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Die soziale Rolle des Okzitanischen in einer kleinen Gemeinde im Languedoc (Lacaune, Tarn) PDF

348 Pages·1985·27.019 MB·German
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BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR ROMANISCHE PHILOLOGIE BEGRÜNDET VON GUSTAV GRÖBER FORTGEFÜHRT VON WALTHER VON WARTBURG HERAUSGEGEBEN VON KURT BALDINGER Band 200 Trudel Meisenburg Die soziale Rolle des Okzitanischen in einer kleinen Gemeinde im Languedoc (Lacaune/Tarn) MAX NIEMEYER VERLAG TÜBINGEN 1985 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Meisenburg, Trudel: Die soziale Rolle des Okzitanischen in einer kleinen Gemeinde im Languedoc (Lacaune, Tarn) / Trudel Meisenburg. - Tübingen : Niemeyer, 1985. (Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie ; Bd. 200) NE: Zeitschrift für romanische Philologie / Beihefte ISBN 3-484-52200-3 ISSN 0084-5396 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1985 Alle Rechte vorbehalten. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany Satz: pagina GmbH, Tübingen Druck: Laupp &c Göbel, Tübingen 3 Einband: Heinrich Koch, Tübingen Inhaltsverzeichnis VORBEMERKUNGEN VII 1. SPRACHE, DIALEKT, <PATOIS> - VERSUCH EINER BEGRIFFSKLÄRUNG 1 2. OKZITANIEN UND OKZITANISCHE BEWEGUNG - EIN ÜBERBLICK UN- TER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER SPRACHE 8 2.1 Zur Geschichte Okzitaniens und der okzitanischen Spra- che 8 2.2 Entstehung und Entwicklung der okzitanischen Bewe- gung 17 3. OKZITANISCH UND FRANZÖSISCH - ZWEI SPRACHEN IN KONTAKT UND KONFLIKT 32 3.1 Zweisprachigkeit - Bilinguismus oder Diglossie? . . .. 32 3.2 Das Okzitanische: Untersuchungen, Schätzungen, Mei- nungen - ein Überblick über Veröffentlichungen der letz- ten 200 Jahre 36 3.2.1 Die Zahl der Okzitanischsprecher 36 3.2.2 Fallstudien zum Okzitanischen 57 3.2.3 Autobiographische Berichte von Okzitanischsprechern . 79 4. UNTERSUCHUNG ZUR SOZIALEN ROLLE DES OKZITANISCHEN IN LA- CAUNE 82 4.1 Lacaune, Tarn 82 4.1.1 Zur sozialen Struktur Lacaunes 82 4.1.2 Zur Geschichte Lacaunes 93 4.2 Interviews in Lacauner Familien 100 4.2.1 Vorbereitung und Durchführung der Interviews . . .. 101 4.2.2 Erarbeitung des Codes und Auswertung der Untersu- chung 109 4.2.3 Die Ergebnisse der Sekundäranalyse - Die Rolle des Ok- zitanischen in den Lacauner Familien 114 4.2.4 Die Ergebnisse der Interviews 124 4.2.4.1 Erster Komplex: Sozialdaten 124 V 4.2.4.2 Zweiter Komplex: Okzitanischkenntnisse 128 4.2.4.3 Dritter Komplex: Anwendung des Okzitanischen . .. 144 4.2.4.3.1 Häufigkeit der Anwendung allgemein 144 4.2.4.3.2 Anwendung nach Domänen 158 4.2.4.3.2.1 Familie 158 4.2.4.3.2.2 Arbeit 177 4.2.4.3.2.3 Schule 187 4.2.4.3.2.4 Religion 189 4.2.4.3.2.5 «Erledigungen außer Haus» 189 4.2.4.3.2.6 Bekanntschaften 192 4.2.4.3.2./Tabellarische Zusammenfassung: Okzitanisch- anwendung nach Domänen 199 4.2.4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse des zweiten und dritten Komplexes 201 4.2.4.5 Vierter Komplex: Einstellung zum Okzitanischen . . . 203 4.2.4.5.1 Bevorzugte Sprache 203 4.2.4.5.2 Schätzungen der Befragten über die Okzitanisch- kenntnisse der Einwohner von Lacaune . . . 206 4.2.4.5.3 Geographische Ausdehnung des Okzitanischen und Interkomprehensibilität seiner Dialekte . 207 4.2.4.5.4 Linguistischer Status des <patois> (mit einer Aus- wahl von Originalantworten) 215 4.2.4.5.5 Das Okzitanische als geschriebene Sprache . . 