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Die Zauberin von Alamut PDF

576 Pages·2016·3.82 MB·German
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Judith Tarr Die Zauberin von Alamut Inhaltsangabe Das Gelobte Land zwischen dem zweiten und dem dritten Kreuzzug: Noch immer tobt der Kampf zwischen Christen und Mohammedanern, als der unsterbliche Prinz Aidan auszieht, um seinen Neffen, einen der Edlen von Jerusalem, aufzusuchen. Doch sein Neffe ist tot, erstochen von einem Meuchelmörder der Sarazenen. Prinz Aidan schwört, den Tod seines Neffen zu rächen, selbst wenn er Alamut, die Festung der Assas- sinen, mit eigenen Händen niederreißen muß. Bald aber wird der Prinz selbst zum Gejagten. Denn die Zauberin Morgiana beginnt seine Pläne zu durchkreuzen, eine Assassine, für die Liebe eine Waffe ist wie für an- dere das Schwert. BASTEI-LÜBBE-TASCHENBUCH Erste Auflage: Band 21 206 Februar 1994 © Copyright 1990 by Judith Tarr Published by arrangement with Bantam Books, a division of Bantam Doubleday Dell Publishing Group, Inc. Deutsche Lizenzausgabe 1994 by Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH & Co. Bergisch Gladbach Originaltitel: Alamut Titelillustration: Tom Canty Umschlaggestaltung: Agentur Karl Kochlowski Satz: KCS GmbH, Buchholz/Hamburg Druck und Verarbeitung: Brodard & Taupin, La Flèche, Frankreich Printed in France ISBN 3-404-21206-1 Dieses eBook ist umwelt- und leserfreundlich, da es weder chlorhaltiges Papier noch einen Abgabepreis beinhaltet! ☺ Für Jim Frenkel der sich ein dickes Buch wünschte AQUA BELLA  D ie Sonne schien sanft in ihrer Stunde des Aufgangs. Sie streichelte die Hügel Jerusalems, tönte golden die Mauern der Burg Aqua Bella und das Dorf, das unter ihr kauerte, und schenkte dem, das der Reichtum der Domä- ne war, einen leuchtenden Glanz: den Eichen, die heilig waren, den noch heiligeren Olivenbäumen und dem präch- tigen Dickicht, das den Bach säumte. Frauen schwenkten die Wäsche im Bach, sangen hell und lachten dann und wann. Er kam auf der Straße, die zum Meer führte, ritt ohne Begleitung, und ein taubengraues Maultier trug seine Rü- stung und seine Waffen. Sein Streitroß war ein rotbrau- nes Vollblut, und er selbst war ein edler, temperamentvol- ler Jüngling. Scharlach und Gold flimmerten über dem grauen Umhang, und ein Rubin funkelte am Knauf seines Schwertes. Er sang zum Schritt seines Braunen. Chevalier, mult estes guariz, Quant Dieu a vus fait sa clamur Des Turs e des Amoraviz, Kil li und fait tels deshenors … Der Gesang der Frauen verstummte. Aus dem Dickicht hervor erspähten sie einen Ritter in Gold und Herrlich- keit, ohne Schutz, ohne Knappen. Gewiß war er nicht bei klarem Verstand, oder Gott hielt seine Hand über ihn. Seine Stimme war tief und klar, frei und froh und furcht- los, während er zu den Waffen rief für eine Schlacht, die 2 schon vor dreißig Jahren siegreich geschlagen worden war. Ki ore irat od Loovis Ja mar d'enfern avrat pouur, Char s'alme en iert en pareïs Od les angles nostre Segnor. Nie hatte Furcht vor der Hölle ihn geplagt, noch je vor dem Stahl Sterblicher. Sein Hengst tänzelte, verschreckt von ei- nem flatternden Schleier. Der Ritter lachte und verbeug- te sich vor den Augen, die, scheu oder glänzend, fasziniert durch das Dickicht starrten, und kam keinen Herzschlag lang aus dem Takt seines Liedes. Alum conquère Moïsès, Ki gist el munt de Sinaï; A Saragins nel laisum mais, Ne la verge dunt il partid La Roge Mer tut ad un fais, Quant le grant pople le seguit; E pharaon revint après: El e li suon furent perit. Seine Augen baten die Frauen nicht um Entschuldigung, ja, er dachte gar nicht, daß sie nötig sein könnte. Zwischen den Blättern blitzte ein Lächeln oder zwei. Das Streitroß schnaubte. Sein Reiter verbeugte sich aufs neue, drehte herum und kanterte die Straße zur Burg hinauf. Die Frau- en blickten ihm nach. Eine nach der anderen kehrte lang- sam zu ihrer Wäsche zurück. Alsbald sangen sie wieder – ein neues Lied: von einem Morgen und Sonnenschein und einem feurigen Recken auf einem fränkischen Streitroß, der vom Sieg über ihr Volk sang. 3 Straße und Lied endeten gleichzeitig. Der Ritter rief dem Wächter am Tor von Aqua Bella einen frohgemuten Gruß zu und bot seine prächtige, unverkennbar christliche Er- scheinung selbstsicher einem verkniffenen und wachsamen Blick dar. Die Wachsamkeit war allgegenwärtig in Outre- mer, dem kampfbereiten Kreuzritterreich, dem die Saraze- nen an die Kehle wollten. Der Ritter war es gewöhnt, daß man ihn anstarrte. »Meldet Eurem Herrn, daß sein Anver- wandter kommt, ihn zu grüßen.« Die Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Der Brau- ne stampfte, witterte Finsternis unter der Pracht des jun- gen Morgens. Der Ritter fröstelte in der Sonne. Sein Froh- sinn schwand plötzlich. »Brychant!