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Die Krise der Universitäten PDF

357 Pages·2001·7.54 MB·German
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Erhard Stölting · Uwe Schimank (Hrsg.) Die Krise der Universitäten LEVIATHAN Zeitschrift für Sozialwissenschaft Sonderheft 20/2001 Erhard Stölting · Uwe Schimank (Hrsg.) Die Krise der Universitäten Mit Beiträgen von Clemens Al brecht, Dietmar Braun, Petra Dobner, Jürgen Enders, Jürg Grapski, Stefan Hornbostel, Barbara M. Kehm, Andre Kieserling, Thomas Köhler, Georg Krücken, Martin Lähnemann, Rainer Paris, Uwe Schimank, Rudolf Stichweh, Erhard Stölting, Andreas Strucke, Markus Winnes Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme 1. Auflage Oktober 2001 Alle Rechte vorbehalten ©Springer Fachmedien Wiesbaden 2001 Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2001 www. westdeutschervlg.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jeder mann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Bürkle, Darmstadt Satz: Martina Fleer, Herford Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier ISBN 978-3-531-13600-4 ISBN 978-3-663-12044-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-12044-5 Inhalt Uwe Schimank I Erhard Stölting: Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Erhard Stölting: Permanenz und Veränderung von Strukrurkrisen: Institu- tionelle Darstellungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Barbara M. Kehm: Universitätskrisen im Spiegel von Hochschulromanen . 44 Clemens Albrecht: Universität als repräsentative Kultur . . . . . . . . . . . 64 Andre Kieserling: Bildung durch Wissenschaftskritik Soziologische Deutun- gen der Universitätsidee in den sechziger Jahren . . . . . . . . . . . . . . 81 Andreas Stucke: Mythos USA- Die Bedeutung des Arguments ,,Amerika" im hochschulpolitischen Diskurs der Bundesrepublik . . . . . . . . . . . . 118 Produktionsfaktoren: Finanzen, Personal und Organisation Stefan Hornbostel: Die Hochschulen auf dem Weg in die Audit Society. Über Forschung, Drittmittel, Wettbewerb und Transparenz . . . . . . . . . 139 Jürgen Enders I Uwe Schimank: Faule Professoren und vergreiste Nachwuchs- wissenschaftler? Einschätzungen und Wirklichkeit . . . . . . . . . . . . . 159 Petra Dobner: 'Fasse wacker meinen Zipfel! Hier ist so ein Mittelgipfel...' 179 Rainer Paris: Machtfreiheit als negative Utopie. Die Hochschule als Idee und Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Uwe Schimank: Festgefahrene Gemischtwarenläden - Die deutschen Hoch- schulen als erfolgreich scheiternde Organisationen . . . . . . . . . . . . . 223 Dietmar Braun: Regulierungsmodelle und Machtstrukturen an Universitäten 243 6 Inhalt Lehre und Forschung Thomas Köhler I jörg Gapski I Martin Lähnemann: Von der alternativen zur konformistischen Revolution? Zum Strukturwandel von "Lebenschancen" und "Lebensführung" im westdeutschen Studierendenmilieu . . . . . . . . 265 Uwe Schimank I Markus Winnes: Jenseits von Humboldt? Muster und Ent wicklungspfade des Verhältnisses von Forschung und Lehre in verschiedenen europäischen Hochschulsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Georg Krücken: Wissenschaft im Wandel? Gegenwart und Zukunft der For- schung an deutschen Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Rudolf Stichweh: Die moderne Universität in einer globalen Gesellschaft 346 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Uwe Schimank I Erhard Stölting Einleitung Das Thema dieses Bandes ist alles andere als neu. Doch es ist unerschöpflich. Nicht nur, dass es überreichlich Stoff für Reform- und Gegenreformschriften sowie öffentliche Debatten und, nicht zu vergessen, auch ernsthafte wissenschaftliche Auseinandersetzungen bietet! Bis auf die Ebene der Flur- und Kneipengespräche unter den unmittelbar Betroffenen hat das Krisengerede seinen unwiderstehlichen Reiz. Diese Rundum-Attraktivität macht