226 4.2.4.5.6 Einstellung zum Okzitanischunterricht . . .. 241 4.2.4.5.7 Soll man mit Kindern okzitanisch sprechen? . 246 4.2.4.5.8 Die Rolle des okzitanischen Chansons . . .. 253 4.2.4.5.9 Das Okzitanische in Radio und Fernsehen . . 256 4.2.4.5.10 Die Zukunft des Okzitanischen 263 4.2.4.5.11 Würde der Untergang des Okzitanischen be- dauert werden? 268 4.2.4.5.12 Möglichkeiten zur Rettung des Okzitanischen . 272 4.2.4.6 Zusammenfassung der Ergebnisse des vierten Komplexes 273 4.3 Schülerbefragung 274 4.3.1 Die Schulen von Lacaune 274 4.3.2 Erstellung des Fragebogens und Durchführung der Un- tersuchung 275 4.3.3 Ergebnisse 278 4.3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse der Schülerbefragung 307 4.4 Beobachtungen 315 5. SCHLUSSBETRACHTUNG 324 6. LITERATURVERZEICHNIS 327 VI Vorbemerkungen Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die soziale Rolle des Okzitanischen in einer kleinen Gemeinde im Languedoc (Lacaune, Tarn) möglichst umfas- send darzustellen. Die Notwendigkeit solcher soziolinguistischen Fallstu- dien ist häufig betont worden1. Ein möglichst engmaschiges Netz lokaler oder regionaler Untersuchungen könnte vielleicht endlich eine Gesamt- darstellung der sprachlichen Situation im okzitanischen Raum möglich machen2. Dazu möchte ich mit meiner Arbeit beitragen. Die zugrundeliegende Untersuchung wurde von Februar bis einschließ- lich Mai 1977 durchgeführt. Ich lebte zu dieser Zeit in Lacaune, beob- achtete den Sprachgebrauch der Einwohner, interviewte 61 Familien und befragte Schulkinder. Dabei wollte ich zum einen Näheres über die Ver- breitung des Okzitanischen erfahren - sowohl was den Besitz von Okzi- tanischkenntnissen als auch was deren Anwendung betrifft -, zum ande- ren versuchte ich, Aufschlüsse über Spracheinstellungen und Sprachbe- wußtsein zu gewinnen. Die Gründe, die zur Wahl Lacaunes für die Untersuchung führten, sind verschiedener Art. Die erste Anregung dazu bekam ich 1975, als ich nach einem Studienjahr in Toulouse, während dessen ich mich erstmals theo- retisch mit der okzitanischen Frage auseinandergesetzt hatte, zwei Monate lang in einem Café in Lacaune arbeitete und dort mit der «okzitanischen Realität» konfrontiert wurde. Ich konnte bereits damals einige interes- sante Beobachtungen zum Gebrauch des Okzitanischen machen und er- fuhr manches über das Leben der Menschen in Lacaune und Umgebung. Hinzu kommt, daß Lacaune durch seine Lage sowie seine demogra- phische und wirtschaftliche Entwicklung besonders interessante Ergebnis- se für eine soziolinguistische Untersuchung vorausahnen ließ. ' Siehe z. B. Georg Kremnitz, Versuche zur Kodifizierung des Okzitanischen seit dem 19. Jahrhundert und ihre Annahme durch die Sprecher, Tübingen 1974, S. IIf. ; ders., Sociolinguistiques antillaise et occitane, Mélanges de philologie ro- mane offerts à Charles Camproux, Bd. 2, Montpellier 1978, S. 1026f. ; Brigitte Schlieben-Lange, Sociolinguistique-Rapport, Colloque International sur la Re- cherche en Domaine Occitan, Montpellier 1975, S. 126; und Jôrdi Blanc/Ives Codèrc, Per un estudi del comportament Hnguistic dels Occitans, Obradors 2, 1973, S. 39ff. 2 Vgl. dazu Georg Kremnitz, Enquèstas soció-linguisticas: experiéncias aplicablas a la situación occitana, Rev. Lang. Rom. 82, 1977, S. 346. VII Die Arbeit