« Jung war die Stimme aus dem Innern, doch nicht Stimmbruch raubte ihr die Kraft, so sehr sie sich um Festigkeit bemühte. »Brychant, wer begehrt Einlaß?« »Niemand«, wollte der Wächter antworten. Der Ritter sah, wie dieser Gedanke Form annahm. Jetzt war nicht die Zeit, um Narren aufzunehmen, die gerade vom Schiff kamen, so weiß wie eine Lilie in diesem von der Sonne versengten Land; einer, der allein daherritt, aufgeputzt genug, jeden Banditen im Osten anzulocken. Der Wächter hatte den Mund geöffnet, die Worte kamen rasch und rauh. Doch der Sprecher aus dem Innern hatte ihn erreicht. Ein schlanker Junge, dunkel wie ein Saraze- ne, mit Augen wie ein weidwundes Reh. Sie überflogen den Fremden, dann betrachteten sie ihn genauer und weiteten sich. »Prinz?« flüsterte der Junge. »Prinz Aidan?« So gro- ße Mühe kostete es ihn, sich zu fassen, daß sein schmaler Körper zitterte. Es verbeugte sich tief. »Eure Hoheit, es ist uns eine Ehre. Bitte verzeiht Brychant, unsere Verfassung ist nicht die beste, wir …« Prinz Aidan hatte sich bereits aus dem Sattel geschwun- gen. Brychants Gesicht war noch finster und argwöhnisch, 4 aber er rief nach Stallburschen, sich des Hengstes und des Maultieres anzunehmen. Der Prinz achtete jedoch nur auf das Kind, das von höfischer Art war und das mit aller Wil- lenskraft gegen Tränen ankämpfte. »Thibaut«, sagte Aidan und faßte ihn bei den Schultern. »Du mußt Thibaut sein.« Der Junge zitterte am ganzen Leib. Aidan versuchte ihn zu beruhigen. »Was ist geschehen?« Nun war der Damm geborsten, die Tränen strömten, und Aidan verstand. »Nein«, sagte er leise. »O nein!« Der Junge versank in seinem Elend. Wächter und Stall- burschen waren vergessen. Aidan hob den Jungen auf die Arme; sein Geist folgte, wohin die Dunkelheit führte. Sie hatten ihn in der Halle aufgebahrt. Ein Priester mur- melte über ihm. Leute standen herum, sie wehklagten nicht und regten sich kaum, wie Aidan auffiel. Ihr Leid schlug ihm entgegen, aber stärker noch war ihre Angst. Ir- gendwo setzte er den Jungen ab. Seine Arme waren leer, als er sich über die Bahre beugte: ein Tisch mit einem Sei- dentuch und einem anderen über der Gestalt, die auf ihm lag – ein Mann, nicht mehr jung, doch noch nicht alt, son- nengebräunt wie alle hier, aber hell von Natur, das schwar- ze Haar mit frühem Grau durchzogen, das Gesicht, das immer so voll Leben gewesen, jetzt erschreckend still. »Wer hat ihn getötet?« hörte Aidan sich fragen und frö- stelte, als er es hörte. So leise, so ruhig und so tödlich. »Wer hat ihn niedergestreckt?« »Wer seid Ihr, daß es Euch interessiert?« Er drehte sich flink um. Andere zuckten zusammen. Die Frau nicht. Er sah kaum die Hülle, die diese Seele hielt. Er sah nur das Feuer, das seinem ebenbürtig war, Trauer so groß wie seine und einen Willen so unnachgiebig wie 5 der Himmel. Sein Körper handelte für ihn, ließ ihn auf die Knie sinken und seinen Kopf beugen. »Mylady.« »Wer seid Ihr?« Sie wußte es. Aber sie mußte es von ihm selbst hören. »Er war meiner Schwester Sohn.« Er blickte auf, in ihre dunk- len Augen. »Wer hat das getan?« »Wenn Ihr seid, was er sagte«, entgegnete sie, »braucht Ihr nicht zu fragen.« Sie hatte keine Angst vor ihm, auch nicht, als er sich auf- richtete, groß selbst für einen Abendländer, mit all den Namen, von denen Gereint ihr erzählt hatte. Er kehrte zur Bahre zurück, beugte sich wieder darüber, legte die Hand auf die kalte Wange. »Kind«, flüsterte er in der Stimme ih- res gemeinsamen Volkes. Er strich über das silberdurch- wobene Haar. »Gereint, Kind, was war es, das nicht auf mich warten konnte?« Seine Hand glitt vom Kopf über die steife Schulter zu dem verstummten Herzen. Zehn Jah- re. Eine so kurze Zeit. Der Junge war ausgezogen, weil er mußte. So wie Aidan geblieben war, weil er mußte. Nöte, ein Land, eine unbedeutende Angelegenheit von Kriegen und Botschaftern. Gereint hatte Ruhm ersehnt – und Je- rusalem. Er hatte beides bekommen. Und eine Gemahlin aus dem Reich jenseits des Meeres, eine Domäne nur ei- nen kurzen Marsch von der Heiligen Stadt entfernt und den Tod am Morgen, als sein Anverwandter endlich kam, um das Versprechen einzulösen, das er ihm gegeben hat- te, ehe er fortging. Unter dem Leichentuch hatten sie ihn in morgenländi- sche Seide gewandet. Aber Aidan war, was er war. Er sah die schmale Wunde, so klein und so schrecklich, durch die die Klinge ins Herz gestoßen war. Gereint war nicht ein- mal aufgewacht, als sie in ihn drang. Schlafend neben sei- ner Gemahlin war er gestorben. Sie hatte ahnungslos wei- tergeschlummert und ihn beim Erwachen tot vorgefun- 6

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