es nicht richtiger - aber auch nicht fal scher. Krisenansichten Fangen wir mal so an: Aber klar stecken die deutschen Universitäten - wie eh und je - in einer Krise! Was heißt einer (in Zahlen: I) Krise?! Allem Anschein nach sind es viele, ganz unterschiedliche Krisen, die sich zu einem komplexen Knäuel verstricken. Sie werden in jeweils verschiedenen gesellschaftlichen Kon texten wahrgenommen. Was sich der einen Perspektive als Krise aufdrängt, braucht aus einem anderen Blickwinkel gar nicht aufzufallen. Ebenso differiert, was aus einer Krisendiagnose gefolgert wird. Werden die Universitäten unter Reformdruck gesetzt? Sollen sie sich "modernisieren" -was immer das dann heißen mag? Oder wird eine Restauration vergangener, angeblich glanzvoller Zeiten gefordert? Oder aber kann und will man nur noch schicksalsergeben den endgültigen Abgesang auf die "im Kern verrotteten" - so eine bekannte Einschätzung - Universitäten anstimmen? In den öffentlichen hochschulpolitischen Debatten der letzten Jahre zeigt sich eine eskalierende ungute Polarisierung der Standpunkte. Das ,,Alles muss ganz anders werden!" der einen provoziert geradezu das "Weiter so - bloß mit mehr Geld!" der anderen, und umgekehrt. Vermittelnde Positionen geraten zwischen die Stühle. Die eine Seite produziert unentwegt eine Blaupause nach der anderen: Globalhaushalt - Evaluation - neue Leitungsstrukturen - gestufte Studiengänge u.s.w. Einiges davon wird sogar, in Gesetzes- und Verordnungsform gefasst oder in Gestalt von Förderprogrammen und Zielvereinbarungen, ansatzweise umgesetzt. In Rhetorik und Tatendrang haben die 'Reformer' mittlerweile eindeutig die Ober- 8 Uwe Schimank I Erhard Stölting hand gewonnen. Doch was nützt es ihnen, wenn sich ihr Elan dann an der Be harrungskraft des Gegebenen totläuft? Der Status qua hat und ist zwar vielleicht längst kein öffentlichkeitswirksames Argument mehr. Doch die Faktizität kann nach wie vor gelassen schweigen. Der passive Widerstand ihrer eingefahrenen Rou tinen hat schon manchen stillen Triumph über hektische Neuerer gefeiert. Warum sollte sich daran jetzt etwas ändern? Und sollte sich eigentlich etwas daran ändern, dass sich nichts ändert? Sind die Argumente des Status qua nicht vielleicht bloß unmodisch geworden, ohne in ihrer Substanz an Plausibilität verloren zu haben - wenn dies auch nur noch einer Minderheit einsichtig sein mag? Eines könnten wir zumindest wissen - wenn auch kaum jemand es wahrhaben will: wie wenig Verlässliches wir über die Pro bleme wissen. Unglaublich viel von dem, was sich als sicheres Wissen ausgibt, stellt nicht mehr als gewagte Mutmaßungen dar - manchmal durch scheinbar objektive statistische Daten untermauert, oft aber auf nicht mehr als vagen Anek doten von Einzelfällen beruhend, die dann hemmungslos hochgerechnet werden, wenn sie einem gerade in den Kram passen. Das Problem daran ist, dass dies zumeist nicht bloß simple Fehleinschätzungen bleiben, sondern self-fulfilling pro phecies werden. Dass beispielsweise die Eignung der Studienanfänger oder die sagenumwobene Qualität der Lehre immer schlechter werde, ist womöglich im Ursprung mehr ein Attributionsphänomen als Realität - doch weil die entspre chende Attribution fortan das Handeln bestimmt, wird sie allmählich zur Realität. Entsprechende Phänomene sind aus den Forschungen über Lehrer und Schulun terricht wohl bekannt. Man sollte also auf der einen Seite vorsichtig sein bei allem, was man über Universitäten sagt, und im Zweifelsfalle differenzieren - nach Ländern, Bundesländern, Fächern und einzelnen Universitäten. Auf der an deren Seite ist man aber, als Politiker ebenso wie als wissenschaftlicher Beobachter, auf Verallgemeinerungen aus. Hier gibt es keinen Königsweg - nur eine fallweise wechselseitige Korrektur zwischen unzulässigen Verallgemeinerungen und der pau schalen Ausrede, bestimmte Missstände dürften nicht verallgemeinert