ebook img

(Ent-)Politisierung? Die demokratische Gesellschaft im 21. Jahrhundert PDF

330 Pages·2020·2.448 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview (Ent-)Politisierung? Die demokratische Gesellschaft im 21. Jahrhundert

Andreas Schäfer | David Meiering [Hrsg.] (Ent-)Politisierung? Die demokratische Gesellschaft im 21. Jahrhundert Leviathan Sonderband 35 | 2020 Nomos Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8487-6301-6 (Print) ISBN 978-3-7489-0407-6 (ePDF) 1. Auflage 2020 © Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2020. Gedruckt in Deutschland. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Leviathan Jahrgang 48 · Sonderband 35 · 2020 Inhaltsübersicht Vorwort................................................................................................... 7 Einleitung David Meiering und Andreas Schäfer (Ent-)Politisierung – Debatten, Modelle und Befunde.......................................... 11 A. Theorien, Konzepte, Kriterien Claudia Wiesner Politisierung, Politik und Demokratie. Zu Theorie und Konzeption eines komplexen politikwissenschaftlichen Begriffsgefüges ......................................................... 39 Friedbert W. Rüb Was ist Politik? Unentwegter Versuch, einem zentralen Begriff auf die Spur zu kommen .................................................................................................. 65 B. Beobachtungen und Befunde Mobilisierung und Radikalisierung Priska Daphi Politisierung und soziale Bewegungen: zwei Perspektiven..................................... 97 Eva Herschinger Radikalisierung als weibliche Subjektwerdung? Die Bedeutung von Geschlecht im Kontext von Politisierung............................................................................. 121 Populismus in der Zivilgesellschaft Wolfgang Schroeder, Samuel Greef und Jennifer Ten Elsen Rechtspopulismus in organisierten zivilgesellschaftlichen Räumen ......................... 149 Beth Gharrity Gardner and Michael Neuber Climate Justice in a Populist Era: Grievance Politicization Among Fridays for Future Protesters in Germany................................................................................. 173 6 Politisierung von (Un-)Sicherheit Anna Geis Partizipative Formate in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik: die Politisierung des staatlichen Arkanbereichs? ..................................................... 207 Hanna Schwander Politisierung von Arbeitsmarktunsicherheit als Beispiel einer Re-Politisierung distributiver Konflikte................................................................................. 230 Algorithmen zwischen Ent- und Repolitisierung Lena Ulbricht Algorithmen und Politisierung....................................................................... 255 Fabienne Marco, Simon Hegelich, Linda Sauer und Orestis Papakyriakopoulos Algorithmen gegen politischen Sexismus. Machine Learning als Anstoß zum gesellschaftlichen Umdenken......................................................................... 279 C. Verlust oder Revitalisierung demokratischer Politik – demokratietheoretische Reflexionen Grit Straßenberger Die Rückkehr des Politischen? Anmerkungen zu re- und destabilisierenden Effekten radikaldemokratischer Protestartikulation ....................................................... 309 Autor_innenverzeichnis ............................................................................... 330 6 Vorwort Den Ausgangspunkt für den vorliegenden Sonderband bildete ein Symposium zum Thema »Die demokratische Gesellschaft des 21. Jahrhunderts im Spannungsfeld zwischen Entpolitisierung und Re-Politisierung«, das am 20. April 2018 anlässlich der Emeritierung von Prof. Dr. Friedbert Rüb an der Humboldt-Universität zu Berlin stattfand und dankenswerterweise vom dortigen Institut für Sozialwissenschaften und dem Servicezentrum Forschung finanziell unterstützt wurde. Neben Referen- tinnen und Referenten dieser Tagung sind unserer Einladung zur Einreichung von Beiträgen weitere Kolleginnen und Kollegen gefolgt. Wir bedanken uns bei allen Autorinnen und Autoren sowie bei den Gutachterinnen und Gutachtern für die intensive und konstruktive Zusammenarbeit und freuen uns nun sehr über das Ergebnis. Unser Dank gilt darüber hinaus Mira Christiansen, Jonas Fischer, Domi- nik Flügel, Nora Habelitz und Astrid Schaal für ihre Unterstützung bei der Durch- führung der Tagung und bei der Korrektur der Manuskripte. Ebenso bedanken wir für uns bei der Redaktion des Leviathan in Person von Dr. Claudia Czingon und beim Nomos-Verlag in Person von Dr. Martin Reichinger für die Unterstützung. Zuletzt, aber mit besonderem Nachdruck geht unser Dank an Friedbert Rüb, der mit seinem stets im Grundsätzlichen der politischen Phänomene ansetzenden wissen- schaftlichen Erkenntnisinteresse diesen Sonderband inspiriert hat. Berlin, im Juni 2020 Andreas Schäfer und David Meiering Leviathan, 48. Jg., Sonderband 35/2020, S. 7 Einleitung David Meiering und Andreas Schäfer (Ent-)Politisierung – Debatten, Modelle und Befunde 1. Zum Stand der Debatte In der politikwissenschaftlichen und öffentlichen Diskussion stehen sich wider- sprüchliche Diagnosen über den gegenwärtigen Charakter demokratischer Politik, ihre Intensität und Dynamik, gegenüber.1 Einerseits diagnostiziert die Politikwis- senschaft