besteht aus zwei Teilen. Dem großen Komplex der Unter- suchungsergebnisse geht ein einführender Teil voran, der eine Ausein- andersetzung mit der gebräuchlichen Terminologie, einen an der Sprache orientierten Abriß der Geschichte Okzitaniens sowie einen Überblick über bisherige Untersuchungen zum Okzitanischen enthält. Danken möchte ich den Einwohnern von Lacaune für ihre Hilfe und Kooperationsbereitschaft, ohne die diese Arbeit nicht zustande gekommen wäre, sowie dem DAAD, der durch ein Stipendium die finanzielle Grund- lage für meine Untersuchung geschaffen hat. Mein Dank gehört außerdem all denen, die mir in irgendeiner Weise weitergeholfen haben, sei es durch Beratung, Auskünfte, Materialbeschaffung, Hinweise, Korrekturlesen oder sonstige Unterstützung. Ganz besonders habe ich schließlich Joachim Stübben für die kritische Durchsicht des Manuskripts zu danken. Bad Godesberg-Friesdorf, im Dezember 1981 Trudel Meisenburg VIII 1. Sprache, Dialekt, <patois> - Versuch einer Begriffsklärung Langue occitane, Langue(s) d'oc, dialecte(s), patois - all das sind gängige Bezeichnungen für das, was im südlichen Drittel Frankreichs, im okzita- nischen Raum, neben dem Französischen gesprochen wird. Und Okzita- nien wird im allgemeinen sprachlich definiert: Par Occitanie, nous entendons l'ensemble des régions où l'on parle un dialecte de la langue romane dite «langue d'oc». L'Occitanie sera donc définie sur la carte par des frontières linguistiques'. Es bleibt jedoch zu klären, was unter einer Sprache und was unter einem Dialekt zu verstehen ist - eine Frage, in der weder unter Linguisten noch unter Sprachsoziologen Einigkeit herrscht, da sehr unterschiedliche Kri- terien, sowohl außer- als auch innersprachlicher Art, zur Definition dieser Begriffe in sich sowie zu ihrer Kontrastierung herangezogen werden2. So rechnet man, was die Romania betrifft, eine Reihe von Varietäten3 zu den Sprachen, weil sie Ausdruck einer politischen, ethnischen oder kulturellen Einheit sind4. Ein anderes häufig benutztes Kriterium ist der Schrift- sprachencharakter. Danach gilt eine Varietät erst dann als Sprache, wenn sie auch geschrieben wird, und zwar nach einer für das ganze Sprachgebiet verbindlichen Norm bzw. Kodifikation5. Noch bessere Chancen, «Sprache» 1 Robert Lafont, Clefs pour 1'Occitanie, Paris 21977, S. 11. 2 Harald Haarmann, Soziologie und Politik der Sprachen Europas, München 1975, S. 186. Einen Einblick in die Problematik gewähren die Bände Zur Theorie des Dialekts, Aufsätze aus 100 Jahren Forschung, Beiheft Nr. 16 der Zeitschr. f. Dia- lektol. u. Ling., Wiesbaden 1976; und Dialekt und Dialektologie, Ergebnisse des internationalen Symposions «Zur Theorie des Dialekts», Marburg/L., 5.-10. Sept. 1977, Beiheft Nr. 26 der Zeitschr. f. Dialektol. u. Ling., Wiesbaden 1980. 3 Varietät wird hier im Sinne von Fishman «als eine keine Wertung beinhaltende Bezeichnung» verwendet (siehe Joshua A. Fishman, Soziologie der Sprache, Mün- chen 1975 [zuerst 1972], S. 25). 4 Kremnitz, Versuche. . ., S. 2; und Brigitte Schlieben-Lange, Okzitanisch und Ka- talanisch, Tübingen 21973, S. 3. Vgl. dazu die verschiedenen Handbücher zur romanischen Sprachwissenschaft, z. B. Heinrich Lausberg, Romanische Sprach- wissenschaft I, Berlin 31969, S. 39ff. ; Benedek Elemér Vidos, Handbuch der ro- manischen Sprachwissenschaft, München 1968, S. 305ff.; und Gerhard Rohlfs, Einführung in das Studium der romanischen Philologie, Heidelberg 21966, S. 6; alle mit zahlreichen weiteren Literaturhinweisen zu diesem Thema. s Kremnitz, Versuche. . ., S. 2; Schlieben-Lange, Okzitanisch. . ., S. 4. Zur (nicht durchgehenden) Anwendung dieses Kriteriums siehe Lausberg, Romanische Sprachwissenschaft I, S. 40. 