werden. "Multiversität" Es ist also zu berücksichtigen, dass sich eine wie immer geartete Krisendiagnose mit den jeweils daraus gezogenen Konsequenzen auf ein äußerst heterogenes Ge bilde richtet. Oie Verhältnisse sind in den Natur- und Technikwissenschaften in vielen Hinsichten ganz anders als in den Philologien, in den praxisorientierten Sozialwissenschaften wie der Betriebswirtschaftslehre anders als in der Philosophie, in der Soziologie anders als in der Kunstgeschichte. Gerade die Diskussionen über die Natur- und die Technikwissenschaften haben einen Weg eingeschlagen, der sich nur noch peripher mit den Debatten über die Sozial-und Kulturwissenschaften Einleitung 9 berührt. Das Gleiche gilt für zwei der drei klassischen Fakultäten der europäischen Universität, die medizinische und die juristische. Die Idee einer Aufteilung der Universität in spezialisierte Hochschulen, die in der Zeit der Aufklärung mächtig war, taucht in den gegenwärtigen Diskussionen zwar kaum auf; die Existenz der Universität entsprechend ihrer überkommenen institutionellen Leitidee gilt trotz aller Reformbemühungen offenbar noch als selbstverständlich. Aber zumindest für heuristische Zwecke könnte man eine der artige Auflösung durchspielen. Die medizinischen und die juristischen Fakultäten z.B. ließen sich als spezialisierte Fachhochschulen effizienter und kostengünstiger denken. Die wenigen Querverbindungen der Jurisprudenz oder der Medizin zu den anderen Fakultäten und Fächern wären wahrscheinlich auch weniger pompös zu organisieren, etwa in kleinen Eliteakademien, die Programme für handverlesene und besonders motivierte Graduierte abhalten. Nun muss dieses Auseinanderdriften der verschiedenen Teile der Hochschule nicht notwendigerweise beklagt werden. Es handelt sich aber um eine Tendenz, die die Wissenschaftslandschaft insgesamt verändern wird, und mit ihr auch die Kultur- und Sozialwissenschaften, die noch am meisten an der alten Universitäts idee einer umfassenden Gemeinschaft des Geistes hängen. Tatsächlich ist die Idee, dass eine Universität nicht mehr alle Fakultäten und Fächer umfassen müsse, bereits praktisch vertraut. Wie 'komplett' eine Universität sein solle, richtet sich immer mehr nach den finanziellen Möglichkeiten und der hochschulpolitischen Einschätzung der - wie immer festgelegten - gesellschaftlichen Bedürfnisse. Dass eine Universität nur noch Teile des wissenschaftlichen Universums vertritt, ist unproblematisch geworden. Es könnte sein, dass die Institution Universität tat sächlich nur noch von einer unbedachten Tradition und einem eifersüchtig gehü teten Prestige zusammengehalten wird. Und die zentrifugalen Kräfte werden eher stärker als schwächer. "Profilierung" Zu diesen Kräften gehört auch die neuerdings aufgekommene Idee der "Profilie rung". Insbesondere in Deutschland, wo das Universitätssystem formell stark ho mogenisiert worden ist, befremden Profilierungsaufforderungen, ob sie nun von den Universitätsleitungen oder den zuständigen Ministerien ausgehen. Einzelne Einheiten - Institute oder Fakultäten - sollen sich auf bestimmte Gegenstände, Themen oder Adressatengruppen in Forschung und Lehre spezialisieren. Was nicht zum jeweiligen Profil gehört, kann bis auf Grundbestände, die für unverzichtbar gehalten werden, abgeschmolzen werden. Nun hatte es derartige Profilierungen gleichsam naturwüchsig schon immer gegeben: Die Medizin in x war spezialisiert für Herzoperationen, die in y für Magen- und Darmkrankheiten, die in z für Sportunfälle. Auch in anderen Fächern

Description:
Die Krise der Universitäten ist, nicht nur in Deutschland, in aller Munde. Dabei überwiegen in der öffentlichen Diskussion zwei Arten von Stellungnahmen, die polarisierend zusammenwirken. Auf der einen Seite finden sich zahlreiche Vorschläge, teils schon in Vorhaben umgesetzt, dazu, wie die Univ
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