seit den vergangenen drei Jahrzehnten einen Trend zur Entpolitisierung in unterschiedlichen Bereichen: Angesichts von als alternativlos wahrgenommenen systemischen Zwängen verzwerge sich Politik zur Verwaltung von Sachfragen; in einer zunehmend medialisierten Öffentlichkeit verfolgten Parteien nicht mehr voneinander unterscheidbare Programme, sondern konzentrierten sich zuneh- mend auf inszenierte Persönlichkeitswahlkämpfe; die Bürger_innen entfremdeten sich zunehmend von politischen Prozessen. Diesen und ähnlichen Befunden tritt andererseits die politikwissenschaftliche Identifikation zunehmender Phänomene der Repolitisierung gegenüber: Populistische Parteien mobilisieren mit Elitenkritik und Nationalismus; Protestbewegungen wie Fridays for Future politisieren eine neue Generation; wissenschaftliche Expertise rückt stärker ins Zentrum politi- scher Entscheidungen, womit epistemische Autorität zugleich den politischen Er- regungszyklen ausgesetzt wird wie jüngst in der COVID-19-Pandemie. Diese ge- genläufigen Beobachtungen werfen ganz grundsätzlich die Frage nach dem ange- messenen Verständnis und der Rolle von Politik im 21. Jahrhundert auf. Dieser Sonderband will dieser allgemeinen Themenstellung an Hand der spezifischeren Frage nach dem Verhältnis von Entpolitisierung und Repolitisierung in zeitgenös- sischen demokratischen Gesellschaften nachgehen. Wir verfolgen dazu das Ziel, die diversen Forschungsrichtungen mit ihren jeweiligen empirischen Ergebnissen zu Ent- und (Re-)Politisierungsprozessen, die bislang kaum zueinander in Bezie- hung gesetzt wurden, zu sammeln, zu ordnen und miteinander in einen Dialog zu bringen. Um diesen Dialog zu rahmen, möchten wir in der Einleitung zu diesem Sonder- band erstens den bisherigen Stand der Forschung zu Ent- und (Re-)Politisierung rekapitulieren und zweitens ein heuristisches Modell vorschlagen, in das wir an- schließend auch die Befunde der einzelnen Beiträge einordnen und miteinander in Beziehung setzen werden. In einem ersten Schritt stellen wir die bisherigen politik- wissenschaftlichen Debatten und Befunde über Entpolitisierung (Kap. 1.1) und (Re-)Politisierung (Kap. 1.2) vor. Beide Konzepte setzen allerdings jeweils be- stimmte Vorstellungen davon voraus, was Politik »eigentlich« ist. Diese Ontologi- en des Politischen unterscheiden sich jedoch nicht nur zwischen den Autor_innen, 1 Wir danken Johannes Gerschewski und Felix Wassermann für hilfreiche Kommentare zu einer früheren Fassung dieser Einleitung. Leviathan, 48. Jg., Sonderband 35/2020, S. 11 – 36 12 David Meiering und Andreas Schäfer die sich entweder mit dem einen oder mit dem anderen Phänomen beschäftigen, sondern auch innerhalb der beiden Debatten.2 Deshalb werden wir in Kap. 1.3 beschreiben, wie diese unterschiedlichen Auffassungen dessen, was Politik wieder oder nicht mehr ist und was Politik sein sollte, sinnvoll geordnet werden können. Darauf aufbauend werden wir in einem zweiten Schritt einen Vorschlag für ein heuristisches Modell der Politisierung unterbreiten, mittels dessen sich einschlägi- ge Phänomene identifizieren, Befunde ordnen sowie Ergebnisse vergleichend inter- pretieren lassen (Kap. 2). Indem wir die Reichweite (wer und wie viele?), das Kon- tingenzbewusstsein (was?) und die Intensität (wie stark?) in Bezug auf ein politi- sches Thema unterscheiden, spannen wir einen dreidimensionalen Raum auf, in dem sich Fälle von (Ent-)Politisierung untersuchen lassen. Im dritten Schritt möchten wir die Beiträge dieses Sonderbands mit Hilfe des beschriebenen Modells miteinander in Dialog bringen (Kap. 3). Dies liefert die Basis für unser Fazit über die Dynamiken, in denen Entpolitisierung und Repolitisierung aktuell aufeinander bezogen sind, die wiederum auf zukünftige Forschungsperspektiven verweisen (Kap. 4). 1.1 Entpolitisierung, Postpolitik und Governance Die Entpolitisierungsdebatte entstand in Reaktion auf den seit den siebziger Jah- ren hegemonial gewordenen Neoliberalismus.3 Politische Philosoph_innen stellten sich gegen das nach dem Ende des Kalten Krieges proklamierte Ende der Ge- schichte, indem sie den Zustand der demokratischen Gesellschaften als postpoli- tisch bemängelten und den Verlust politischer Gestaltungsmöglichkeiten, demo- kratischer Partizipation und eine steigende soziale Ungleichheit beklagten.4 Vor allem in der britischen Politikwissenschaft wurden Stimmen laut, die empört ver- folgten, wie Kernbereiche staatlicher Gestaltungskompetenzen wie zum Beispiel öffentliche Infrastrukturen privatisiert wurden, sozialdemokratische Parteien auf dem »Dritten Weg« im Sand stecken blieben und das politische Interesse sowie die Beteiligung der Bürger_innen abflauten. Colin Crouch prangerte unter dem Schlagwort »Postdemokratie« den Schulterschluss politischer Eliten mit Lobby- ist_innen und Beratungsunternehmen an. Diese »Ellipse«5 habe zu einer Entfrem- dung zwischen den Parteien und ihrer Basis und damit zwischen Politik und Bür- ger_innen insgesamt geführt. Er warnte davor, diese elitenkritische Perspektive den rechten Populist_innen zu überlassen, die sich als vermeintlich einzige »Alter- native« inszenieren.6 2 Beveridge 2017. 3 Anderson 2018; Schmitter 2018. 4 Rancière 2002; Mouffe 2007. 5 Crouch 2008, S.96ff. 6 Crouch 2008, S.151, ähnlich Mouffe 2018.

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.