesen Band neu bearbeitet. Originalausgabe November 2002 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München www. dtv. de 2002 Deutscher Taschenbuch Verlag, München Umschlagkonzept: Balk & Brumshagen Umschlagbild: Ralph Bittner Satz: K. Hülser, Konstanz Druck und Bindung: Druckerei C. H. Beck, Nördlingen Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany · ISBN 3–423–30864–8 Inhaltsverzeichnis Vorwort ..................................... 9 Erster Teil ................................... 11 I Ausgangspunkte ............................. 13 1. Epiktets Leben ............................ 13 2. Epiktets Werk ............................ 14 3. Philosophie als Lebenskunst ................. 16 4. Epiktet lesen .............................. 21 II Epiktets Weg ............................... 24 1. Epiktets Fragen in unsere Welt gestellt . . . . . . . . . 24 2. Ein erster Hinweis auf das zugrunde liegende Problem .......................... 30 III Die Entscheidung ........................... 32 1. Freiheit als Selbstbestimmung ................ 32 2. Erste Beispiele ............................ 37 IV Die Unterscheidung ......................... 41 1. Lass fahren dahin! ......................... 41 2. Noch einmal Theorie und Praxis ............. 45 3. Erste Hinweise auf das Ziel der Ausbildung . . . . . 47 4. Eine Nachbemerkung ...................... 49 V Ein Grundleiden ............................ 50 1. Die Affekte ............................... 50 2. Furcht ................................... 50 VI Menschenglück ............................. 55 VII Sorgfalt und Standfestigkeit ................... 60 VIII Gott und Mensch .......................... 65 1. Vorsehung ................................ 65 2. Der Mensch als Verwandter Gottes . . . . . . . . . . . 66 3. Der Mensch als Teil des Ganzen .............. 71 5 IX Begehren und Meiden ....................... 74 X Aske¯sis − Übung ............................ 80 XI Fortschritt ................................. 85 1. Prüfung .................................. 85 2. Weise und Toren .......................... 87 Zweiter Teil ................................. 91 XII Über Krankheit ............................ 93 1. Gesundheit ist kein Gut ..................... 93 2. Schmerzen ............................... 95 XIII ...und Tod .............................. 98 XIV Die Tür ist offen .......................... 104 XV Von der Liebe zu den Seinen ................. 111 1. Liebe ohne Unglück ........................ 111 2. Vernünftige Zuneigung ..................... 114 3. Jeder sucht seinen eigenen Vorteil ............. 116 XVI Die anderen, die vielen ..................... 118 1. Wer sich verfehlt, schadet sich selbst . . . . . . . . . . . 118 2. Der Charakter eines Menschen ............... 120 3. Bedauern statt Mitleid ...................... 122 4. Die feste Burg ............................ 124 XVII Das Leben, ein Spiel ...................... 127 XVIII Abschließende Bemerkungen ............... 131 1. Epiktets Hörer ............................ 131 2. Epiktet heute lesen ......................... 134 3. Das moralische ›Wir‹ ....................... 139 Handbüchlein der Moral ...................... 145 Literaturempfehlungen ......................... 157 6 »In uns selbst liegt beides, Untergang und Rettung« (Gespräche IV 9.16) Vorwort Wenn Epiktet bekannt ist, so verdankt er das zumeist einer Lektüre des so genannten Handbüchleins der Mo ral, einem thesenartigen Auszug aus den in vier Büchern überlieferten Gesprächen.1 Wer Epiktet näher kennen ler nen und vor allem sein Anliegen verstehen will, muss auf die Gespräche zurückgreifen. Als eine Hinführung zu deren Lektüre vor allem versteht sich das vorliegende Büchlein. Dabei kann und soll hier keine systematische Einführung in die stoische Philosophie vermittelt wer den, zu deren herausragenden Vertretern im kaiserzeit lichen Rom um die Wende vom ersten zum zweiten Jh. n. Chr. Epiktet gehört. Vielmehr soll, vergleichbar wie es Epiktet in den Gesprächen selbst unternimmt, in den einzelnen Abschnitten immer wieder von neuem anset zend dem zentralen Anliegen Epiktets näher gekommen werden. Dabei wird auch Epiktets stoische Perspektive beleuchtet, aber zugleich deutlich werden, dass es ihm nicht um die Vermittlung eines Systems geht, sondern um die Frage, wie ein gelingendes Leben möglich ist. 1 Die einzelnen Bücher der Gespräche werden im Folgenden mit römischen Ziffern zitiert; die jeweiligen Gespräche und ihre Para grafen mit arabischen, also etwa: IV 2. 1. Das Handbüchlein wird mit HB abgekürzt. Auf die Behandlung eines Punktes in einem vorher gehenden oder späteren Kapitel des vorliegenden Bandes wird mit (→) hingewiesen. 9