1 genannt zu werden, hat eine solche Varietät, wenn ihre Schriftsprache auch zur Produktion einer anerkannten Literatur verwandt wird6. Hat eine Varietät wieder aufgehört, als Schriftsprache zu existieren, so kann das Vorhandensein einer anerkannten Literatur dennoch ihre Zählung zu den Sprachen rechtfertigen7. Hier liegt also eine historische Betrachtungs- weise vor. Es gibt aber auch romanische Varietäten, auf die keines der genannten Kriterien zutrifft und die dennoch im allgemeinen den Spra- chen zugerechnet werden, und zwar aufgrund von rein linguistischen Kri- terien8: Solche Varietäten unterscheiden sich so stark von den in ihrem Bereich geltenden oder mit ihnen verwandten Schriftsprachen, daß sie nicht mehr als Dialekte derselben angesehen werden können, sondern ei- genständige Sprachen bilden, obwohl weder politische bzw. kulturelle Ein- heit noch Schriftsprache oder Literatur vorhanden sind9. Je nachdem, wie hohe Anforderungen man an die Individualität einer Sprache stellt, erhält man auf diese Weise mehr oder weniger Sprachen10. In diesem Zusammenhang spielt auch das Prinzip der Interkompre- hensibilität eine Rolle, das häufig zur Unterscheidung von Sprache und Dialekt herangezogen wird": on dira volontiers de personnes qui ne se comprennent pas qu'elles parlent des langues différentes12. Inwieweit sich jedoch Personen, die verschiedene Varietäten sprechen, un- tereinander verständigen können, hängt in starkem Maße auch vom The- ma, von der Situation, von den individuellen Fähigkeiten der Sprecher und von den stereotypen Vorstellungen, die sie von der Verständlichkeit bzw. Nicht-Verständlichkeit der anderen Varietät haben, ab13. 6 Ferdinand de Saussure, Cours de linguistique générale, Paris 1972 (zuerst 1916), S. 278. 7 Unter anderem aus diesem Grunde z. B. das Provenzalische bei Lausberg, Ro- manische Sprachwissenschaft I, S. 40. 8 So z. B. das Sardische und das Dalmatische. 9 Siehe Vidos, Handbuch. .., S. 309; Lausberg, Romanische Sprachwissenschaft I, S. 40; Schlieben-Lange, Okzitanisch. . ., S. 5f.; Kremnitz, Versuche. . S. 2. 10 Kremnitz, Versuche. . ., S. 3. 11 Schlieben-Lange, Okzitanisch. . ., S. 4; Kremnitz, Versuche. . ., S. 2. 12 Saussure, Cours. .., S. 278. Siehe z. B. auch Marcel Cohen: «Pour les subdivisions qui permettent l'intercompréhension d'emblée, ou une adaptation au moins re- lativement facile, on parle de dialectes (...)» (Matériaux pour une sociologie du tangage I, Paris 1971 [zuerst 1956], S. 93). 13 Nach Schlieben-Lange grenzt sich eine Sprachgemeinschaft, die im Bewußtsein der Identität ihrer Sprache existiert, durch Nicht-Verstehen nach außen hin ab, während sich innerhalb der Sprachgemeinschaft durch das gemeinsame Leben charakteristische Züge und neue Tendenzen der Sprache konsolidieren (Brigitte Schlieben-Lange, Soziolinguistik, Stuttgart 1973, S. 72f.). Siehe dazu auch André Martinet, Eléments de linguistique générale, Paris 1974 (zuerst 1960), S. 146ff. (5-3); und Kremnitz, Versuche. . ., S. 2. 2

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